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111 Thesen warum Subsistenz und Kooperation keine Gegensätze sind    

Beitrag auf der ersten Oekonux Konferenz 2001, erschienen auch in "Utopie konkret" der Rosa Luxemburg Stiftung (*** 2002)

Übersicht hier: http://erste.oekonux-konferenz.de/programm/db/ox_event_27.html

(1) Sinn dieses Textes ist es, einen Beitrag zur Aufhebung eines Befremdens oder einer Fremdheit leisten, die meiner Auffassung nach zugleich eine Blockade der Entfaltung der Potentiale freier Software darstellt.

(2) Ich spreche über die Fremdheit zwischen zwei Reaktionsweisen oder Bewegungen, die sich scheinbar in gegensätzlichen Richtungen vom Mainstream der kapitalistisch formierten und staatlich verwalteten Welt abzusetzen versuchen.

(3) Grob gesprochen und sehr idealtypisch vereinfacht sind es auf der einen Seite diejenigen, die die emanzipatorischen Potentiale der Vergesellschaftung hochhalten - denen auf der anderen Seite diejenigen gegenüberstehen, die auf der Gewinnung einer realen Basis von Autonomie durch Eigenarbeit und Subsistenz pochen.

(4) Mein Beweisziel ist, daß sich die Herstellung realer Autonomie und die Herstellung einer vernünftigen Form der Vergesellschaftung gegenseitig bedingen; es gibt das eine nicht ohne das andere zu haben. Die Formel "Globale Dörfer" ist ein Versuch, die Synthese von Vernetzung und Selbstbestimmung konkret zu denken.

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
111 Thesen warum Subsistenz und Kooperation keine Gegensätze sind   
1.1. Vergesellschaftung und Autonomie   
1.1.1. Small & Beautiful   
1.1.2 Vergesellschaftungs und Entgesellschaftung   
1.1.3. Entwicklung und Zerstörung des Eigenarbeitsraumes   
Produkte als Zeitzerstörer   
Geistiges Eigentum als Generalprävention autonomer Arbeit   
Fazit   
1.2. Die "Kritik" der modernen Subsistenzbewegung an Warengesellschaft und Technik   
1.2.1 Subsistenz ohne Technik ?   
1.2.2. Subsistenz als Geschlechtermetaphysik   
1.2.3. Zum Begriff der "globalen Subsistenz"   
1.3. Globale Subsistenz als praktische Notwendigkeit und bewußte Perspektive   
Schranken der Subsistenz   
1.3.1 Subsistenz ist nur im Weltsystem denkbar   
1.3.2 Subsistenz braucht Subsistenzwissen und Subsistenzmittel   
1.3.3. Wir brauchen eine Allianz der globalen Dörfer   
2. Telearbeit als Arbeit am Telos   
Exkurs zu Krisis   
"Arbeit" - mehr als eine pseudo-ontologische Kategorie   
2.1. Die Ablösung der Industrie durch Automation – über die Implementierung der Teleologie   
2.1.1. Automatisierung: Produktion im Lebensvollzug   
McLuhan über Industrie versus Automation   
Lernen   
2.1.3: Automatisierung ist allgemeine Arbeit   
2.1.4. Modellbildende Arbeit ist Teleologie   
Fußnote über Gebrauchswertseite bei Marx   
2.2. Die kulturelle Realität geistiger Arbeit   
2.2.1. Kultursysteme   
2.2. Über Effektivität und Nachhaltigkeit von Arbeit; Technologie als Einschränkung und Bedingung von Handlungsfreiheit   
2.3. Der Gegensatz von Wirtschaft und Arbeit wächst   
2.3.2 Die Entsorgung der Produktion   
2.4. Der zunehmende Bedarf an Standards und Technologien der Kooperation   
2.4.1 Die Konkurrenz der Kapitale um die gesellschaftliche Arbeit   
2.5. Das soziale Betriebssystem: "Theor-eEthische" Grundlagen einer Kultur kooperativer Arbeit   
2.5.1 Globalisierung von unten   
3. Einige Gedankensplitter zu Raum und Technologie: Bausteine für die Globalen Dörfer   
3.1. Die Dialektik von "Stadt" und "Dorf"   
3.1.1. Speckgürtel: pervertierte kapitalistische Stadtentwicklung   
3.1.2. Stau   
3.2. Miniaturisierung, Komplexität, Dauerhaftigkeit   
3.3. Die verteilte digitale Metropole   
3.4. Bio - logik als Grundlage von Lebensraum- und Technologiegestaltung   
3.4.1 Permakultur   
3.4.2. Living machines   
3.4.3. nachwachsende Rohstoffe etc.   
3.5. Die Stadt als Pflanze: Arcosanti und andere Visionen   
3.6. Das Dorf als gelebter Lebensentwurf: bolo’bolo und die Themensiedlungen   
3.6.1. bolo und nima   
3.6.2. Themensiedlungen   
3.6.3. Cultural Communities auf der Suche nach Manifestation   
3.7. globale Orte, duale Architektur   
4. Ein Besuch in der globalen Dorfwerkstatt   
4.0.1. Spirale der Nachhaltigkeit   
4.0.2. Senkung der Lebenshaltungskosten   
4.1. Die Anatomie des Globalen Dorfs: Konzeption, Prozeß und Dissipation als räumliche Sphären.   
4.2.Exkurs über das Kloster und seine Metamorphosen   
4.3. Prozeß: die telematische Werkstatt und die Helfer im Garten   
4.4. Dissipation oder das Gespräch mit den Bäumen   

1.1. Vergesellschaftung und Autonomie    

(5) Bemerkungen zu Vergesellschaftung und Autonomie in historischer Perspektive und im modernen Subjekt. Exkurs über Prosumerism (hier nicht ausgeführt, siehe Zolltexte Artikel

1.1.1. Small & Beautiful    

(6) Die durchaus nicht triviale Einsicht, daß eine Erhöhung des Vergesellschaftungsgrades menschlicher Arbeit keineswegs zwangsläufig eine Erhöhung menschlicher Handlungsmöglichkeiten mit sich bringt, verdient nähere Betrachtung.

(7) Es ist keineswegs bloße Ideologie, sich solchen Fragen systemtheoretisch zu nähern. Wir wissen, daß mit der Größe und Komplexität von Systemen ihr realer Wirkungsgrad abzunehmen pflegt: Die Effizienz von Systemen steigt nicht linear mit ihrer Größe und Komplexität an. Gemeinhin pflegen Subsysteme zu entstehen, die einen gewissen Grad an Autonomie haben.

(8) Warum ist das so? Ich habe mir die Frage öfters gestellt und öfters verschiedene Antworten gefunden. Zum Beispiel diese: Ein System ist ein Zusammenspiel von Elementen, die miteinander zu einem bestimmten Zweck kommunizieren. Das können Menschen sein oder Maschinenteile oder Pflanzen und Tiere. In diesem Zusammenspiel kommt es auf die Kommunikationsdichte an, diese kann erdrückend, passend oder zu gering sein.

(9) Eine andere, ähnliche Erklärung wäre, daß wir immer komplexere Systeme aufbauen, weil wir immer mehr über unsere Umwelt lernen. Das zwingt zur Miniaturisierung, weil jede dieser Funktionen Kraft und Zeit braucht.

(10) In jedem Fall stellen wir fest, es gibt für Prozesse Optimalgrößen. Die Analyse der zeitlich- räumlichen Strukturen unseres Lebens kann uns damit konfrontieren, daß diese Optimalgrößen sehr unterschiedlich und ganz sicher auch flexibel sind.

1.1.2 Vergesellschaftungs und Entgesellschaftung    

(11) In einer eingeschränkten historischen Perspektive, die die letzten 300 Jahre umfaßt, könnte man sagen, daß wir am Ende einer kolossalen Vergesellschaftungswelle stehen und daß wir aufgrund der Resultate dieser Vergesellschaftungswelle ein neues Potential an Autonomie dazugewonnen haben.

(12) Alvin Toffler und Marshall McLuhan führen diese Entwicklung direkt auf die Technologie zurück, die es uns erlaubt, uns direkt, quasi in Selbstbedienung, der verkörperten gesellschaftlichen Intelligenz zu bedienen. Toffler hat dafür den Ausdruck des "Prosuming" gebraucht, also die Verwischung der Grenzen zwischen Produktion und Konsumtion. Die industriell produzierten Automaten ermöglichen eine Steigerung der Eigentätigkeit im Kleinen. Die Beispiele sind Legion: Von der Nähmaschine bis zur Stichsäge sind die Produkte der Selbstbedienungsgesellschaft Teil unseres Alltags geworden und ermöglichen uns Tätigkeiten, die früher nur durch Spezialisten erledigt werden konnten.

1.1.3. Entwicklung und Zerstörung des Eigenarbeitsraumes    

(13) Der Personal Computer ist der spektakulärste Fall dieser "industriellen Basis der Eigenarbeit" und damit auch zum Paradefall sowohl der Entwicklung als auch der Zerstörung von Eigenarbeitsraum geworden.

(14) Der moderne Eigenarbeitsraum ist grundverschieden vom vorindustriellen Eigenarbeitsraum. Toffler gibt das Beispiel des Schwangerschaftstests: Was vorher nur durch medizinische Experten festzustellen war, das Vorliegen einer Schwangerschaft, wird jetzt durch die im industriellen Produkt inkorporierten Feedbackmechanismen in die Sphäre der Konsumentin verlagert; sie kann nun autonom agieren, weil die Arbeit der Experten modelliert und vergegenständlicht ist.

