Willkommen im Globalen Dorf / Wie haeltst Du es mit Staat und Nation / Research |
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https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/archiv/536460/wiederkehr-eines-totgesagten-der-nationalstaat-am-ende-des-20-jahrhunderts (1993) ˧ "Einer verbreiteten Vorstellung entsprechend, ist das Zeitalter des Nationalstaates beendet. Bis zur historischen Wende der Jahre 1989 und 1990 konnte diese Ansicht zumindest in der Bundesrepublik auf allgemeine Zustimmung rechnen. Mit der Wiedervereinigung und der wachsenden Kritik an der Gestaltung der europäischen Integration bahnt sich aber auch in Deutschland so etwas wie eine „Renationalisierung“ der öffentlichen Diskussion an. Der Beitrag versucht aufzuzeigen, welche tiefen Wurzeln Nation und Nationalstaat in der europäischen Geschichte haben. ˧ Vom Mittelalter bis in die Gegenwart hat diese Vergemeinschaftungsform -trotz aller von ihr ausgehenden Gefahren -außerordentliche Stabilität gewährleistet. In der Moderne hängen Staat, Nation und nationale Identität der Bürger eng miteinander zusammen. Von der alten Welt ausgehend, wurde die Nation zur normalen Form politischer Organisation auch in den Ländern Asiens, Afrikas, Nord-und Lateinamerikas. ˧ Auch, wenn die Gegner des Nationalstaates in ihm nur einen Anachronismus oder eine chauvinistische Gefährdung aller Formen politischer Aufklärung sehen, wird man darauf hinweisen müssen, daß bis heute eine Alternative kaum erkennbar ist. Selbst die Verfechter eines europäischen Bundesstaates gehen im allgemeinen vom Fortbestand der Nationen aus, und die multikulturelle oder Bürger-Gesellschaft erscheint nur als Konstruktion. Eine wirkliche Renaissance des Nationalstaates böte mehr Chancen als Gefahren und könnte, zu einer realistischen und damit sachgerechten Einschätzung der Möglichkeiten politischer Kooperation zwischen den Völkern führen. " ˧ "Tatsächlich kann kaum mehr gesagt werden, als daß eine „Nation ist, was eine Nation sein will“ Dabei spielen „objektive“ Kriterien (gemeinsames Territorium, gemeinsame Herkunft, gemeinsame Kultur, gemeinsames Schicksal) eine Rolle, aber der Hinweis auf den „Willen“ des Kollektivs zeigt schon an, daß man die Nation keinesfalls als naturhaftes Gebilde verstehen sollte" ˧
„Eine Nation ist ein Volk im Besitz eines Staates.“ (Fragt man nach welcher Seite man das lesen soll) "Deshalb können Nationen auch nicht von beliebigen, sondern nur von staatsfähigen Kollektiven gebildet werden" ˧ "Die Versuche, die Existenz von Nationalstaaten auf die Zeit nach der Französischen Revolution zu reduzieren, finden heute immer häufiger begründete Kritik. ... die Untersuchung der mittelalterlichen Geschichte hat doch deutlich werden lassen, daß es schon damals Nationalstaaten als identifizierbare Größen gegeben hat ... Zwar spielte das Bewußtsein nationaler Identität im Mittelalter anfangs nur für die gebildete Minderheit eine Rolle, aber die Nationalisierung der Bevölkerung war schon vor dem Beginn der Neuzeit in West-und Zentraleuropa sehr weit fortgeschritten." .. ˧ "Neben die vernünftige Einsicht in die Notwendigkeit der Nation trat die nichtrationale, auf begeisternden Bildern der Vergangenheit oder der Zukunft beruhende Bindung des einzelnen an die überpersönliche Ordnung. Hier hat die mobilisierende Kraft des modernen Nationalismus ihre Wurzel, zum Guten wie zum Bösen. Die Verknüpfung von Staat -Nation -Identität bildete auch die Voraussetzung für die Universalisierung des nationalstaatlichen Konzeptes, das sich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in der Welt als die Normalform politischer Existenz durchgesetzt hat." ˧ "Vielmehr wird man in Europa von einer allmählichen Wanderung des nationalstaatlichen Konzeptes vom Westen über die Mitte nach Osten sprechen müssen. Die Nationen bildeten sich durch staatlich forcierte Integration (England, Frankreich, Spanien), durch Zusammenfassung von zersplitterten Teilen eines Volkes (Italien, Deutschland) und schließlich durch Separation von multinationalen Großreichen (Polen, Tschechoslowakei, Rumänien). ˧ Zwar läßt sich kein einheitliches Gesetz dafür finden, welche Nation lebenskräftig genug war, um sich in der Sphäre des Politischen zu halten, aber es erscheint auch nicht sachgerecht, von der „Erfindung“ oder der „Konstruktion“der Nationen zu sprechen. Denn obwohl sich Nation und Nationalstaat nicht von selbst verstehen, sind es auch nicht beliebige Gruppierungen, die zu Nationen werden können." ˧
