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27.5.13

Loukotka - Endl

E: Was wissen sie vom Hans Riegler?

L: Der hat beim FC Wien begonnen und zwar war es das Riegler- Paar. Da war der Hansi und angeblich sein Onkel, des war der Franzi, des war der Rechtsaußen und der Hansi war der Rechtsverbinder. Der Hansi ist dann an Rapid verkauft worden. Das war ein erfolgreiches Team und der FC Wien hat durch die beiden viele Spiele gewonnen…..

E: Der Hansi Riegler ist gefragt worden, wie er die Zeit mit den beginnenden Naziproblemen in Erinnerung hat und obwohl er jünger ist als sie hat er sehr wohl gemerkt, dass Leute schikaniert oder wegkommen san. Und dass sie wohin kommen san, wo es ihnen schlecht gangen ist….Sie waren ja älter, aber sie waren an diesen Sachen vielleicht nicht so interessiert.

L: Ich werde ihnen das jetzt erkären. Ich habe ihnen ja schon erzählt von der Tür und dem Hakenkreuz. Mein Chef war ja eine Jude und ein äußerst korrekter Mensch und ich dann zu einem Christen gekommen und das war eine Katastrophe für mich….

E: Ja, aber was Riegler erzählt hat, war auf der Straße, in der Nachbarschaft, dass plötzlich Menschen weggekommen sind und haben gewusst, mit denen geschieht etwas Fürchterliches. Die konnten ja nicht ins Ausland, weil das war schon gesperrt. Also der Jüngere hat das schon mitgekriegt, was sich da Kriminelles abspielt.

L: Ich hab´ein typisches Beispiel erlebt. Des war der Reindl Willi. Er is mit zwei Stöcken gangen, der war weg. Er ist wegkommen, aber nach Kriegsende ist er aufgetaucht. Er war nur im KZ und hat das überlebt, was mich sehr gefreut hat. Weil das war ein ausgesprochen liebenswürdiger Mensch. Er war älter als ich und nur, dass er so behindert war mit seinen Beinen. Er hat im Erdgeschoß gewohnt und hat beim Fenster herausgeschaut und hat mit g´wunken. I bin hingrennt weil ich hab gwusst, des wird leiwand. Da hat er mir Geld heruntergereicht, i soll Zigaretten oder irgendwas holen. Das hab ich ihm gebracht und da hab i meistens 10 Groschen kriegt und das war damals für mich ein kleines Vermögen. Dass er wegkommen ist, hat mir sehr weh getan.

E: Es müssen doch damals Gruppen von Gleichaltrigen z´sammg´standen sein. Haben die damals net darüber g´redt, dass der ane bei der HJ war und der andere Jude war. Is da nie gredt wordn?

L: Nein, es ist nicht gesprochen worden aus einem ganz einfachen Grund. Das war viel zu gefährlich. Wann da irgendetwas Negatives gsagt haben und einer hat des irgendwie harmlos weitererzählt und des hat dann irgendein Parteibonze g´hört, hat er ihna schon g´habt.

E: Das muss ja eine fürchterliche Stimmung g'wesen sein.

L: Furchtbar. Also i hab mi da net wohl gefühlt. Könnens ma glauben. Überhaupt dadurch, dass ich so negative Sachen erlebt hab. Nämlich bei dem wo i dann g´arbeit hab, des war ein ziemlich brutaler Kerl. Ich hab einmal irgend eine kleine Bemerkung g´macht, dass es bei dem Juden anders war. Da hat er gsagt: Pass amal auf, wenn der was net recht ist, dann geh da daneben, da is des Parteilokal. Durt kannst di beschweren. Na des hab i mir aber groß überlegt, weil dort waren alles seine Freund. Und hab des müssen lassen, dass i mi beschert hätt, des wär mir nie eing´falln. Ich wollte mich ja nicht beschweren. Ich wollte ihm nur sagen. Beim Juden habe ich die Werkstätte am Samstag um 12 Uhr verlassen können, alles gereinigt, alles geputzt und für mich war Feierabend. Beim Christen haben wir um 12 Uhr zum arbeiten aufghört und dann haben wir müssen z´sammräumen und da is viere Nachmittag word´n. Das war für mich als jungen Mensch kostbare Freizeit.