(15) Die Geschichte der modernen Industrie ist die Dialektik von Zerstörung und Wiederherstellung des Eigenarbeitsraumes. Alvin Toffler zeigt, wie die "Selbstbedienungsgesellschaft" notwendiges Konkurrenzmittel des Kapitals ist, Externalisierung von Produktionsarbeit und Verminderung der Fertigungstiefe als Fortsetzung der Rationalisierung demselben Zweck dient: Senkung der Stückkosten, Erhöhung des relativen Mehrwerts.

(16) Zugleich wird auch die Zirkulationssphäre revolutioniert; An die Stelle der klassischen kommerziellen Funktionen und Dienstleister treten die Großmärkte, der Konsument wird in die Produktlogistik miteinbezogen, als Besteller, Abholer, Assemblierer.

(17) Dabei treten sehr eigenartige Phänomene auf: Eigenarbeit wird gefördert, Autonomie wird verhindert. Kompatibilität von Produkten untereinander ist nicht das Thema: die Eigenarbeit ist eine subtile Variante der Abhängigkeit, der realen Zeitenteigung. "Die "häusliche" Technikausstattung hat beinahe einen Sanktionscharakter.Je weniger begütert, desto weniger funtional, völlig ungeachtet der eigentlichen Kosten für die Dinge. Ist jemand vermögend, tritt an die Stelle fehlender Funktionalität die Verschwendung". (U.Sigor)

Produkte als Zeitzerstörer    

(18) Auf der einen Seite wird professionelle Eigenarbeit abgebaut - wozu nähen, wenns billige Klamotten gibt? - auf der anderen Seite wird sie als blindes Befolgen "benutzerfreundlicher" Gebrauchs - Anweisungen massenhaft erzwungen: "Wechselspiel von Amputation und Prothesenverkauf" (U.Sigor).

Geistiges Eigentum als Generalprävention autonomer Arbeit    

(19) Je mehr die reale Möglichkeit der Substitution industrieller Produktion durch dezentrale Automation den Waren immanent ist, umso mehr muß diese Möglichkeit der Autonomisierung von Arbeit verhindert werden: Arbeitslos darf schließlich jeder werden, aber nicht das Kapital! Also wird vorgebaut: auf der Ebene der Produkte, aber auch auf der Ebene der Vergesellschaftungsmöglichkeit. Wissenschaft und ihre Resultate werden privatisiert, Kultur wird "geistiges Eigentum".Die Phänomene sind bekannt, weniger allerdings ihr generalpräventiver Charakter.

Fazit    

(20) Ich möchte beweisen daß Täuschung auf beiden Seiten vorliegt, wenn der offensichtliche und verborgene Zusammenhang zwischen Eigentätigkeit und der Entwicklung der gesellschaftlichen Voraussetzungen in Form einer ganz bestimmten Technologie nicht gesehen wird. Die Behauptung gilt auch umgekehrt: eine Zerstörung der gesellschaftlich – kulturellen Voraussetzungen von Eigenarbeit geht einher mit einer ganz massiven tatsächlichen Verengung des Eigenarbeitsraumes. Zugleich verbindet sich damit die Überzeugung, daß die Potentiale einer bewußten und organisierten Gestaltung der gesellschaftlichen Voraussetzungen im Sinne einer Erweiterung des Eigenarbeitsraumes nicht nur gewaltig sind, sondern auch zum Systemkonflikt und zur Aufhebung der derzeitigen Produktionsverhältnisse führen können und müssen. Gerade die beliebte Trennung in "Vergesellschaftung ohne Autonomie/Autarkie" und "Autonomie/Autarkie ohne Vergesellschaftung" stellt dieses systemsprengende Potential ruhig !!

1.2. Die "Kritik" der modernen Subsistenzbewegung an Warengesellschaft und Technik    

(21) Lange Zeit hatten die sogenannte Subsistenztheorie (ausgehend von einer Gruppe von Bielefelder Soziologinnen) und die darauf aufbauenden praktischen Versuche einer Subsistenzbewegung fast ein Monopol auf konsequente Kritik an der herrschenden Form der Vergesellschaftung, an Ware und Geld.

(22) Sie benannte Tatsachen, die im offiziellen Bewußtsein der Gesellschaft ausgeblendet waren: daß unser Leben an einer Kette von gewaltsam hergestellten Ausbeutungs- und Ausgrenzungsverhältnissen hängt, die gegen ihr Ende zu immer prekärer werden; daß die Formen des Gelds und der Ware weniger dem idyllischen Tausch gleichberechtigter Partner entspringen, sondern ganz im Gegenteil Mittel der Herstellung und Verfestigung von Abhängigkeitsverhältnissen und der Herstellung unbegrenzter Erpreßbarkeit sind; daß hinter der Fassade des Konsums und der Dienstleistung eine systematische Externalisierungskette steht, die in Naturzerstörung und Marginalisierung mündet.

(23) Den Modernisierungsideologien wird ein praktisches Gegenbild von Widerstand und Eigenmacht entgegengesetzt, in dem die bewußte Entscheidung für kleinräumige, auf unmittelbarer Produktion der Lebensvoraussetzungen basierender Selbstversorgungsstrukturen gefordert wird. Wer sich nicht abhängig machen läßt, der ist auch weniger erpreßbar, so die Logik.

1.2.1 Subsistenz ohne Technik ?    

(24) Doch die Kritik der offiziellen Subsistenzbewegung an Ware und Technik ist in sich widersprüchlich. An vielen Beispielen wird gezeigt, wie die ursprünglichen "moralischen Ökonomien" sich ganz freiwillig in die Abhängigkeit von fremden Produkten und daher in die Akkumulationslogik von Geld begeben haben. Dennoch wird den Produkten der großen Industrie der Gebrauchswertcharakter abgesprochen; Gegenüber dem kapitalistisch produzierten"Ramsch" wird auf eine Rückbesinnung auf die "wirklichen Bedürfnisse" eingefordert. Die gesamte Entwicklung der Technologie nach der Landwirtschaft und dem Handwerk erscheint als Destruktionskraft.

(25) Daher bleibt die Kritik der Subsistenztheorie der industriellen Realität gegenüber ohnmächtig; sie appelliert an eine untergegangene Produktionsweise und leugnet die realen Fortschritte im Wohlstand und menschlichen Handlungsmöglichkeiten, die die industrielle Produktionsweise mit sich gebracht hat. Daher können die extremen Wohlstandsverluste, die das Prokrustesbett betriebswirtschaftlicher Rentabilität dem menschlichen Fortschrittspotential in den letzten Jahrzehnten beigebracht hat, auch gar nicht für sich zum Gegenstand werden. Wer Personal Computer und Tarnkappenbomber für so ziemlich das Gleiche hält, kann gar nicht erfassen, welche Dialektik zwischen den Vernetzungspotentialen autonomer Arbeit und den Schikanen der ruinösen Bewirtschaftung einer an sich unendlich reichen Gesellschaft ins Laufen gekommen ist.

1.2.2. Subsistenz als Geschlechtermetaphysik    

(26) Die Vermutung liegt nahe, daß die Subsistenztheorie gar keine Formkritik an kapitalistischen Kategorien enthält, sondern diese lediglich zur Camouflage einer moralischen Unterscheidung zwischen "gut" und "böse" dient. Und richtig: Frau gut, Mann böse ist Kern einer Theorie, der ökonomische Kategorien nur als Schein der Begründung dienen: Geld in Frauenhänden wird so unversehens vom Ausbeutungsmittel zum Gegenstand sozialer Vor- und Einsicht. (In einem Buch über die Frauen von Juchitan "wirtschaftet" die Händlerin "nicht, um zu akkumulieren und andere für sich lohnarbeiten zu lassen, sondern (!) um den Unterhalt zu garantieren und vor allem, um Ansehen innerhalb der Gemeinschaft, insbesondere der Frauengesellschaft, zu erwerben"). In der Tat wird die Geschlechterdifferenz für die absurden Konsequenzen der ökonomischen Form verantwortlich gemacht und nicht umgekehrt gezeigt, wie die ökonomische Form die Geschlechterspaltung herbeiführt.

1.2.3. Zum Begriff der "globalen Subsistenz"    

(27) Ich möchte mit diesen wenigen Bemerkungen eher auf eine fällige Auseinandersetzung verweisen statt sie zu führen – es sollte klar geworden sein daß es um nicht weniger als die Rettung der Perspektive der Eigenarbeit vor ihren Theoretikerinnen geht. Wir können die Perspektive, die ich der landläufigen Subsistenztheorie gegenüberstellen will, vielleicht besser als "globale Subsistenz" bezeichnen. In ihr wird ganz bewußt das gesamte kulturelle Potential an Handlungsmöglichkeiten aufgenommen, um in intensiver Auseinandersetzung mit einem realen lokalen Handlungsfeld Autonomie, Eigenmacht zu erlangen. Anders hat es übrigens niemals in der Geschichte so etwas wie Subsistenz gegeben: schon der Übergang von nomadischen zu agrarischen Gesellschaften ist ein Werk von weitläufiger Vergesellschaftung, Wissenstransfer, Schutznetzwerken etc. Um wieviel mehr bieten uns die durch die kapitalistische Produktion gestiegenen Potentiale menschlicher Wissenschaft, menschlicher Produktion eine Perspektive des realen Ausbaues von Eigenmacht! Und wie sehr ist die isolierende Vorstellung von Subsistenz selbst noch Zeichen theoretischer und praktischer Hilflosigkeit!

