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* Seminararbeit von Sascha Ebert: Free Software Foundation Europe und Lobbyismus

Die Free Software Foundation Europe und ihre Aktivitäten.

Termin: 9. Juni 2015, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-10

Thema: Die Free Software Foundation Europe und ihre Aktivitäten.

Vortrag und Diskussion mit Norbert Martin Lang, Sascha Ebert und Paul Heyde.

Ankündigung

Nachdem 1985 die Free Software Foundation (FSF) von Richard Stallman zur Förderung von freier Software und der Manifestation der damit verbundenen "radikalen" Grundhaltung zu freier Software gegründet wurde, kam es 2001 auch zur Gründung der Free Software Foundation Europe (FSFE) als unabhängige, europäische Schwester-Organisation der FSF. Die Leitidee von "freier Software" wird im Referat zunächst klar definiert und mit diesem Wissen die Ziele und Arbeit der FSFE erläutert. Dies soll im weiteren Verlauf den Brückenschlag zu abstrakten Themen wie u.a. "Kontrolle über Technik" und "Technik und Vertrauen" liefern.

Norbert Martin Lang, Sascha Ebert und Paul Heyde, 2.6.2015

Anmerkungen

Freie Software hat in den 30 Jahren seit dem ersten Gebrauch dieses Begriffs durch Richard Stallman im Jahre 1984 einen hohen gesellschaftlichen Durchdríngungsgrad erreicht. Dies zeugt von einer enormen Dynamik eines der zentralen Entfaltungsprozesse des "digitalen Zeitalters". Die Facetten dieses Entfaltungsprozesses in seinen historischen Dimensionen genauer zu beleuchten ist deshalb ein wichtiges Moment für ein vertieftes Verständnis dieser Wandlungsprozesse.

Geschichte erscheint auch im Zeitalter schriftlicher Überlieferungen an der Oberfläche immer noch als Sammlung von Geschichten, als "große Stories", die man sich heute über jene glorreichen Zeiten erzählt. Entsprechend viele Mythen über die Gründerjahre der Freien Software Bewegung sind im Umlauf. Besonders erstaunt mich dabei, dass diese Mythen geringe Halbwertzeiten zu haben scheinen, da die Mythen von heute, wie sie etwa im Seminar vorgetragen wurden, wenig bis gar keine Anknüpfungspunkte haben zu jenen Mythen, welche über dieselben Prozesse noch vor fünf Jahren in vergleichbarem Kontext eines studentischen Seminars zum Vortrag kamen. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass im Gegensatz zu den Heldenepen vergangener Zeiten in jenen Mythen – von ein paar Gründervaterfiguren wie Richard Stallman oder Linus Torvalds abgesehen – kaum Personen vorkommen, sondern Artefakte und Strukturen sich auf eine sonderbare Weise "von selbst" entwickelt zu haben scheinen, fast könnte man den Einfluss einer "göttlichen Vorsehung" vermuten.

Für mich, der bei einigen dieser Entwicklungen "dabei war", ist immer wieder erstaunlich, welch geringe Rolle in jenen heutigen Mythen und auch in Vortrag und Diskussion unseres Seminars die intensiven Selbstreflexionsprozesse der damals Beteiligten spielen, die ja – wenn auch nicht ganz mühelos; Google sucht eher das Neue – noch immer im Netz zugänglich sind, und durch welch kurzschlüssige Argumentationen sie ersetzt werden.

Dies betrifft mit der Free Software Foundation Europe (FSFE) auch den Gegenstand des Seminars. Die FSFE wurde im Gegensatz zu ihrem amerikanischen Pendant FSF erst 2001 gegründet, als die erste große Welle einer kommerziellen Verwertung Freier Software wesentliche Verschiebungen auch in den begleitenden "Religionen" verursachte. Dies wird in den Debatten jener Zeit um die Etablierung eines Begriffs "Open Source Software" deutlich, der damals zunehmend neben den bereits gut etablierten Begriff "Freie Software" rückte und gerückt wurde. Mit diesem neu geprägten Begriff bezweckten und betrieben dessen Proponenten vor allem eine stärkere Öffnung dieser besonderen Art, Softwareentwicklungsprozesse zu organisieren, hin zur praktischen Einbindung in umfassendere bürgerlich-kapitalistische produktionsorganisatorische Prozesse.

Diese Aspekte kamen leider weder im Vortrag noch in der Diskussion zum Tragen. Statt dessen blieb das Erstaunen groß, mit der FSFE eine offensichtlich zahlenmäßig kleine, aber schlagkräftige und auskömmlich finanzierte Truppe vor sich zu haben, die sich vor allem politischem Lobbying auf europäischer Ebene verschrieben zu haben scheint, um damit Einfluss auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen für die weitere Entfaltung Freier Software zu nehmen. Dafür wurden mit einem nach deutschem Recht organisierten und registrierten "eingetragenen Verein (e.V.)" entsprechend "profane" bürgerlich-organisationsrechtliche Strukturen aufgebaut, die den hehren Zielen der "Bewegung" – wenigstens, wenn man die breit gestreuten Mythen als Grundlage und für bare Münze nimmt – zuwiderzulaufen scheinen.

Die Differenzen sind mit Händen zu greifen, allein die Auflösung – die Einbettung der FSFE als ein kleiner Baustein eines komplexen ökonomischen, sozialen, rechlichen und politischen Prozesses der Etablierung und Einbindung eines neuen Produktionsparadigmas in die gesamtgesellschaftliche (bürgerlich-kapitalistische) Produktionsorganisation – hier im weitesten Sinne verstanden – gelingt auch in Ansätzen nicht.

Hans-Gert Gräbe, 17.06.2015


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