https://www.project-syndicate.org/commentary/the-nation-state-reborn/german Feb 13, 2012 Dani Rodrik CAMBRIDGE; MASS. ˧ "Einer der Grundmythen unserer Zeit ist, dass die Globalisierung den Nationalstaat zur Bedeutungslosigkeit verdammt habe. Die Revolution im Transport- und Kommunikationswesen, so hören wir, habe Grenzen eingedampft und die Welt schrumpfen lassen. Neue Regierungsmodi – von transnationalen Regulierungsnetzen über internationale zivilgesellschaftliche Organisationen bis hin zu multilateralen Institutionen – würden die nationalen Gesetzgeber überwinden und ersetzen. Die nationale Politik sei angesichts der globalen Märkte weitgehend machtlos." ˧ "Die globale Finanzkrise hat diesen Mythos zerschmettert. Wer hat denn die Banken gerettet, für Liquidität gesorgt, Steuerimpulse gesetzt und die Sicherheitsnetze für die Arbeitslosen zur Verfügung gestellt, um eine eskalierende Katastrophe aufzuhalten? Wer ist dabei, die Regeln für die Aufsicht und Regulierung der Finanzmärkte umzuschreiben, um zu verhindern, dass sich die Situation wiederholt? Wen betrachten die Menschen als hauptverantwortlich für alles, das schief geht? Die Antwort ist immer die gleiche: die nationalen Regierungen.Die G20, der Internationale Währungsfonds und der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht waren überwiegend Nebenschauplätze." ˧ "Vor einigen Jahren wurden im World Values Survey Teilnehmer in Dutzenden von Ländern über ihre Bindung zu ihren örtlichen Gemeinwesen, Nationen und zur Welt insgesamt befragt. Es überrascht nicht, dass die Zahl derer, die sich selbst als Bürger von Nationalstaaten ansahen, die Zahl jener, die sich als Weltbürger betrachteten, deutlich übertraf. Das Überraschende ist jedoch, dass in den USA, Europa, Indien, China und den meisten anderen Regionen die nationale Identität selbst die lokale Identität überschattete.Dieselben Umfragen zeigen, dass jüngere Menschen, Hochgebildete und diejenigen, die sich selbst zur Oberschicht rechnen, sich eher mit der Welt assoziieren. Trotzdem ist es schwierig, irgendein Bevölkerungssegment zu finden, in dem die Bindung an die Weltgemeinschaft die Bindung an das Land überwiegt." ˧ "Sicher, die Geografie der Bindungen und Identitäten ist nichts Feststehendes; tatsächlich hat sie sich im Verlaufe der Geschichte geändert. Daher sollten wir die Möglichkeit, dass sich in der Zukunft ein echtes globales Bewusstsein und transnationale politische Gemeinwesen entwickeln, nicht völlig von der Hand weisen. Doch kann man den heutigen Herausforderungen nicht mit Institutionen begegnen, die (noch) nicht existieren. Für den Augenblick müssen die Menschen sich, was Lösungen angeht, noch immer ihren nationalen Regierungen zuwenden, die nach wie vor die besten Aussichten für ein kollektives Handeln bieten. Der Nationalstaat mag ein Überbleibsel aus der Zeit der Französischen Revolution sein, aber er ist alles, was wir haben." ˧
https://www.ihk-nuernberg.de/de/IHK-Magazin-WiM/WiM-Archiv/WIM-Daten/2020-05/corona/die-renaissance-der-nationalstaaten ˧ Prof. Dr. Gabriel Felbermayr -Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW? Kiel) ˧ "In der Coronavirus-Krise feiern die Nationalstaaten überall auf der Welt eine unerwartete Wiedergeburt. Sie schützen die Bevölkerung vor Krankheit und Tod. Dazu schränken sie die individuellen wirtschaftlichen Aktivitäten massiv ein, um die Verbreitung des Virus einzudämmen, und nehmen dafür erhebliche wirtschaftliche Schäden in Kauf. Sie nehmen im Namen zukünftiger Steuerzahler massiv neue Schulden auf, um den Privatsektor liquide und solvent zu halten. Sie steigen als Investoren in Unternehmen ein und gewinnen dadurch direkt und indirekt erheblichen betriebswirtschaftlichen Einfluss." ˧ "In der Corona-Krise bekommt das Wort vom Primat der Politik eine neue Bedeutung. Alles hat sich dem staatlich verordneten Schutz der Gesundheit unterzuordnen, die individuellen Freiheiten und insbesondere das Recht, aus dem Privateigentum private Vorteile zu ziehen. Gesundheitspolitisch erforderliche Betriebsschließungen und andere wirtschaftliche Einschränkungen sind durchaus als Enteignungen zu verstehen – sicher, ganz im Sinne des Schutzes zum Wohl der Gemeinschaft, aber dennoch handelt es sich um Enteignungen. Öffentlich angestrengte Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen treten offenbar zurück, wenn es um Leben und Tod geht." ˧ "In der akuten Krise mag all dies alternativlos sein. Doch man muss wohl infrage stellen, ob die Nationalstaaten ihre wiedergefundene Stärke nach der Krise wieder so ohne weiteres aus der Hand geben wollen. Sie werden das neu gewonnene Primat der Politik über individuelle Freiheiten verteidigen und bei der Bewältigung anderer großer Herausforderungen – allen voran in der Debatte um den Klimawandel – einsetzen. Liberale Werte, die dem Wohl des Individuums hohe Bedeutung beimessen, könnten dauerhaft an Stellenwert verlieren." ˧ "Ein Opfer dieser Neubewertung könnte die Globalisierung in all ihren Facetten sein: das Recht, grenzüberschreitend zu produzieren, zu verkaufen, zu investieren, zu konsumieren und zu arbeiten. Denn, wie der Harvard-Ökonom Dani Rodrik richtig argumentiert, untergräbt eine globalisierte Wirtschaft das Primat der Politik und der Politiker, denn sie eröffnet den