GIVE / Jahresberichte / 2018 |
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für die außerordentliche GV in Wien, am 29.1.2019 im Cafe Weimar
dieser etwas andere und längst überfällige Newsletter geht erstens mal an unsere alte GIVE Verein-Mailingliste, - sowie an alle, die DSVGO-konform den Willen zum weiteren Erhalten von Informationen dokumentiert haben. Er entspricht auch einer schon lange geäußerten dringenden Bitte unseres Vorsitzenden Karl Trischler, die noch vorhandenen Mitglieder und deklarierten Interessenten des Vereines GIVE endlich wieder einmal umfassend zu informieren. Dieser Bitte komme ich umso lieber nach, als es mir leider erstmals seit 20 Jahren nicht gelungen ist, noch rechtzeitig im alten Jahr eine Generalversammlung zu organisieren, so dass diese heuer ausfällt. [1] in Kürze: 1. Es häufen sich die Anzeichen, dass das "utopische" und "spinnöse" Ziel, das seit der Gründung von GIVE im ZSI 1992 und als eigenständiger Verein 1998 Pate stand, in einem erstaunlichen Ausmaß von immer mehr Menschen und Institutionen ernst genommen und zumindest als zu realisierende Aufgabe postuliert wird. Ein "urbanes" Leben in ländlichem Raum auf hohem Niveau , die Verschmelzung der Potentiale von Kommunikationstechnologie, kreativer Ökologie und vor allem kollektiver Selbstbestimmung. Dafür wollte ich, wollten wir Interessengemeinschaft von Forschern und Aktivisten zusammenzubringen um in einer Zeit sich verschärfender Problemlagen Lösungen zu finden. Diese Lösungen entwickeln sich nun endlich vor unseren Augen. 2. Allerdings laufen diese Entwicklungen bis dato ziemlich massiv an GIVE, seiner Gestaltungsrolle und dem Soziotop der GIVE Mitglieder vorbei. Ich kann auch nur staunender Beobachter sein. Es mag sein, dass vielleicht so manche Akteure sich durch Publikationen oder Gespräche oder Aktionen von und mit mir/uns motivieren ließen, aber doch sind diese Projekte grosso modo unabhängig von GIVE entstanden und entwickeln sich von selbst weiter. Das lachende Auge dabei: Die Zeit der Realisierung der Idee ist gekommen. Man kann die Idee heute leichter vermitteln und umzusetzen beginnen denn je. Das weinende Auge: ich habe das Gefühl die Arbeit der letzten Jahrzehnte, der Aufbau einer enormen Wissensbasi, hat DAFÜR nicht in dem Sinn gefruchtet, dass ich das Gefühl hätte, es würde sich lohnen, sie in dieser Art und Weise weiterzuführen. Daraus gilt es Konsequenzen zu ziehen. Sollen wir GIVE auflösen? Oder irgendwie den neuen Entwicklungen anpassen? Oder was Drittes? Ich eröffne wieder einmal eine Reflexionsphase, lade Euch zu Stellungnahmen ein und werde sie auch angemessen im Dorfwiki zusammenfassen und publizieren. Näheres und ausführliches im Langtext Anhang. PS: Ich bin gerade in Wien, denn unter anderem wird morgen Dienstag im Café Weimar in der Währinger Straße um 16 Uhr die Generalversammlung unseres Schwestervereins ECOVAST stattfinden. um 18 Uhr wäre hier Gelegenheit für ein persönliches Treffen zum persönlichen Austausch.
Franz Nahrada
Dieser Jahresbericht ist etwas unkonventionell verfasst, um einen so langen und komplexen Sachverhalt an viele Menschen zu kommunizieren habe ich die "Give me Five" Methode gewählt. (danke an Helmut Leitner und Christian Frantal)
1. Fünf Beispiele, warum GIVE 2018/19 mehr denn je den Nerv der Zeit trifft Also: Hier die fünf best news:
Vor einigen Wochen machte mich Claus Seibt von den New Workern auf die Ankündigung der "Smart Villages" Konferenz in Brüssel aufmerksam. Sie steht im Kontextes eines EU - offiziellen Prozesses, der hier beschrieben ist:
"Smart Villages is a relatively new concept within the realm of EU policy making. The emerging concept of Smart Villages refers to rural areas and communities which build on their existing strengths and assets as well as on developing new opportunities. In Smart Villages traditional and new networks and services are enhanced by means of digital, telecommunication technologies, innovations and the better use of knowledge, for the benefit of inhabitants and businesses. Digital technologies and innovations may support quality of life, higher standard of living, public services for citizens, better use of resources, less impact on the environment, and new opportunities for rural value chains in terms of products and improved processes. The concept of Smart Villages does not propose a one-size-fits-all solution. It is territorially sensitive, based on the needs and potentials of the respective territory and strategy-led, supported by new or existing territorial strategies. Was will man mehr?
