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Hans Gert Graebe / Leipziger Gespraeche /
2018-07-13


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Die Reihe der Interdisziplinären Gespräche am Institut für Informatik wird unterstützt vom Institut für angewandte Informatik (<n>InfAI?</n>), von LIFIS - Leibniz-Institut für Interdisziplinäre Studien, dem MINT-Netzwerk Leipzig sowie der Research Academy Leipzig.
Die Reihe der Interdisziplinären Gespräche am Institut für Informatik wird unterstützt vom Institut für angewandte Informatik (<n>InfAI?</n>), von LIFIS - Leibniz-Institut für Interdisziplinäre Studien, dem MINT-Netzwerk Leipzig sowie der Research Academy Leipzig.

13. Interdisziplinäres Gespräch "Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz"

Das

13. Interdisziplinäre Gespräch: Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz

bildet den Höhepunkt und Semesterabschluss des Moduls "Kreativität und Technik".

Termin: 13. Juli 2018, 10–16 Uhr
Ort: Research Academy Leipzig, Wächterstraße 30, 04107 Leipzig

Mit diesem interdisziplinären akademischen Gespräch wird die im Herbst 2011 begonnene Reihe akademischer Reflexionen über die Umbrüche unserer Zeit fortgeführt.

Die Reihe der Interdisziplinären Gespräche am Institut für Informatik wird unterstützt vom Institut für angewandte Informatik (InfAI), von LIFIS - Leibniz-Institut für Interdisziplinäre Studien, dem MINT-Netzwerk Leipzig sowie der Research Academy Leipzig.

Links:

Anliegen

Was ist "künstliche Intelligenz"? Diese Frage hat und schon vielfach beschäftigt. Dem alten Turingschen Ansatz der Unterscheidbarkeit von menschlichem und maschinellem Handeln durch einen geeignet elaborierten Fragenkatalog ist mit der Allgegenwart von persönlichen digitalen Assistenten ("Alexa, sag mir bitte ...") und Social Bots die praktische Grundlage längst entzogen. René Dralle versuchte sich im Seminar am 03.05.2018 mit einer Reduktion auf die "technische Nachbildung von Funktionen des menschlichen Gehirns". In der Diskussion ebenda wurde deutlich, dass auch dieser Zugang mit Blick auf die praktischen Erscheinungsformen dessen, was heute unter dem Begriff "künstliche Intelligenz" subsumiert wird, nicht trägt, denn IBM Watson, der Google Knowledge Graph, Amazons Alexa, Microsofts Cortona usw. begründen sich fundamental im kooperativen und kollektiven Sachverstand einer vernetzten Menschheit und nicht in den Fähigkeiten von Einzelindividuen. Eines wurde in der Diskussion von Dralles Ansatz aber deutlich – die Fokussierung auf das maschinelle Prozessieren von Daten, die Hypertrophierung des Algorithmen- gegenüber dem Datenbegriff und generell ein von der Architektur des von Neumann Rechners geprägtes Bild von Informatik stehen auf dem Prüfstand.

Klaus Mainzer – unser Gast zum 10. Interdisziplinären Gespräch im Januar 2016 – schlägt in [3] eine andere Arbeitsdefinition vor:

Ein System heißt intelligent, wenn es selbstständig und effizient Probleme lösen kann. Der Grad der Intelligenz hängt vom Grad der Selbstständigkeit, dem Grad der Komplexität des Problems und dem Grad der Effizienz des Problemlöseverfahrens ab.

Mainzer tritt damit einen Schritt zurück und versucht, von einer technologisch geprägten Begriffsdefinition Abstand zu gewinnen zugunsten einer solchen, die auf Spezifika praktischer Einsatzformen wie "Autonomie", "Selbstständigkeit", "Effizienz" und "Komplexität" orientiert.

Peter Brödner [1] kritisiert auch einen solchen Zugang und weist darauf hin, dass Mainzers Begriffe (ohne allerdings Mainzers Text explizit zu referenzieren), wenig geeignet sind, den wachsenden Vernetzungsgrad produktiver Praxen zu fassen, der sich gerade in der ungeheuren Verdichtung vernetzter Beschreibungsformen und deren computertechnischer Prozessierung manifestiert, der Blick also verstärkt auf die "Prinzipien der Organisationsentwicklung" (ebenda, S. 180) zu richten seien, ein alter Ansatz, der die Debatten seit den 1960er Jahre begleitet, siehe etwa [2].

