[Home]
Internationale Projekte / Inka Kultur / Vernetzte Projekte / Tagebuch Nachfolgeprojekte /
Apr20


Home
Neues
TestSeite
DorfTratsch

Suchen
Teilnehmer
Projekte

GartenPlan
DorfWiki
Bildung+Begegnung
DorfErneuerung
Dörfer
NeueArbeit
VideoBridge
VillageInnovationTalk


AlleOrdner
AlleSeiten
Hilfe

Einstellungen

SeiteÄndern







Veränderung (letzte Änderung) (keine anderen Diffs, Normalansicht)

Hinzugefügt: 9a10,11



Hinzugefügt: 10a13


.
Lima, 20. April, nachmittag: Zwischenhypothesen

Nachdem beide, Fr. Prof. Muñoz und ich ziemlich fertig nach der Nachtfahrt sind, habe ich Musse, nun meine Zwischenhypothesen zu tippen.

Die Wahnsinnsidee mit der flexiblen Umweltanpassung

Das Projekt, mit dem ich hier bin, heisst Erdölfreie Landwirtschaft im Rahmen des Forschungsschwerpunktes Global Ecologic Change and Food Systems (GECAF). Warum die Evolution des Inkareiches und dessen hochertragreiche Landwirtschaft so wichtig ist, ergibt sich aus folgender Klimageschichte, deren Original wir wahrscheinlich in Bolivien suchen müssen:

Die bekannten archäologischen Daten sind (lt. internationaler Autoritäten wie Brian S. Bauer):

900 AD: Aufgabe des regionalen Zentrums des Warireiches (parallel zu Tiwanaku)

1200 AD: Mythologische Gründung Cuscos

1438 (Datierung nach Rowe) Chankakrieg - Beginn der Expansion des Reiches (Rostworowski, die führende Autorität auf dem Gebiet der Inkageschichte kommentiert das folgendermassen: http://incas.perucultural.org.pe/hissurg3.htm) Die Zeittafel mit den Jahreszahlen befindet sich hier:

  1. http://es.wikipedia.org/wiki/Imperio_Inca#Fechas_importantes Wikipädia)
Der Klimawandel

Die obige Tafel mit dem Klimawandel aufgrund der Strata des Quelccaya - Gletschers koinzidiert mit der Expansion des Inkareiches.

Nun wissen wir aufgrund des INC Huancayo und der dort liegenden Forschungsberichte, dass die Wankas - wahrscheinlich amazonischer Herkunft - ebenfalls expandierten und zwar, weil ihre Ackerfläche nicht reichte. (INC = Instituto Naciónal de Cultura). Das dürfte im Intermedio Tardio generell der Fall gewesen sein, sodass eine Situation der "streitenden Reiche" (vgl. China) entstanden war.

Wie kompensiert man den Klimawandel?

Die Forschungen von John Earls zu Moray hängen irgendwie in der Luft, da es keine historische Verbindung der Forschungsanlage von Moray zur bekannten Geschichte des Inkareiches gibt. Generell bleibt in der sozialen Evolution die Frage, warum es gerade die Inka waren, die es geschafft haben, einen Staat zu gründen und nicht etwa die Chankas, die Wankas und die anderen mit Ausnahme der Küstenkultur Chimú, aber die spielt aufgrund des Winterhalder'schen Gesetzes von der abnehmenden Wettervorhersagbarkeit mit zunehmender Höhe hier keine Rolle.

Wir haben in den Anden 3 evolutionäre Sequenzen sui generis:

  1. Amazonasanden (Chachapoyas, Abieso) an der Andenostabdachung, wo künstliche Bewässerung keine Rolle spielte.
  2. Hochanden bzw. Zentralanden (sierra oder andes amarillas y andes secas) wo Winterhalders Gesetz gilt.
  3. Küstenkulturen, die simple Bewässerungssysteme zur Bewässerung und nicht zum Mikroklimamanagement hatten. Zu denen gehört Chimú.
Die von Helmut Lukas bevorzugte Analysemethode