Wirtschaftssubjekten die Arbitrage zwischen verschiedenen Politikentwürfen: Unzufriedene Individuen können den Nationalstaaten ihr Kapital oder ihre Arbeitskraft durch Abwanderung entziehen. Wenn nun aber der Nationalstaat der einzige Garant in einer lebensbedrohenden Krise ist, dann scheint die Eindämmung ebendieser grenzüberschreitenden Freiheiten ein Preis zu sein, den man zahlen muss." ˧ "Sollte es so kommen, wäre der Gewinn an vermeintlicher Sicherheit teuer bezahlt. Die wirtschaftliche Potenz unserer Gesellschaften, die den Staaten ihre Handlungsfähigkeit erst ermöglicht, gründet ganz wesentlich auf der individuellen Freiheit, wirtschaftlich aktiv zu sein. Dies gilt gerade auch für das Gesundheitssystem." ˧ "Nach der Krise werden die Demokratien des Westens das komplexe Gleichgewicht zwischen individueller Freiheit und Schutz der Allgemeinheit neu finden müssen. Das wird nicht ohne Konflikte gehen – innerhalb der Staaten, aber auch zwischen ihnen. Darauf sollten wir uns schon einmal einstellen." ˧
https://www.streifzuege.org/2024/leviathan-als-famulus/ ˧ Emmerich Nyikos, Berlin und Mexiko-City, 15. April 2024 ˧ "Dieser Rückfall nun, das Hervorholen alter Rezepte, äußerte sich insbesondere in der Form der Privatisierung von Staatseigentum (im Energie-, im Verkehrs-, im Telekommunikations- und in anderen Sektoren), von Deregulierungsmaßnahmen sowie von Steuersenkungen auf den Profit, wobei man letztere als ein Vorgehen ansehen muss, das letzten Endes den Staat der Abhängigkeit von Krediten und der Verschuldung preisgeben sollte, einer Verschuldung, die sich später dann durch Projekte des Wahnsinns (Corona, Klima, Ukraine) zu ungeahnten Höhen aufschwingen wird. – Der bürgerliche Staat gibt, auf lange Sicht, damit das Zepter aus der Hand." ˧ "Denn die Deregulierung, die Privatisierung von Staatseigentum sowie die Verschuldung bedeuten nichts anderes als die Kastrierung des Staates. Als ein vom Eigentum entblößter, der Steuerungsinstrumente beraubter und verschuldeter Staat ist er gegenüber den monopolistischen Kapitalagglomerationen buchstäblich wehrlos, während er auf der anderen Seite als Garant des Privateigentums nicht mehr, wie wir sahen, gebraucht wird – was ja überhaupt erst diese Kastrierung historisch möglich gemacht hat. – Das sollte dann eine der Grundlagen dafür sein, dass der bürgerliche Staat als volonté générale der Bourgeoisie durch einen Staat neuen Typs abgelöst wurde, wie wir noch sehen werden." ˧ "Ein weiterer Aspekt kommt zu all dem hinzu: die säkulare Tendenz des Kapitals, sich zu globalisieren. Nun, das Kapital hatte schon immer, seit jeher, eine globale Dimension, beginnend mit der kolonialen Expansion im Anschluss an die Explorationen von Colón und da Gama. Der Charakter der globalen Aktivitäten indessen sollte sich mit der Zeit grundlegend ändern. Ursprünglich mehr oder weniger auf Rohstoffimport und Warenexport limitiert, weiteten sich die externen Aktivitäten später dann auch auf den Kapitalexport aus: Einerseits handelte es sich dabei um eine gegenseitige Durchdringung im Zentrum des globalen Systems (das nationale Kapital aus Staat A geht in den Staat B und vice versa), andererseits um einen einseitigen Fluss von Kapital aus den Metropolen in die Peripherien und einen ebenso einseitigen Rückfluss von Profit in die Zentren. Das jedoch waren nur die ersten zaghaften Ansätze der Globalisierungstendenz: Denn der Prozess der Zentralisierung des Kapitals, ursprünglich auf den Bereich des jeweiligen Nationalstaats beschränkt, griff auf den Globus aus." ˧ "Ein Staat neuen Typs: Denn auf der Basis all dessen ist das integrale Kapital – die Eigentümerstruktur (BlackRock?, Vanguard, State Street und Konsorten), die dominanten Kapitalfraktionen auf operativem Niveau, insbesondere die Digital-, Pharma- und Rüstungskonzerne, nicht zuletzt aber auch die Foundations einzelner „philanthropischer“ Multimilliardäre – offenbar in der Lage, sich den Staat auf die eine oder andere Weise unterzuordnen, ihn somit in ein direktes Exekutivorgan und/oder ein Manövrierfeld der Profitgenerierungsmaschine des globalen Kapitals zu verwandeln." ˧ "Je nach Geschmack und Gusto können so, weil der Staat nunmehr unter das Kapital subsumiert ist, genuin staatliche Aufgaben (Gefängnisse, Militär [Blackwater, Wagner], Gesundheitssystem, Schulwesen, Pensionen, im Prinzip dann alle Services), durch Privatisierung sans phrase privater Profitgewinnung überantwortet werden, oder der Staat verkauft Infrastruktur, um sie dann wieder zu „leasen“. Zudem ermöglichen public-private-partnerships dem privaten Kapital, Einfluss auf öffentliche Agenden zu nehmen (ganz zu schweigen vom privaten Profit, der dabei generiert werden kann). ˧ Was aber ausschlaggebend ist, das ist, dass durch die elementare Schwäche des Staats gegenüber dem globalen Kapital das Personal dieses Staats mehr und mehr direkt aus dem Kapitalumfeld kommt, wobei