Neben Beschreibungsformen von Vernetzungen sind aber auch Beschreibungen der Erfahrungen mit realen Vernetzungspraxen von Interesse. Die Diskussion über eine solche Perspektive soll durch einen weiteren Impulsbeitrag angestoßen werden.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Begriff für unsere Interdisziplinären Gespräche und wurde gerade im letzten Interdisziplinären Gespräch am 02.02.2018 im Kontext "technischer Ökosysteme" sehr kontrovers diskutiert. Mit dem neu aufgelegten Bundesprogramm eines Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung des UNESCO-Weltaktionsprogramms "Bildung für nachhaltige Entwicklung" werden Bemühungen der UNO-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" (2005-2014) fortgeführt, den Nachhaltigkeitsansatz stärker in der öffentlichen Debatte zu verankern. Unsere Diskussionen zeigen allerdings, dass es dabei nicht nur um die Verbreitung wohlfeiler, längst etablierter Begrifflichkeiten und Zusammenhänge gehen kann, sondern sich diese Begrifflichkeiten und Zusammenhänge selbst auf dem Hintergrund neuer praktischer Erfahren bewähren müssen und zu modifizieren sind.

Dazu wollen wir auch mit diesem Interdisziplinären Gespräch einen Beitrag leisten.

  • [1] Peter Brödner: Die dritte Welle der automatischen Fabrik – Mythos und Realität semiotischer Maschinen. In: G. Banse, U. Busch, M. Thomas (Hrsg.): Digitalisierung und Transformation. Industrie 4.0 und digitalisierte Gesellschaft. Abhandlungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften Band 49, Berlin 2017, 165-184. ( pdf)
  • [2] Klaus Fuchs-Kittowski: Wissens-Ko-Produktion. Verarbeitung, Verteilung und Entstehung von Informationen in kreativ-lernenden Organisationen. In: Christiane Floyd, Christian Fuchs, Wolfgang Hofkirchner (Hrsg.): Stufen zur Informationsgesellschaft. Festschrift zum 65. Geburtstag von Klaus Fuchs-Kittowski. Peter Lang-Verlag, Frankfurt 2002. ( pdf)
  • [3] Klaus Mainzer: Künstliche Intelligenz – Wann übernehmen die Maschinen? Springer Berlin Heidelberg, 2016.
Anmerkungen

Was ist künstliche Intelligenz? Peter Brödner strich in seinem Vortrag den zirkulären Charakter der einschlägigen Definitionen heraus, die das Thema in den letzten 70 Jahren seit John McCarthys legendärer Dartmouth Konferenz im Jahre 1955 begleitet haben. Die Definitionen reiben sich an Vorbildern wie "natürliche Intelligenz" oder "the mind" und damit spezifischen Wirklichkeitsvorstellungen, deren historisch-konkrete Genese zu untersuchen wäre, um Bedingtheiten solcher Vorstellungen besser zu verstehen. Augenfällig ist – 500 Jahre nach dem Ende des geozentrischen Weltbilds – die Perpetuierung eines eigentümlich anthropozentrischen Weltbilds, das eigentlich schon mit der dritten narzisstischen Kränkung der Menschheit durch Darwin und Freud obsolet sein sollte.

Wir waren uns deshalb schnell einig, dass die Phänomene, die unter dem Buzzwort "KI" nun bereits in einer dritten Welle (nach den frühen Überlegungen in den 1960er Jahren und denen eines "computer integrated manufacturing" der 1980er Jahre) zusammengefasst werden, systemische Phänomene sind und nur aus einer kooperativen Perspektive heraus sinnvoll besprochen werden können. Aus einer solchen Perspektive ist aber vollkommen klar, dass Deep Blue irgendwann einmal gegen Kasparov gewinnen musste, stand doch die gemeinschaftliche Intelligenz aller Entwickler rund um die Maschine gegen die vereinzelte "natürliche Intelligenz" des Schachgenies. Warum aber wurde um diese Trivialität so viel Aufhebens gemacht? Ein Auto fährt ja auch schneller als ein Mensch laufen kann, und sei es der beste Sprinter – es ist selbst dem "technisierten" Menschen überlegen, der zu diesem Fortbewegungszweck ein entsprechend abgerichtetes Pferd verwendet. Was also soll das Ganze und warum sollen menschliche Individualsubjekte auf einmal in den Wettstreit treten mit künstlichen Geschöpfen, die genau zu dem Zweck erdacht wurden, den angeborenen menschlichen Fähigkeiten in einzelnen Aspekten überlegen zu sein und damit menschliches Handlungsvermögen zu erweitern? Die Gründe für die Perversität der "Mythen" und die "Etikettenschwindel" einer solchen Debatte kamen auch diesmal nur ansatzweise auf die Agenda.

