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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2014-12-09


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* [2] http://www.open.ac.uk/about/main/mission, http://www.open.ac.uk/about/main/strategy/teaching-­learning‐ou
* [2] http://www.open.ac.uk/about/main/mission, http://www.open.ac.uk/about/main/strategy/teaching-­learning-ou

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Akademisches Lernen hat über den Wissenserwerb hinaus allerdings noch das Ziel, formale Bildungszertifikate zu erwerben. An dieser Stelle setzen viele digitale Angebote großer Universitäten, gerade im Bereich der MOOCs, ein und bieten Personen, die entsprechende Kenntnisse autodidatisch oder mit geringer Unterstützung der jeweiligen Einrichtung erworben haben, die Zertifizierung dieser Leistung an. Aber auch dieser Spagat akademischer Einrichtungen zwischen Wissensvermittlung und Kommerz ist nicht neu, sondern findet im digitalen Zeitalter allein in neue Formen.
Akademisches Lernen hat über den Wissenserwerb hinaus allerdings noch das Ziel, formale Bildungszertifikate zu erwerben. An dieser Stelle setzen viele digitale Angebote großer Universitäten, gerade im Bereich der MOOCs, ein und bieten Personen, die entsprechende Kenntnisse autodidaktisch oder mit geringer Unterstützung der jeweiligen Einrichtung erworben haben, die Zertifizierung dieser Leistung an. Aber auch dieser Spagat akademischer Einrichtungen zwischen Wissensvermittlung und Kommerz ist nicht neu, sondern findet im digitalen Zeitalter allein in neue Formen.

Open University

Termin: 9. Dezember 2014, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-12

Thema: Open University. Vortrag und Diskussion mit Henrik Unrath

Ankündigung

Sucht man bei Google nach „open university“ wird man zunächst von dem Ergebnis überrascht sein. Handelt es sich doch bei der Open University um die größte Fernuniversität Großbritanniens, welche bereits 1968 gegründet wurde und heute circa 200.000 Studierende zählt. [1] Schaut man sich nun auf der Homepage der Universität um, fällt einem auf, dass auch dort Begriffe auftauchen, die einem inzwischen sehr bekannt vorkommen. Die Rede ist von Open Access, Open Learning, offenen Methoden und offenen Ideen. [2]

In diesem Referat soll jedoch nicht die Geschichte oder Bedeutung dieser britischen Institution behandelt werden, sondern die Idee, das Wissen neu zu verteilen und dabei etablierte Strukturen aufzubrechen. Im Zentrum stehen Projekte wie die „University of the People“ (UoP), die zur Zeit einzige akkreditierte Online-Universität [3] oder so genannte MOOCS (Massive Open Online Courses). Die UoP, als auch das Auftreten immer neuer MOOCS-Plattformen wie Coursera oder Udacity, die für jeden zugängliches „Wissen“ bereitstellen, lassen die Überlegung zu, über eine revolutionäre Absicht der Akteure zur Neugestaltung gesellschaftlicher Strukturen nachzudenken.

Dabei ist zunächst zu klären, was Wissen überhaupt ist. Welche Bedeutung wird dem Wissen in unserer heutigen Gesellschaft zugemessen und wie ist es heute verteilt?

Weiterhin soll das Selbstverständnis derer, welche diese Dienste anbieten, begutachtet und hinterfragt werden. Welchem Zweck dient das Angebot, handelt es sich um ein kommerzielles oder ideelles Produkt? Kann man hier von einem revolutionären Anspruch sprechen oder handelt es sich dabei dem Verständnis nach eher um kommerzielle Angebote, mit denen Geld verdient werden soll?

Den Schluss soll eine Diskussion darüber bilden, welche Möglichkeiten bestehen, die Welt durch den Einfluss digitaler Technologien zu verändern.

Henrik Unrath, 2.12.2014

Anmerkungen

Mit Blick auf die verschiedenen Aspekte von "Open" einer Open Culture stellte sich der Referent die Frage, wie das Konzept einer Open University aussehen müsste und ob es solche Einrichtungen vielleicht schon gibt.

Eine erste Webrecherche nach diesem Suchwort fiel ernüchternd aus, denn sie führte allein zu einer 1969 in England gegründeten Universität, also zu einer Einrichtung, die lange vor den heute prägenden Debatten um Open Source, Open Knowledge und Open Culture gegründet wurde.

Ein zweiter Versuch der Annäherung erfolgte über die Webseite Open Definition, deren Ziel eine tragfähige Definition des Begriffs "Open Knowledge" ist.

The Open Definition makes precise the meaning of "open" with respect to knowledge, promoting a robust commons in which anyone may participate, and interoperability is maximized.
Summary: Knowledge is open if anyone is free to access, use, modify, and share it — subject, at most, to measures that preserve provenance and openness.

In dieser Definition geht es primär um die Konditionen für einen freizügigen Zugang zu entsprechenden Materialien und Artefakten in ihrer rechtstechnischen (Open License), zugangstechnischen (Open Access) und verarbeitungstechnischen (Open Format) Dimension.

