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Resilienz Leitartikel für LISL


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Resilienz
1.Version

In der Krise zeigt sich die Gesundheit und Lebensfähigkeit unserer Dörfer und Städte

Die Coronakrise hat uns mit aller Wucht auf die zentrale Bedeutung der Nachbarschaft und der Nähe für unser Leben hingewiesen. Nur wenn alles, was wir zum Leben brauchen, notfalls auch in unserer Nähe verfügbar ist, dann kann uns eine Epidemie, ein Stromnetzausfall, eine weltweite Handels- und Wirtschaftskrise, dann können uns auch Naturkatastrophen, politische Ereignisse und vieles mehr weniger anhaben. Es gibt offensichtlich so etwas wie eine Krisenwiderstandsfähigkeit, und Corona war so etwas wie ein unfreiwilliger Stress - Test. Was gerade noch eben als Schwarzmalerei verpönt war, haben wir nun am eigenen Leib verspüren dürfen. Krisenbewältigung hat dort besonders gut funktioniert, wo Natur und räumliche Weite einen Schutzschild bilden, Lebensmittelsicherheit durch lokale Versorgung gegeben ist, die Zusammenarbeit und wechselseitige Unterstützung der Menschen vor Ort gut funktioniert hat, das Anlegen von Vorräten ohnehin immer schon geübte Praxis ist. Insbesondere der ländliche Raum hat also in dieser Zeit ganz praktisch eine immense Aufwertung erfahren. Viele Menschen - die es sich irgendwie leisten konnten - sind im Frühjahr ganz bewußt aus den Städten mit ihrer Enge und Ödnis aufs Land geflüchtet. Und es mehren sich die Stimmen, die für eine grundsätzliche Neubewertung und Förderung des Lebens am Land plädieren, eben weil hier eine krisenfestere Lebensweise möglich ist.

In den letzten Jahrzehnten wurde gerade diese Perspektive gesamtgesellschaftlich stark vernachlässigt. Der ländliche Raum ist ausgedünnt, Ausbildungs- und Arbeitsplätze sind abgewandert. Die Wirtschaft hat es sich allzuoft gerade zum Gütesiegel auserkoren, "lean"("schlank") und "just in time"("zeitnah") zu funktionieren, keine "Fettpolster" wie zum Beispiel überflüssige Lager anzulegen. Und abgelegene Standorte bedeuten Verlangsamung. Und auch die soziale Einbettung musste zugunsten schnellerer Beweglichkeit von Produktionsstandorten sowie der Einsparung aller möglicher Kosten reduziert werden. Ein Teufelskreis auf beiden Seiten: überlastete Ballungsräume, die immer weniger krisenfest sind, und ausgedünnte ländliche Räume, an denen zunehmend gespart wird - so schaut das "Band von Stadt und Land" heute aus. Reicher geworden sind wir dadurch nicht, im Gegenteil.

Das Ziel des Wachstums um jeden Preis in einer zunehmend verschärften und beschleunigten Konkurrenz verträgt sich nicht gut mit dem Bedürfnis nach sicherem Arbeitsplatz und Einkommen. Solange der Wirtschaftsmotor läuft ist das nicht wiklich drastisch zu spüren - aber wenn ihn eine Krise unterbricht, dann sind gerade diejenigen die in den Weltmarkt hineingewachsen sind auch diejenigen, die hierzulande Menschen zu tausenden entlassen müssen, während der Jobverlust in Ländern wie Bangladesh gerade Millionen in lebensgefährliche Armut führt.

Die Politik ist allzulange dieser Entwicklung fördernd gegenübergestanden. Kein Wunder dass sich in fast allen Ländern schon länger eine Misstimmung breitgemacht hat, vorzugsweise in der ländlichen und sozial verwundbareren Bevölkerung, sodass genau dort Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit Konjunktur hatten. Wir müssen uns klar machen: das war (und ist) nur eines der Symptome, dass die Krise eigentlich schon da war. Corona hat sie nur sichtbar werden lassen, eben auch dadurch, dass viele Menschen heute bereit sind, bereit sein müssen, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, weil der Stillstand der Wirtschaft sie als allererste trifft. Das ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand, über den wir erstmals seit langem wieder offen reden können uns sollen.

Was aber ist dagegen zu tun? Wagen wir es, zu erkennen, dass der Zug jahrzehntelang in die falsche Richtung gefahren ist? Und wie sähe überhaupt eine richtige Richtung aus, angesichts der vielen Krisenbedrohungen und unserer beschränkten Mittel? Wie lässt sich Resilienz, wie lässt sich Krisenfestigkeit als neues und umfassendes Ziel überhaupt denken?

Nur dort, wo die mannigfachen Bereiche der Daseinsvorsorge, die essentiellen Funktionen unserer Lebenserhaltung, notfalls auch ohne die Überwindung großer Distanzen zugänglich sind und miteinander arbeiten, ist Resilienz, ist Krisenfestigkeit möglich und Lebensqualität gesichert. Das Ziel der Herstellung zur Stadt gleichwertiger Lebensverhältnisse in ländlichen Regionen in einer Zeit der geradezu naturwüchsigen Ballung von Menschen und Macht in den Städten ist eine gewaltige Herausforderung. Dieses Ziel bedeutet Aktivierung, Bewusstwerdung, Motivation, Koordination, Integration sowie die Erschließung neuer Ressourcen und Partnerschaften. Es bedeutet Zurückdrängung von Konkurrenzverhalten und Kirchturmdenken, die grundsätzliche Erkenntnis, dass der Erfolg auf der gemeinsamen Aktivierung verschiedener individueller Potentiale im Zusammenspiel liegt, weil die Last der Entwicklung auf den Schultern einer jeweils sehr begrenzten Anzahl von Menschen liegt.