1.3. Globale Subsistenz als praktische Notwendigkeit und bewußte Perspektive    

(28) Die globale Marktwirtschaft auf der einen Seite einen universellen Reproduktionszusammenhang her und zerstört alle lokalen, beschränkten Austauschverhältnisse durch den Hebel der Konkurrenz. Auf der anderen Seite schließt sie einen dramatisch zunehmenden Teil der Menschheit von ihren Lebensmitteln aus, da deren Gebrauch an den Erwerb von Geld gebunden ist. "Der absurde Systemwiderspruch, daß mit immer weniger >Arbeit< immer mehr Güter hergestellt werden, gleichzeitig aber die Aneignung dieser Güter an Kaufkraft (Geld) und somit an die >rentable< Verausgabungsfähigkeit von >Arbeit< gebunden ist, tritt in sein historisches Reifestadium ein" (Robert Kurz) Dieser Prozeß erzeugt "Geldsubjekte ohne Geld", die in den Metropolen als ständig steigende "Sockelarbeitslosigkeit", in den Peripherien als "demographische Zeitbombe" und Statisten einer sekundären Barbarei in Erscheinung treten, und damit zum Ausdruck bringen, daß die Marktwirtschaft als globale Reproduktionsform schon längst wieder ausgedient hat.

Schranken der Subsistenz    

(29) Der Ausstieg aus dieser Reproduktionsform ist freilich individuell kaum möglich. Heute kommt es in den Metropolen der Dritten Welt durchaus vor, daß Marginalisierte wieder auf das Land zurückgehen wollen, das sie einst gezwungenermaßen oder freiwillig verlassen hatten. Allein, sie stehen vor der Situation, daß dieses Land ihnen nicht mehr gehört, Privatbesitz ist, sie vertrieben werden. Ihr Versuch der wiedergewinnung Subsistenz endet so hoffnungslos wie die Revolte der Campesinos von Chiappas. Alles produktive und ertragreiche Land ist längst dem Zweck zugeführt, monetären Ertrag vom Weltmarkt einzufahren, und wenn es durch die schiere Masse der Produktion ist.

(30) Jeder "lokale Kommunismus" scheitert am Anspruch der organisierten Macht des Geldes, jedweden stofflichen Reichtum als Mittel für die Vermehrung von Kapital zu betrachten. Sich diesem Zweck zu entziehen ist schon eine komplette Kriegserklärung an geltende Prinzipien und wird dementsprechend geahndet. Immerhin ist ja der Handel und die industrielle Produktion als subtiles Mittel der Plünderung in die Welt gekommen. Dem "friedlichen" Produktivitätsvergleich ausgeliefert werden ist gleich der Unmöglichkeit, in Frieden zu leben.

(31) Weiters: das Grundwasser, die Atmosphäre, die Erde selbst werden vom Externalisierungszwang der Gewinnerinseln derartig in Mitleidenschaft gezogen, daß die peripheren Regionen zunehmend den Status von Mülldeponien erhalten, damit die Natur in den Zentren relativ gebrauchsfähig bleibt. Auch dies kein besonders guter Boden für Subsistenz.

(32) Damit nicht genug: ist die Marktwirtschaft in ihrer Wandlung zum neofeudalen Informationsbezollungsunternehmen mittlerweile verrückt genug geworden, lebendige Prozesse und genetische Muster zu patentieren, das heißt aber tendenziell den nicht zahlungsfähigen Gebrauch der Natur einfach zu verbieten

1.3.1 Subsistenz ist nur im Weltsystem denkbar    

(33) Waren schon die sogenannten "primitiven" Subsistenzgesellschaften nur lebensfähig, weil sie keineswegs nur lokal definiert, sondern in ein weitläufiges Netz von bestandssichernden Austausch- und Schutzbeziehungen eingebunden waren, so gilt dies noch mehr in einer Zeit, in der nicht nur der marktförmige Zugriff der wenigen verbleibenden Sieger, sondern auch die Plünderungsökonomien der von Robert Kurz als "sekundäre Barbarei" bezeichneten Zusammenbruchsformen der Verlierer jede Perspektive auf gesicherte Entwicklung unmöglich machen. Einzig als globale Dynamik der gezielten Ausbreitung von Subsistenzformen innerhalb des Weltsystems scheint eine Lösung denkbar.

1.3.2 Subsistenz braucht Subsistenzwissen und Subsistenzmittel    

(34) Eine solche Ausbreitungsdynamik könnte durch einen Feedbackzyklus zwischen der Entstehung von Subsistenzformen und dem Repository von Subsistenzwissen und Technologien entstehen. Denn dann bleiben Solidarität und Widerständigkeit keine abstrakten Begriffe. Wenn jedes "Globale Dorf" ein Experimentallabor für die Verbesserung des Wirkungsgrades unserer Eigenarbeit und damit letztlich für die Abkopplungssfähigkeit von der marktförmigen Reproduktion wird, dann ist die aktive Entwicklungshilfe bei der Entstehung globaler Dörfer ein Gebot der Stunde.

1.3.3. Wir brauchen eine Allianz der globalen Dörfer    

(35) Eine solche Allianz der globalen Dörfer hätte also ein gemeinsames Projekt. Man kann sich das bildlich so vorstellen: buddhistische und katholische Klöster, israelische kibbuzim, schottische und amerikanische ecovillages, gemeinschaftliche Wohnprojekte in Zürich und Wien, traditionelle Dörfer in Kamerun und Nepal und Griechenland, Bauhütten und experimentelle Projekte wie Arcosanti , New Alchemy, New Work, Akteursverbünde in Stadtvierteln, ländliche Gemeinden, Genossenschaften, Stadtteilprojekte etc. etc. erkennen, daß sie EIN Problem haben: eine gemeinsame Wissensbasis der Nutzung und nachhaltigen Gestaltung lokaler Ressourcen zu erstellen, zu pflegen, zu erweitern. Sie würden sehr rasch draufkommen, daß es nicht mehr um die Ausbreitung einer bestimmten Ideologie oder Religion geht, sondern um die Herstellung eines Referenzrahmens für die Sammlung kultureller und materieller Technologien selbstbestimmten Lebens. Das wäre das größte Open Source Projekt der Geschichte - und als solches in der Lage, dem kapitalistischen Projekt der Entwicklung proprietärer Kontrolle der Produktivkräfte ein ebenbürtiges Projekt gegenüberzustellen.

2. Telearbeit als Arbeit am Telos    

(36) In gewisser Weise wäre dieses Projekt, das die globalen Dörfer verbindet, identisch mit der Vollendung des Projektes der Arbeit.

Exkurs zu Krisis    

(37) Ich möchte die Theorien der Gruppe Krisis, die einen sehr hohen Stellenwert bei der Reformulierung von wirksamer Kapitalismuskritik haben, nicht auf eine Stufe mit dem ober erwähnten Bielefelder Subsistenzansatz stellen. Dennoch ist die Identifikation von Arbeit mit abstrakter Arbeit und die Verkennung des Doppelcharakters der Arbeit eine ähnliche theoretische Katastrophe wie die Identifikation der Industrieware mit dem Tauschwert bei den Bielefelderinnen und nicht die notwendige Konsequenz aus den ansonsten entscheidend wichtigen Bestimmungen der Krisis - Theorien, die geholfen haben, die kapitalismuskritische Substanz des Marxismus von den Eierschalen nachholender Modernisierungstheorien zu befreien.

"Arbeit" - mehr als eine pseudo-ontologische Kategorie    

(38) Dagegen bleibt festzuhalten, daß die kapitalistische Formierung der Arbeit ein wesentliches Element in der Herstellung der Bedingungen eines wahrhaft menschlichen Lebens geliefert hat; die Verwissenschaftlichung der Produktion. Wenn man wie Ulrich Sigor Arbeit als die menschliche Tätigkeit definiert, die ihre eigene Verringerung zum Ziel hat, dann läßt sich auf den ersten Blick erkennen, daß die kapitalistische Produktion sich von diesem Sinn- und Zielgehalt immer weiter entfernt. Auch der berühmte "Arbeitsethos" hat dann nichts mit einer rationellen Auffassung von Arbeit zu tun. Sachgemäß hieße es: Der Mensch kann Zeit und physische Freiheit gewinnen, durch Nutzung von "Struktur" oder "Natur", indem er geschickt Gestelle konstruiert, bzw. Handlung vorbereitet. Der Begriff der Arbeit erschöpft sich also nicht in der physischen Tätigkeit oder der "Verausgabung von Nerven, Hirn und Muskeln", wie dies bei Marx als Real - Absurdität der Verengung des begriffes produktiver Arbeit unter kapitalistischen Bedingungen definiert ist, ist, sondern Arbeit ist die organisierte Aneignung von Natur in Hinsicht auf ein Jenseits, auf eine arbeits-freie Zeit. Natürlich macht der Begriff der Arbeit als eine von anderen unterschiedene menschliche Tätigkeit nur Sinn, wenn auf eine arbeitsfreie Zeit abgestellt wird. Gerade diese arbeitsfreie Zeit, die erlangte Fähigkeit, die Notwendigkeiten der Lebenserhaltung hinter sich zu lassen und die Sphäre der Reflexion und Entscheidung zu betreten, ist ein Maß nicht nur der Qualität des Lebens, sondern auch der Qualität der Arbeit.

2.1. Die Ablösung der Industrie durch Automation – über die Implementierung der Teleologie    

(39) Die Automation ist sozusagen die Wahrheit dieses Begriffes von Arbeit. Die Handlungsvorbereitungen entscheiden in immer größerem Ausmaß über die Qualität der Arbeit. Der eigentliche Produktionsakt ist nicht mehr das zeitliche Zentrum des Arbeitsprozesses; er wird verdichtet oder vervielfacht, rückt an die Peripherie. Er bedarf oft nicht einmal mehr des Arbeiters, sondern kann das Resultat der Kommunikation mit dem Konsumenten sein, der die zur Produktion benötigten Parameter eingibt. Dies ist der abstrakte Grund, warum die Differenz zwischen Arbeiter und Konsumenten verschwimmt.