Nicht gerade als "Open University", aber als "Massive Open Online Courses" (MOOCs) oder "Open Educational Resources" (OER) spielen Aspekte des Offenen in Diskussionen um die Zukunft von (akademischen) Lehr- und Lernprozessen im digitalen Zeitalter eine wichtige Rolle. Das Konzept "Universität" löst sich dabei zunächst in eine Menge subcurricularer Angebote auf, in denen Universität nicht mehr als Institution präsent ist, sondern als einer von vielen Dienstleistern und Anbietern passgerechter Bildungsbausteine.

Derartigen Schwerpunktverschiebungen versuchen Universitäten mit einer Schärfung des Fokus von Weiterbildungsangeboten zu begegnen, die allerdings auf den ersten Blick und zumindest aus Kostenperspektive nicht zu "Open" zu rechnen sind. MOOCs operieren ebenfalls in diesem Spektrum zwischen "supervised learning", autodidaktischen Lernformen und "blended learning" und experimentieren mit neuen Formen eines begleiteten Lernens.

In der Diskussion stand die Frage im Mittelpunkt, was eigentlich universitäre Lehr- und Lernprozesse auszeichnet und was billigerweise von der Offenheit akademischer Lehrangebote zu erwarten ist. Ist "Open University" ein Pleonasmus wie der "weiße Schimmel", weil Universitäten, zumindest die öffentlich finanzierten, schon immer den drei Aspekten Open License, Open Access und Open Format wenigstens für die von ihren Absolventen "weggetragenen Wissensschätze" verpflichtet waren? Open Knowledge als Basis für freizügig zugängliche Lehrmaterialien verbessert sicher die Möglichkeiten für autodidaktisches Lernen, aber existieren Universitäten und andere Lehreinrichtungen nicht gerade um der Vorteile eines gemeinsamen Lernens willen?

Gemeinsames Lernen erfordert zunächst einmal eine gewisse Homogenität der Lernenden in Zielen und Voraussetzungen, um gemeinsame Wissenserwerbsprozesse überhaupt organisieren zu können. Gemeinsames Lernen als Lehrprozess geht darüber hinaus von einem Wissensgefälle zwischen unterweisendem und unterwiesenem Personal aus, in dem mit fachlichen und didaktischen Mitteln die Wissenserwerbsprozesse in der Gruppe mit deutlich geringerem Aufwand im Vergleich zu autodidaktischem Lernen organisiert werden können.

Neue digitale Möglichkeiten mögen zwar die Illusion erneut stärken, diese Organisationsprozesse "programmierten Lernumgebungen" und damit Automaten übertragen zu können. Der graduelle Unterschied zu "programmierten Lehrmaterialien" in Papierform bezieht sich vor allem auf die Möglichkeiten, eine (noch) größere Anzahl von möglichen Lernwegen bereitzuhalten. Derartige Visionen lassen sich bis in die Anfänge des Computerzeitalters zurückverfolgen, ohne dass sie bisher – jenseits neuer didaktischer Werkzeuge – ein nennenswertes Eigenleben entwickelt hätten. Offensichtlich sind die Vorteile dieser Form des unterstützten autodidaktischen Lernens gegenüber Formen des autodidaktischen Lernen, in denen von der großen Auswahl von Texten im Internet selbstbestimmt Gebrauch gemacht wird, nicht überzeugend.

Eher sind es die Herausforderungen einer größeren Heterogenität von Lernergruppen, vor denen traditionelle akademische Vermittlungsformen stehen. Heterogenität und Interdisziplinarität erfordern neue Lehr- und Lernformen, welche diese aufnehmen und produktiv in gemeinschaftliche Lernprozesse wenden. Derartige seminaristische Lehrformen haben eine lange akademische Tradition, geraten aber in einer Massenuniversität zunehmend unter die Räder. Auch hier ist das Neue also oft das gut vergessene Alte.

Akademisches Lernen hat über den Wissenserwerb hinaus allerdings noch das Ziel, formale Bildungszertifikate zu erwerben. An dieser Stelle setzen viele digitale Angebote großer Universitäten, gerade im Bereich der MOOCs, ein und bieten Personen, die entsprechende Kenntnisse autodidaktisch oder mit geringer Unterstützung der jeweiligen Einrichtung erworben haben, die Zertifizierung dieser Leistung an. Aber auch dieser Spagat akademischer Einrichtungen zwischen Wissensvermittlung und Kommerz ist nicht neu, sondern findet im digitalen Zeitalter allein in neue Formen.

Also wenig wirklich Neues im akademischen Sektor. Dennoch oder gerade darum stehen Universitäten an vorderster Front, wenn es um die Durchsetzung von Open Culture geht – die Freizügigkeit des Zugangs zu den Wissensressourcen der Menschheit ist ein zentraler Baustein der Voraussetzungen, unter denen sie ihren öffentlichen Bildungs- und Forschungsauftrag nur erfüllen können.

Hans-Gert Gräbe, 4.1.2013


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