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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
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* Seminararbeit

Data Analytics

Termin: 25. Juni 2019 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-13

Swetlana Shaban: Von Datenverwaltung und maschinellem Lernen zu Data Analytics

Benjamin Hassan, Fabian Wenzel: Artikel 13 EU-UrhG-Novelle

Ankündigung

Von Datenverwaltung und maschinellem Lernen zu Data Analytics

Die digitale Welt hat großen Einfluss auf Menschen und Unternehmen. Zwar ist ein Großteil dieser Veränderungen positiv – man muss sich jedoch zunächst an sie gewöhnen. Das Thema Maschinelles Lernen ist in aller Munde. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff? Maschinelles Lernen wird heute mehr und mehr zum Mainstream. Waren selbstlernende Programme noch bis vor wenigen Jahren ausschließlich ein Thema für Universitäten, Forschungseinrichtungen und einige Technologieunternehmen, finden sie heute zunehmend Eingang in ganz normale Produkte und Lösungen. Unser Alltag und unser Geschäftsleben wird immer mehr von intelligenten Programmen bestimmt, die aus Daten lernen und das Gelernte verallgemeinern. Der Vortrag liefert Informationen über solche Begriffe wie Datenverwaltung, maschinelles Lernen und Data Analytics. Es gibt auch einen kleinen historischen Überblick über das Thema. Die Frage, wie lange das Thema maschinelles Lernen noch populär sein wird, steht dabei zur Debatte.

Swetlana Shaban, 16.06.2019

Artikel 13 EU-UrhG-Novelle

Am 26. März 2019 wurde im EU-Parlament über eine neue Urheberrechtsrichtlinie abgestimmt. Insgesamt stimmten 348 Abgeordnete dafür, 274 dagegen und 36 enthielten sich der Stimme. Diese Richtlinie soll dafür sorgen, dass keine urheberrechtlich geschützten Inhalte unerlaubt auf Plattformen hochgeladen werden. Sollte es zu einem Verstoß gegen diese Richtlinie kommen, sind die Betreiber solcher Plattformen haftbar. Die Betreiber müssen somit dafür sorgen, dass keine urheberrechtlich geschützten Werke auf ihren Portale zur Verfügung gestellt werden (ohne Lizenz). Zusammen mit dem Thema „Urheberrechtsrichtlinie“ kommt in den letzten Wochen und Monaten immer wieder der Begriff des "Uploadfilters" ins Gespräch. Ein solcher "Uploadfilter" soll ein Hochladen von geschützten Inhalten verhindern. Dieser wird von den Gegnern der Richtlinie stark kritisiert. Dass dieses Thema hohe Wellen schlägt, sieht man auch daran, dass am 23. März 2019 etwa 200.000 Menschen europaweit auf die Straßen gingen, um gegen die Urheberrechtsrichtlinie zu demonstrieren, jedoch erfolglos. Was nun auf uns zukommen könnte und vieles mehr erfahrt ihr im kommenden Referat.

Benjamin Hassan, Fabian Wenzel, 12.06.2019

Anmerkungen

Im Vortrag zu Datenverwaltung, maschinellem Lernen und Data Analytics wurden Verschiebungen von Schwerpunkten in der Informatik selbst thematisiert, die mit dem digitalen Wandel einhergehen. Ein solcher Blick ist interessant, da die meisten Texte zum digitalen Wandel entweder die sich abzeichnenden Verschiebungen ökonomischer, politischer oder gesellschaftlicher "Waffenstillstandslinien" auf einem eher soziologischen Hintergrund thematisieren, oder aber sich technisch-technologisch abzeichnende Veränderungen detailreich beschrieben, aber wenig fundiert auf ihre soziale Sprengkraft hin untersucht werden. Ein solcher thematischer Zugang ist allerdings komplex, was auch in Vortrag und Diskussion deutlich wurde.

Der Vortrag zeichnete die Entwicklung der Datenverarbeitung von den klassischen Gebieten eines Data Management (Erfassen, Verarbeiten, Verwalten, Archivieren, Ausgeben, Organisieren) bis zu modernen Ansätzen von Data Analytics genauer nach und diskutierte auch den Einfluss dieser Veränderungen auf die universitäre Informatikausbildung.