2.1.1. Automatisierung: Produktion im Lebensvollzug    

(40) Informatisierung und Automation sind eigentlich handlungstheoretische Universalia (was noch immer nicht gleichbedeutend ist mit "Ontologie", denn in einer Ontologie geht es bekanntlich um nicht ableitbare Phänomene) und weisen im Unterschied zur landläufigen Meinung gerade über die industrielle Epoche hinaus bzw. lange vor sie zurück. Einerseits ist Automatisierung ein uraltes Phänomen, wie Marx im Maschinenkapitel des Kapital beschreibt. Andererseits wird durch die Verbindung des Mediums der Information mit dem Medium der Aktion ein Quantensprung herbeigeführt: Allgemeine Arbeit verbindet sich unmittelbar mit besonderer. Das Erstellen eines Programmes, eines Algorithmus und die Ausführung dieses Algorithmus sind nicht bloß metaphorisch im Medium der Elektrizität verbunden.

(41) Ganz klar vorausgeahnt hat die Konsequenzen dieser Verbindung Marshall.McLuhan. Er beschrieb die Automatisierung als Antithese der Industrialisierung: während das industrielle ("mechanische") Zeitalter eine "große Explosion" mit sich gebracht habe, eine Spezialisierung der Funktionen, ein Auseinanderfallen der Lebensbereiche, der Berufe, der sozialen Funktionen, der menschlichen Tätigkeitsbereiche, so wäre das Zeitalter der Automatisierung ("elektrisches Zeitalter") ein Zeitalter der "großen Implosion".

McLuhan über Industrie versus Automation    

(42) "In terms of the way in which the machine altered our relations to one another and to ourselves, it mattered not in the least whether it turned out Cornflakes or Cadillacs. The restructuring of human work and association was shaped by the technique of fragmentation that is the essence of machine technology. The essence of automation technology is the opposite. It is integral and decentralist in depth, just as the machine was fragmentary, centralist and superficial in its patterning of human relationships" (Marshall McLuhan, Understanding Media – The Extensions of Man, New York (Signet) 1994, p.23)

Lernen    

(43) Lernen – der Umgang mit Information – wird bei McLuhan zur potentiell wichtigsten Form von produktiver Konsumtion: "Daher die sinnlose Aufregung um Arbeitslosigkeit. Bezahltes Lernen wird jetzt schon zur Hauptbeschäftigung und außerdem zur Quelle neuen Reichtums in unserer Gesellschaft." Guter, alter McLuhan! Das liest sich heutzutage wie ein Aufruf zur Revolution! Eine sehr subversive Wahrheit, denen aus den Buchhaltungen entgegengeblökt wird: "Können wir nicht bezahlen!". Die naheliegende Konsequenz wäre: die Buchhaltungen abzuschaffen, die das reale Reichtums- und Fortschrittspotential der Menschheit blockieren, zusammen mit den Marketingabteilungen, die es pervertieren. Rationell gesehen müßte nämlich der Umgang mit Information genau umgekehrt laufen als er heute gepflogen wird.

2.1.3: Automatisierung ist allgemeine Arbeit    

(44) Informatisierung und Automation bedingen sich wechselseitig; die Folgerung aus dieser Einsicht ist freilich für heutige Verhältnisse ungeheuerlich. In einem Aufsatz in "freedevelopers.net" schreibt Tony Stanko daß die Frage des intellektuellen Eigentums sich formulieren läßt als: ist Software eher so etwas wie Literatur, also ein subjektives geistiges Produkt, oder so etwas wie ein Gesetzestext, also etwas von allgemeiner Gültigkeit. Wenn klar ist, daß Software im wesentlichen Modellierung von Arbeitsvorgängen ist, dann kann die Forderung nur lauten, Softwareproduktion als bestimmendes Moment der materiellen Wirklichkeit ernst zu nehmen und sie als Grundlage menschlicher Handlungsfreiheit – als quasi Gesetzestext - zu begreifen und zu behandeln.

(45) Dann wäre freilich an die Softwareentwicklung ein doppelter ethischer Anspruch zu stellen: Axiomatik von Standards verbunden mit modularen Verfahren wäre zu fördern, so daß Individualität der Aufgabenlösungen und Allgemeinheit der Voraussetzungen in größtmöglicher Weise und gleichzeitig erreicht werden können.

2.1.4. Modellbildende Arbeit ist Teleologie    

(46) Informatisierung und Automation enthalten in sich das Gegensatzpaar von "Urbild" und "Kopie". Während die Automatisierung letztlich die Umsetzung des Modells in ein Verfahren ist, zielt die Arbeit der Informationsgewinnung auf die Prüfung und Hinterfragung, auf die Optimierung und auf die Abstimmung der Verfahren. Ob sie es will oder nicht, menschliche Arbeit verwandelt sich sukzessive in die Setzung und Bewertung von Zwecken. So wird die Arbeit, die sich vom Verfahren räumlich entfernt, auch in einem anderen Sinn zur "Tele-Arbeit": sie konstruiert und simuliert das Telos der Produktion. In ihrer Abstraktion liegt auch ein moralisches Element. Technik kann nicht wertrei sein, das wäre eine contradictio in adiecto.

Fußnote über Gebrauchswertseite bei Marx    

(47) Die Marx'sche Bestimmung der Arbeit ist dem sehr ähnlich (Biene-Baumeister-Beispiel), doch wird das innere Verhältnis von Entwurf und Ausführungshandeln nicht zum Gegenstand der Reflexion. Das Kapital trennt die Potenzen der Hand- und Kopfarbeit bis zum feindlichen Gegensatz, das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Struktur der Technologie. Um in einer ausgestorbenen Terminologie zu reden: Eine "sozialistische Kreissäge" würde sich aller Voraussicht nach von einer kapitalistischen Kreissäge sinnlich - stofflich unterscheiden....und daran sollte auch kenntlich sein, was Sozialismus ist und was nicht. Der Hinweis auf den "Gebrauchswert" ist pure ökonomische Ideologie und macht eine entscheidende Schwäche der Kritik der politischen Ökonomie deutlich. Wertkritik muß auch Gebrauchswertkritik sein, und diese ist nicht mit Bedürfniskritik zu verwechseln. Auf der kategorialen Ebene reflektiert die Bestimmung des Gebrauchswerts die Diktatur der Ware - "die Ökonomie läßt sich von der stofflichen Seite nicht ihre Gesetze vorschreiben" (Resultate der AK 1) -, aber jeder Beipackzettel eines Medikamentes erinnert uns daran, daß die Stoffseite der permanenten Reflexion bedarf, die unter kapitalistischen Bedingungen ein ziemlich armseliges und folgenloses Dasein führt.

2.2. Die kulturelle Realität geistiger Arbeit    

(48) In gewisser Weise ähnelt das Modelldenken der Sprachlichkeit; der adäquate Umgang mit den Errungenschaften der Informationstechnologie wäre auch, sie als komplexe Repräsentationstechniken von Realität aufzufassen wie Sprache. Sprache ist Kultur, gemeinsames Erbe und gemeinsame Handlungsvoraussetzung von Menschen. Die Absurdität des Intellektuellen Eigentums gleicht dem Verhalten eines Menschen, der für den Gebrauch eines von ihm geprägten Wortes Lizenzgebühren verlangt. (Was wohl dem Wunschtraum gewisser Verlage entsprechen dürfte)

2.2.1. Kultursysteme    

(49) Die Forderung, gesellschaftlich relevante und das heißt im weitesten Sinn allgemeine oder verallgemeinerbare Information frei von privatisierender Einschränkung zu halten ist freilich nur eine Seite der Medaille; die andere ist, in kulturellen Gemeinschaften Information unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutung als Repository zu sammeln, zu kondensieren, zu kommentieren und zu kodifizieren. Eine solche Repository – Bildung war wesentliches Element der Herausbildung komplexer arbeitsteiliger Nationalökonomien; Universitäten, Akademien, Bibliotheken, Museen, Archive.

(50) Diese Kultursysteme sind heute "dysfunktional" in dem Sinn, daß die Bildung von Respositories selbst als privates Geschäftsfeld erschlossen werden soll. Der Vergleich mit einer gefräßigen Libelle, die ihren eigenen Schwanz auffrißt, erscheint nicht allzu weit hergeholt.

(51) Auch und gerade die globalen Dörfer benötigen ein globales Kultursystem - das dürfte nach dem Gesagten evident sein. Spekulationen über die Form dieses Kultursystemes können sich an Assoziationen freier Softwareentwickler ein Beispiel nehmen, aber müssen zu einer eigenen, adäquaten Form erst finden.

(52) Die spannende Frage ist, ob das existierende Kultursystem in immer größeren Gegensatz zur Wirtschaft gerät und sich einer wie immer gearteten Assoziation der globalen Dörfer annähert. Sowohl die Funktionen "Wissenschaft" als auch "Kultur" sind prekär geworden.

(53) Eine neue Verbindung von Theorie und Praxis täte not, wo gemeinsam"experimentiert" wird. Hier liegt ein Einbruchsfeld in die "offizielle" Gesellschaft: es gilt, ihr Experimentalorte und Felder abzuringen. Nur so werden die Institutionen Wissenschaft und Kunst letzlich überhaupt noch handlungsrelevant bleiben können. Andererseits ist das riesige Revier an Universitäten, Klöstern, Bibliotheken, Archiven auch real und physisch ein Fall für die beschleunigte Transformation. "Universitas" heißt ja ursprünglich Einheit von Theorie und Praxis, von Leben und Lernen. Jedes globale Dorf ist eine Universität des Lebens, also warum sollen nicht wirkliche Universitäten zu globalen Dörfern werden?

