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===Gespräch mit Johann (Jg.1933) und Maria Schorn (Jg.1936)=

Fritz Endl

Gespräch mit Johann (Jg.1933) und Maria Schorn (Jg.1936)

Geführt am 29.8.2019, nochmals durchgelesen und genehmigt am 8.9.2020

FE: Ich möchte gerne mit ihnen über ihr Leben in Velm reden.

JS: Über die Zwischenkriegszeit können wir nicht viel sagen. Da waren wir ja eigentlich auch noch Kinder. Wie haben uns halt so durchg´rauft.
FE zu FS: Sind sie auch Velmerin?
MS: Ja, das Nachbarhaus war mein Elternhaus. Das waren auch Schorns. Der Pfarrer hat damals bei der Hochzeit g‘sagt, bei unseren Familien waren schon sechs Generationen dazwischen. Daher haben wir heiraten können.
JS: Wann ich das so rechne, wäre das ein Zweiunddreißigstel.
FE: Das sagen sie sozusagen als „Stammbaumforscher“.
MS: Wir haben ja einen Stammbaum gemacht.
FE: Könnte ich den einmal fotografieren? Weil von der Familie Schorn der Stammbaum, das ist schon etwas Besonderes…….

FE: Hat sich die Höhe des Ansehens im Dorf in Ämtern wie Bürgermeister oder in der Feuerwehr niedergeschlagen?
JS: Ja, zum Teil.
FE: Das wird ja auch nicht durch Wahlen entschieden, sondern vermutlich im Dorfgasthaus.
JS: Das hat mit einer Wahl nichts zu tun gehabt. Das waren ungeschriebene Gesetze.
FE: Mich erinnert das an einen Ausspruch von ihnen, den ich noch in guter Erinnerung habe. Da haben sie bei einer Gelegenheit gesagt: „Des tuat ma et“
JS: Ma tuat des net! Das habe ich damals in Moosbrunn von jemanden gehört, der zu den angesehensten Bewohnern im Ort gehört hat. Und man hat es dann auch nicht getan, weil‘s der g’sagt hat.

(MS bringt eine große Tafel, auf dem der gesamte Stammbaum der beiden Familien Schorn von Tochter Andrea aufgezeichnet worden ist und legt sie auf den Tisch. FE fotografiert die vielen Namen und Daten in mehreren Abschnitten.)
FE: Das reicht ja bis zum 2. Türkenkrieg 1683 zu Michael Schorn. Hat das ein Profi gemacht?
MS: Mein Mann hat das zusammengeschrieben und die Tochter Andrea hat’s g’macht.
FE: Da unten sind die jüngsten Schorns.
MS: Der Johannes ist unser Sohn.
FE: Der ist ja Biobauer. Mit ihm werde ich demnächst auch ein Gespräch führen, weil er eine Alternative zu den traditionellen Bauern in Velm ist.
MS: Er ist der erste Biobauer in Velm.
FE: Das ist ja ein Kennzeichen von Velm, weil es da unterschiedliche interessante Initiativen gibt, die von starken Persönlichkeiten getragen werden. Ihr Sohn hat ja gleich gesagt, dass ihm auch die Kontakte zur Wissenschaft sehr wichtig sind, weil er viele Versuche macht…….

FE: Kommen wir wieder zurück zu ihnen als Paar und ihrer Lebensgeschichte in Velm. Wie spielt sich denn das Kennenlernen ab im Dorf? Sie, Frau Schorn sind von Velm und sie Herr Schorn sind ebenfalls in Velm aufg‘wachsen. Wie fühlt man sich da, wenn man in einem doch sehr engen Bereich lebt. Als Wiener bin ich in der Anonymität groß geworden. Als Kind bin ich zwar in den 50-er Jahren meist auf den Straßen mit meiner Kinderbande unterwegs gewesen, aber da waren wir trotzdem anonym. Aber wie ist das da im Dorf, wenn jeder jeden auch beobachtet?
MS: Wenn jeder jeden kennt.
FE: Wer kommt für wen als Ehepartner in Frage? Vielleicht wird schon beim Kind von den Eltern überlegt wird: Ja, das wäre eine gute Partie, die könnten zusammenpassen.
JS: Das war in der Generation vor uns so oder noch weiter vorher. Da ist das in die richtigen Bahnen gelenkt worden.
MS: Ja, früher war das schon so. Da war eine Wirtschaft zum „Eineheiraten“, aber heute ist das nicht mehr so. Da schaut kein Mensch mehr auf so etwas!
JS: Innerhalb einer Generation hat sich diese jahrhunderte alte Tradition komplett erledigt.
MS: Unser Sohn hat zum Beispiel eine Wienerin geheiratet da vom einem großen Badesee. Und da sind natürlich ganz andere Interessen.