die Foundations (oder Vorfeldorganisationen des Kapitals wie das WEF) hier besonders aktiv bei der „Personalvermittlung“ sind. Dort aber, wo es sich um supranationale Körperschaften oder Behörden handelt (EU, WHO usw.), denen immer mehr staatliche Funktionen übertragen worden sind und übertragen werden und die sich für die Besetzung mit „geeignetem Personal“ besonders gut eignen, ist der Impact auch und vor allem über die zumeist projektgebundenen Finanzierungsgelder und/oder über den Lobbyisteneinfluss direkt herstellbar. ˧ Daher ist es nicht zu verwundern, wenn die Aktivitäten der Staaten immer mehr unmittelbar die „Bedürfnisse“ bestimmter Kapitalfraktionen bedienen – und nicht mehr dem Gesamtsystem selbst verpflichtet sind –, wobei andererseits zu bemerken wäre, dass die Grenzen, die der Staatsintervention im klassischen Sinn im post-modernen Stadium des bürgerlichen Systems, das sich in Auflösung befindet, gesetzt sind, dann doch eher eng gezogen sind." ˧ Diese Unterordnung des Staats unter die dominanten Kapitalfraktionen kommt im Übrigen da am deutlichsten zum Ausdruck, wo es sich um die Gesetzgebung einerseits und die staatliche Performance (Repressionsmaßnahmen inklusive) andererseits im Hinblick auf die „Absatzförderung“ ansonsten unverkäuflicher Warensorten sowie den staatlichen Aufkauf solcher Waren handelt: mRNA-Injektionen, PCR-Tests, Masken, Windräder, Solaranlagen, E-Fahrzeuge, Wärmepumpen, Überwachungstechnologie und nicht zuletzt natürlich dann auch immer raffiniertere Waffensysteme. ˧ 8. ˧ Die Transformation des bürgerlichen Staates, einst volonté générale der Bourgeoisie, ist somit abgeschlossen: Der Staat wird zum Famulus, die res publica zur ancilla der dominanten Kapitalfraktionen, ein Hand- und Kopflanger mithin, wie ihn Brecht nennen würde, dazu bestimmt, Befehle auszuführen. Man ist versucht hinzuzufügen: nach dem Vorbild von Bananenrepubliken. ˧ Resümieren wir: ˧ 1. Diese Transformation konnte geschehen, da der bürgerliche Staat nicht mehr seiner ureigensten Aufgabe nachkommen muss – die Sicherung des Systems des Privateigentums –, insofern sich niemand mehr in der Lage befindet, dieses System in seiner Existenz zu bedrohen, ja niemand mehr auch nur daran denkt, dass die Gesellschaft anders als kapitalistisch organisiert und geregelt sein könnte. Das historische Subjekt, von dem diese Bedrohung, theoretisch wenigstens, ausgehen konnte, ist, da fragmentiert und atomisiert, vollständig assimiliert und in das System integriert. Mehr als die Bereitschaft zu impotenten Protesten und mehr als Krawalle, über die die Bourgeoisie nur müde lächeln kann, ist hier nicht zu erwarten. ˧ 2. Der bürgerliche Staat ist mittlerweile hilflos: Er hat sich durch Privatisierung, Deregulierung und Verschuldung der Mittel begeben, die es ihm erlauben würden, als volonté générale aufzutreten. ˧ 3. Aufgrund der Globalisierung und der transnationalen Zentralisierungsprozesse kann sich das globale Kapital (die Aktionäre, die operativen Kapitalentitäten sowie die Foundations) überdies dem Zugriff des Staats wirksam entziehen. ˧ 4. Überhaupt ist es so, dass aufgrund des Umstands, dass das bürgerliche System in eine Phase eingetreten ist – man könnte sie den post-modernen Endzustand nennen –, wo aufgrund der Automatisierungsprozesse die alten Systemzusammenhänge hinfällig sind und die Performance des Systems somit mehr und mehr chaotische Züge gewinnt, es sowieso einerlei ist, wo und wie und ob der Staat regulierend eingreift. Die diffuse Ahnung, dass dem so ist, dürfte hinsichtlich der konkreten Performance des Staates, die er jetzt an den Tag legt, wohl auch eine gewisse Rolle spielen. ˧ Wen wundert es da, dass das integrale Kapital den Staat gekapert hat, einen Staat, der, wie einst als volonté générale, nicht mehr dem System des kapitalistischen Privateigentums, sondern als direktes Exekutivinstrument, als ein Famulus, bestimmten monopolistischen Kapitalfraktionen, privaten Playern, dient? ˧ Ist aber dadurch, so muss man weiter fragen, nicht jeglicher reformistischen Illusion, ja jeglicher sonstigen Illusion, sei sie altkonservativ oder altliberal, mit Bezug auf den bürgerlichen Staat ein für allemal der Boden unter den Füßen entzogen? Eine Rückkehr zu Zuständen, die es so, wie man sich das imaginiert, überdies gar nicht gegeben hat, kann und wird es jedenfalls nicht geben, weil die Grundlagen dafür schlicht und einfach nicht mehr vorhanden sind. ˧