Helmut Lukas und Khaled Hakami waren beim Kongress in Chapel Hill /USA wo es um Staatenbildung geht. Nach Caneiro entstehen Staaten gemäss der Circumscription theory, das bedeutet, der Bevölkerungsdruck wird in einem isolierten Gebiet dermassen hoch, es können keine Auswanderungen stattfinden, mangels fruchtbaren Gebieten, kurz: typische Situation an der Küste von Peru. Im Hochland konnten die Leute aber auswandern, was die Wankas auch taten. Warum taten das die Inka nicht? Generell ist sowohl nach Brian S. Bauer (Kerngebiet des Inkareiches) als auch nach den Forschungen im INC Huancayo, die Huancas betreffend, zu beobachten, dass am Ende des Intermedio Tardio die Bevölkerungsgrösse überall eine kritische Menge erreicht hatte. Das schien die Warring states intensiviert zu haben. Die Inka jedoch pazifizierten nach eigenen Angaben die Andenregion. Das ist zwar deren Reichsideologie - aber wie????

Moray und das Quechuadrama Apu Ollantay

Ein Teil der Inka stammt aus dem Kerngebiet des Tiwanakus und Brian S. Bauer hatte architektonische Parallelen zwischen der Isla de la Luna, einer der beiden Ursprungsinseln der Inkadynastie gemäss einer Überlieferung, es gibt auch andere, und dem Ort Maucallacta, dem Pacariqtambo als Ursprungsort der Inka entdeckt. D.h. ein Teil der Inka - vermutlich die sogenannten Inka von Hurin Cusco - dürften Reichsaristokraten vom Tiwanakureich gewesen sein, dieser Ansicht ist z.B. Waldemar Espinoza Sorriano (Universidad Mayor de San Marcos, Lima).

Der andere Teil dürfte unter dem Stichwort Viracocha lt. der Chronik von Calancha und unabhängig davon nach Regionalforschern in Cusco aus Ollantaytampu stammen.

Wann und warum ist der kybernetische Staat der Inka entstanden?

Wir haben lt. der obigen Graphik, deren Original noch gesucht wird, ab ca 1300 einen Klimawandel mit Wetterkapriolen sondergleichen. Die Inka expandierten nicht bis zum Chankakrieg aber, wie ich in meiner Diplomarbeit aufgrund rekonstruierter regionaler Quellen ausgeführt habe, dürfte hinter dem Chankakrieg was ganz anderes stecken. Laut dem Drama Sumaq¨Tïka - und in Peru ist bekannt, dass Rituale und Szeneographien Informationen über die Vergangenheit transportieren -- musste die Frau denjenigen ihrer Verehrer heiraten, der als erstes einen Bewässerungskanal zu ihren Feldern baute, egal ob sie das wollte oder nicht. Der Zyklus, in dem das Drama Sumaq Tika, angehängt an die Wari-Festung Piquillaqta steht, beinhaltet nur die Inka vor Pachacutek also vor dem Chankakrieg.

Fast könnte man auf die Idee kommen, die Schichten der Archäologie des Wissens nach Foucault mit den faktischen archäologischen Schichten zu korrellieren.

Dann soll unter der Regierungszeit von Pachacutek sich die Rebellion des Ollantay zugetragen haben, für beide Dramen gibt es Oraltraditionen, die später fürs barocke, spanische Theater im Siglo de Oro bearbeitet wurden. Im Drama Ollantay kommt keine einzige Wasserleitung vor, dafür aber geht es um Revolution aus wahrer Liebe. Nach meiner Rekonstruktion der mythologischen Themen ist der Ursprungsritus des Dramas Ollantay das Festival des Mayuccati und dabei handelt es sich um einen Ritus, der gewisse Probleme, die im Drama angesprochen werden, behandelt:

  1. Ollanta war ein Inca por privilegio, das Mayuccati redefiniert den Status der Inka por privilegio, usw,
  2. Ollantay wird von Tupac Yupanqui begnadigt, das Mayuccati folgt zeitlich auf das Capac Raymi, das zwecks Krönung von Tupac Yupanqui eingerichtet wurde usw.
Das bedeutet also, dass die Nahrungsmittelproduktion und Nahrungsmittelsicherheit derart gewährleistet war, dass die Gefahren des Klimawandels abgefedert werden konnten - und zwar mit der Anlage von Moray. Dadurch war sozusagen Freie Liebe möglich. Wir haben im Archivo Departamental de Cusco Quellen gefunden, die bei historischer Auswertung zu verstehen geben, dass die Gegend um Moray erstrangige strategische Bedeutung hatte.