E: Da hätten sie sich bei den Nazis können beschweren.
L: Ich will nur sagen, i war kein Antinazi. I hab des müssen zur Kenntnis nehmen, aber irgendwie politisch hab i die abgelehnt. Und das war mein Glück, weil ich bin dann zur Gemeinde Wien kommen und da hab ich mit ruhigem Gewissen eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben können, dass ich nicht dabei war, weil meine Freund waren de net, meine Freund war´ns nicht. Weil des war ja damals mit Demokratie, des hab i damals als junger Mensch gar net so mitkriagt oder Diktatur, des hab i erst als Erwachsener begriffen. Aber damals hab gar net denkt, aber rein gefühlsmäßig hat mir des damals net gfalln. Und dadurch hab i des abgelehnt.

E: Aber sie konnten darüber mit anderen net reden.

L: Des war Selbstmord. Unter uns Freunden haben wir schon gesprochen, aber net politisiert. Das haben alle abgelehnt, net nur ich. Weil jeder gwusst hat, das kann ins Auge gehen, irgewas Negatives sagen. Obwohl wir dauernd Negatives erlebt haben. Aber wir wollten und konnten nicht, weil wissen sie, da konnte man sich das Maul verbrennen. Und i bin dann e eing´ruckt zum Militär. Aber wie gesagt, i war kein Antinazi aber zu tun wollte ich mit denen nichts haben.

E: Ich vermute, dass das vielen so gegangen ist wie ihnen.

L: Ja, vielen. Untereinander, wann ma g´redt haben. Junge Leute wollen zur Hitlerjugend. Na, da war mit uns nix zu machen. Glatt abgelehnt. Alle. I kann mi net erinnern, dass da aner zu der Hitlerjugend gangen is. Weil unser Freiheitsdrang war einmalig. Weil wir haben frei gelebt, zwar arm wie eine Kirchenmaus aber frei. Wir haben können reden was wir wolln, der Dollfuß is a Bücher. Da san ma ja net eingsperrt worn, aber wann mag sagt haben, der Hitler is a Bülcher, des hätt uns können den Kopf kosten. So war des.

Und i will nur sagen, das alle jungen Leut, die kennt hab, alle so g´scheit warn und sich keine Blöße gegeben haben, dass sich die irgendan haben schnappen können. So teppert warn man net. Wann i zu mein Freund g´sagt hab: Der Nazi und so. Des hab i können ruhig sag´n, weil der hat genauso gedacht wie ich. Da hab i ka Angst haben brauchen, dass der irgenwas weiter sagt, aber das waren sehr wenige.

E: Und wenn wer dazu kommen ist, habns übers Wetter gredt. Des kann ich mir gut vorstellen und das glaub ich ihnen auch.

L: I erzähl kane erfundenen Sachen. Mir hat des überhaupt net taugt. Der Zwang. I hab müssen einrücken, i hab müass´n zum Arbeitsamt, da bin ich zugewiesen worden, Alles war mit Zwang wie in aner Diktatur.

E: Formal war es ja eine Demokratie

L: Aber alles war diktatorisch und des hat mir halt net passt. Untern Dollfuss wars ja auch a Diktatur. Aber trotzdem, die Ermordung vom Dollfuss, die hat mi net begeistert, für so was war i net. Nur weil der eine andere politische Anschauung hat, hat ma den umgebracht. Mir hätt des a net passt, wanns an Nazi umbracht hätten, weil für mich war dies net a Nazi oder sonst was, für mi war des a Mensch, eventuell Familienvater. Und der ist nur weil er irgendwo was g´sagt hat, is der damals verschwunden. Des hätt ich nie gutgeheißen.
Net dass i jetzt der Gute oder besonders Anständige war, aber i war net für des. Weil i wann i zu an g´sagt hab „Leck mich…“, dann hab i ka Angst haben brauchen, dass i eing´sperrt wird, aber bei denen, wannst des zu an g´sagt hätten, der was a Uniform ghabt hat, und i hätt g´sagt „Leck mich…“, des hätt mir können meine Freiheit kosten oder sogar mein Leben. Und obwohl ich politisch so..nix…ich hab das abgelehnt.

E: Zwischen Nazis und Widerstandskämpfern gibt’s ja Leut, die wolln si net in a extreme Richtung engagieren, die wolln einfach im Frieden leben.

L: So ist es.

E: Die wolln keine Helden und Widerstandskämpfer sein ,was sicher a wichtig war, dagegen zu kämpfen, aber net jeder is a Widerstandskämpfer.