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https://www.streifzuege.org/wp-content/uploads/2024/02/wgw38_Antipolitik_als_Dissidenz_Schandl.pdf ˧ ˧ Franz Schandl ˧ ˧ "Dadurch, dass Politik die Gesellchaft moderiert, erscheint sie als wahres Zentrum, gar als jenes, das eigentlich die Gesellschaft leitet. „Noch heute wird gesellschaft- liche Integration oder Lösung aller anderswo nicht lösbaren Probleme zentral von der Politik erwartet“, schreibt Niklas Luhmann. Die sich wiederholenden Enttäuschungen, die die Politik dann liefert, gründen darauf, dass man ihr und sie sich selbst permanent eine Lösungska- pazität bescheinigt, die sie ganz einfach nicht hat. Sie kann nicht, was sie verspricht, aber sie muss versprechen, was sie nicht kann. Regieren kommt jedenfalls von Reagieren. Auch wenn das etymologisch nicht stimmt, chronologisch ist es richtig. " ˧ ˧ "Politik ist eine von der Verwertung (d.h. von der kapitalistischen Ökonomie) abhängige Größe. Schon dass sie mit dem gleichen Medium, d.h. dem Geld hantieren muss, zeigt ihre Subordination. Auch auf höchster Ebene ist Politik Verwaltung, nicht Gestaltung. „Wer Politik treibt, erstrebt Macht“ (Max Weber), ist so bloß hartnäckiger Schein. Politik ist eben nicht praktizierte Staatsbürgerkunde, sondern Über- und Umsetzung gesellschaftlicher Notwendigkeiten, die bestimmten Basislogiken und darauf aufbauend Basisbewegungen folgen, in die Sprache des Geldes (Budget) und des Rechts (Gesetzgebung)." ˧ ˧ "Politik ist eine immanente Form. Die Form, in der man agiert, ist das staatsbürgerliche Interesse im Besonderen (Rechtssubjekt zu sein) respektive das bürgerliche Interesse im Allgemeinen (Geld verdienen). Durch dieses Agieren bestätigen die Praktikant:innen die vorausgesetzten Bedingungen, gehen nicht über sie hinaus, sondern erfüllen sie. Politik ist der öffentliche Spielraum, also Spielzimmer, der Staatsbürger:innen. ˧ Politiken mögen verschieden sein, aber ihre Grundstruktur zwingt sie, die aktuelle kapitalistische Verwertung zu bedienen. Was nicht heißt, dass das immer gelingt, noch dass man das immer will, aber die Resultate zielen in diese Richtung, weil sie den Vorgaben nicht entfliehen können. Dafür ist Politik prädestiniert, alles andere ist Werbung und Ideologie, also Selbstbespiegelung. Das Politische determiniert sich als bürgerlich, wenn schon nicht bürgerlich gewesen, so stets als bürgerlich geworden. Politik ist ein staatsbürgerliches und bürgerliches Programm. Mit ihr kann nur so weitergemacht werden wie bisher. Politik erscheint den Bürger:innen als das Feld ihrer Selbstbestimmung, indes sie doch nur das öffentliche Terrain ihrer Selbstknechtung darstellt. Der Modus der Politik garantiert die Herrschaft der Form. ˧ Politik ist demnach Teil des gesamtbürgerlichen Ensembles der kapitalisti- schen Gesellschaftsformation (Staat, Recht, Ideologie, Arbeit, Geld, Wert und Werte). Sie ist nichts, was über diese Verhältnisse hinausreichen könnte. Politik hat keine Perspektive und Politik ist keine Perspektive. Keine neue, keine alternative, keine ökologische, keine revolutionäre Politik wird daran etwas ändern. Die Zukunft der Politik liegt, so meine Prognose, in der Notstandsverwaltung ökologischer und ökono- mischer, sozialer, medizinischer und mentaler Dauerkrisen. Daher sollte sie keine Zukunft haben. Emanzipation ist jenseits des politischen Wirkens zu deuten und zu konzipieren." ˧ "Politik und somit auch Wahlen sind dazu da, dass sich das, was sich blind hinter dem Rücken der Menschen durch ihre Handlungen herstellt, nachträglich oder vorsorglich als freie Entscheidung rechtfertigt. Der Zyniker Luhmann sprach daher von einer „retrospektiven Sinngebung“: „Was schon entschieden ist, muss ständig neuen Beschreibungen ausgesetzt werden, um es anzupassen an das, was gegenwärtig als mögliche Zukunft erscheint.“ (Niklas Luhmann, Die Politik der Gesellschaft, Frankfurt am Main 2002, S. 154). Freier Wille und freie Wahl sind Instanzen der Legitimation und des Vollzugs kapitalistischer Gesell- schaftlichkeit. Die Vergesellschaftung über den Wert ist keine direkte (Was wollen wir? Was tun wir?), sondern eine indirekte, eine fetischistische, wo sich die Menschen über Markt, Vertrag, Geschäft, Recht und Politik vermitteln. In der Politik geht es um Interessen gesellschaftlicher Rollen, nicht um die Bedürfnisse von Menschen. Wir anerkennen uns nicht direkt, sondern indirekt." ˧
https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/255913/1/Cheneval_Globalisierung___Hat_sich_der_Nationalstaat_uberlebt_.pdf ˧ " Ermöglicht und erheblich gesteigert wird diese ökonomische Globalisierung durch eine fulminante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien. Nebst einer transnationalen Vernetzung von individuellen Akteuren erlauben die neuen Technologien auch eine medial produzierte Gleichzeitigkeit der Wahrnehmung sehr entfernt auftretender Ereignisse, die in diesem Sinn zu globalen Ereignissen werden. Die technologische Entwicklung bringt aber nicht nur die Wahrnehmung globaler Ereignisse hervor, sie treibt auch die inhaltliche Produktion globaler Probleme ökologischer und ökonomischer Natur voran. In dieser Konstellation ist die Menschheit in vielerlei Hinsicht zu einer planetarischen Verantwortungsgemeinschaft geworden. Viele ihrer selbstgemachten Probleme sind globalen Ausmaßes und erfordern eine global