Wie gesagt, es gibt mittlerweile eine Lawine von GIVE ähnlichen Initiativen, ich gebe Euch nur einige Links zum Staunen:
Und sogar ein Mastermind moderner Architektur entdeckt ländlichen Raum neu: aber eben nicht nur er.Erwähnt sei auch dieses Projekt der Regionalplaner an der TU Wien: https://mehralsobergail.wordpress.com/ und die immer rührigen Freunde von Nonconform mit ihrer Landinger Initiative http://www.landinger.at/ueber-uns.html Und dann kommen noch die praktischen Beispiele, die nun auch endlich in Österreich angelangt sind.
1,3,1, Was ist die Rolle einer Vereinigung wie GIVE in diesem Prozess, der sich darstellt wie eine rapide biologische Evolution weg von der Pionierpflanze zu einem Ökosystem angepasster und spezialisierter Organisationen und Projekte? Auch darüber gäbe es zunächst eine optimistische Sichtweise. Erstens ist es schon eine ganze Menge, was passiert, und damit steigt das Bedürfnis sich in diesem Dschungel auszukennen und zu orientieren, die historische Entwicklung zu überblicken und als Referenzplattform zur Verfügung zu stehen. Es wird wohl kaum eine Stelle geben, wo zu diesem Thema und unter diesem Gesichtspunkt mehr an Material zusammengekommen ist, als in der GIVE Libary. Und wenn mir etwas gelungen ist beim Auszug aus dem Hotel Karolinenhof In den ersten Monaten dieses Jahres, dann war es, die Bücher und Unterlagen die sich im Lauf der Jahrzehnte GIVE-Arbeit akkumuliert haben, in einem trockenen und sauberen (Zweit- und Dritt) Keller in Wien Floridsdorf unterzubringen. Also wäre auch ein Kernstück einer wissenschaftlichen Bibliothek gegeben. Immerhin ist das Material weitgehend erhalten geblieben und ich bin gerade im Gespräch mit einer professionellen Bibliothekarin, um es zu katalogisieren. 1.3.2 Es war aber immer mein Anliegen, nicht primär archivarisch an diese Dinge heranzugehen, sondern sich aktiv einzumischen und die besten Möglichkeiten herauszudestillieren - die Dokumentationsarbeit ist nicht wertfrei, sondern mit der Aufgabe verbunden, die sinnvollsten und lebendigsten Muster zu finden und in ihrer Kombinatorik darzustellen. Dievon Christopher Alexander begründete Methodik der Mustersprache - nach deren Idee sich Wissenschaft im Herstellen von Gebrauchsanleitungen zur Erzeugung lebendiger Realität vollendet - beginnt sich durchzusetzen, das haben u. A. die PurplSoc? Konferenzen gezeigt. ( https://www.purplsoc.org/category/purplsoc_blog/). Schon vor längerer Zeit hab ich mit Helmut Leitner über eine "virtuelle Fakultät" nachgedacht, in dem sich solchermaßen auf menschliche Potentialentfaltung und Tätigwerden reporganisierte Wissenschaft neu Formiert. Das wird vielleicht ein Traum bleiben, aber immer wieder werden uns Stücke dieses Traumes begegnen: http://www.theoriekultur.at/wiki?Virtuelle_Fakultaet Ich bin jedenfalls froh darüber, dass die Frage nach dem epistemologischen Ziel halbwegs geklärt ist. Die Aufgabe einer "Mustersprache der Globalen Dörfer" haben wir zwar noch nicht wirklich vollenden können, aber aus den ersten Anläufen heraus ist sie zumindest erkennbar. 