L: I hab müssen zum Militär, als Soldat, aber i hätt mich nie freiwillig gemeldet. Es hat ja viele Freiwillige gegeben. I hab an Freund ghabt, der hat sich gemeldt zur Luftwaffe.

E: Es waren ja viele Arbeitslose.

L: Na, der wollt mit´n Flugzeug herumfliegen, aber des hat ihm das Leben gekostet. I wollt weder in der Luft fliegen noch auf der Erdn umanand ….. I wollt mit dem Ganzen…i war net geeignet als Soldat. I hab des nur müass´n machen.

E: Also, i hab mi a net freiwillig zum Bundesheer gmeldt. I hab nur statt der damaligen neun Monate zwölf Monate g´macht, weil des a Maturanteneinheit war und i Angst davor g´habt hat, dass mi irgendwer schikaniert, bloß weil i a Matura hab. Drum hab i des Jahr net als so unangenehm empfunden.

L. I hab an Freund g´habt. Der hat an älteren Bruder g´habt und der war beim österreichischen Herr Berufssoldsat. Des war sein Beruf, weil der arbeitslos war. Da hat er sein Geld kriegt, sein Essen kriegt, er war versorgt. Das war für viele ein Grund.

E: Ja, wann viele Arbeitslose san, hat des Militär mehr Zulauf.

L: Ich war auch a Zeit arbeitslos, wie der Krieg aus war. Nur hat man mir angeboten, Schulungen zu machen und i hab des alles g´macht. I hab Technischer Zeichner g´lernt von in der Früh um achte bis um fünf am Nachmittag, bin in der Schul gwesen und dann hab i a Zeugnis kriagt, des hab i heute no. Eine abgeschlossene Lehre als Technischer Zeichner. Das hat mir bei der Gemeinde Wien viel geholfen. Bin ganz anders eingestuft worden, als wenn i g´sagt hätt, i hab Kupferschmied glernt.

E: Wir waren unlängst in Barcelona und da hat´s einen berühmten Architekten gegeben, Gaudi. Der hat vorher auch Kessel- und Kupferschmied gelernt, genau wie sie.

L: Wissen sie, weil es damals sehr schwer war, eine Lehrstelle zu bekommen. I hätt lieber Elektriker g´lernt oder Schneider, Schuhmacher, des hätt i alles glernt, aber Kupferschmied war mei Freund, der hat mi vermittelt und sein Chef hat g´sagt, ja selbstverständlich. Des hat mir mei Muatter so eingeimpft: Ich muss einen Beruf erlernen. Wie i des Zeugnis g´habt hab nach der abgeschlossenen Kupferschmiedlehre, ich war ein glücklicher Mensch, denn: I war Facharbeiter. I sag ihnen noch was: Wenn ich nach Kriegsende gesund gewesen wäre, ich hätte auf der ganzen Welt arbeiten können.

L: Ich sag ihnen ein Beispiel. Mit 5 Jahren war ich bei meinem Onkel, dem Bruder von meiner Mutter. Er hat in Währing beim Haydn-Weg einen Garten g´habt und dort war i während der Sommermonate. Da wär i fast von einem Auto überführt worden, weil i auf die Straßen g´laufen bin. Ich war ganz allein schuld. Und so hat mein Leben begonnen und das hab´ ich mir bis heute g´merkt…..

Mit zehn Jahren ist mein Vater verstorben…Der Lehrer in der Volksschule hat mi und an zweiten rausg´rufen und hat gesagt, wir solln ihm die Schuhsohlen zeigen. Und auf Grund dessen, dass eine Schuhsohle von mir ein Loch ghabt hat, hab ich von der Firma Delka ein Paar Schuhe geschenkt bekommen, was für mich und meine Mutter…weil die war ja Witwe mit drei Buben und die arme Frau hat müssen jede Arbeit machen, dass wir a bissl über die Runden kommen.

F: (Ersuche Herrn Loukotka, biografische Daten, Lebenslauf, weitere Erinnerungen aufzuschreiben).

L: Ich schreibe ja keine erfundenen Geschichten, i schreib nur, was ich tatsächlich erlebt habe. Schaun sie. Lesens ihna des durch und was ihna net passt streichens durch.

E: Ich habe manchesmal etwas gekürzt, aber der Inhalt muss so bleiben. Ihr Lebenslauf wäre sinnvoll, weil nur wer ihren Lebenslauf kennt, kann ihre Geschichten besser verstehen.

L: I werd so bald wie möglich damit beginnen, kein Eigenlob, sondern nur Fakten.