koordinierte Lösung." (55) ˧ "Eingedenk dieser Lage ist es aber auch wichtig im Auge zu behal- ten, dass systemische und funktionale Integration und auch die welt- weite Verbreitung einer technisch ökonomischen Rationalität keinen Automatismus einer globalen Identität und einer globalen Integration der Erlebniswelten mit sich bringt. Und auch im Fall einer graduellen Entstehung von globalen Zugehörigkeitsgefühlen im Lichte einer con- dition écologique des Menschen ist es nicht plausibel, von einer Erset- zung der lokalen und nationalen Erlebnis- und Verständigungsgemein- schaften durch eine globale auszugehen. Ohne zu behaupten, die Glo- balisierung habe nicht auch eine wichtige kulturelle Dimension, muss doch festgestellt werden, dass Globalisierungsprozesse mit kulturellen und politischen Fragmentierungsprozessen einhergehen, wobei sich letztere aus dem Zusammentreffen von lebensweltlichen und zweckra- tionalen Partikularaffirmationen alimentieren. Kurz zusammengefasst bedeutet dies: Es besteht kein Automatismus von Globalisierung als funktionaler Systemintegration und der Herstellung von sozialen und politischen Verständigungsgemeinschaften." (55-56) ˧ Es gibt mindestens drei Möglichkeiten, die Frage zu verstehen, ob sich der Nationalstaat überlebt hat ˧
"Wer die Globalisierung als eine Auflösung der Staatlichkeit und des Primats des Staates gegenüber privaten Ordnungsstrukturen gedeutet hatte, wurde spätestens während der Finanzkrise auf den Boden der staatlichen Realität zurückgeholt. Es waren nationalstaatliche politische Akteure, welche das große Sterben im Jurassic Park der weltumspannenden Finanzkonzerne verhindern mussten." ˧ Insgesamt folgt aus den geschilderten Prozessen nicht das Ver- schwinden des Nationalstaates. Die Geschichte ist voll von Auflösungsprozessen von Nationalstaaten. Diese führen aber immer zur Bildung eines politisch und kulturell neu konfigurierten Einzelstaates. Die Bezugsgrösse ist dabei meist eine adäquatere Bestimmung dessen, was die Nation ist. Solche Prozesse bestätigen also das Prinzip Nationalstaat. Ändern tut sich in der Regel nur die inhaltliche Bestimmung dessen, was fürderhin unter »national« verstanden wird. Wenn ein Nationalstaat »stirbt«, wird gleichzeitig ein neuer »geboren«: ˧ Teile, die sich von einem Staat abspalten wollen, tun dies um einen eigenen Nationalstaat zu gründen. Sezessionen sind kein Angriff auf die Idee des Nationalstaates, sondern dessen Affirmation. ... Wie stark diese Tendenz ist, lässt sich an der Geschichte der UNO ablesen, die von 51 Staaten gegründet wurde und im Zuge von Sezessionsprozessen auf 193 Mitgliedstaaten angewachsen ist. Die Globalisierung funktionaler Systeme von Kommunikation und Handel und dieFragmentierung der politischen Gemeinschaften und politischen Identitäten sind korrelierende Tendenzen, wie Thomas Bernauer gezeigt hat. (61) ˧
".... solch globale Herausforderungen sind zum Beispiel die nachhaltige Bewirtschaftung von global commons: das Abwenden einer Klimakatastrophe, die Herstellung globaler Sicherheit im Zeitalter von Nuklearwaffen und transnationalem Terrorismus, das Bekämpfen von Pandemien etc. 62 ˧ Es wäre nicht plausibel eine gegenteilige These zu vertreten, nämlich dass es keine wesentlichen Probleme gibt, die ein Einzelstaat nicht auch alleine lösen könnte. Allerdings gilt es eine Argumentationslücke im Auge zu behalten. Wie auch immer eine Lösung von planetarischen Problemen oder sogenannt globalen Herausforderungen aussehen mag, sie wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Moment staatlicher Durchsetzung enthalten, also nicht ohne robuste Staatsgewalt vonstatten gehen. Die nachhaltige Nutzung gemeinsamer Ressourcen, die Reduktion der Umweltbelastung, die Verhinderung atoma- rer Katastrophen, die Bekämpfung des transnationalen Terrorismus führen allesamt über die Lösung von Übernutzungs- und Trittbrett- fahrerproblemen, die ohne Durchsetzungsgarantien nicht lösbar sind. 62 ˧ Die durchaus zutreffende These, dass es Probleme gibt, die der Einzel- staat nicht alleine lösen kann, impliziert also nicht, dass sie ohne ihn gelöst oder ohne ihn besser gelöst werden können. Letzteres wäre nur der Fall, wenn die robuste Staatsgewalt des Nationalstaates (oder auch des europäischen Einzelstaates, wenn es ihn denn gäbe) ersetzt und von einem Weltstaat garantiert werden könnte. Diese Voraussetzung setzt aber einen gewichtigen Teil des Problems als gelöst voraus, spannt also den Karren vor das Pferd. '''Denn eine robuste weltstaatliche Zwangs- gewalt wäre nur möglich, wenn sie von einem breiten politischen Ba- siskonsens getragen wäre und die Menschheit eine politische Verstän- digungsgemeinschaft''' darstellen würde. Das ist nicht per se unmöglich, aber es ist angesichts der politischen, lebensweltlichen und sprachli- chen Fragmentierung der Menschheit höchst unplausibel und, wie schon Kant in seiner Schrift »Zum ewigen Frieden« bemerkte, in ab- sehbarer Zeit nur als Despotismus vorstellbar. Der Problemdruck globaler Herausforderungen führt aber unter den gegebenen Bedingungen einer 193-fach aufgeteilten Staatenwelt zu einem Kooperationszwang und zur Notwendigkeit koordinierter Durchsetzung von gemeinsamen Problemlösungsstrategien 62-63 ˧ .... ˧ --- ˧