1.3.3. Das ganze Vorgehen an der Grenze von Wissenschaft und Kunst ist dabei, sich vom Objektivismus und Determinismus einerseits, und andererseits von der rein subjektiven Willkür, in deren Falle Kreativität jahrzehntelang gegangen ist, zu befreien. Die Wissenschaft entwickelt zunehmend ein Bewusstsein dafür, dass ihre Aufgabe über eine deskriptive Verdopplung der Realität hinausgeht. Diese Wissenschaft im Wandel hat viele neue Formen angenommen, aber für eine Vereinfachung der Dinge genügt es mir hier auf den Begriff der "Reallabore" hinzuweisen. "Lösungen für wichtige Zukunftsfragen kann die Wissenschaft heute nur noch zusammen mit der Gesellschaft erarbeiten" ( https://de.wikipedia.org/wiki/Reallabor). Ein esoterischer Gedanke, den ich vor 28 Jahren aus einer Begegnung mit Douglas Engelbart in Stanford mitgebracht und der Konzeption von GI VE zugrundegelegt habe, ist im Begriffe, akzeptiert und Mainstream zu werden - auch wenn Engelbart für mich dem immer noch die elegantere Fassung gegeben hat, dass nämlich das Reallabor auch ein Mikromodell aller gesellschaftlichen Akteure sein muss und die Wissenschaft in das Reallabor einen dialogischen Prozess zwischen all ihren Perspektiven auf gleicher Augenhöhe implantiert. Mit David Steinwender arbeite ich an einer Initiative, die zwischen Wissenschaft und "Reallaboren" im ländlichen Raum Brücken baut. Sie trägt den Titel "Die Welt verändern lernen". http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?Bildung/DieWeVeLe
Eine zentrale These, mit der ich die Arbeit des GIVE Vereines begründen wollte war dass die Innovationen im ländlichen Raum nur greifen, wenn das Projektfeld Bildung als primäres Interventionsfeld begriffen wird. Die Gründe dafür sind des öfteren dargelegt worden (am schönsten hier: http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?FranzNahrada/GedankenZumCampusOsttirol). In Kirchbach haben wir den Grundstein gelegt für die Idee einer neuen Bildungseinrichtung. Michael Narodoslawsky hat das wunderbar zusammengefasst: "noch nicht das Wahre, aber ein wichtiger Wegbereiter" ( http://kb5.zukunftslernorte.org/wiki.cgi?Narodoslawsky_Interview). Die Quintessenz aus meiner drei jahrzehnte Arbeit mit GIVE: das neue Dorf entsteht am besten aus sich selbst, also aus dem alten Dorf - und eine Bildungsinitiative ist das Mittel dazu! In den letzten Tagen hatte ich intensiveren Kontakt mit Wolfgang Lalouschek, aber auch vielen anderen Changemakern in Österreich, der diese Tendentz bestätigt hat. Es herrscht generell wieder mal ein starkes Bedürfnis vor, Bildung und Forschung mit gelebter Umsetzung zu verbinden und "Campussiedlungen" oder "Kompetenzzentren" in ländlichen Räumen zu schaffen. Ich sehe mit Freuden dass auch die oben genannten schoon existenten "Dorfbeispiele" alle auf dieser zentralen Rolle als Bildungsort aufbauen, auch das Cambium in Fehring sieht sich als z.B. Haus der Bildung und Begegnung. Wir haben dem mit mehreren Projektionnovationen Rechnung getragen;
Es wird klar: wenn es so etwas wie ein zentrales aktuelles Projektvorhaben von GIVE gibt, dann ist es genau das - die DorfUni. Ein nicht von außen abhängiges, autochtones Bildungssystem, das die Kräfte der Gemeinden für den anstehenden Wandel und die Verhinderung der Entleerung ländlicher Räume kooperativ bündelt. Wir hatten in Kirchbach diesen Weg eingeschlagen, aber ohne Partnergemeinden die sich die Arbeit am Inhalt teilen hätten können. So gab es immer nur inputs von außen, von Institutionen die es sich leisten konnten und wollten, Streams zur Verfügung zu stellen, vor allem der Universität Graz, die dafür aber auch sehr viel Geld verlangte und deren Inhalte nur in den allerseltensten Fällen etwas mit den tatsächlichen lokalen Problemlagen und Potentialen zu tun hatten. Hier hat sich etwas Grundlegendes geändert: der Einstieg ist dank der modernen Technoilogien, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, wesentlcih einfacher geworden. Zwischen dem Aufwand den wir noch für "Village Innovation Talks" 2011 - eigentlich war das damals schon als Aufbruch in die DorfUni Welt gedacht - betrieben haben und dem, was heute mit