Der Ausgangspunkt Datenmanagement ist insoweit gerechtfertigt, als auch heute noch – etwa in der deutschen Wikipedia – Informatik auf die „Wissenschaft von der systematischen Darstellung, Speicherung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen, besonders der automatischen Verarbeitung mithilfe von Digitalrechnern“ reduziert und damit ein weit verbreitetes Verständnis des Fachs als rein ingenieur-technische Angelegenheit aufgegriffen wird. Mit diesem Ausgangspunkt wird allerdings auch die technische und damit syntaktische Dimension des Datenbegriffs in den Vordergrund gerückt, während Fragen des sozialen Bedeutungsgehalts dieses "Öls des 21. Jahrhunderts" oder gar die Stellung von Datenverarbeitungsprozessen in komplexeren sozialen Praxen in den Hintergrund treten.

Eine solche Einseitigkeit prägte auch den Rest des Vortrags, dessen Hauptbotschaft – Data Analytics – sich dahingehend zusammenfassen lässt, dass sich in der heutigen Zeit der Schwerpunkt der Datenverarbeitung in Richtung einer stärkeren Bedeutung von Datenauswertungsprozessen verschiebt, wozu ein "Data Analyst" eine deutlich fundiertere mathematische Ausbildung benötigt – nicht nur, um Prozesse des maschinellen Lernens adäquat einsetzen zu können. Entsprechend wurde auch das Ausbildungsprofil eines "Data Analyst" skizziert.

Der Vortrag stellt damit aktuelle Entwicklungen korrekt dar – entsprechende Studiengänge mit genau einem solche Profil werden an verschiedenen Universitäten neu eingerichtet, so auch ein Masterstudiengang "Data Science" an der Leipziger Universität. Welche Bedeutung aber derartige Studiengänge im Konzert einer sich abzeichnenden stärkeren Ausdifferenzierung von Informatikprofilen haben werden, ist durchaus offen und wurde im Vortrag nicht thematisiert. Neben sich verändernden Fachanforderungen in der Datenmanagement-Ausbildung selbst, in der mit der Verfügbarkeit hoch skalierender verteilter Datensysteme ganz neue Architekturen eine Rolle spielen, steht etwa mit der Entwicklung einer Digital Humanities eine deutlich andere Sicht auf Data Analytics zur Diskussion. Die frühe "Abspaltung" der Wirtschaftsinformatik von einer (Kern)-Informatik ist dabei noch nicht einmal referenziert.

Genau letzteres wäre aber für eine etwas realitätsnähere Betrachtung des Gegenstands des Vortrags eine sehr fruchtbare Perspektive gewesen. Schließlich entsprang diese Abspaltung der frühen Wahrnahme eines Defizits der etablierten Informatikausbildung mit ihrer Konzentration auf technische Fragen des Datenmanagements, die praktische sozio-technische Bewegungsformen immer komplexerer IT-Systeme vor allem im betrieblichen Umfeld nicht ausreichend adressierten. Das Pendant von "Data Science" auf jener Schiene der Informatik heißt "Business Intelligence" und gehört ebenso zu den aufstrebenden, neu eingerichteten Studiengängen mit sehr praktischer Bedeutung. Eine deutlichere Einordnung der Entwicklungen mit einem solchen Gesichtspunkt käme auch dem in der Vorlesung entwickelten Technikbegriff wesentlich näher. Die enge Sicht auf Informatik als "Datenverarbeitung" bleibt dagegen noch hinter dem Technikbegriff der einschlägigen VDI-Norm zurück.

Im zweiten Vortrag ging es um die aktuellen politischen und medialen Auseinandersetzungen um Artikel 13 der EU-UrhG-Novelle.

Das Rechtssystem ist eine der großen kulturellen Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft. Es erlaubt, Interessengegensätze "zivilisiert" auszutragen, und hat dazu eine Menge von Normen und Institutionen entwickelt. Mit sich ändernden technisch-ökonomischen Bedingtheiten sind diese Normen und Institutionen zu befragen, ob sie unter den neuen Bedingungen noch die erforderliche Regulationskraft entwickeln oder welche Änderungen erforderlich sind. Eine solche Debatte mit sehr praktischen politisch-regulatorischen Konsequenzen ist (im Prinzip) im Spektrum der von diesen Interessengegensätzen Betroffenen zu führen.

Derartige Auseinandersetzungen um die rechtliche Ausgestaltung der "digitalen Gesellschaft" werden seit vielen Jahren intensiv geführt. Mit Blick auf die gesellschaftlichen Konsequenzen jener Auseinandersetzungen ist es medial allerdings auffallend ruhig. Einzig gelegentlich all zu krasse Fehlregulierungen führen zu einem medialen Massenaufschrei wie die DSGVO im Jahr 2018 und nun die EU-UrhG-Novelle. Charakteristisch für die medialen Massenproteste sind einmal ihre Kurzlebigkeit und zum anderen ihre Ahistorizität.