27.5.13
Loukotka - Endl

E: Was wissen sie vom Hans Riegler?

L: Der hat beim FC Wien begonnen und zwar war es das Riegler- Paar. Da war der Hansi und angeblich sein Onkel, des war der Franzi, des war der Rechtsaußen und der Hansi war der Rechtsverbinder. Der Hansi ist dann an Rapid verkauft worden. Das war ein erfolgreiches Team und der FC Wien hat durch die beiden viele Spiele gewonnen…..

E: Der Hansi Riegler ist gefragt worden, wie er die Zeit mit den beginnenden Naziproblemen in Erinnerung hat und obwohl er jünger ist als sie hat er sehr wohl gemerkt, dass Leute schikaniert oder wegkommen san. Und dass sie wohin kommen san, wo es ihnen schlecht gangen ist….Sie waren ja älter, aber sie waren an diesen Sachen vielleicht nicht so interessiert.

L: Ich werde ihnen das jetzt erkären. Ich habe ihnen ja schon erzählt von der Tür und dem Hakenkreuz. Mein Chef war ja eine Jude und ein äußerst korrekter Mensch und ich dann zu einem Christen gekommen und das war eine Katastrophe für mich….

E: Ja, aber was Riegler erzählt hat, war auf der Straße, in der Nachbarschaft, dass plötzlich Menschen weggekommen sind und haben gewusst, mit denen geschieht etwas Fürchterliches. Die konnten ja nicht ins Ausland, weil das war schon gesperrt. Also der Jüngere hat das schon mitgekriegt, was sich da Kriminelles abspielt.

L: Ich hab´ein typisches Beispiel erlebt. Des war der Reindl Willi. Er is mit zwei Stöcken gangen, der war weg. Er ist wegkommen, aber nach Kriegsende ist er aufgetaucht. Er war nur im KZ und hat das überlebt, was mich sehr gefreut hat. Weil das war ein ausgesprochen liebenswürdiger Mensch. Er war älter als ich und nur, dass er so behindert war mit seinen Beinen. Er hat im Erdgeschoß gewohnt und hat beim Fenster herausgeschaut und hat mit g´wunken. I bin hingrennt weil ich hab gwusst, des wird leiwand. Da hat er mir Geld heruntergereicht, i soll Zigaretten oder irgendwas holen. Das hab ich ihm gebracht und da hab i meistens 10 Groschen kriegt und das war damals für mich ein kleines Vermögen. Dass er wegkommen ist, hat mir sehr weh getan.

E: Es müssen doch damals Gruppen von Gleichaltrigen z´sammg´standen sein. Haben die damals net darüber g´redt, dass der ane bei der HJ war und der andere Jude war. Is da nie gredt wordn?

L: Nein, es ist nicht gesprochen worden aus einem ganz einfachen Grund. Das war viel zu gefährlich. Wann da irgendetwas Negatives gsagt haben und einer hat des irgendwie harmlos weitererzählt und des hat dann irgendein Parteibonze g´hört, hat er ihna schon g´habt.

E: Das muss ja eine fürchterliche Stimmung g'wesen sein.

L: Furchtbar. Also i hab mi da net wohl gefühlt. Könnens ma glauben. Überhaupt dadurch, dass ich so negative Sachen erlebt hab. Nämlich bei dem wo i dann g´arbeit hab, des war ein ziemlich brutaler Kerl. Ich hab einmal irgend eine kleine Bemerkung g´macht, dass es bei dem Juden anders war. Da hat er gsagt: Pass amal auf, wenn der was net recht ist, dann geh da daneben, da is des Parteilokal. Durt kannst di beschweren. Na des hab i mir aber groß überlegt, weil dort waren alles seine Freund. Und hab des müssen lassen, dass i mi beschert hätt, des wär mir nie eing´falln. Ich wollte mich ja nicht beschweren. Ich wollte ihm nur sagen. Beim Juden habe ich die Werkstätte am Samstag um 12 Uhr verlassen können, alles gereinigt, alles geputzt und für mich war Feierabend. Beim Christen haben wir um 12 Uhr zum arbeiten aufghört und dann haben wir müssen z´sammräumen und da is viere Nachmittag word´n. Das war für mich als jungen Mensch kostbare Freizeit.