kleiner, leichter und flexibler Technologie möglich gewiorden ist, liegen Welten. Ich möchte hier insbesondere auf die Arbeit von David Röthler in Salzburg hinweisen, der mit verschiedensten Veranstaltungsformaten und unzähligen Webinaren für seine Auftraggeber bahnbrechende Innovationen erkundet und uns gezeigt hat, wie sich laufend neue Problemlösungsmuster einstellen. An der Technik und selbst an der Bandbreite liegt es also immer seltener - vielmehr am Mangel an Bewusstheit für das Ausmaß, in dem diese Technik auch in soziale Innovationen umgesetzt werden könnte. Immerhin haben wir schon einige Bürgermeister und Kommunalpolitiker überzeugen können, sich versuchsweise hinter die soziale Innovation zu stellen. Aber natürlich ist damit noch nicht garantiert, dass wir ein wirklich produktives Miteinander der Beteiligten Garantieren können. Wir haben aus Fehlschlägen wie der "Langen Nacht der Sprachen" gelernt, dass es umso mehr der Vorarbeit und der Kommunikation bedarf, um die Bedürfnisse des virtuellen gegenübers wirklich zu verstehen. So, das waren die fünf good news. Und jetzt die fünf großen Herausforderungen:
Hier ist vielleicht eine Vorbemerkung nötig. Historisch gesehen war es so, dass sich GIVE im Zentrum für Soziale Innovation entwickelt hat. Ich war immer schon ein Einzelkämpfer, aber über das ZSI gelang es, eine Infrastruktur aufzustellen, in deren Rahmen institutionelles Handeln möglich war. Zum Beispiel über fünf Generationen von Akademikertrainees, Global Village Buch, Bruck an der Leitung, Global Village.etc Damals war das möglich weil ich als "Departmentleiter" einiges an Freiheit und Ressourcen hatte etc. Als sich aufgrund der zunehmenden Differenzen mit dem ZSI die weitere Zusammenarbeit als unmöglich herausstellte, gründeten 18 Mitglieder meines Netzwerks 1998 letztendlich den Verein GIVE, der aber von Anfang an als Unterstützung meiner Arbeit gedacht war. http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?GIVE Die persönlichen Umstände und die Vereinsentwicklung waren von Anfang an aufs Engste miteinander verknüpft, Natürlich hoffte ich, möglichst viele Menschen in meine Arbeit einbeziehen zu können, aber relativ bald zeigte sich, dass dies an der Struktur zeitweiliger Projekte eine Grenze fand. Während das ZSI das Heil in großem Overhead für Repräsentation und Acquise, fixen Anstellungsverhältnissen und dementsprechend totaler Anpsassung an die Projektförderlandschaft suchte, versuchte ich mit projektbezogenen Werkverträgen, Akademikertrainings und vor allem dem Einwerben freiwiliger Mitarbeit den Laden am Laufen und vor allem "auf Kurs" zu halten.Spätestens ab 1999 zeigte sich die Unhaltbarkeit dieser Konstruktion, ich musste nach langer Krankheit ins Hotel Karolinenhof einsteigen und GIVE wurde auf Sparflamme gefahren, suchte sich immer wieder Partner die bereit waren diesen Verein auch mitzuziehen. (das war natürlich immer nur zeitweise erfolgreich). Die Möglichkeit der Akademikertrainings versiegte, die sogenannten Arbeitstrainings des AMS bedeuteten nur mehr Kopfzerbrechen und Mühe, der Verein geriet immer mehr in eine Organisation "in Warteschleife". Natürlich gab es immer wieder Hochphasen, die Projekte ERDE und MIR und viel andere brachten immer wieder neue Erfahrungen und Bereicherungen, aber die menschlichen Kosten, die Fluktuation der Mitarbeiter, die Überforderung durch nicht getane Aufgaben waren ebenso drückend wie die Erfahrung, dass Menschen die für sich selbst Freiräume suchten, nach anfänglicher Begeisterung keine tragfähige Arbeitsbasis vorfanden. Der Umstand, dass ich ein Hotel leitete, das eine