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Frau Pachl-Eberhart las in einer Linzer Buchhandlung aus ihrem Buch „vier minus drei“ Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand. Wir respektieren die Art der Trauer von Frau Pachl-Eberhart, wollen aber in einem offenen Brief Stellung nehmen, da in der Öffentlichkeit durch die Berichterstattung der Medien und durch die Präsenz der Autorin der Eindruck entsteht, ihre Form der Trauerbewältigung sei beispielhaft.

Linz, April 2011

Sehr geehrte Frau Pachl-Eberhart,

wir wenden uns mit folgender Bitte an Sie: wir, das sind Mitglieder der Selbsthilfegruppe Trauernde Eltern und Geschwister Linz. Diese Gruppe besteht seit 1989, als die Gründungsmitglieder beschlossen, nach dem Tod ihrer Söhne neue Wege der Trauer zu finden und möglich zu machen.

In unserer Anfangszeit war es durchaus noch üblich, dass Verwandte, Freunde und natürlich katholische Priester Hinterbliebene mit dem Hinweis zu trösten versuchten, das verstorbene Kind, Geschwister usw. sei im Himmel, im Paradies, es sei ein Engel und viel glücklicher jetzt. Und die Tränen der Trauernden würden diesen paradiesischen Zustand nur stören. Man solle stark sein. So man es war, konnte man sich der Bewunderung aller sicher sein.

Unsere Gruppe hat wie viele andere Selbsthilfegruppen auch in den letzten 20 Jahren dafür gekämpft, auch andere Arten der Trauer gesellschaftsfähig und zumutbar zu machen, unbequeme, klagende, schreiende, wütende Trauer, Trauer, die den unerträglichen Schmerz des frühen Todes nicht ins stille Kämmerlein verbannt sondern ihn den anderen zutraut.

Denn es ist ja offensichtlich, dass die oft gar nicht so wohlmeinenden Hinweise auf das Paradies, den neuen Seinszustand, die andere Seite, auf die Engeln (wahlweise Helden, Märtyrer) und auf die bewundernswerte Stärke der Hinterbliebenen in erster Linie die Unbegreiflichkeit, die Empörung, den Wahnsinn des Todes und damit die Trauernden selbst unter Kontrolle bringen wollen. Und so soll sichergestellt werden, dass nach einiger Zeit (heute meistens ein halbes Jahr, früher das Trauerjahr) alles vorbei ist, die Trauerarbeit abgeleistet und der Betroffene wiederhergestellt ist.

Wir selbst haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass es eher fünf bis zehn Jahre brauchte, bis wir wieder vollständig ins Leben zurückfanden und die Gesellschaft anderer, Nichtbetroffener ertragen konnten. Und auch dann waren wir nicht mehr so wie vorher.

Unsere Bitte daher: Uns ist natürlich bewusst, dass Sie vielen Menschen helfen, indem Sie Ihr tragisches Schicksal öffentlich machen. Es war auch immer ein Anliegen unserer Arbeit, das Tabu, über den Tod zu sprechen, zu untergraben. Sie helfen bestimmt Angehörigen und Freunden von Trauernden, die nicht wissen, wie sie mit dem nun so veränderten Menschen umgehen sollen. Sie helfen gewiss auch unmittelbar Betroffenen, die sich in ihrer Verzweiflung an jeden Strohhalm klammern. Vielleicht könnten Sie aber in Ihren öffentlichen Auftritten etwas stärker darauf achten, dass die Darstellung Ihrer Art zu trauern für andere Betroffene möglicherweise ein Schlag ins Gesicht ist, dass wir, die wir es nicht geschafft haben, stark zu sein, die wir fast zerbrochen sind am Schmerz, die wir uns für kürzere oder längere Zeit abwandten von Freunden und Verwandten, dass wir das Gefühl haben, die letzten Jahrzehnte Aufklärungsarbeit würden zunichte gemacht.

Herzliche Grüße
Selbsthilfe Trauernde Eltern und Geschwister Linz
Maria Abraham-Mülleder
Josefine Mülleder
www.trauernde-eltern.at