2.2. Über Effektivität und Nachhaltigkeit von Arbeit; Technologie als Einschränkung und Bedingung von Handlungsfreiheit    

(54) Die technisch-kulturelle Gesamtrationalität der IuKT? liegt in der Möglichkeit der kollektiven Pflege eines Repositories von Bausteinen menschlicher Handlungsmöglichkeiten. Diese sollten konvergieren, sinnvoll differenzieren, aber sich zugleich entvielfältigen und perfekter werden, - je mehr daran gearbeitet wird. Die Informations- und Kommunikationstechnologie vermag immense Quanten rationaler Arbeit zu definieren, mehr als jemals durch Automatisierung von unmittelbarer Arbeit wegbrechen kann – auch und gerade aufgrund der "Versäumnisse", die das industrielle Paradigma innerhalb unserer Lebenswelt hinterlassen hat.

(55) Allein instrumentell und dinglich gesehen sind nämlich Abstimmungs- und Optimierungsprozesse ungeheuren Ausmaßes notwendig, um die Folgen der mit Lichtgeschwindigkeit aggregierten Wirkungen der Technologie zu übersehen und mit menschlichen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.

(56) Das bedeutet nicht daß sich jeder mit allem beschäftigen muß: Ähnlich dem Schichtenbau des OSI Modells oder den Stockwerken eines Hauses sind die technologischen Handlungsvoraussetzungen miteinander verflochten, aber auch gegeneinander autonom, wenn sie gut entworfen sind. Das sind sie heutzutage eindeutig nicht, und es scheint, als ob uns jeder Fortschritt in der Technologie einen handlungstheoretischen Rückschritt brächte.

2.3. Der Gegensatz von Wirtschaft und Arbeit wächst    

(57) Wir haben uns heute gründlich abgewöhnt, dieses "Zwiebelschalenprinzip" in unseren täglichen Handlungen zu reflektieren geschweige denn anzuwenden.Der Begriff des "Nutzens" ist heute gleichbedeutend mit dem situativen Vorteil. "Ordnung wird nicht um ihres langfristigen Gesamtnutzens willen erstrebt, sondern individuell & regional als Mittel zum Zweck, der im Effekt diesem Gesamtnutzen auch entgegenlaufen kann" (Sigor, Infarkt, p.333)

(58) Ein Beispiel: Software gründlich und anständig zu dokumentieren und dafür ein Werkzeug zu bauen, verkauft sich schlechter als kasuistische Schulungen mit "Tips und Tricks". Mit reduziertem Einsatz läßt sich aus der Chance auf einen situativen Vorteil ein größerer ökonomischer Handlungsspielraum gewinnen als mit einer Arbeit, die inhaltlich auf einen Allgemeinnutzen bezug nimmt. Letztere ist nicht mehr wettbewerbsfähig und wird verdrängt.

(59) Die Geschwindigkeit und die Intensität der Grundtendenz der Wirtschaft, mutwillig und "fahrlässig" Widrigkeiten zu schaffen und dann solche Widrigkeiten opportunistisch auszunutzen, ist eben zur "Lichtgeschwindigkeit" geworden und sorgt für eine negative darwinistische Auslese derjenigen, die mit dem geringsten Einsatz von Arbeit in der größten Geschwindigkeit mit Problemlösungsfragmenten die Vergleichs-, Kontroll- und Bewertungsmöglichkeiten weiter untergräbt.

(60) Die Wirkung bleibt nicht aus und wird konstatiert: "Schrott" (Kurz), "Stau" (Schandl) - aber werden diese Erscheinungen wirklich ernst genommen als immanenter Bestandteil einer ver-rückten Art zu wirtschaften?

(61) Am allerbesten funktioniert dabei der direkte Zugriff auf zurückgehaltene Information, die dann als "Produkt" verkauft werden kann, in der Form von situativen Krücken. Die Saatgutindustrie mit ihrem Einjahresweizen ist dafür zum Sinnbild geworden.

(62) Aus einer Gesellschaft von zumindest formal freien Subjekten, die aus sachlicher Notwendigkeit zur Zusammenarbeit gezwungen werden, wobei sich der Nutzen auf der einen Seite und die prekäre Reproduktion des Arbeitskraftverkaufes auf der anderen Seite reproduziert, wird eine Gesellschaft, deren ökonomische Conditio sine qua non die Ruinierung der abhängigen Produzenten und ihre laufende Verschuldung ist. In langer Sicht wird wohl solche Abhängigkeit kaum geschaffen, um in einem "Jubeljahr" die Schulden zu entsorgen. Stattdessen ist der Sinn der Sache die erweiterte Dienstbarkeit. Vom Kapitalismus bewegen wir uns nicht vorwärts, sondern rückwärts in die Geschichte: Willkommen im Informationsfeudalismus! Die Besetzung von Informationen als abstraktem Rechtsgrund, Abhängigkeiten und Verkopplungspunkte mit Kapitaleinsatz betreten und bewirtschaften zu dürfen, der Kampf um strategische Punkte in der Landschaft, wo sich Wegezölle einheben lassen ("Informationsrente") ist keineswegs eine ökonomische Form unter anderen, wie Ralf Krämer meint. Die "Lichtgeschwindigkeit der Kontrollmöglichkeiten" führt die erfolgreichen Kapitale hinüber in eine neue Gesellschaftsformation!

2.3.2 Die Entsorgung der Produktion    

(63) Wirtschaft bewegt sich heute in der Logik des Outsorcing, das heißt Zugriff auf und Verkoppelung von externen Leistungen statt eigener Produktion. Die Automobilbranche ist nur ein Beispiel von vielen.Die gesamte Logistik der Netzwerke hat in diesem Wettbewerb um die Entkopplung von Kapital und Arbeit ihren abstrakten Grund.

(64) Wenn wir heute eine reale Möglichkeit einer Selbstorganisation gesellschaftlicher Arbeit diskutieren, dann deswegen, weil der Marktaspekt der kapitalistischen Wirtschaft sich zunehmend vom Produktionsaspekt trennt und die gesellschaftlichen Produzenten das früher despotisch als Organisator der fabriksmäßigen Produktion auftretende Kapital gar nicht mehr benötigen, um vergesellschaftet zu sein.

(65) Freilich bedarf es, um die mehr als prekäre Situation der bezollten Arbeit aufzuheben, die sich noch ihr Produktionswissen lizensiert von Verknappern besorgen muß, einer Transformation von einer Vergesellschaftung "an sich" zu einer Vergesellschaftung, die sich selbst reflektiert.

2.4. Der zunehmende Bedarf an Standards und Technologien der Kooperation    

(66) ........

2.4.1 Die Konkurrenz der Kapitale um die gesellschaftliche Arbeit    

(67) Auf der einen Seite zeigen Phänomene innerhalb der kapitalistischen Produktion selbst, daß dieses Phänomen mit elementaren Notwendigkeiten der Produktion konfligiert; ein besonders possierliches Beispiel ist der Versuch von Firmen, ihre Produkte zu Standards zu machen oder die immer häufiger auftretenden Standardisierungskomittees zu dominieren.

(68) Gleichwohl wird in diesem Bereich genausowenig wie im Bereich der Qualitätssicherung ein wirklicher inhaltlicher Bezug von Technologien aufeinander diskutiert, maximal Schnittstellenabklärung als abgenötigte Reduktion bis dato lukrativer Intransparenz.

(69) Nichtsdestoweniger bedarf heute jedes Kapital der externen gesellschaftlichen Potenzen, die es sich bei Strafe des Unterganges zunutze machen muß; an die Seite seiner despotischen Natur tritt unverhohlenes Werben um "Partnerschaften" und "Allianzen". Zivilgesellschaftliche Selbstorganisation könnte hier versuchen, taktisch den Spieß umzudrehen.

2.5. Das soziale Betriebssystem: "Theor-eEthische" Grundlagen einer Kultur kooperativer Arbeit    

(70) Gemeinsame Pflege von Standards macht den Übergang in Eigenarbeit erst sinnvoll möglich. Die Entgesellschaftung der operativen Aspekte von Herstellungshandeln verbindet sich mit einer Vergesellschaftung der strategischen, politischen Aspekte. Eine Subsistenz, die sich der Systematik gesellschaftlicher Arbeiten nicht versichert, wäre bestenfalls lächerliche Handwerkelei, entweder ineffektiv gegenüber dem dominierenden wirtschaftlichen Betrieb, oder sein Spielball.

2.5.1 Globalisierung von unten    

(71) Eine globale Subsistenz wäre eine, die sich die inhaltliche Kultivierung der Arbeit und der Produkte der Arbeit ausdrücklich zum Ziel setzt. Was lokal nicht bewältigt werden kann oder nur um den Preis der Verdrängung der Komplexität des Problems, erfordert globale Ebenen der Verständigung, ohne daß damit automatisch ein Vergesellschaften der Produktion verbunden wäre.

(72) Mängel und Mangel an verfügbaren Leistungen müßten deutlich artikuliert werden. Konstruieren und Fordern statt Auswählen und Resignieren müßte die Maxime sein.

(73) ............

3. Einige Gedankensplitter zu Raum und Technologie: Bausteine für die Globalen Dörfer    

(74) Globale Dörfer sind also die Verbindung einer Subsistenzperspektive mit einer Kultur der kooperativen geistigen Arbeit. Diese Perspektive realisiert wiederum sich in Räumen eigenmächtiger Produktion. Diese werden durch das Zusammenkommen verschiedener Bausteine ermöglicht. Das Folgende ist eine vage Skizze der Vielgestaltigkeit dieser Bausteine.