Zeitlang noch funktionierte, aber letztlich auch in den Strudel der verschäörften Konkurrenz gezogen wurde und am Schluss nur mehr durch das Verschieben von nötigen Investitionen über Wasser gehalten werden konnte, machte die Sache nicht leichter. Zwar waren durch die ungenutzten Gebäuderessourcen Räume für die Dokumentation und Projektarbeit des Vereines sowie ein wunderbarer fast maßgeschneiderter Salon für Meetings vorhanden, aber eben in einer prekären Form, die wiederum sehr stark an meiner Person hing. Es ist kein Wunder, dass die Geschichte dieser 20 Jahre eine Geschichte von Krisen, Neubeginnen, immer wieder neuen Arbeitsfeldern, von starker Außenorientierung und der beständigen Suche nach tragfähigen Partnerschaften war. Immer wieder stand das Desiderat auf der Tagesordnung, den Verein doch stärker von meiner Person zu trennen - und immer wieder hätte doch der einzige Weg dahin ein verstärktes Engagement meinerseits erfordert. Jedes Engagement stand aber vor dem Dilemma, gar keine starke Mannschaft im Hintergrund zu haben und stattdessen "reingesogen" zu werden in fremde, wenngleich auch immern wieder durchaus interessante Entwicklungen. Das gilt auch für die zahllosen Versuche, Brücken in ländliche Räume zu schaffen, um endlich ein "Landlab" zu finden. Das galt für die Vernetzungstätigkeit in Wien, für die internationalen Kontakte usf. Ich war zum Netzwerken gezwungen und baute dadurch ein immenses Geflecht an Beziehungen auf, die aber auch immer eine kurze Halbwertszeit hatten, weil die eigentliche GIVE Angeda immer wieder auf der Strecke blieb. Nun ist, durch das Ende des Hotels, die Frage endgültig auf dem Tisch: soll die organisatorische Hülle, mit extremer Mühe über 6 + 20 Jahre am Leben erhalten, endlich sterben dürfen - oder wird dadurch nicht ein immenses Potential, ein Wert der sich schon durch die mannigfachen Aktivitäten und Erfahrungen akkumuiliert hat, einfach unwiderrufklich vernichtet ? Das folgende klingt jetzt eben wie "bad news" - aber für mich sind es einfach provokative Wahrheiten, es sich zu stellen gilt.
Obwohl ich die GIVE Bestände gerettet und den weiteren Aufbau Wissensbasis möglich gemacht habe, habe ich in den letzten zwei Jahren wenig Interesse selbst in engstem Umkreis gespürt, diese auch zu benutzen. Man könnte sagen, das ganze Material aus 20 Jahren gammelt nutzlos vor sich hin und verkommt natürlich zu einer rein historischen Sammlung, weil aktuelle Bezüge nicht hergestellt werden und das Wissen nicht lebendig gehalten wird.
Es geht ja nicht nur mir so: auch Josef Kreitmayer ist mit dem Vorhaben einer Zukunftsbibliothek gescheitert, und ich durfte dessen Nachlass bis zum heutigen Tag bei einem Freund in Radkersburg zwischenlagern. Kurzfristig sah es so aus als würde der Garten der Generationen diese übernehmen, doch daraus ist nichts geworden. (Anmerkung 2023: es ging dann doch)
Im Lauf der letzten Jahre hat sich die Struktur des Engagements grundlegend gewandelt. Ich merke einfach, dass Menschen um mich herum keine Zeit haben. Alleine schon die Zumutung eine Mail für diese zu lesen, ist wahrscheinlich für viele ungeheuerlich. Keine Zeit zu denken bedeutet aber noch weniger Zeit, sich zu engagieren. Nure wenige Menschen haben noch das Privileg, über eine Basis zu verfügen, die sie neben ihrem Geldeinkommen und kompensatotrischer Freizeitaktivität zu längerfristiger, verlässlicher und solider ehrenamtlicher Arbeit befähigt. Ich dachte mir, dass ich GIVE und seine Aktivitäten auf einem Modell mit 70 Prozent ehrenamtlicher Tätigkeit und 30% bezahlter Arbneit aufbauen kann, und bin damit gescheitert.