Viel wichtiger war uns, positive Ansätze für eine Theorie kooperativer Prozesse zusammenzutragen, die von einem soliden Technikverständnis ausgeht und auch die Entwicklung produktionsorganisatorischer Praxen nicht aus dem Auge verliert, in denen technologische Entwicklungen gesellschaftsmächtig werden. Brödner plädierte mit Donald A. Norman dafür, das unhaltbare Geschwafel über AI (artificial intelligence) durch IA (intelligence amplification) abzulösen – die neuen Dinge nicht als "smart things" zu betrachten, sondern als "things that make us smart". Allerdings ist auch ein solcher Zugang unterkomplex, da es nicht mehr (nur) darum gehen kann, dass die vereinzelten Individualsubjekte "smart" werden, sondern die technosozial ge- und verbundene Menschheit als Ganzes, wie dies Wladimir Iwanowitsch Wernadski, einer der letzten großen Universalgelehrten, mit seinem Noosphärenansatz bereits in den 1920er Jahren aufgegriffen hat.

Eine zentrale Frage einer solchen Unternehmung ergibt sich allerdings aus dem Widerspruch der Vielfalt von Interessen und Zwecksetzungen individueller und kooperativer Subjekte (der "Multitude"?) und der Einheit der einen globalsingularen Welt. Dieses Problem des "Turmbaus zu Babel" hat jede zukünftige Gesellschaft zu lösen, egal, ob sie auf den Fundamenten von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" aufgebaut ist oder als "Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist". Die globalen Herausforderungen eines Anthropozäns lassen sich von einer sich gegenseitig bekriegenden Menschheit (und seien es auch "nur" Handelskriege) nicht lösen.

Hans-Gert Gräbe, 14.07.2018

Ablauf

Impulsreferate:

Teilnehmer

  • Prof. Dr. Gunnar Auth, Informatik, HfTL
  • Prof. Dr.-Ing. Peter Brödner, Produktionsorganisation, Uni Siegen
  • Yaoli Du, Philosophie, Uni Leipzig
  • Prof. Hans-Gert Gräbe, Informatik, Uni Leipzig
  • Annemarie Hohbach, Germanistik, Uni Leipzig
  • Rostislav Isa, Informatik, Uni Leipzig
  • Ken Pierre Kleemann, Philosophie, Uni Leipzig
  • Fabian Niehoff, Informatik, Uni Leipzig
  • Johannes Schmidt, Informatik, Uni Leipzig
  • Johannes Selz, Kulturwissenschaften, Uni Leipzig
  • Dr. Jürgen Stahl, Philosoph und Unternehmer, Leipzig
  • Tobias Wieprich, Informatik, Uni Leipzig
  • Jörg F. Wittenberger, Informatiker und Unternehmer, Dresden
  • Tobias Zschietzschmann, Informatik, Uni Leipzig
Interessiert, diesmal aber verhindert

  • Jan Beuerbach, Kulturwissenschaften, Uni Leipzig
  • Witold Fischer, Historiker, Jena
  • Madlen Hunger, Projektentwicklerin, Leipzig
  • Simon Johanning, Informatiker, Uni Leipzig
  • Nastasja Krohe, Philosophie, Uni Leipzig
  • Dr. Stefan Kühne, Informatiker, Uni Leipzig
  • Dr. Sabine Lautenschläger, Wasserwirtschaftlerin, Uni Leipzig
  • Gaston Lubetzki, Jurist, Leipzig
  • Georg von Nessler, Kulturhistoriker und Unternehmer, Leipzig
Unterstützer der Veranstaltung


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