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Gasthaus Im Weberdorf


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„Da wer´n ma kann Richter brauchen!“ stieß einer endlich hervor. „Dös sag´n ma unser´m Herrn und dös werd´s as alle hör´n, was der sagt!“ Der „Herr Weber“ kam immer als Letzter zu dem allabendlichen Umtrunk. Tag für Tag ging er alleine noch einmal rundum in seinem Wirtschaftshof und sah nach, ob alle Geräte ordentlich auf ihrem Platz waren und wie es seinen vielen Zugpferden erging: ob sie genug Hafer in der Krippe hatten, ob er noch Wasser nachfülle sollte oder ob eines noch nach des Tages Plage ein wenig gestreichelt werden wollte.
„Da wer´n ma kann Richter brauchen!“ stieß einer endlich hervor. „Dös sag´n ma unser´m Herrn und dös werd´s as alle hör´n, was der sagt!“ Der „Herr Weber“ kam immer als Letzter zu dem allabendlichen Umtrunk. Tag für Tag ging er alleine noch einmal rundum in seinem Wirtschaftshof und sah nach, ob alle Geräte ordentlich auf ihrem Platz waren und wie es seinen vielen Zugpferden erging: ob sie genug Hafer in der Krippe hatten, ob er noch <n>Wasser</n> nachfülle sollte oder ob eines noch nach des Tages Plage ein wenig gestreichelt werden wollte.

Berta Klement

Das „Gasthaus im Weberdorf“

Es gab Zeiten, wo die Gasthäuser dafür gut waren, nicht nur für das leibliche, sondern auch für das seelische Wohlbefinden zu sorgen. Jeder entwickelte dazu seinen eigenen „Ton“. Durch diesen wurde die von Lebensfreude erfüllte Räumlichkeit zu einem „Resonanzkasten“ aller möglichen Stimmungen der Besucher. „Warum lachst du, wan i merk, dass du eigentlich wanst?“ So eine mitfühlende Vermutung habe ich von einer Stammtischrunde „aufgeschnappt“. Diese „Diagnose“ wurde von niemand übertroffen.

Unmittelbare Volksweisheit aufzusuchen wurde mir zum Maßstab auch späterer umständlicher „Bildungsversuche“ und der Grund, warum ich als Kind so gerne „ein frisches Bier“ aus dem „Webergasthaus“ gegenüber holte, wenn Gäste kamen.

Ich erinnere mich daran, dass ich einmal sogar auf einer Bank sitzen blieb und dem mir unverständlichen Getriebe gebannt lauschte, bis mich die Wirtin mit leiser, liebevoller, aber bestimmter Stimme aufschreckte: „Gehst´d no net ham? Die Bier wird schon warm.“ Ich erwachte zur Pflichterfüllung „Bier holen!“ und entschuldigte mich zu Hause vielmals mit irgendeinem Gestotter über die Gemütlichkeit im Wirtshaus.

Wer waren sie nun, diese Männer an ihrem „Stammtisch“, die sich fürs Erste fast wie unheimliche „Kraftlackln“ gebärdeten?

Eine Tür ging auf und sie begannen dem Neuankömmling zu winken: „Da san ma! Hau di glei zuwa, alta Spezie" und „Ruckts a wengl z´samm – dann hab´n ma alle Platz!“ So fügten sie sich zusammen, atmeten tief und sagten lange Zeit nichts. Man hörte nur, wie die Kellnerin mit Kling-Klang die ausgetrunkenen Biergläser wechselte.

Dann aber begann das Abladen vom am Tag Erlebten. Einer verstand wohl den anderen, denn mancher nickte mit dem schwerfälligen Kopf und schlug auf sein Glas, weil er nun auch „etwas zu sagen hatte“.

Das Ende dieses Berichtes verdanke ich wiederholten Nacherzählungen durch meinen hochgebildeten Vater. Wir Kinder verlangten sie immer wiederum ab, weil sie auch halfen, unsere Einfühlsamkeit in alle Menschen unseres Umfeldes wahrheitsgemäß zu entwickeln. Die Erinnerung an das Gasthaus im „Weber-Dorf“ begleitet mich nicht nur in der eingangs erzählten unaussprechlich musikalischen „Viel-Klang“ herzergreifender Volksstimme, sondern auch seine Umwandlung in eine besondere Feierlichkeit, nämlich dann, wenn Menschen von der Basis her ahnungsvoll in die Harmonie ihrer Wortführer hineinhorchen.

So konnte über Generationen hin das „Gasthaus“ ein „Ort der Begegnung“ sein für alle, die mit welchem persönlichen Hintergrund immer = hofften und glaubten: hier einander befreit von alltäglichem Dünkel einfach „menschlich“ wiederum begegnen zu können.

„Da wer´n ma kann Richter brauchen!“ stieß einer endlich hervor. „Dös sag´n ma unser´m Herrn und dös werd´s as alle hör´n, was der sagt!“ Der „Herr Weber“ kam immer als Letzter zu dem allabendlichen Umtrunk. Tag für Tag ging er alleine noch einmal rundum in seinem Wirtschaftshof und sah nach, ob alle Geräte ordentlich auf ihrem Platz waren und wie es seinen vielen Zugpferden erging: ob sie genug Hafer in der Krippe hatten, ob er noch Wasser nachfülle sollte oder ob eines noch nach des Tages Plage ein wenig gestreichelt werden wollte.

Dann ging auch er zu seinen rastenden Kutschern in sein Gasthaus Ecke Quellenstraße und Knöllgasse.
Was er dort zu sagen hatte, mag nicht allen unbedeutend erschienen sein. Hatte er doch auch einen Weitblick hinein in die Tagespolitik der „Großschädeln“, wie das einfache Volk damals selbst zu finden versuchte. Warum wurde „der Herr Weber“ nicht selber zumindest „Bezirksvorsteher“? war die Meinung vieler, die seine Weisheit trotz aller handfesten, weithin gerühmten Lebenspraxis bestaunten. „I hab zu wenig Schulbildung für so ein hohes Amt. I hab mit zwölf Jahren Eisblöcke führen müssen in alle Wirtshäuser. Da is ka Kraft mehr bliebn zum Bücher lesen, aber i hätt des gern tan.“

Auf Grund dieser Hochachtung gegenüber Schulbildung fanden auch Geistesgrößen der Sozialreform zu jener Zeit den Weg zu ihm: „Morgen red der Pernersdorfer bei uns da!“ „Ja, aber wie denn, wo denn? Mir hab´n ja do kann Platz!“ „Wann´s is, soll er auf´n Tisch steig´n! Mir helf´n eam aufi!“ Es begann ein Gejohle von Urlauten, das jedoch sofort verstummte, als der Herr Weber an sein Bierglas klopfte: „Er will ja mit euch red´n, will wissen, wie´s euch geht.“ Und so übten sie den Umgang mit den Politikern.