Liberalismus und Demokratie werden oftmals als untrennbare Konzepte präsentiert, im Begriff der “liberalen Demokratie”. Jedoch priorisieren die beiden Traditionen unterschiedliche, im Kern widersprüchliche Dinge... ˧ Der Liberalismus findet seinen philosophischen Ursprung in der ‘Aufklärung’, einer geistigen Bewegung die Ende des 17. Jahrhunderts in Europa entstand. Sie stellte die Machtdominanz der Kirche und des Adels zu Gunsten der Bourgeoisie (des wohlhabenden Bürgertums) infrage. Jeder Mensch habe unveräußerliche Menschenrechte aufgrund seines Menschseins, und somit sei ein göttlich legitimierter Herrschaftsanspruch (von Monarchen) hinfällig. Letzteres wurde als Aberglaube verstanden, von dem sich der Mensch befreien könne, indem er sich seiner Vernunft bediene. ˧ Klassische Liberale Werte, wie beispielsweise vertreten von John Locke, verfechten außerdem, dass der Freiheit und dem öffentlichen Interesse besser gedient sei, wenn man Entscheidungen Privatpersonen überlässt und die Freiheit des Einzelnen, insbesondere die Freiheit vom Staat betone. Das Recht des Einzelnen im Politischen und die Eigeninitiative des Einzelnen im Wirtschaftlichen stehen im Mittelpunkt. Individuelle Freiheit und Menschenrechte sind also zentral. ˧ Während das liberale Verständnis von Gleichheit aussagt, das jeder Mensch jedem Menschen gleich ist, kann sich diese Gleichheit in einer Demokratie nur auf den Demos beziehen. Carl Schmitt stellt fest, dass es demokratietheoretisch darauf ankommt, eine Trennlinie zu ziehen zwischen denen, die dem Demos angehören – und daher gleiche Rechte haben – und denen, die in einem politischen Bereich nicht die gleichen Rechte haben können, weil sie nicht Teil des Demos sind. Das zeigt sich beispielsweise am Konzept der Wahlberechtigten. Die Teilnahme an der Wahl setzt voraus, dass nicht alle Menschen zum Demos gehören (und somit gleich sind), sondern nur Staatsbürger*innen eines Landes, deren Stimmen in der Wahl widerrum gleich gewichtet werden. ˧
"Der Theorie zufolge soll der neoliberale Staat starke individuelle Privateigentumsrechte, die Rechtsstaatlichkeit und frei funktionierende Märkte sowie freies persönliches Handeln fördern. Das Individuum steht im Mittelpunkt. Doch auch der Neoliberalismus ist von Widersprüchen gekennzeichnet. Es besteht ein Widerspruch zwischen einem verführerischen, aber entfremdeten Individualismus auf der einen Seite und dem Wunsch nach einem sinnvollen kollektiven Leben auf der anderen. Der Einzelne hat zwar oberflächlich die freie Wahl, soll sich aber nicht für den Aufbau starker kollektiver Institutionen (wie Gewerkschaften) entscheiden. Schwache, freiwillige Vereinigungen (wie Wohltätigkeitsorganisationen) werden priorisiert. Die Bevölkerung solle sich außerdem nicht zu politischen Parteien zusammenschließen, die den Staat dazu zwingen, in den Markt einzugreifen oder ihn fundamental zu beschneiden. Die größten Gefahren für den Neoliberalismus beschreibt David Harvey als Rassismus, Kommunismus, Sozialismus, autoritärer Populismus und sogar Mehrheitsherrschaft. Um sich davor zu schützen, müsse die neoliberale Ordnung die demokratische Regierungsführung stark einschränken und sich stattdessen auf undemokratische und nicht rechenschaftspflichtige Institutionen (wie das IMF) zur Entscheidungsfindung verlassen (vgl. David Harvey, A Brief History Of Neoliberalism). Dies führt zu dem Paradoxon intensiver staatlicher Interventionen und einer Regierung durch Eliten und “Experten” in einer Welt, in der der Staat eigentlich nicht intervenieren sollte." ˧ "Die heute vorherrschende Tendenz besteht darin, Demokratie so zu konzipieren, dass sie fast ausschließlich mit dem Rechtsstaat, universellen Rechten und dem Kapitalismus identifiziert wird. Das Element der Volkssouveränität gilt als überholt und wird zur Seite geschoben. Wie wir in den vorherigen Abschnitten feststellen konnten, entstehen hieraus unterschiedliche Widersprüche und ein demokratisches Vakuum." ˧