Das Prinzip der Globalen Dörfer

Gehen wir davon aus, dass die Technologie, wie sie mit Moray entwickelt wurde, dazu diente, die Wetterkapriolen abzufedern, dann war das Inkareich, dass die Spanier vorgefunden haben, das Ergebnis einer Revolution mit dieser Technologie als technological backbone. Diese Technologie gab es jedenfalls auf dem Gebiet des Warireiches in der Form nicht. Wie Rostworowski in ihrer klassischen Biographie über Pachacutek Inka hervor hebt, war Pachacutek selbst ein illegitimer Inka und das heisst, irgendwelche Strukturen hatte es vor den Inka in Peru als Ergebnis des Warireiches gegeben, die Chankas und Wankas gehörten zwar nicht dazu, obwohl die Wankas im Warireich wurzeln. Die entsprechenden Anlagen habe ich fotografiert. Wie gesagt, bei der Erforschung des Inkareiches zahlt es sich aus, die Sache vom Standpunkt der Integrierten bzw. Unterworfenen aufzurollen. Die Inka dürften auf vorhandene Tiwanaku-Wari-Technologie ihre Klimawandelabfederungstechnologie draufgesetzt haben. Da damit allerdings ein verlässlicher Kalender so nicht machbar war, erfordert dies enorm komplexe Umweltinformationsaustauschsysteme und miteinander vernetzte Versuchsanlagen, kurz: Globale Dörfer mit Internetersatz, denn Massentransporte konnten die Inka nur sehr begrenzt durchführen. Die Notwendigkeit, rasch Umweltdaten

  1. zu übermitteln
  2. umzusetzen
wird vom Instituto Naciónal de Cultura im Rahmen des Projektes Capac Ñan (Reichsstrassenrekonstruktion) zwar unterstellt, die Technologie dafür wird allerdings nicht beschrieben.

Die Marquetas

Die Marquetas stammen aus der andinen Tradition des Landkartenbaus (Wilfried Hartl) und sind solche Reliefkarten. Diese gehören zur Infrastrukturausstattung der Inkastrassen, wie die Collcas (Vorratshäuser) und Tambos (Herbergen, Pionierstädte an Strassenkreuzungen). Die Daten wurden über die Quipus verschlüsselt und über die Chasqui - die Reichspost auf der Basis von Staffettenläufern übertragen.

Wir wissen aber von astronomischen Quipus, dass diese ausgebreitet wurden, um für ein gewisses Gebiet den Sternenhimmel zu simulieren.

Was die Quipus als Art mögliche Lochkartenstreifen sonst noch simulierten, wissen wir kaum. Aber sie wurden auf jeden Fall von der Chasqui transportiert.

(Das Bild stammt aus der ungeheuer wertvollen Bilderchronik von Guaman Poma de Ayala).

Diese Chasqui lief entlang der Reichsstrassen - an deren Rändern diese Maquetas waren, die im Zusammenhang mit intensiv genutzten Kulturlandschaften stehen.

Bei mir klingelts!!!

Bild unten: Moderne Maqueta

Lima 20. April 2005

Die Datenfischerei ist 2 Tage, nachdem das Filmteam weg war, so richtig los gegangen:

Haben einen Katalog der einheimischen Kartoffel - Landrassen, der vom CIP Huancayo zusammen gestellt wurde, bekommen und fotokopiert. Mit allen Angaben, Blütenstände, Ernteertrag pro Kg usw und ironischer Weise auch von der Herkunft der Sorten und da stammt ein Grossteil aus Cusco.

Wie kommen die Sorten aus Cusco nach Huancayo? Mit der Lili (=Fr. Prof. Muñoz) bin ich in das statistische Zentralamt der Provinz Júnin gekommen, wo Huancayo liegt und die haben sogar die archäologischen Objekte statistisch erfasst. Die Provinzhauptstadt des Inkareiches Jauja hat die meisten Colcas, das sind Silos für die Reichskarawansereien, aber es ist fraglich, ob die Inka während ihrer gesicherten Anwesenheit hier alle Germplasmen hergebracht haben. Trotzdem sind von 92 archölogischen Fundstätten in Jauja 31 Collcas (das sind die sogenannten Inkakühlschränke) und null Tambos und 26 archölogische Elemente sind unbestimmt.