Resilienz

2. Version

In der Krise zeigt sich die Gesundheit und Lebensfähigkeit unserer Dörfer und Städte

Die Coronakrise hat uns mit aller Wucht auf die zentrale Bedeutung der Nachbarschaft und der Nähe für unser Leben hingewiesen. Nur wenn alles, was wir zum Leben brauchen, notfalls auch in unserer Nähe verfügbar ist, dann kann uns eine Epidemie, ein Stromnetzausfall, eine weltweite Handels- und Wirtschaftskrise, Naturkatastrophe etc. wenig anhaben. Es gibt offensichtlich so etwas wie eine Krisenwiderstandsfähigkeit, und Corona war so etwas wie ein unfreiwilliger Stress - Test.

Krisenbewältigung hat dort besonders gut funktioniert, wo Natur und räumliche Weite einen Schutzschild bilden, Lebensmittelsicherheit durch lokale Versorgung gegeben ist, die Zusammenarbeit und wechselseitige Unterstützung der Menschen vor Ort gut funktioniert, das Anlegen von Vorräten ohnehin immer schon geübte Praxis ist. Insbesondere der ländliche Raum hat also in dieser Zeit ganz praktisch eine immense Aufwertung erfahren. Viele Menschen - die es sich irgendwie leisten konnten - sind im Frühjahr ganz bewußt aus den Städten mit ihrer plötzlichen Enge und Ödnis aufs Land geflüchtet. Und es mehren sich die Stimmen, die für eine grundsätzliche Neubewertung und Förderung des Lebens am Land plädieren, eben weil hier eine krisenfestere Lebensweise möglich ist.

Aber wir müssen auch sehen: Der ländliche Raum ist ausgedünnt, Ausbildungs- und Arbeitsplätze sind abgewandert. Die Wirtschaft hat es sich allzuoft gerade zum Gütesiegel auserkoren, "lean"("schlank") und "just in time"("zeitnah") zu funktionieren, keine "Fettpolster" anzulegen. Und abgelegene Standorte oder gar soziale Verantwortung bedeuten Verlangsamung und scheinbare Kosten. Ein Teufelskreis auf beiden Seiten: denn auch überlastete Ballungsräume sind immer weniger krisenfest, wie man sah.

Corona hat die schon eingetretene Krise nur sichtbar werden lassen, eben auch dadurch, dass viele Menschen heute bereit sind, bereit sein müssen, ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen, weil der Stillstand der Wirtschaft sie als allererste trifft. Das ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand, über den wir erstmals seit langem wieder offen reden können uns sollen.

Was aber ist dagegen zu tun? Wagen wir es, zu erkennen, dass der Zug jahrzehntelang in die falsche Richtung gefahren ist? Und wie sähe überhaupt eine richtige Richtung aus, angesichts der vielen Krisenbedrohungen und unserer beschränkten Mittel? Wie lässt sich Resilienz, wie lässt sich Krisenfestigkeit als neues und umfassendes Ziel überhaupt denken? Das ist Gegenstand in dieser Nummer, aber einige allgemeine Ideen seien vorausgeschickt.

  • Wenn wir heute sagen die Zukunft ist lokal, dann bedeutet das nicht weltabgewandt. Wir brauchen alles Wissen der Welt, um unsere Gemeinden zu gesunden, organischen Lebewesen zu machen, in denen alle lebensnotwendigen Aufgaben vor Ort erledigt werden können. Kommunikationsnetze, digitale Fabrikation, dezentrale Energien aus Wind und Sonne, Stoffkreisläufe, Automation werden genauso Einzug halten wie miniaturisierte Gesundheits- und Bildungszentren. Vor allem anderen steht die gesicherte Grundversorgung aus eigener Kraft - und danach mögen auch die Olympioniken des Weltmarkts zu ihrem Recht kommen. Aber wenn wir nicht die Zusammenarbeit mit der Natur an die erste Stelle setzen, werden wir bei allem Güterausstoß verarmen.
  • Resilienz bedeutet Anpassungsfähigkeit. In Zeiten der Krise müssen Wirtschaftsbetriebe - auch mit ein wenig Umstrukturierung - rasch lokale Bedarfe erfüllen können. Und sie müssen trachten, sich miteinander zu vernetzen, zu verketten, zu spezialisieren, anstatt einander Konkurrenz zu machen.
  • Resilienz bedeutet Zusammenarbeit und die Erkenntnis, dass jede, aber auch fast wirklich jede Fähigkeit zu einem bestimmten Punkt wichtig werden kann. Resiliente Systeme sind die, in denen viele verborgene Talente auf ihre Stunde warten und Vielfalt gepflegt wird. Sie haben Respekt vor den Potentialen jedes Einzelnen. Und schaffen so eine lebenswerte Gemeinschaft.