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Franz Nahrada / Jenseits Von Tausch Und Geld /
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http://de.wikipedia.org/wiki/Austausch führt zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels durch eine höchst schlampige Seitenweiterleitung zu Tausch, das heisst im alltäglichen Bewusstsein unterscheiden wir nicht zwischen diesen beiden Begriffen. Im alltäglichen Sprachgebrauch hingegen sind wir uns der Differenz sehr wohl bewusst, ein "Gedankenaustausch" ist gerade kein "Tausch von Gedanken". (Daneben existiert noch eine Bedeutung, in der ebenfalls nicht auf den Äquivalententausch abgezielt wird im Sinn von "Ersatz". z.B. Austauschmotor)

Wie aber wenn uns die Differenz zu wenig bewusst wäre? ''"Dass Tausch und Austausch so nah beieinander sind, Tausch aber Waren, und Austausch Kommunikation konnotiert, steckt das Feld ab"'' (Winkler, Hartmut: Tauschen, Austauschen, Kommunizieren. Netzbildung in Ökonomie und Medien. In: Barkhoff, Jürgen; Böhme, Hartmut; Riou, Jeanne (Hg.): Netzwerke. Eine Kulturtechnik der Moderne. Köln 2004, S. 309-318.)

TAUSCH UND AUSTAUSCH

1. Der archimedische Punkt um in das Thema Wirtschaft hineinzukommen ist die fundamentale Unterscheidung zwischen Tausch und Austausch.

Austausch ist die allgemeinere, grundlegendere Beziehung, die besagt, dass Menschen in ihrem Zusammenleben aufeinander angewisen sind und beständig miteinander und füreinander tätig sind. Austausch ist eine conditio humana, wenn man so will eine soziale Grundtatsache oder die Definition des Sozialen schlechthin. Der gesamte Lebensprozess des Menschen ist von Anfang an eingebettet in einen sozialen Schutz- und Entfaltungsraum, in dem verschiedne Formen der Organisation von Gesellschaftlichkeit in einem sekundären Evolutionsprozess miteinander konkurrieren oder sich miteinander verbinden, koexistieren oder amalgamieren.

Tausch auf der anderen Seite ist eine sehr spezifische, von elementaren Formen wie der familiären Versorgungswirtschaft abgehobene Art und Weise Austausch zu pflegen. Tausch verhält sich nicht exterritorial zum Austausch, ist nicht etwa blankes Gegenteil, sondern eine Entwicklungs- und Durchgangsstufe des Evolution von Austauschprozessen. Der Tausch hat seinen Ursprung an den Rändern der Gemeinwesen und dringt in sie ein wie ein auflösendes Gift; er destilliert und emanzipiert das Individuum in seiner ganzen Wahrheit und Unwahrheit.

2. Der Tausch erfordert eine ganze Welt von Rahmenbedingungen, die den ursprünglichen sozialen Kontext ersetzen und möglich machen. Durch die Verallgemeinerung des Tauschprozesses entfaltet sich zugleich eine Eigendynamik, die den Tausch der Unwahrheit überführt und Realität zerstört.

Genauer: Im tauschförmigen Austauschprozess herrscht die fictio iuris "do ut des", also eine unbedingte Verpflichtung den Beitrag der einen Seite als Leistung zu sehen und die andere Seite als Konsumenten einer Leistung, der mit gleicherwertiger Leistung oder materiellen Gütern oder mit Geldeswert in dieser Beziehung ein Äquivalent zurückzugeben hat bzw. die entstehende Schuld kompensiert. Jedes gemeinschaftliche Interesse an der Handlung ist getilgt, für die Form hinderlich. An die Stelle der gemeinschaftlichen Interessen treten die Institutionen Staat und Recht, die sich im Geld als allgemeinen Austauschgegenstand materialisieren und den tauschförmigen Austauschprozess bedienen und benutzen zugleich.

In der Realität gibt es keine reine Tauschbeziehung. Tausch ist beiderseits mit Emotionen verbunden, er kann Spaß machen, Mühe machen. Diese Emotionen müssen verleugnet und strategisch eingesetzt werden. Tausch kann Lernprozesse implizieren. Und tausend andere Dinge mehr. In der Tauschfiktion bin ich einerseits nichtbedürftiger Habender und nichthabender Bedürfnisträger. Bevor wir das Geld kritisieren müssen wir die Tauschfiktion kritisieren.

Tausch besteht wesentlich im Horten, Zurückhalten. Ausschluss des Bedürfnisses vom Reichtum bevor dieses zahlungsfähig ist. Zugleich Zurschaustellen, Anreizen, Geilmachen.