3.1. Die Dialektik von "Stadt" und "Dorf"    

(75) Ich möchte wiederum zur Verdeutlichung den Unterschied zur Subsistenzbewegung betonen. Subsistenz sei primär in ländlichen Räumen möglich, Städte seien eigentlich parasitäre Räume. Im Unterschied dazu steht das Konzept der globalen Dörfer nicht im Gegensatz zu verdichteten urbanen Räumen, sondern lebt von der wechselseitigen Befruchtung von Stadt und Land.

Ausgangspunkt: globale Stadt & globale Dörfer

(76) In diesem Konzept sind Städte Netzwerkknoten, die uns zu kooperativen und komplexen Produktionsvorgängen befähigen. "Globale Städte" sind nicht zuletzt eine Wirkung der Informationstechnologien: "Die oft zu hörende Mutmaßung, Zusammenballungen würden mit fortschreitender globaler Telekommunikation hinfällig und einer größtmöglichen Streuung weichen, stimmt nur zum Teil. Gerade weil die durch die Telekommunikation ermöglichte territoriale Streuung Fortschritte macht, kommt es m.E. zu riesigen Agglomerationen von zentralisierenden Tätigkeiten. Dies ist keine bloße Fortschreibung der hergebrachten Ballungsstrukturen, sondern könnte als neue Ballungslogik bezeichnet werden." (Saskja Sassen). Während von dieser Ballungslogik alle diejenigen betroffen sind, die hochentwickelte Infrastruktur für globales Management benötigen oder aber diese bereitstellen - worunter auch diejenigen Dienstleister fallen, die ihren Kundenkreis primär im Hersteller- und Unternehmensbereich haben, zu denen sie räumliche Nähe unterhalten und/oder "just in time" liefern müssen, fallen aus dieser Ballungslogik viele Tätigkeiten heraus, die sich entweder im Inneren von Organisationen, im back office von Firmen oder aber "outgesourced" jenseits intensiver Kommunikation abspielen. "Die Zwischenbereiche der Wirtschaft - wie routinemäßige Büroarbeit in Hauptgeschäftsstellen, die nicht an die Weltmärkte angekoppelt sind, und die vielfältigen Dienstleistungen, die die weitgehend in den Vorstädten lebende Mittelschicht nachfragt - und die Zwischenschichten der Stadtbevölkerung - können sich aus den Städten zurückziehen und haben dies auch getan." (Manuel Castells)

3.1.1. Speckgürtel: pervertierte kapitalistische Stadtentwicklung    

(77) WIE sie dies getan haben ist freilich eine Katastrophe. Die ökologische Belastung durch den halbländlichen Siedlungsbrei der Vorstädte mit ihren freistehenden Häusern und Zwangsautomobilismus samt Dauerpendeln zu Arbeitsplatz und Einkaufszentrum ist nach Berechnungen von Ernest Callenbach bis zu 500% höher als in verdichteten Stadträumen.

3.1.2. Stau    

(78) Der Stau auf der Autobahn ist kein Merkmal von Lebensqualität, sondern allenfalls das Ergebnis einer Akkumulation absurder "Sachzwänge", die eine Ökonomie betriebswirtschaftlicher Einheiten schafft. In dieser Ökonomie müssen immer größere Teile des gesellschaftlichen Reichtums zur Überwindung von Hindernissen aufgewendet werden, die die Gesellschaft durch unsystematische und kasuistische Technologieentwicklung selbst aufgetürmt hat. Das äußert sich in einer historisch einmaligen aggressive Form der Komplexitätsentwicklung. Während wir in der Theorie von One Stop Shops reden (schon dieser Zweck ist ein ausgemachter Blödsinn und verrät, daß es ein reines Ideal zum begriffslosen Vermehren von Komplexität ist) vermehren sich die hilfreichen Angebote zur Lebensbewältigung wie die Karnickel. Claus Offe spricht von der "Komplexitätsfalle", in die das moderne soziale Leben geraten ist.

3.2. Miniaturisierung, Komplexität, Dauerhaftigkeit    

(79) Gesetzt den Fall, Komplexitätszunahme ist ein erwünschtes Phänomen, dann ist dennoch diese Zunahme der Komplexität mit dem Imperativ verbunden, sie bewältigen zu können. Paolo Soleri, ein italienischer Architekt in Amerika, der schon früh den Kapf gegen die Vorstadtwüsten aufgenommen hat, stellte eine simple Theorie der Technologie auf: Mit der Entwicklung jeder Technologie ist Zunahme an Komplexität verbunden. Biologische Evolution geht von einfachen zu komplizierteren Lebenwesen, sie geht aber auch in die Richtung, dabei auftretende Vergrößerung zu begrenzen und umzukehren. Genauso ist es mit der Evolution von menschlichen Lebensräumen: Auf Dauer werden sie nur funktionieren, wenn sie die Vermehrung der Komplexität durch Miniaturisierung kompensieren. Eine Stadt der kurzen Wege ist ein dringendes Erfordernis, nicht nur im Sinn unserer unmittelbaren Lebensqualität, sondern auch unseres "ökologischen Fußabdrucks".

3.3. Die verteilte digitale Metropole    

(80) Informationstechnologie ermöglicht die teilweise Substitution von physischer Mobilität; Telearbeit, Telelernen, Telemedizin und andere Dienste stellen einerseits vermehrte Beweglichkeit, aber auch umgekehrt die zunehmende Konzentration auf einen Lebensraum als reale Möglichkeit zur Verfügung. Die Frage ist, ob wir wirklich beide Möglichkeiten gegeneinander ausspielen müssen oder ob nicht umgekehrt das eine die Bedingung des anderen ist: vielgestaltige Lebensräume, in denen die Lebenserhaltungssysteme durch lokale Kooperation optimiert sind, und globaler Erfahrungsaustausch darüber durch permanentes Lernen, keineswegs nur durch Netzwerke, sondern durch eine ganz neue Kultur des Reisens.

Metaphern

(81) Die globalen Dörfer sind die Synthese aus zwei Paradigmen: aus dem Paradima der Pflanze und aus dem Paradigma des Schmetterlings. Die eine, ortsfest, ist eine genügsame und höchst effiziente Hülle, in der aus dem Licht der Sonne und aus den Mineralstoffen der Erde – aus den lokal ohne viel Aufwand verfügbaren materiellen Ressourcen eben – eine synthetische Struktur mit erstaunlichen Eigenschaften wird. Der andere befruchtet und belebt mit seinen Informationen die lokale Sphäre und trägt zu ihrer evolutionären Entfaltung bei.

3.4. Bio - logik als Grundlage von Lebensraum- und Technologiegestaltung    

(82) "Mechanische, lineare, Uhrwerks - Logik erzeugt simple Systeme. Wirklich komplexe Systeme wie eine Zelle, eine Wiese, eine Wirtschaft oder ein Gehirn, natürlich oder künstlich, erfordern eine Bio - logik. Keine Logik außer einer Bio - Logik kann ein denkendes Gerät oder überhaupt ein komplexeres System zusammensetzen Es ist eine erstaunliche Entdeckung daß man die Bio - Logik aus dem Bios extrahieren kann und in eine andere Sphäre transponieren kann. Erst mit Computern und komplexen menschlichen Produkten war das möglich. Es mutet unwirklich an, wieviele der Eigenschaften des Lebens wir übertragen können". (Kevin Kelly)

3.4.1 Permakultur    

(83) Die Basis der Technologie Globaler Dörfer ist die Anwendung der Logik lebender Systeme. Die Elementarform dieser Anwendung ist die Permakultur. Sie kommt ohne aufwendige technologische Kreationen aus und erzielt doch erstaunliche Resultate. Das Geheimnis der Permakultur ist die Erkenntnis, daß keine gegebene natürliche Tatsache per se nützlich oder schädlich ist, sondern immer in der Interaktion mit anderen Elementen eines Systems wirkt. Nicht die Größe eines zur Verfügung stehenden Grundstückes oder die Menge der Ressourcen bestimmen die Zahl der Möglichkeiten seiner Nutzung.

(84) Vielmehr hängt es von unseren Fähigkeiten ab, die Entwicklung einer Vielzahl von Nischen und damit Lebensräumen - auch für den Menschen - zu unterstützen.

(85) Permakultur "geschieht nicht", sie ist ein Prozeß intensivster Naturbeobachtung und der quasi kybernetischen Umsetzung eines möglichst "gut" funktionierenden "Programms", wobei grobe Parameter vorgegeben werden und die Selbstorganisationsfähigkeit der Natur ständig neue Lösungen en gros und en detail hervorbringt. Das Telos der Arbeit ist hier der geringe Eingriff mit optimalem Resultat - dieses ist immer "Vielfachnutzen", reflektiert sich von vielen "Bedürfnissen" her statt von einem einzigen.

(86) Ein Netzwerk das sich dem intensiven Austausch von Wissen über die Vereinerung natürlicher Systeme widmet ist das global ecovillage network: www.gaia.org

3.4.2. Living machines    

(87) Einen ähnlichen Ansatz aber verbunden mit technologischen "Implantaten" versucht der "living machines" – Ansatz von John Todd. www.livingmachines.com/htm/machine.htm

(88) Es geht hier im wesentlichen um die Beschleunigung und Konzentration solcher komplexen natürlichen Prozesse durch Einbettung in architektonische und technologische Umgebungen, die ein wenig traditionellen Produktionsprozessen ähneln - aber vom Inhalt her radikal über sie hinausgehen, indem sie nicht den einzelnen Prozeß, sondern den gesamten Stoffkreislauf reflektieren.