FE: Wie war das bei ihnen? Sie haben sich natürlich schon gekannt.
JS: Ja, Das halt sich halt so ergeben.
MS: Mein Mann war immer sehr fortschrittlich und sehr tüchtig. Mein Vater war eigentlich auch ein sehr fortschrittlicher Mensch und das hat ihm halt sehr gefallen, was der macht.

FE: Dass er immer neugierig war und was Neues g‘macht hat. Und ihr Sohn setzt das eigentlich fort und sie haben ihn ja auch unterstützt.
JS: Naja, wie er als Biobauer ang‘fangt hat, haben wir fast keinen Kontakt g’habt, das war eine Katastrophe.
MS: Weil er das überhaupt net woll‘n hat.
JS: Nein und ich will‘s auch heute noch nicht. Ich hab‘s net vertrag‘n.
FE: Das heißt, sie finden das nicht gut, was er heute macht?
JS: Ich find´s auch nicht negativ. Aber es sagt mir nichts.
FE: Aber trotzdem haben sie ihn unterstützt. Das finde ich aber besonders schön von ihnen.
MS: Direkt unterstützt nicht, aber er hat ihm keine Prügeln vorg’worfen, dass er’s net machen kann. Wann er‘s machen will, dann soll er.
FE: Darum waren sie ja auch einverstanden mit der Aussiedelung.
JS: Und das war auch gar net so einfach…….
FE: (zu MS) Sie haben jedenfalls ihren späteren Mann als interessanten Menschen kennen g’lernt und des hat sie ang’sprochen.
MS: Ja, weil sowas lax, des hätt i net wolln….
FE: Waren sie mehr im Haushalt?
MS: Nein, ich hab voll in der Landwirtschaft g’arbeit. Ja, es war auch Glück, daneben war mein Elternhaus und der Bruder hat g´heirat…….

MS: Früher hat sich zum Beispiel kein Bauer ein Brot kauft. Wann‘s brot ausgangen ist, sind wir zum Nachbarn gangen und haben uns ein halbes Brot ausglichen. Und wann du wieder ein frisches Brot g‘habt hast, hast es zurückbracht. ….

FE: Sie haben also geheiratet: Schorn mit Schorn.
MS: Ja, aber da waren wir noch im anderen Haus unten.
FE: In das Haus mit der Marienstatue?
MS: Das ist sein Ursprungshaus und da waren wir nur ein bissl mehr als ein Jahr dort und dann sind wir da herzog‘n.
FE: Darum ist es ja auch so wichtig, dass dieses Haus noch so erhalten bleibt.
MS: Das gehört jetzt dem Sohn, das haben wir ihm gegeben.

FE: Durch den gleichen Namen hat sich ja in Velm ein großes Schorn-Netzwerk gebildet.
JS: In der Hochblüte hat es in Velm sechs Bauern gegeben, die Schorn geheißen haben.
FE: Das war ja für andere gar nicht durchschaubar, wer da wirklich mit wem verwandt ist.
MS: Sie war‘n beim 19-er und wir war‘n beim 27-er. Das ist nach den Hausnummern gangen. Alte Velmer sagen nur: „Des ist der 19-er Schorn“