E: Da hätten sie sich bei den Nazis können beschweren. L: Ich will nur sagen, i war kein Antinazi. I hab des müssen zur Kenntnis nehmen, aber irgendwie politisch hab i die abgelehnt. Und das war mein Glück, weil ich bin dann zur Gemeinde Wien kommen und da hab ich mit ruhigem Gewissen eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben können, dass ich nicht dabei war, weil meine Freund waren de net, meine Freund war´ns nicht. Weil des war ja damals mit Demokratie, des hab i damals als junger Mensch gar net so mitkriagt oder Diktatur, des hab i erst als Erwachsener begriffen. Aber damals hab gar net denkt, aber rein gefühlsmäßig hat mir des damals net gfalln. Und dadurch hab i des abgelehnt.

E: Aber sie konnten darüber mit anderen net reden.

L: Des war Selbstmord. Unter uns Freunden haben wir schon gesprochen, aber net politisiert. Das haben alle abgelehnt, net nur ich. Weil jeder gwusst hat, das kann ins Auge gehen, irgewas Negatives sagen. Obwohl wir dauernd Negatives erlebt haben. Aber wir wollten und konnten nicht, weil wissen sie, da konnte man sich das Maul verbrennen. Und i bin dann e eing´ruckt zum Militär. Aber wie gesagt, i war kein Antinazi aber zu tun wollte ich mit denen nichts haben.

E: Ich vermute, dass das vielen so gegangen ist wie ihnen.

L: Ja, vielen. Untereinander, wann ma g´redt haben. Junge Leute wollen zur Hitlerjugend. Na, da war mit uns nix zu machen. Glatt abgelehnt. Alle. I kann mi net erinnern, dass da aner zu der Hitlerjugend gangen is. Weil unser Freiheitsdrang war einmalig. Weil wir haben frei gelebt, zwar arm wie eine Kirchenmaus aber frei. Wir haben können reden was wir wolln, der Dollfuß is a Bücher. Da san ma ja net eingsperrt worn, aber wann mag sagt haben, der Hitler is a Bülcher, des hätt uns können den Kopf kosten. So war des.
Und i will nur sagen, das alle jungen Leut, die kennt hab, alle so g´scheit warn und sich keine Blöße gegeben haben, dass sich die irgendan haben schnappen können. So teppert warn man net. Wann i zu mein Freund g´sagt hab: Der Nazi und so. Des hab i können ruhig sag´n, weil der hat genauso gedacht wie ich. Da hab i ka Angst haben brauchen, dass der irgenwas weiter sagt, aber das waren sehr wenige.

E: Und wenn wer dazu kommen ist, habns übers Wetter gredt. Des kann ich mir gut vorstellen und das glaub ich ihnen auch.

L: I erzähl kane erfundenen Sachen. Mir hat des überhaupt net taugt. Der Zwang. I hab müssen einrücken, i hab müass´n zum Arbeitsamt, da bin ich zugewiesen worden, Alles war mit Zwang wie in aner Diktatur.

E: Formal war es ja eine Demokratie

L: Aber alles war diktatorisch und des hat mir halt net passt. Untern Dollfuss wars ja auch a Diktatur. Aber trotzdem, die Ermordung vom Dollfuss, die hat mi net begeistert, für so was war i net. Nur weil der eine andere politische Anschauung hat, hat ma den umgebracht. Mir hätt des a net passt, wanns an Nazi umbracht hätten, weil für mich war dies net a Nazi oder sonst was, für mi war des a Mensch, eventuell Familienvater. Und der ist nur weil er irgendwo was g´sagt hat, is der damals verschwunden. Des hätt ich nie gutgeheißen.
Net dass i jetzt der Gute oder besonders Anständige war, aber i war net für des. Weil i wann i zu an g´sagt hab „Leck mich…“, dann hab i ka Angst haben brauchen, dass i eing´sperrt wird, aber bei denen, wannst des zu an g´sagt hätten, der was a Uniform ghabt hat, und i hätt g´sagt „Leck mich…“, des hätt mir können meine Freiheit kosten oder sogar mein Leben. Und obwohl ich politisch so..nix…ich hab das abgelehnt.

E: Zwischen Nazis und Widerstandskämpfern gibt’s ja Leut, die wolln si net in a extreme Richtung engagieren, die wolln einfach im Frieden leben.

L: So ist es.

E: Die wolln keine Helden und Widerstandskämpfer sein ,was sicher a wichtig war, dagegen zu kämpfen, aber net jeder is a Widerstandskämpfer.

