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Für unsere Kleinstädte - Charta von Murau

Ergebnisse des “1. Mitteleuropäischen
Kleinstadtsymposion, Murau, September 1998.

Die Teilnehmer am ‘1. Mitteleuropäischen Kleinstadtsymposion“ geben ihrer Überzeugung Ausdruck, dass den historischen Kleinstädten, diesen kulturellen Perlen der europäischen Landschaften, bei Weitem noch nicht jene Aufmerk­samkeit entgegengebracht wird, die ihrer überragenden Rolle für die Zukunft Europas, seiner Regionen und dem ländlichen Raum entspricht.

Daher appel­lieren die Unterzeichneten an die gesamte Bevölkerung, die Entscheidungs­träger, alle Verwaltungsebenen, die Medien, die Wissenschaft und Politiker, sich dem Wohle der Kleinstädte anzunehmen und untermauern diesen Ap­pell wie folgt:

- Aus tiefer Vergangenheit übernehmen die historischen Kleinstädte eine her­vorragende kulturelle und wirtschaftliche Rolle für ganz Europa, seine Länder und Regionen, die sie als lebendiges Erbe in die Zukunft weiterreichen.

- Einige der historischen Kleinstädte haben das Verschmelzen ihrer übernom­menen Traditionen mit den modernen Anforderungen und Entwicklungen in beispielhafter Weise zustande gebracht, die größere Zahl, vor allem der klei­neren, abgelegeneren Landstädte jedoch nicht - ihnen sollten vor allem un­sere aktive Anteilnahme und unsere Bemühungen in allen Ländern Europas gelten.

- Kleinstädte sind für die kulturelle Dichte der ländlichen Räume hauptverant­wortlich.

- Sie sind hervorragendes Merkmal sowohl der kulturellen Vielfalt wie der Ein­heit Europas und sind durch eine besondere Dichte der Abfolge von Stilen und durch charakteristische Baumerkmale gekennzeichnet.

- Meist sind die historischen Kleinstädte die “kleinen Hauptstädte“ der Regio­nen und Heimaten.

- Sie sind mit ihren umgebenden Landschaften den Dörfern und anderen ländlichen Siedlungsformen in untrennbarer Einheit verbunden.

- Eingebettet in die ländliche, kleinräumige Wirtschaftsstruktur sind sie Kristalli­sationskerne bodenständiger, nachhaltiger Wirtschaftsformen und damit ei­ne unverzichtbare Kraft gegen unreflektierte Globalisierungstendenzen des dritten Jahrtausends.

- Kleinstädte sind in besonderer Weise in der Lage, die Lebensqualität einer Großstadt mit der eines Dorfes zu vereinen, ohne alle deren Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

- Kleinstädte sind Schaltstellen zwischen dem ländlichen Raum mit seinen Dör­fern und den Großstädten sowie der “weiten Welt“.

- Insbesondere die historischen Kleinstädte erfüllen eine bis in das Spirituelle reichende Rolle für die Identität der Bevölkerung mit ihrer Region, ihrer Hei­mat, da sie meist von unverwechselbaren Charakter sind und wirkungsvollen Widerstand gegen globale, gesichtslose Uniformität leisten können; in ihnen gibt es schon viele Spezialisten aber auch noch Universalisten - diese Mi­schung ist fruchtbar, zukunftsweisend und daher erhaltenswert.

- Sie bieten Lebensqualität ganz eigener Art, Standortvorteile und sind insbe­sondere hervorragende und unverzichtbare Träger des Kulturtourismus

andererseits:

- haben die Kleinstädte heute keine Lobby und

- sie werden von Politik, Verwaltung und Wissenschaft viel zu wenig wahrge­nommen, obwohl im Zuge der Regionalisierung und nach dem Prinzip der Subsidiarität - beide an sich sehr wünschenswert - in rasantem Tempo zuneh­mend aufwendige Aufgaben von den Gesetzgebern an die Kleinstädte und Gemeinden “herunterdelegiert“ werden. Die Erfüllung dieser Aufgaben ist meist mit einem überproportionalen Personalaufwand verbunden, der außer­dem nicht abgegolten wird.