3.4.3. nachwachsende Rohstoffe etc.    

(89) "Biomasse", "Solare Revolution" (Scheer, Altvater) und viele weitere Faktoren lassen das Dorf unter dem Gesichtspunkt einer Entscheidung, "Information statt Materie fließen zu lassen" als optimalen Lebensraum erscheinen.

3.5. Die Stadt als Pflanze: Arcosanti und andere Visionen    

(90) Die gesamte Siedlungsform unterliegt einem gewissen Zwang zur Miniaturisierung, zur optimalen Nutzung vorhandener Räume, um die vielfältigen und komplexen Funktionen auf einem überschaubaren Gebiet unterzubringen. Gleichzeitig steigt die Bedeutung der umliegenden Natur als Naherholungs- und Rückzugsraum sowie als Gegenstand einer dauerhaften Symbiose, eines stabilen Stoffwechsels. Nirgendwo ist dieses Konzept eines dauerhaften Stadtorganismus derart eindrucksvoll demonstriert worden wie in der Stadtbaustelle Arcosanti in der Wüste von Arizona:eine Stadt, die nur wenige Hektar eines riesigen Grundstücks beansprucht, die mit Glashäusern einen klimatischen Austausch pflegt,in der Sonnenenergie zum Betreiben von Fahrstühlen eingesetzt wird,in der sich die architektonischen Formen aus der optimalen Ausnutzung der Jahreszeiten ergeben und so weiter. siehe www.arcosanti.org ein pervertiertes Beispiel wirtschaftlicher Provenienz: www.victorycities.com

(91) Die Vision der physischen Gestalt der globalen Dörfer, so sehr sie sich radikal von den herkömmlichen Siedlungsmustern unterscheiden mag, erschöpft sich freilich keineswegs in den verdichteten Stadtpflanzen Soleris. Ein radikal anderes Grundmuster hat der englisch – amerikanische Architekt Tony Gwilliam aufgezeigt. In dieser Vision wird Miniaturisierung verknüpft mit symbiotischer Expansion; die herkömmlichen öffentlichen Gebäude verschwinden zugunsten einer Erweiterung des häuslichen Funktionskreises: "Every Home can be a school, a workshop, a spiritual place" Miniaturisiert wird das Verkehrssystem, während die Bereiche der "greenways", der öffentliche Raum im emphatischen Sinne, versuchen, mit Natur zu einer Symbiose zu finden.

3.6. Das Dorf als gelebter Lebensentwurf: bolo’bolo und die Themensiedlungen    

(92) Die Freiheit der Wahl und des Aufsuchens von Lebensräumen und das Bewußtsein für die Nachhaltige Auseinandersetzung mit der natürlichen Umwelt hat ihr Pendant im Sozialen. Wir wollen auch eine soziale Umwelt aufsuchen, die unsere Lebensgestaltung positiv unterstützt. Im Amerikanischen gibt es dafür den Ausdruck "Intentional Community", der bezeichnenderweise im Deutschen kein Gegenstück hat. Gesellschaft erfahren wir in unserer Kultur entweder als "urwüchsige" Gemeinschaft, die den Zielen der Einzelnen vorausliegt, oder als äußerliche, beschränkende Tatsache.

(93) Die Verstädterung und Individualisierung liefert aber auch die Voraussetzung zur bewußten Auswahl eines Lebensmodells und zur Realisation mit gleichgesinnten oder passenden Partnern. Dabei kannn der Grad der Individualisierung z.B. ein Bestandteil des gemeinschaftlichen Arrangements sein.

3.6.1. bolo und nima    

(94) In seinem visionären Zukuftsbild "bolo’bolo‘, das anhand der Explikation von 30 Wörtern einer neuen Welt - Sprache die umfassende Beschreibung einer zukünftigen Welt liefert, entwirft der Schweizer Autor P.M. das Projekt einer allgemein verbreiteten "dörflichen" Lebensform, die imstande war, eine globale Kultur hervorzubringen. ('bolo' entspricht in der Weltsprache in etwa dem Wort "Nachbarschaft","Dorf", "Quartier", "Optimale Größe einer Lebensgemeinschaft", bolo'bolo ist die Mehrzahlform.)

(95) Wesentlich an dieser Kultur sind die sparsamen, knappen und sehr universellen Konzepte, die das Leben in Gemeinschaft beschreiben. (Vielleicht sind sie aber auch nur ein Stilmittel und sollten nicht allzu ernst genommen werden ;-), in seinen Büchern "Amberland" und "subcoma" hat P.M. diese Realität mit völlig anderen Stilmitteln antizipiert...). Vielleicht das fundamentalste dieser Konzepte ist nima, etwas was wir mit "gemeinsamem Lebensentwurf" oder "Wert" übersetzen würden. Ein Nima ist aber auch ein Flair, eine Färbung, eine bis in die individuelle Besonderheit einer Lokalität verfeinerte Kultur. Es ist zugleich ein allgemeiner "Wert", als auch eine besondere Ausprägung desselben. Der wahre Reichtum der 'bolos' ist der kulturelle und materielle Potential, nima, "die Gewohnheiten,Philosophien, Werte, Interessen, Kleidungsstile, Küche, Sitten, Sexuellen Gewohnheiten, Bildung, Religion, Architektur, Handwerk, Kunst, Farben..., rituals, music, dance, mythology, body-painting: everything that belongs to a cultural identity or tradition." Die Stärke der Utopie von P.M. ist, daß die Welt nicht über einen Kamm geschoren werden soll, sondern gerade die Vielfalt der Konzepte durch einen gemeinsamen Referenzrahmen zum Erblühen gebracht werden soll. eine schöne Beschreibung in Englisch: www.newciv.org/GIB/BOV/BV-235.HTML

Kulturelle Diversität als Reichtum

(96) " In a larger city, we could find the following bolos: Alco-bolo, Sym-bolo, Sado-bolo, Maso-bolo, Vegi-bolo, Les-bolo, Franko-bolo, Italo-bolo, Play-bolo, No-bolo, Retro-bolo, Thai-bolo, Sun-bolo, Blue-bolo, Paleo-bolo, Dia—bolo, Punk-bolo, Krishna-bolo, Taro-bolo, Jesu-bolo, Tao-bolo, Marl-bolo, Necro-bolo, Pussy-bolo, Para-bolo, Basket-bolo, Coca-bolo, Incapa-bolo, HighTech?-bolo, Indio-bolo, Alp-bolo, Mono-bolo, Metro-bolo, Acro-bolo, Soho-bolo, Proto-bolo, Herb-bolo, Macho-bolo, Hebro-bolo, Ara-bolo, Freak-bolo, Straight-bolo, Pyramido-bolo, Marx-bolo, Sol-bolo, Tara-bolo, Uto-bolo, Sparta-bolo, Bala-bolo, Gam-bolo, Tri-bolo, Logo-bolo, Mago-bolo, Anarcho-bolo, Eco-bolo, Dada-bolo, Digito-bolo, Subur-bolo, Bom-bolo, Hyper-bolo, Rock n'-bolo, etc. Moreover, there are also just good old regular bolos, where people live normal, reasonable and healthy lives (whatever those are)"

3.6.2. Themensiedlungen    

(97) In der modernen Stadtentwicklung sehen wir diese Entwicklung sich schon in ersten Umrissen abzeichnen. Vorstädtische Bauvorhaben locken die Bewohner mit "Themen". Bei uns in Wien entstehen autofreie Siedlungen, Frauenwerkstatt und ähnliche Komplexe, die sich nicht als Ghetto, sondern schlicht als synergetischer Lebensraum sehen. Die niederösterreichische Landesakademie veranstaltet einen Zukunftstag über "Themendörfer"....

3.6.3. Cultural Communities auf der Suche nach Manifestation    

(98) So erweitert sich das Gebiet für Open Source von den allgemeinen und nicht unbedingt kulturgebundenen Werkzeugen und Modellen menschlicher Auseinandersetzung mit der Natur zu den "Special Interests". Was im Cyberspace begann, will im wirklichen Raum enden.

3.7. globale Orte, duale Architektur    

(99) Wenn wir diese 3 Elemente im globalen Dorfraum beisammen haben: die Technologien im Umgang mit der Natur, die Raumgestalt im Aufbau eines nachhaltigen Lebensraumes und das soziale Betriebssystem, so dürfen wir doch nicht vergessen daß diese Dörfer eigentlich keine Dörfer sind, sondern räumlich disperse Splitter einer virtuellen globalen Metropole. Der Raum ist durchlässig geworden für Information, die sich in Aktion umsetzt. Diese Einsicht macht die Zweiteilung der Architektur in eine, die sich den physischen Räumen widmet und eine die sich auf virtuelle Räume spezialisiert, schön langsam unwirklich. Wir brauchen eine duale Architektur. Am Beispiel Colletta di Castelbianco sehen wir, wie ein mittelalterliches Bergdorf zu neuem Leben erwacht, doch es ist eben nur scheinbar ein isoliertes Dorf. http://www.colletta.it/eng_menu.htm Im Amphitheater von Colletta begegnet uns der Archetyp des "globalen Ortes", einer sich in den realen Ort hineinentwickelnden Begegnungsstätte von lokalem und globalem Leben. Die Lernorte bewegen sich von den realen hin zu den virtuellen Räumen und damit ist eine Dezentralisierung der Institutionen verbunden. Bibliotheken sind bereits lange im öffentlichen Raum existierende Instrumente einer informierten Bürgerschaft und zugleich Orte des Lernens und damit Teil unserer Zivilisation. Damit bleiben Bibliotheken nicht nur Dienstleister der Kommune, sondern können sich zu den zentralen Orten des Lernens entwickeln. (Projekt Bildung und Begegnung). Eine längere Studie ist abzurufen unter: http://www.Austria.EU.net/give/Salzburg/sbg8.html

(99.1) Re: 3.7. globale Orte, duale Architektur, 08.07.2001, 23:35, Franz Nahrada: Halt, das war der falsche link. Richtig ist http://www.telechance.at/doern/Mediathek.htm

(100) Die Ausgestaltung des "globalen Ortes" ist eine der spannendsten Aufgaben des Designs globaler Dörfer. Und dennoch ist der Globale Ort nicht identisch mit dem Globalen Dorf: dieses ist eine Synthese von Globalem und Lokalen. Im nächsten Abschnitt soll es um diese Gestalt gehen.