Der Zeit- und Kommunikationsmangel hat auch zu anderen unerfreulichen Konsequenzen geführt. Viele Menschen sind mit durchaus hohen Energien zu GIVE gekommen, und ich habe mich darüber so gefreut, dass ich sie auch in Vereinsfunktionen einbezogen habe, ohne dass wir wirklich alle Aspekte der Idee oder des Plans durchbesprochen hätten. Ich habe nicht ganz genau hingeschaut und so manches übersehen, was eigentlich ein Warnsignal hätte sein müssen. In der Konsequenz ist aus so mancher anfänglich scheinbar produktiven Beziehung mit Mitstreitern dann im Endeffekt ein handfester Streit erwachsen. Das hat dem Klima im Vereinsleben ja nur noch zusätzlich einen Dämpfer versetzt.Ein ganz arger Schlag ins Wasser war zuletzt "Smart Country". "Einfach etwas tun" ist nicht immer eine gute Idee.
Während die Projekte in Richtung globaler Dörfer blühen, ist das Klima der geistigen Öffentlichkeit vergiftet vom Losdreschen aller auf alle, und obwohl ich mir keine Sorgen mache um die Emergenz der nächsten Phase, wird die übernächste Phase, die Phase der Vernetzung der globalen Dörfer untereinander, vom losgebrochenen und von oben und unten ausgerufenen Kampf der Kulturen und Einflusszonen empfindlich gestört. Noch verlaufen die Debatten einigermaßen zivilisiert, doch die Menge der Gemeinsamkeiten und mobilisierbaren Verständigungspotentialen nimmt in der breiten Öffentlichkeit - der nationalen wie der Weltöffentlichkeit und eben auch der lokalen - beständig ab. Ich habe mich in den letzten Jahren immer mehr zu der Überzeugung hingearbeitet, dass jeder Versuch, Gesellschaft als ganze durchgängig zu gestalten, in die Anheizung des Streits um Definitions- und Zuteilungsmacht mündet. Die beste politische Aussage die wir treffen können ist die, dass die Welt die wir wollen, eine "Fleckerlteppichwelt" ist und damit groß genug ist, damit jeder - in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten - nach seiner Facon selig werden kann, solange er andere in Ruhe lässt. Aber das schließt eben dermaßen viel an globaler Gestaltung mit ein, und zwar einer der Subsidiarität, der Dezentralisierung und des Empowerments, dass auch wir um eine politischen Artikulation nicht herumkommen. Und die muss sich not´gedrungen jenseits der Alternative "Globalismus - Nationalismus" bewegen.
Wir werden alle älter und unsere Lebenszeit ist begrenzt. Der Verein GIVE hatte lange Zeit sein Zentrum in Wien, jetzt geh ich nach Bad Radkersburg, um an einem Kompetenzzentrum für aktives und gesundes Altern mitzubauen. Wie sich die Dinge entwickeln, weiß ich nicht. Ich würde mich freuen, wenn es Menschen gibt, die die Wiener Lücke nach meinem Weggang füllen und zumindest die Community Arbeit ordentlich machen. Ich werde diese Menschen gerne unterstützen, Aber ich möchte hören, wer das überhaupt will.
Das Folgende ist nur rein fragmentarisch mit Stichwörtern
In den folgenden Monaten planen wir auch einige Veranstaltungen dazu, und vielleicht kann der Weg von vielen gemeinsam gegangen werden. Transition, ECOVAST, SOL, Pioneers ... die Liste ist ziemlich lang.
We will see. Ich bin gespannt auf die vielen vielen Unterhaltungen in den nächsten Monaten, die dieser Text provoziert. liebe Grüße Franz zum Schluss schon die erste Reaktion (die Urfassung hab ich ja schon im Dezember an den Obmann verschickt)
Lieber Franz! Du hast das Wesentlichste, das ich schreiben wollte, in Deinen Text integriert: ich brauche keinen Obmanntext mehr.
Nun ein Feedback zu Deiner Rohfassung: sie gefällt mir sehr gut: Du fängst mit den Positiva an und formulierst sie aus!
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