L: I hab müssen zum Militär, als Soldat, aber i hätt mich nie freiwillig gemeldet. Es hat ja viele Freiwillige gegeben. I hab an Freund ghabt, der hat sich gemeldt zur Luftwaffe.

E: Es waren ja viele Arbeitslose.

L: Na, der wollt mit´n Flugzeug herumfliegen, aber des hat ihm das Leben gekostet. I wollt weder in der Luft fliegen noch auf der Erdn umanand ….. I wollt mit dem Ganzen…i war net geeignet als Soldat. I hab des nur müass´n machen.

E: Also, i hab mi a net freiwillig zum Bundesheer gmeldt. I hab nur statt der damaligen neun Monate zwölf Monate g´macht, weil des a Maturanteneinheit war und i Angst davor g´habt hat, dass mi irgendwer schikaniert, bloß weil i a Matura hab. Drum hab i des Jahr net als so unangenehm empfunden.

L. I hab an Freund g´habt. Der hat an älteren Bruder g´habt und der war beim österreichischen Herr Berufssoldsat. Des war sein Beruf, weil der arbeitslos war. Da hat er sein Geld kriegt, sein Essen kriegt, er war versorgt. Das war für viele ein Grund.

E: Ja, wann viele Arbeitslose san, hat des Militär mehr Zulauf.

L: Ich war auch a Zeit arbeitslos, wie der Krieg aus war. Nur hat man mir angeboten, Schulungen zu machen und i hab des alles g´macht. I hab Technischer Zeichner g´lernt von in der Früh um achte bis um fünf am Nachmittag, bin in der Schul gwesen und dann hab i a Zeugnis kriagt, des hab i heute no. Eine abgeschlossene Lehre als Technischer Zeichner. Das hat mir bei der Gemeinde Wien viel geholfen. Bin ganz anders eingestuft worden, als wenn i g´sagt hätt, i hab Kupferschmied glernt.

E: Wir waren unlängst in Barcelona und da hat´s einen berühmten Architekten gegeben, Gaudi. Der hat vorher auch Kessel- und Kupferschmied gelernt, genau wie sie.

L: Wissen sie, weil es damals sehr schwer war, eine Lehrstelle zu bekommen. I hätt lieber Elektriker g´lernt oder Schneider, Schuhmacher, des hätt i alles glernt, aber Kupferschmied war mei Freund, der hat mi vermittelt und sein Chef hat g´sagt, ja selbstverständlich. Des hat mir mei Muatter so eingeimpft: Ich muss einen Beruf erlernen. Wie i des Zeugnis g´habt hab nach der abgeschlossenen Kupferschmiedlehre, ich war ein glücklicher Mensch, denn: I war Facharbeiter. I sag ihnen noch was: Wenn ich nach Kriegsende gesund gewesen wäre, ich hätte auf der ganzen Welt arbeiten können.

L: Ich sag ihnen ein Beispiel. Mit 5 Jahren war ich bei meinem Onkel, dem Bruder von meiner Mutter. Er hat in Währing beim Haydn-Weg einen Garten g´habt und dort war i während der Sommermonate. Da wär i fast von einem Auto überführt worden, weil i auf die Straßen g´laufen bin. Ich war ganz allein schuld. Und so hat mein Leben begonnen und das hab´ ich mir bis heute g´merkt…..
Mit zehn Jahren ist mein Vater verstorben…Der Lehrer in der Volksschule hat mi und an zweiten rausg´rufen und hat gesagt, wir solln ihm die Schuhsohlen zeigen. Und auf Grund dessen, dass eine Schuhsohle von mir ein Loch ghabt hat, hab ich von der Firma Delka ein Paar Schuhe geschenkt bekommen, was für mich und meine Mutter…weil die war ja Witwe mit drei Buben und die arme Frau hat müssen jede Arbeit machen, dass wir a bissl über die Runden kommen.

F: (Ersuche Herrn Loukotka, biografische Daten, Lebenslauf, weitere Erinnerungen aufzuschreiben).

L: Ich schreibe ja keine erfundenen Geschichten, i schreib nur, was ich tatsächlich erlebt habe. Schaun sie. Lesens ihna des durch und was ihna net passt streichens durch.

E: Ich habe manchesmal etwas gekürzt, aber der Inhalt muss so bleiben. Ihr Lebenslauf wäre sinnvoll, weil nur wer ihren Lebenslauf kennt, kann ihre Geschichten besser verstehen.

L: I werd so bald wie möglich damit beginnen, kein Eigenlob, sondern nur Fakten.