4. Ein Besuch in der globalen Dorfwerkstatt    

(101) Diese kleinräumigen, von einer natürlichen Ökosphäre umgebenen "Städte" und "Dörfer" werden sich von den heutigen dadurch unterscheiden, daß sie ein wesentlich breiteres Spektrum an Dienstleistungen anbieten, und diese Dienstleistungen werden zunächst wohl ein Produkt der globalen Städte sein, ob Franchise oder Hochtechnologie. Das Entstehen von Community Teleservice Centers, Global University Outlets, Gesundheitszentren, Flexible Factories usw., die mit Hilfe von Wissensressourcen und Datenhighways die Bandbreite lokaler Dienstleistungen verhundertfachen, wird nur durch eine hochspezialisierte Organisation und das Produktionspotential von Städten gekiefert werden können; insoferne ist Saskja Sassen zuzustimmen, daß das Globale Dorf die Globale Stadt erforderlich macht. Dennoch wird der neue und vermutlich vorherrschende Lebensraum, die lokale Sphäre einer ressourceneffizienten Verknüpfung von Natur, lokaler Eigenarbeit und globaler Vernetzung, sich in einem anderen Selbstbewußtsein gegenüber der Stadt artikulieren und positionieren als das traditionelle Dorf oder die Bezirksstadt. Wiewohl angelehnt an das regionale Kommunikationssystem einer Stadtregion steht doch das "globale Dorf" von vorneherein in einem Austauschverhältnis zu vielen Städten, vielen konkurrierenden Anbietern von industriellen und informationellen Ressourcen für reichhaltige lokale Entwicklung.

4.0.1. Spirale der Nachhaltigkeit    

(102) "Globale Dörfer", "lernende Gemeinden" stehen so in einer intensiven Beziehung zueinander; sie verleihen dem Wissen Realität, sie manifestieren es. Gerade durch die lokale Anwendung und Integration entstehen vor Ort neue Arbeits-, Forschungs-, Bildungs- und Lebensmöglichkeiten. All das gesammelte Wissen und die gemachten Erfahrungen fließen wieder zurück und bereichern bzw. potenzieren das globale Wissen. Eine "Spirale der Nachhaltigkeit" entsteht, wenn wir bereit sind, an einem oder einigen Orten mit diesem Prozeß zu beginnen. Jeder neue Ort bereichert die Möglichkeiten der anderen, wenn wir das, was wir tun, als Teil eines globalen Experimentes tun.

4.0.2. Senkung der Lebenshaltungskosten    

(103) Und solche Experimente sind bitter notwendig: denn die traditionelle Form der Entwicklung, sei es der landwirtschaftlichen oder der industriellen, ist eigentlich in einer Sackgasse angelangt. Die Erfolge bei der Entwicklung und Verdichtung der globalen Märkte haben dazu geführt, daß der Eintrittspreis für profitable Produktion für viele zu hoch geworden ist. Demgegenüber steht eine wachsende Einsicht in die Absenkbarkeit von Lebenshaltungskosten - bei gleichzeitiger Steigerung von Lebensqualität - durch den nachhaltigen Einsatz von lokalen Ressourcen. Das Beispiel der Permakultur zeigt, daß gerade dort, wo Investition nicht primär vom ökonomischen Ertrag, sondern von der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Systems ausgeht, der ökonomische Ertrag quasi als Nebenprodukt sich wieder einstellt.

4.1. Die Anatomie des Globalen Dorfs: Konzeption, Prozeß und Dissipation als räumliche Sphären.    

(104) Wenn es einen Entwurf gibt, der die Intention des "Global Village" - Ansatzes und seine immanenten Potentiale am prägnantesten ausdrückt, dann ist vielleicht die Vision von des britischen Architekturhauses Richard Rogers für den Parc B.I.T. in Mallorca zu nennen.. Der Ideenwettbewerb für eine Wohn- und Lebensform des 21. Jahrhunderts war im Jahr 1994 von der Provinzregierung der Balearen im Gefolge der Telework 1993 veranstaltet worden, um ein Signal für nachhaltigere und einkommensträchtigere Formen des Tourismus zu setzen. Die Ausschreibung für die Entwürfe der eingeladenen Architekturbüros sah weitgehende Gestaltungsfreiheit vor. Auflage war lediglich, daß ein attraktiver multifunktioneller Ort entstehen sollte, der sowohl dem Wohnen als auch der Arbeit dienen sollte.

(105) Der Entwurf von Rogers kombiniert die Idee eines "urbanen" Mikrokerns mit einer "ruralen" Flachbauweise, die ähnlich gewachsenen Dorfstrukturen sternförmig in die umgebende Kulturlandschaft hinausreicht. Während der "urbane" Kern stark öffentlichen oder Piazza-Charakter trägt und in mehrstöckigen Bauten eine starke Verdichtung aufweist, hat die "rurale" Peripherie einen stark an Rückzug und Privatheit orientierten Charakter http://www.Austria.EU.net/give/Salzburg/sbg8.html

4.2.Exkurs über das Kloster und seine Metamorphosen    

(106) Während die Wissensmenge am Ende des 2. Jahrtausends enorm gewachsen ist, droht die unbedachte Einflußnahme, die durch dieses Wissen möglich geworden ist, unsere Lebenswelt zu zerstören. Obwohl uns das Modell des Klosters seltsam antiquiert vorkommt, spüren wir die Faszination des Klosters stärker denn je zuvor: ein Ort, an dem unsere geistigen Möglichkeiten, die sich so rasant und chaotisch entwickelt haben, bewußt und bedacht geordnet und manifestiert werden; in dem ansatzweise realisiert wird, was der christliche Evolutionstheoretiker Pierre Teilhard de Chardin als die Entstehung eines globalen Bewußtseinssystems, eines planetaren Geistes, einer Noosphäre vorweggeahnt hat.

(107) Die (noch imaginierte, aber keineswegs imaginäre) Klosterbibliothek des 21. Jahrhunderts ist einerseits lokal, sie reflektiert die Umsetzung und Brauchbarkeit der immensen Wissensfülle in Bezug auf die Gestaltung und Entwicklung der Qualität eines Ortes. Andererseits ist sie unmittelbar global, d.h. das Wissen und die Erfahrungen eines Einzelnen bzw. von Gruppen aus allen Bereichen unseres Leben kann und wird durch Informationstechnologie globalisiert

4.3. Prozeß: die telematische Werkstatt und die Helfer im Garten    

(108) Wie es in jedem Haushalt Werkzeugkästen gibt, jedes größere Haus seinen Hausverwalter mit handwerklicher Ausstattung, jeder landwirtschaftliche Betrieb Werkstatteinrichtungen zur Wartung der Gerätschaft hat, so sind für jede Routine des Alltags übergreifende Werkstätten sinnvoll, die die Entwicklung dieser Routine mit Anpassungen, Prototypen und Kleinserien unterstützen. Dies ist ein Wesensmerkmal globaler Dörfer und dem "Trend der Verwertung der kleinsten Lebensregung" direkt entgegengesetzt. Solche Werkstätten genossenschaftlich zu organisieren, ist mehr als naheliegend.

(109) Daß die "aspektuelle Autarkie innerhalb der gesellschaftlichen Gesamtarbeit" noch nicht hinreichend realisiert ist, daß hier keine Website und kein Verweis vorliegt, soll nicht als Defätismus, sondern als Aufforderung gewertet werden. "Virtuelle Genossenschaften", die sich der Potentiale moderner Kommunikations- und Automatisierungstechnologien bedienen, um in Kleinserien Entwürfe zu realisieren, werden genauso schnell oder langsam entstehen, wie sich das Prinzip von Open Source ausbreitet. Mit einschlägigen Versuchen müßte jedenfalls bald begonnen werden.

4.4. Dissipation oder das Gespräch mit den Bäumen    

(110) Wollte man sich das Globale Dorf als Schema vorstellen, so denkt man am besten an drei konzentrische Kreise; im Inneren die Sphäre des globalen Wissens, darum die Sphäre der lokalen Eigenarbeit, und als äußersten Kreis die restituierte Natursphäre. Globale Dörfer sind offene, dissipative Systeme, das heißt sie stehen im permanenten Energieaustausch mit der Umwelt um ihre Struktur aufrechtzuerhalten.

(111) Der permanente Kontakt mit belebter, nichtmenschlicher Natur ist nicht bloß ideologischer und individualpsychologischer Rückzugsraum aus dem Feld gesellschaftlicher Anforderungen; er hat höchstwahrscheinlich eine darüber hinausgehende konstitutive Bedeutung für unsere Identität. Diese Bedeutung zu erforschen wird nicht zuletzt die Faszination der Globalen Dörfer ausmachen.

Copyright (c) 2001 Franz Nahrada

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