- Auch Kleinstädte leiden oft an der Verödung ihrer Zentren durch die Absie­delung von Geschäften, Dienstleistungen und der Wohnbevölkerung infolge der Neugründung von Einkaufszentren an den Stadträndern und anderen, externen Effekten, denen zuwenig gegengesteuert wird.

- Es besteht auch für Kleinstädte die Gefahr der Abwanderung gut Ausgebil­deter Arbeitskräfte und

- sie sind ebenfalls von der Verkehrsproblematik betroffen.

- Für viele Kleinstädte besteht die Gefahr, sich aus den Optionen und Chan­cen der modernen Entwicklungsmöglichkeiten abzukoppeln und noch wei­ter ins Abseits zu geraten.

- Die Gratwanderurig zwischen Erhaltung (des Wesentlichen) und Wandel (im Detail) gilt es auch für die Kleinstädte zu bewältigen.

Daher benötigen die europäischen Kleinstädte

- die gesteigerte Anteilnahme und volle Unterstützung aller Bevölkerungskrei­se, der Politik, der Wissenschaft sowie der Verwaltung auf allen Ebenen,

- entscheidend höhere und langfristig gesicherte finanzielle Mittel um die zu­nehmende Fülle der Aufgaben und den harten Strukturwandel bewältigen zu können,

- eine klare, umfassende und die überlebensnotwendigen Strukturen beto­nende Raumordnungspolitik,

- die Schaffung größerer, das heißt über die Stadt- und Gemeindegrenzen hinausreichende Verwaltungseinheiten, sodass eine einheitliche und in sich ge­schlossene Entwicklungspolitik rund um die Kleinstädte effizient durchgeführt werden kann,

- die Vernetzung in allen Dimensionen (~gemeinsam statt einsam“),

- die Kooperation mit Großstädten ebenso wie mit dem umgebenden Land,

- die Schaffung und Einbettung in Städtenetzwerke (wofür es bereits Ansätze gibt: z.B: RECEVIN, Douce Large, Historische Kleinstädte in Osterreich),

- die Sicherung und den Ausbau ihrer “Stärken“; Ansatzstellen für ihre Ent­wicklung sollen ihre spezifischen, charakteristischen Merkmale sein, die oft mit jenen ihrer Region ident sind (z.B. Wein-, Montan- oder Kurstädte),

- die positiv-kritischen Auseinandersetzung zwischen “Alt“ und “Neu“ im Stadt­bild und Baugeschehen

- und die deutliche Besinnung auf ihre Rolle im ideell wie materiell zusammen-wachsenden und sich neu strukturierenden Europa.

Die Teilnehmer des “1. Mitteleuropäischen Kleinstadtsymposions“ rufen daher die Bevölkerung aller Länder Europas, die Regierungen und Verantwortungs­träger auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Kleinstädte, dieses große, lebendige und die Zukunft sichernde europäische Erbe zu er­halten sowie die Voraussetzungen für ihre werterhaltende Weiterentwick­lung zu schaffen - Europa möge sich klar zu den Kleinstädten und Kleinge­meinden, diesem Fundament europäischer Qualitäten bekennen.

Nachbemerkung nach 10 Jahren: Wenn man die Hauptaussagen, bzw. Forderungen der Charta von Murau mit dem heutigen Zustand und dem Entwicklungstrend der meisten der Historischen Kleinstädte vergleicht, muss man mit großem Bedauern feststellen, dass sich – fast – nichts zum Besseren gewandt hat (Beispiele: kein Lobbying, keine Verwaltungszuständigkeit, keine eigene Budgetzuständigkeit, geringes öffentliches und wissenschaftliches Interesse.