Beides trifft auch auf die Darstellung der Auseinandersetzungen um Artikel 13 der aktuellen EU-UrhG-Novelle im Vortrag zu. Der Fokus lag auf den Auseinandersetzungen um den unmittelbaren Abstimmungsprozess im EU-Parlament, wo die Messen bereits weitgehend gesungen waren – die Auseinandersetzungen um den genauen Wortlaut des Gesetzestextes und die Lobbyprozesse hinter den Kulissen hatten zu einem Kompromiss geführt mit der Alternative, diesen in einer Abstimmung zu befestigen oder aber aufzukündigen. Die in der medialen Auseinandersetzung ins Feld geführten Argumente sowohl der Befürworter als auch der Gegner von Artikel 13, die im Vortrag angeführt wurden, klingen deshalb reichlich naiv.

Als Befürworter kam Axel Voss zu Wort, EU-Abgeordneter der CDU im Rechtsausschuss und medial als "Vater der umstrittenen Urheberrechtsreform" tituliert. Als studierter Jurist zeigt er in den im Vortrag präsentierten Äußerungen wenig Differenzierung im Begriff "geistiges Eigentum", das rechtstheoretisch zum Persönlichkeitsrecht und nicht zum Sachenrecht gehört, in welchem Eigentumsrechte eigentlich kodifiziert sind. Dass Voss damit dennoch wohlfeile Argumentationsstereotype aufgreift, zeigt einmal mehr, um was es in der medialen Auseinandersetzung wirklich ging – nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Sachargumenten, sondern allein noch um die Frage, ob der Kompromiss prinzipiell politisch zu retten ist oder nicht. Das hing aber allein vom politischen Gewicht der kurzfristig entstandenen Protestbewegung ab, nicht von deren Argumenten. Im Gegenteil, Argumente waren allein zur politischen Mobilisierung gefragt, nicht mehr aber in der Sache selbst. Das lässt auch die eigentlich absurde Argumentation der Gegenseite in einem anderen Licht erscheinen, es "ginge nicht um Artikel 13, sondern um Uploadfilter".

In der Diskussion wurde versucht, die Kapitalgruppen genauer zu identifizieren, die um diese gesetzliche Regelung ringen. Das Argument von Axel Voss, dass es ihm um die vielen kleinen Kreativen ginge, die durch die urheberrechtlichen Praxen der großen Internetplattformen "enteignet" würden, kann nicht anders als scheinheilig qualifiziert werden, da diese Enteignung seit ein paar Jahrzehnten durch die große "Contentindustrie" auf der Basis von UrhG § 31 (3), also der "Vergabe" ausschließlicher Nutzungsrechte durch die Urheber, längst flächendeckend erfolgt.

Damit sind die zwei wesentlichen Kapitalgruppen auch schon identifiziert, zwischen denen die aktuelle Runde der Auseinandersetzung um urheberrechtliche Regelungen geführt wird – die Contentindustrie mit ihren auf dinglichen Nutzungsrechten am Content aufgebauten (alten) Geschäftsmodellen und die modernen Plattformindustrien mit ihren auf "Transaktionen zweiten Grades" (Schetsche 2006) aufbauenden Geschäftsmodellen der Zugänglichmachung von Content. Es ist zugleich eine Auseinandersetzung zwischen dem "alten" Europa, in welchem kaum eigenständige Player der neuen Plattformindustrie existieren, und der "Neuen Welt", wo die entsprechenden Auseinandersetzungen um veraltete Geschäftsmodelle der Contentindustrie seit Napster und Netflix bereits deutlich weiter vorangeschritten sind.

Die kritisierte Gesetzgebung zeigt die Rückständigkeit des "alten Europa" in den Auseinandersetzungen um die rechtliche Ausgestaltung des digitalen Wandels nicht so sehr in einer konkreten Rechtsfrage, sondern vielmehr in der politischen Unterstützung prinzipiell rückwärts gewandter Geschäftsmodelle, "whose talk of 'intellectual property' was nothing more than an attempt to retain unjustifiable privileges in a society irrevocably changing." (Moglen 2003)

Literatur:

Hans-Gert Gräbe, 30.06.2019


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