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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2011-01-17


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* Seminararbeit

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Internetzeitalter - Aufgaben und Finanzierung

Termin: Montag, 17.01.2011, 17.15 Uhr

Ort: Uni Leipzig, Universitätsstraße 7, Seminargebäude, Raum 1-10

Fabian Externbrink

Ankündigung

Im Prozess des Wandels hin zu einer digitalen Gesellschaft mit vollkommen neuen Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten steht die Frage der Stellung klassischer Medien, darunter insbesondere der Aufgaben eines - öffentlich-rechtlich, also mit des Bürgers Geldern, finanzierten - öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) neu. Die Wogen schlagen in vielen Richtungen hoch, etwa

  • beim Einsammeln des Geldes - statt Steuern wird eine an "vorgehaltenen Empfangsgeräten" orientierte personengebundene Abgabe durch eine halbstaatliche Einrichtung (GEZ) eingetrieben;
  • beim Definieren von "Empfangsgeräten" - jeder Computer und jedes Handy zählen inzwischen dazu;
  • beim Versuch des Umstiegs auf eine "Umlage auf Haushalte" - ohne dass es überhaupt eine juristisch genaue Definition dieses Begriffs gibt;
  • bei der Bestimmung der Höhe der zu erhebenden Beiträge, um den ÖRR auskömmlich zu finanzieren;
  • bei der Frage, was der ÖRR mit diesem Geld überhaupt machen darf - die Inhalte der Internet-Präsenzen von ARD und ZDF sind ein Dauerbrenner;
Welche Interessen und Akteure treffen hierbei aufeinander, welche Interessenkonflikte und Eigendynamiken sind zu beobachten und wie artikuliert sich der Grundkonflikt zwischen Eigentum und Freiheit in diesem Gebiet? Darüber wird in diesem Seminartermin zu sprechen sein.

Hans-Gert Gräbe, 12.01.2011

Anmerkungen

Der Schwerpunkt des Vortrags und der anschließenden Diskussion lag auf zwei Themen:

  1. der Diskussion um Reichweite und Grenzen des öffentlichen Auftrags des ÖRR und
  2. der Diskussion um die Finanzierung dieses Angebots
Zu 1. stellte der Referent die historische Genese der heutigen Verfassung des dualen Rundfunks dar. Die enge Verflechtung von Staat und großer Wirtschaft (Stinnes-Konzern) im Medienbereich der Weimarer Republik, die Rolle, welche diese Verflechtung beim Aufstieg Hitlers gespielt hat und schließlich die Gleichschaltung aller Medien nach 1933 ließen die Architekten des Grundgesetzes eine deutliche Staatsferne des ÖRR ins Grundgesetz (GG Art. 5) schreiben. Rundfunk ist in der bundesdeutschen föderalen Struktur über dies Ländersache und wird durch Rundfunkstaatsverträge bestimmt. In der Fortschreibung dieses Staatsvertrags manifestieren sich die "Waffenstillstandslinien" der Auseinandersetzungen um die politische Gestaltung der Medienlandschaft und insbesondere der Landschaft der digitalen Medien. Der Referent erläuterte Inhalte und Hintergründe der 12., 13. und 14. Änderung dieses Vertrags. In der Diskussion wurde neben den beiden Komponenten ÖRR und große Privatsender auch noch die Frage der Bedeutung und Finanzierung von Bürgerradios aufgeworfen, die gerade im digitalen Zeitalter an Bedeutung gewinnen, ohne bisher Fürsprecher zu haben, die diese Entwicklungen in den Kontext des genannten GG-Artikels setzen.

Dieser historische Rahmen erklärt die Quelle der unter 2. diskutierten Staatsferne der Finanzierungsstruktur des ÖRR. Zunächst erläuterte der Referent, dass viele Probleme in diesem Bereich, die gern mit der GEZ in Verbindung gebracht werden, gar nicht zu deren Zuständigkeitsbereich gehören Dies betrifft sowohl die Höhe als auch die Modalitäten der Gebührenfestlegung und auch Ausgestaltung der Finanzierung des ÖRR über Gebühren überhaupt. Die klassisch als "Geräteabgabe" konzipierte Erhebungsbasis ist im Zeitalter digitaler Multifunktionsgeräte bereits arg unter Druck geraten. Der Versuch, dies GG-konform durch eine - staatsfern zu erhebende - steuerartige "Haushaltsabgabe" zu ersetzen, wirft seinerseits eine Unmenge von rechtlichen Problemen auf. An der Stelle wird deutlich, dass die grundgesetzlich postulierte Staatsferne zweischneidig ist - bedeutet die damit verbundene Verwaltungsnähe doch zugleich ein Ungleichgewicht in der Teilung der Gewalten zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung. Entsprechend ist der Durchgriff der langjährig in den Verwaltungsstrukturen verankerten "großen Volksparteien" (drastisch auch schon mal als "Filz" bezeichnet) auf die praktische Ausgestaltung des ÖRR. Viele Fragen, die nahe legen zu hinterfragen, ob die klassische Interpretation von Art. 5 GG im digitalen Zeitalter noch tragfähig ist und nicht eine Staatsnähe in Finanzierungsfragen mit einer Staatsferne in inhaltlichen Fragen eine zeitgemäßere Interpretation wäre. Die Nähe dieser Fragen zu denen einer Kulturflatrate wurde in der Diskussion kurz angerissen.

Hans-Gert Gräbe, 23.01.2011


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