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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
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* Seminararbeit

Technik, Realität und Fiktion

Termin: 21. Mai 2019 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-13

Felix Galle: Cyber-Physical Systems und Industrie 4.0

Bianca Mey: Technikdarstellung in der Science Fiction

Ankündigung

Cyber-Physical Systems und Industrie 4.0

Industrie ist der Teil der Wirtschaft, welcher Komponenten und Güter hochgradig automatisiert fertigt. Die bisherigen industriellen Revolutionen brachten große Veränderungen in unseren sozialen und gesellschaftlichen Strukturen.

In diesem Vortrag werde ich mich mit der Industrie 4.0 und den Cyber-Physical Systems beschäftigen. Dabei gehe ich auf die Bedeutung des Begriffes Industrie 4.0 ein sowie auf den Bezug zu vorherigen industriellen Revolutionen. Weiterhin werde ich auf die Ziele und Implementierungsprinzipien eingehen und dabei die Cyber-Physical Systems näher erläutern.

Die ''Plattform Industrie 4.0'' muss sich vielen Herausforderungen stellen und hat weitgehende Auswirkungen nicht nur auf kommerzieller, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene. Nicht jeder ist dem Konzept der Industrie 4.0 gegenüber positiv gestimmt. Es gibt auch kritische Stimmen, die Ergebnisse und Koordination oder die Denkweise hinter dem Konzept Industrie 4.0 bemängeln. In meinem Vortrag werde ich positive wie auch potentiell negative Aspekte darstellen, um das Thema von beiden Seiten zu beleuchten.

Felix Galle 14.05.2019

Technikdarstellung in der Science Fiction

Schon immer haben sich Menschen die Zukunft vorgestellt und Geschichten über sie und ihre technologischen Entwicklungen geschrieben. Ich will einen Blick auf diese Technologien werfen, die in den Büchern beschrieben werden. Waren einige Autoren den realen Entwicklungen so nahe wie es scheint? Welche ehemals veröffentlichten „Spinnereien“ entsprachen reiner Zukunftsmusik und sind heute doch Realität? Konnte die Literatur die Technologieentwicklung beeinflussen?

Die Analyse beschränkt sich dabei auf die wissenschaftlich-technische Spekulationen. Philosophische Gedankengänge wie die Träume von der idealen Gesellschaft oder dystopische Ansätze wie bei Orwells 1984 und vielen anderen Werken werden nicht behandelt. Ich werde mich mit Science Fiction, mit Technikideen und deren möglicher und unmöglicher Umsetzung beschäftigen. Im Hauptteil des Vortrages werde ich beispielhaft einige ältere Autoren aufgreifen und deren Ideen vorstellen und analysieren. Woher hatte z.B. Jules Verne seine Ideen und wo steht er im Vergleich zu den Entwicklungen bis hin zur Gegenwart? Was ist wahr und geworden was ist weiterhin Fiktion? Welche diese Entwicklungen scheinen noch möglich? Welchen Ausblick geben uns dann zeitgemäße Bücher für die Zukunft?

Bianca Mey, 20.05.2019

Anmerkungen

Im Zentrum des Vortrags zu Industrie 4.0 stand das mit diesem Begriff im gesellschaftlichen Mainstream entwickelte Bild der mit dem digitalen Wandel einhergehenden technischen Veränderungen und Herausforderungen. Die Probleme derartiger Beschreibungsformen auf dem Hintergrund oft irrationaler Weltbilder oder fragwürdiger Menschenbilder hatten wir schon mehrfach thematisiert. Im konkreten Gegenstand ist die enge Verquickung derartiger Bilder mit praktischen Vollzugsformen des digitalen Wandels einer "Industrie 4.0" zu beachten und zu berücksichtigen (etwa im praktisch-politischen Handeln des entsprechenden Industrieverbands) sowie dabei auch zu fragen, in welchem Umfang und welcher Geschwindigkeit praktisch nicht bewährte Beschreibungsformen abgelöst werden. Eine solche Differenz zwischen Visionen und praktischen Realisierungen, die Hegel als "Ironie des Schicksals" bezeichnet ( Engels: "dass die Leute, die sich rühmten, eine Revolution gemacht zu haben, noch immer am Tag darauf gesehen haben, dass sie nicht wussten, was sie taten, dass die gemachte Revolution jener, die sie machen wollten, durchaus nicht ähnlich sah."), sollten sich bei der Geschwindigkeit des sich vollziehenden technologischen Wandels in der ideengeschichtlichen Betrachtung bereits kurzer Zeiträume manifestieren.