Dazu ist einiges schon ausgeführt unter:

http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?FranzNahrada/JenseitsVonTauschUndGeld

3. Das Geld hat einen universellen Zusammenhang hergestellt, der uns ermöglicht mit dem Fremden in unmittelbaren Kontakt zu treten. Es hat damit zugleich unsere Möglichkeiten erweitert als auch einen Zusammenhang der Unvernunft gestiftet.

Unser gesamter gesellschaftlicher Zusammenhang ist erschlossen zum Zweck der Geldvermehrung. Der Tauschprozess bekommt im Geld eine selbständige Gestalt, das Geld aber wird zu Kapital, Geld heckendes Geld. Geld organisiert Produktion, und jede Menge Geld steht zur Verfügung um sich an lohnender Produktion zu beteiligen. Die gesamte Welt ist ein Panoptikum lohnender Gelegenheiten, eine Kette von Austauschprozessen zu initiieren in denen eingesetztes Geld sich vermehrt. So wird die Werttheorie praktisch wahr gemacht: Wert muss zurück in die Produktion, weil er nur dort sich vermehrt. Die Substanz erhält sich nur wenn sie die Form wechselt. Und wenn ihr das nicht gelingt verfällt er, gibt es Krise. Die Krise aber ist notwendig, denn die organisierte Wertproduktion ist maßlos und verlangt zugleich den Überschuss, sonst wäre sie witzlos gewesen. Im regelmäßigen Zuviel der Produktion gegenüber der Kaufkraft der Gesellschaft zeigt sich dass alle Bemühungen, Wert zu produzieren und zu schöpfen, auf die Vernichtung von Wert hinauslaufen.

Nun ist also eine globale Gesamtfabrik entstanden, die kein Mensch mehr kontrollieren, denkend nachvollziehen oder planen kann. Der Kommunismus tritt an eine existente industrielle Produktionsstruktur zum Wohle der Arbeitenden umzustülpen, und er muss zu seinem eigenen Entsetzen die Bestialität dieser Produktionsstruktur exekutieren, weil keine immanente Vernunft in ihr existiert.

Haben wir also einen Austauschprozess geschaffen der bei weitem über-vergesellschaftet ist? Aber was ist mit der universellen Natur unserer Bedürfnisse? Ist sie nicht ein Fortschritt gegenüber dem bornierten Blud-Boden-Sippenzusammenhang?

Die Lösung besteht höchstwahrscheinlich in einer doppelten Bewegung: in der Anerkennung dass wir materielle Kreislaufprozesse vor uns haben, potentiell reich, unermesslich reich, dass wir aber vom Hochskalieren zum Verfeinern der Prozesse übergehen müssen. Wir anerkennen die Beschränkungen von Raum und Zeit und arbeiten mit ihnen, nicht gegen und ohne sie. Wir sehen auf der anderen Seite die enormen Möglichkeiten des "Universal Intellect" und der menschlichen Kreativität - diese tatsächlich unendliche Energiequelle fördern und kultivieren wir nach Kräften. Wir werden die Vielfalt und Diversität menschlicher Lebensmöglichkeiten im Kleinen manifestieren, und so den Raum verdichten, wobei wir immer mehr Möglichkeiten intelligenter Synthesen mit Naturweisheit im Lebensnetzwerk schaffen, ohne uns einem präexistenten Zweck zu unterwerfen und uns für unser Menschsein schuldig zu fühlen. (cf. Michael Braungart)

4. Wenn wir alle kurzschlüssigen Lösungen des Dilemmas beiseite lassen müssen wir der Notwendigkeit eines gewaltigen Umbaus in die Augen sehen. Nur verfügen wir die die Notwendigkeit sehen nicht über die gesellschaftlichen Agentien ihn ins Werk zu setzen. Und auch die Inbesitznahme des ganzen Ladens würde uns nicht der Aufgabe des Umbaus entbinden, wäre also kurzfristig sogar eine katastrophale Bürde.

Wie bewältigen wir diese Aufgabe? Wir müssen offensichtlich listig sein, klug, weise, um das zu erkennen was den Umbau voranbringt. Wir müssen Inseln des Neuen im Alten schaffen, Dämme bauen, Umzüge organisieren, und dabei die Strömungen der Wirtschaftsflut gut einschätzen. Wir müssen 3 Aufgaben gleichzeitig gewältigen:

  • Das potentiell Sinnvolle vom Unsinnigen gut unterscheiden - Kritik und Analyse
  • Die Kraft des Neuen und noch nie Dagewesenen (oder lange verleugneten) anerkennen - Vision
  • Das hier und jetzt Machbare vor diesem Hintergrund erkennen und ergreifen. - Umsetzung