In das proto - faschistische Kräfte vorstoßen und die Volkssouveränität einklagen. (Die sie natürlich dann als Dauer - Inszenierung umd - mobilisierung vereinnahmen wollen,) ˧ "Doch noch einen weiteren Widerspruch des Liberalismus machen sich Faschisten zu Nutze, wie am Beispiel von Migration aufgezeigt werden kann. Während liberale Stimmen begründet in den universellen Menschenrechte Migration zumindest legitimieren, lassen sie völlig außen vor, dass es im Kapitalismus, und insbesondere im Neoliberalismus, mit dem Dogma der unantastbaren Rechte des Eigentums, die allumfassenden Tugenden des Marktes und die Gefahren eines Eingriffs in seine Logik, aus Sicht von Arbeiter*innen – vorausgesetzt man folgt der kapitalistischen Logik – rational argumentiert werden kann, keine weiteren Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt aufzunehmen. Diese Spannungslinie zwischen Arbeiterinnen und Arbeitern in verschiedenen Nationen wird durch die Verlagerung von Produktionsstätten in Niedriglohnländer noch verstärkt. Wenn sich die Kritik der etablierten Parteien dann nicht in Richtung Kapitalakkumulation richtet, befinden wir uns schnell in einer Situation, in der ArbeiterInnen gegen ArbeiterInnen ausgespielt werden können. Das machen sich Faschisten zu Nutze." ˧
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/volk (2006) ˧ Volk: das ist, folgt man der praktisch verbindlichen Festlegung moderner Gesetzgeber, nichts weiter als die Gesamtheit der Bewohner eines Landes, die eine zuständige Staatsmacht zu ihren Angehörigen erklärt. Diese bilden – ungeachtet ihrer natürlichen wie gesellschaftlichen Unterschiede und Gegensätze – ein politisches Kollektiv, indem sie ein und derselben Staatsgewalt untergeordnet sind. Ihre Verpflichtung auf dieselbe Herrschaft und deren Programm ist die gemeinsame Sache, für die sie als Volk einstehen. ˧
Die Etablierung eines Gewaltmonopols über ein Territorium und die auf ihm lebenden Menschen erfolgt nicht, um sie zu unterdrücken. Ihre Ernennung zu Untertanen oder Bürgern zielt auf ihre Benutzung, fordert tätige Anerkennung der Herrschaft, also Einsatz für deren Belange. Das Interesse an menschlichem Inventar war und ist für keinen Staat mit der Formalität erledigt, die heutzutage in der Ausstellung eines fälschungssicheren Passes zelebriert wird. Umgekehrt: Als Volk bewähren sich Reichs- und Staatsangehörige dadurch, dass sie ihr gesellschaftliches Leben – ihre Arbeit und ihren Erwerb, die Einteilung ihrer Bedürfnisse, damit ihren Verkehr untereinander – so einrichten, wie es die öffentliche Gewalt vorsieht. Deren Maßgaben für das Zusammenwirken der Bürgerschaft, die sich allemal um die Mehrung von Reichtum und Macht der Nation drehen, heißen ‚Recht und Ordnung‘ und organisieren die Lebensverhältnisse der Landsleute, um aus ihren Leistungen nützliche Dienste für das Programm der Nation zu machen. ˧
In der staatlich verfügten Geschäftsordnung finden die Untertanen eines Kurfürsten wie die Wähler einer gesetzgebenden Versammlung nicht mehr und nicht weniger vor als ihre Lebensbedingungen, mit denen es zurechtzukommen gilt. Die Gewohnheit, die Taten und Einrichtungen der Herrschaft als ‚die herrschenden Verhältnisse‘ zu nehmen, sich in ihnen abzumühen und ihnen anzupassen, sich mit den Möglichkeiten und Schranken der eigenen sozialen Stellung abzufinden bzw. herumzuschlagen, zeichnet ein nachhaltig brauchbares Volk zu allen Zeiten aus. Damit beschäftigt, mit Interessen fertig zu werden, die den eigenen entgegengesetzt sind und nur allzu oft überlegene Mittel zur Verfügung haben; stets gewärtig, von der maßgeblichen Ordnungsmacht mit neuen Pflichten und Opfern bedacht zu werden: haust es sich in seiner Abhängigkeit von den Entscheidungen der Staatsgewalt ein. ˧ " Im passiven wie aktiven Bezug auf ‚ihre‘ Herrschaft abstrahieren gebeutelte Untertanen wie mündige Bürger von den gegensätzlichen Interessen und Mitteln, mit denen eine staatliche Regie sie ausstattet, und setzen auf die Segnungen einer machtvollen Regie." ˧ "Der Bedarf an Reichtum und Macht beschränkt sich – das ist geschichtlich verbürgt – nicht auf die Benützung des einmal in Besitz genommenen Territoriums und der Leistungen seiner Bewohner. Die seit Menschengedenken in Richtung ‚Globalisierung‘ zielenden Ansprüche von Staaten bringen diese in Konflikte, in denen manchmal gleich, immer aber letztlich die Gewalt entscheidet. Dafür und ebenso für alle unterhalb des Krieges anstehenden Auseinandersetzungen pflegen die Staatenlenker ihre Völker heranzuziehen – wen denn auch sonst. Und wo die Staatsangehörigen die Garantie einer inneren Geschäftsordnung quasi als ein Lebensmittel akzeptieren, für dessen Bereitstellung eine hoheitliche Gewalt zuständig ist, bleiben die fälligen Dienste nicht aus. Ein intaktes Willensverhältnis zwischen Herrschaft und Volk wird nicht dadurch erschüttert, dass für die Vorbereitung und Durchführung von Waffengängen pure Opfer – ohne den geringsten Schein eines Lohnes – anstehen. Im Gegenteil: Der Zusammenschluss von Führung und Geführten zum nationalen „Wir“ ist nötig, weil es um die Alternative ‚Bestand oder Untergang des Gemeinwesens‘ geht. Ein Volk kämpft um sein Überleben, wenn die Herrschaft ‚vitale Interessen‘ bedroht sieht." ˧ Die Identität, die sich im Umgang mit fremden Staaten und Völkern bewährt, ist ersichtlich dieselbe Abstraktion, die sich ein Volk im zivilen heimatlichen Betrieb genehmigt. ˧
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