So weit ging der Vortrag allerdings nicht, denn er beschränkte sich – akademisch durchaus redlich – auf die Darstellung eines begrifflichen Status quo im Mainstream der aktuellen Debatte mit Konzepten wie

  • virtuelle Bilder der realen Welt,
  • Visualisierung von Daten,
  • digital unterstützte dezentrale Entscheidungssysteme.
Auffällig ist dabei die hohe Verdinglichung entsprechender Beschreibungsformen (als "virtuelle Bilder" oder "Daten") und Entscheidungsstrukturen, die bereits (Weizenbaum 1977) fundamental kritisiert hat. Die scheinbar noch einmal gesteigerte "Objektivität" von durch Sensoren erfassten Daten verstellt allerdings den Blick darauf, dass die Selektivität der Auswahl genau jener Erfassungsdaten von Menschen erdacht wurde. In der Diskussion wurde deutlich, dass für eine Qualifizierung der Argumentation die Beschreibungsformen genauer in ihrer historischen Entwicklung betrachtet werden müssten und dabei ein Bezug zu den in der Vorlesung kritisch entwickelten Begriffen Technik und Daten hergestellt werden sollte, um zum Beispiel der Falle einer entpersonalisierten Betrachtung von "Daten als neuem Rohstoff" zu entgehen.

Vollkommen unplausibel war die Einordnung des Begriffs Industrie 4.0 in eine Phalanx industrieller Revolutionen, nachdem im Rest des Vortrags bereits herausgearbeitet worden war, dass es sich dabei vor allem um produktionsorganisatorische Veränderungen handelt. Allerdings ist auch hier dem Vortragenden höchstens anzulasten, dass er keine kritische Distanz zu selbst den eklatantesten logischen Widersprüchen der im Mainstream gern und in vielen Varianten erzählten "Industriegeschichte" eingenommen hat. Siehe dazu (Naetar 2005), (Gräbe 2013) und (Gräbe 2015).

  • Hans-Gert Gräbe: Lange Wellen und globale Krise. In Sozialgeschichte online 11/2013.
  • Hans-Gert Gräbe: Anmerkungen zum Vortrag "Big Data, Industrie 4.0 und Co. - Wie sich die Welt verändert" von Prof. Dr.-Ing. Peter Liggesmeyer am 11.06.2015 an der Uni Leipzig.
  • Franz Naetar: "Commodification", Wertgesetz und immaterielle Arbeit. Grundrisse, Heft 14 (2005) 6-19.
  • Joseph Weizenbaum: Macht der Computer und Ohnmacht der Vernunft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977.
Der Vortrag Technikdarstellung in der Science Fiction hatte sich zum Ziel gesetzt, ein genaueres Verständnis des Verhältnisses von Technikprognose und Science Fiction zu gewinnen. Methodisch wurde dabei eher exemplarisch vorgegangen und auf folgende Werke mehr oder weniger detailliert eingegangen: In der Diskussion stand zunächst die Auswahl der Beispiele selbst im Vordergrund sowie die Frage, ob Science Fiction überhaupt ein tragfähiger Gattungsbegriff ist für einen Blick auf Technikentwicklung oder hier nicht vielmehr deutlicher zwischen den Motiven der Autoren zu unterscheiden ist, zu welchen – meist gesellschaftskritischen – Zwecken sie Technikentwicklung antizipieren und in welchem Umfang diese Zwecke selbst als selektive Filter wirken.

Deutlich wurde in der Diskussion auch eine weitere Gemeinsamkeit der Beispiele – ein gegenüber der Vorlesung extrem enger Technikbegriff, der sich auf die instrumentelle Verfügbarkeit konkreter Artefakte fokussiert, mit deren Hilfe konkrete "fiktionale" (dies durchaus im Sinne der in der Vorlesung eingeführten Bedeutung dieses Begriffs) Praxen möglich werden. In dem Zusammenhang kam auch die Frage auf, ob derartige Betrachtungen nicht besser unter dem Gattungsbegriff "Spekulative Fiktion" als dem der Science Fiction aufgehoben seien.

Umfassendere technisch geprägte gesellschaftliche Vollzugsformen, die in den meisten der hier gelisteten Bücher durchaus eine Rolle spielen und die bei anderen bedeutenden SF-Autoren wie Stanislaw Lem, den Strugatzki-Brüdern oder Isaac Asimov in den Mittelpunkt der literarischen Konzeption rücken, blieben außer Betracht und damit auch der grundlegende sozio-technische Gedanke der Koevolution von Technikstrukturen, Kulturstrukturen und Gesellschaftsstrukturen, wie er etwa auch in den kritischen akademischen Betrachtungen von Donna Haraway vorgetragen wird.

Hans-Gert Gräbe, 01.06.2019


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