In Huancayo gibt es von 60 archölogischen Stätten 4 Colcas und 2 Tambos.

Diese statistischen Censi sind dermassen genau, dass wegen des Beitrages von Fr. Prof. Muñoz über die Soziologie der Nahrungsaufnahme (im Dorfwiki, ich hab den URL einfach im Zwischenbericht zitiert) sogar die Fiestas statistisch erfasst wurden und da gilt für Huancayo-City 14 Fiestas, die umliegenden Distrikte haben bei weitem weniger (würde den Helmut Lukas freuen wegen dem kosmologischen Staat in Südostasien). Das heisst, wir haben eine Art zeremonielle Steuerung der Speisen im Jahreslauf.

Wegen der Tambo - und Collcastatistik waren wir dann auch noch im Instituto Naciónal de la Cultura in Huancayo und haben dort die Berichte für das Riesenprojekt Capac Ñan - die vollständige Rekonstruktion der Inkaverkehrswege und der damit verbundenen Einrichtungen eingesehen usw sowie führende Forscher interviewt.

  1. Huancayo heisst eigentlich wankayuq und bezieht sich auf das Häuptlingstum der Wanka. Die sind nach dem Zusammenbruch des Warireiches eine Art Staat (¿?) geworden - es gibt aber Überlieferungen, dass hier eine Tiwanakuenklave gewesen sei (würde die Kartoffelvarietäten erklären).
  2. Laut den mythologischen Überlieferungen (Huarochirimanuskript) kommen die Kartoffeln aus dem Altiplano - also dort, wo das Tiwanaku war. Die heutige chilenische Behauptung, dass die Kartoffeln aus Chiloë kommen, einer subtropischen chilenischen Insel erklärt nicht, warum die andinen Varianten die doppelte Anzahl an Chromosomen haben. Wurde uns vom CIP bestätigt.
  3. Die Befundungen der Capac Ñancuna (der Reichsstrassen) ergeben, dass die marquetas - also die Relieflandkarten - Bestandteil der Infrastruktur der Capac Ñancuna sind. Die auf Hochglanz gedruckten Endberichte weisen zwar ausdrücklich auf die hochflexible Landschaftsplanung der diversen "quebradas" - also der landwirtschaftlich intensiv genutzten "Bio-Oasen" entlang der Reichsstrassen hin, aber marquetas entlang der Reichsstrassen sind lt. dem Toponym für Choque meiner Hypothese nach ein deutliches Indiz für die inka-mässigen Pedants dessen, was wir heute als POP auf der Datenautobahn bezeichnen würden, d.h. von irgendwelchen Versuchsanlagen werden Daten auf die, wie es in den Forschungsberichten ausdrücklich heisst, integrale Landschaftsplanung an Ort und Stelle übertragen und dazu braucht es die Maquetas (die Erklärung dessen was Choque, also für Verarbeitung fertig gemachtes Gold mit Landschaftsplanung und Pflanzenbau zu tun hat, steht schon im Tagebuch im Dorfwiki).
Da die durchschnittlich ausgebildeten österreichischen Lateinamerikanisten das als Spinnerei abtun werden, bin ich eingeladen worden, diese Hypothesen in diversen peruanischen Fachzeitschriften zu publizieren. Mir liegt immer noch die Diplomarbeitsbeurteilung vom Drekonja im Magen, die schwarz auf weiss beweist, dass international anerkannte Autoritäten wie Pierre Duviols in Österreich ignoriert werden. Solange irgendwer von den österreichischen Lateinamerikanisten kein Gegengutachten verfasst, nehme ich an, dass diese community diese Missachtuing der international anerkannten Lehrmeinungen teilt und das stösst den peruanischen Kolleginnen und Kollegen sehr sauer auf.

Daher die Einladung zu publizieren und meine Vorhersage, dass die österreichische Lateinamerikanistik uns vierteilen wird, wenn wir mit unseren ausserhalb Österreichs international anerkannten Fachkollegen aufkreuzen (Falsifikationskriterium dieser Hypothese: Das Gegengutachten).