FE: Dazu passt meine Frage: Frau Juliane Spalt ist auch eine Schorn gewesen. Von welcher Familie war sie?
MS: Das Haus vom Leo Spalt war eigentlich das Urhaus von den Schorn.
JS: Die Schorn sind von Ebergassing kommen. Der erste Schorn hat eine Witfrau auf Velm Nr.12 g’heirat. Und da waren 5-6 Buben und die haben sich dann in Velm verstreut. Eines war der 12-er, einer der 32-er und vom 32-er zum 24-er und zum 27-er. So hat sich das verteilt.
MS: Es war interessant, wie wir den Stammbaum gemacht haben. Meine Urgroßeltern waren vom 32-er-haus und die haben dann…
JS: ….1889 das 27-er-Haus gekauft
MS: Und haben g‘heißen wie meine Eltern Jakob und Katharina Schorn.
JS: Die zweite Generation hat auch Jakob und Katharina Schorn geheißen.
FE: Dass sie sich da auskennen.
JS: Da haben auch wir lange gekiefelt daran….

JS: Früher haben die Eltern den Jungen aus der Überlegung meistens ein Haus gekauft, damit sie in der k.u.k. Zeit nicht einrücken müssen. Sonst hätt‘ er müssen 12 Jahre einrücken müssen, 12 Jahre dienen.

FE: Mich interessiert auch die informelle Hierarchie sehr. Denn wenn DER was sagt, dann gilt das!
JMS: Ja, das stimmt.
MS: Obwohl das heute nicht mehr ganz so ist.
JS: Ja, schon.

FE: Ich als Wiener, der nur seine Freizeit am Neuhofsee verbringt, kann leichter auf Wichtigtuer reinfallen. Bei ihnen spüre ich die Wertschätzung durch andere, wenn sie zum Beispiel etwas zur Geschichte Velms sagen.
JS: Vielleicht weil ich auch im Archiv in Himberg mitarbeite.
FE: Ja, weil dort wird über ein zentrales Thema gearbeitet, der gemeinsamen Geschichte, trotz mancher unterschiedlichen parteipolitischen Ansichten.
JS: Wir haben dort noch nie ein Wort über Parteipolitik gesagt.
FE: Josef Past und später Franz Kowatschek konnten damit auch gut umgehen. Er selber sagt zwar: „Ich bin ein Eisenbahner und bei der SPÖ gewesen“, aber das war nie ein Thema.
MS: Ich habe oft zu meinem Mann g‘sagt, teit‘s ihr net auch politisieren? „Nein, überhaupt net.“……..

FE: Warum ist die Funktion eines Feuerwehrhauptmanns wichtig?
JS: Die Feuerwehr und der Feuerwehrhauptmann. Das ist ein sehr heikles, sensibles Thema, seit Generationen.
FE: Ist das nicht überall so?
MS: Immer net, aber In Velm ist das besonders stark.
JS: Jetzt nicht mehr so. Früher war er gleich nach dem Bürgermeister. Entweder warn‘s Bürgermeister oder Gemeinderat und Feuerwehrhauptmann in Personalunion. Ein Wirtshaus haben‘s oft auch g‘habt.
FE: Das war vermutlich auch eine Form der Anerkennung…….

FE: Kann Velm in Himberg bei der Gestaltung des Ortsbildes mitreden?
JS: Leider hat die Gemeinde für solche Sachen wie den Erhalt vom Ortsbild nicht viel übrig.
FE: Aber da ist doch ein Problem, dass Velm zu selten gemeinsam auftritt. Das nötige Selbstbewusstsein wäre doch in Velm vorhanden. Das müssten nicht nur die Alteingsessenen zeigen, es sollten auch die vielen Zugezogenen mehr integriert werden. Das sagt auch Leo Spalt (jun.), der die Integration in Velm als ein zunehmend wichtiges Thema betrachtet. Den Bewohnern von Velm müsste es künftig mehr gelingen, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen.
JS: Wer sind die Velmer!?
FE: Für mich sind das alle, die sich zu Velm bekennen. Sie müssen nicht auch über Generationen in Velm gelebt haben.
JS: Es wird immer schwieriger, überhaupt jemand für den Gemeinderat zu finden. Früher waren zum Beispiel Velm und die Feuerwehr eine Einheit und haben für uns noch einen hohen Stellenwert gehabt.