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Eingangs wurde schon auf die Kriegsträchtigkeit der gegenwärtigen Weltlage verwiesen. Ich möchte aus einem aktuellen Artikel der Zeitschrift "Gegenstandpunkt" zitieren, um die Härte des Krieges für die Vision der Globalen Dörfer zu paraphrasieren. Es lässt sich nämlich tatsächlich kein härterer Gegensatz zu der Möglichkeit lokaler Selbstbestimmung denken als der Zustand des Krieges zwichen Nationen. ˧

Einsteweilen dürfen wir das noch aus der Ferne in der Ukraine beobachten: Für die Selbstbehauptung ihrer souveränen Macht nehmen Staaten außer dem Verheizen ganzer Generationen auch die Zerstörung alles dessen in Kauf, was auf dem nationalen Territorium Lebensbedingung ist, worin und wovon also die ansässige Bevölkerung lebt. Eine an den Feind verlorene Stadt oder Landstrich existiert für die Hauptstadt nicht mehr, denn sie hat dort nicht mehr das Sagen; schlimmer noch, sie ist nun Bastion und Ressource des Feindes und wird vom Heimatstaat erst recht in Schutt und Asche gelegt. Leben und Lebensbedingungen der Bevölkerung sind es wert unterzugehen, wenn dadurch nur die Staatsmacht überlebt und sich behauptet. ˧

Ob in der Ukraine oder in Gaza: im Krieg versteht sich die Selbstbehauptung der Staatsmacht gegen einen äußeren Feind trotz der Orgien vonGgewalt und zerstörung als Einlösung eines Schutzversprechens gegenüber den ihr zugehörigen Menschen; Das totale Ineinssetzen von Staat und den seiner Herrschaft untergeordneten Menschen ist nicht nur eine zynische Propagandalüge, es ist Praxis. Die Obrigkeit erklärt sich nicht nur, sie setzt sich so unbedingt als erste Lebensbedingung ihrer Bevölkerung, dass sie ein Leben außerhalb ihres Kommandos gar nicht kennt und gelten lässt. ˧

Dieses Verhältnis - zumindest das könnte man lernen - nimmt der Staat auch im Frieden den Untertanen gegenüber ein: Sein Gewaltmonopol erzwingt den Gewaltverzicht der Bürger und ist so die unverzichtbare Grundlage ihres wirtschaftlichen und sozialen Verkehrs miteinander – erste Lebensbedingung der bürgerlichen Gesellschaft ist die Unfähigkeit der Selbstorganisation. Im Frieden bestimmt die Staatsmacht mit ihren Gesetzen die Wege und Chancen des individuellen Daseins. Ist dieses ja schon als Selbstbehauptung in der Konkurrenz organisiert .... Im Krieg, wenn sich der Staat gegen eine konkurrierende Staatsmacht behauptet und dafür das Leben seiner Bürger einsetzt, haben die genau das als Verteidigung ihrer Lebensbedingungen, ja von sich selbst und ihrer Freiheit zu nehmen: Ohne ihren Staat gibt es kein Leben, weil er keines zulässt. ˧

Es ist eine brutale Ironie, dass die totale Subsumtion des Menschen unter den Staat, die der ihm im Krieg antut, die unwahre Identität glatt subjektiv wahr macht. Der Staat schickt seine Soldaten ins Feuer, setzt seine Zivilisten feindlichen Bombardements aus, sodass deren Überleben tatsächlich am Erfolg der eigenen Truppen hängt. Die feindliche Konfrontation, in die sie von ihrem Staat gestellt werden, erzwingt ihre Identifikation mit ihrer Rolle als Machtressource der Nation. ˧

Soldaten treten denen der anderen Seite als genau das gegenüber, was sie selbst sind: komplett auf ihre Staatszugehörigkeit reduzierte Wesen, die einander in dieser und nur in dieser Eigenschaft begegnen und darin füreinander lebensgefährlich sind. Im unpersönlichsten Gegensatz gegen den anderen, den sie nicht kennen und gegen den sie als Mensch nichts haben, müssen sie schneller schießen als der, um ihr eigenes Leben zu retten. Und indem sie tötend um ihr Leben kämpfen, erfüllen sie ihre Funktion als Gewaltinstrument ihrer politischen Herrschaft ˧

Ohne politische Herrschaft leben, das gibt es erstens nicht auf diesem zwischen lauter politischen Souveränen aufgeteilten Globus, und zweitens ist die Rolle des Staatenlosen in einer Welt von Staaten erst recht trostlos: Die Palästinenser als Angehörige eines Volkes ohne Staat werden von der Staatsmacht, in deren Reichweite sie hausen, als Fremdvolk ausgegrenzt, kriegen deren Gewalt und Herrschaft zu spüren, ohne von ihr als Teil ihrer Basis und insoweit als berechtigte Bürger anerkannt zu sein. Dass das ein Unglück ist, macht die Perspektive einer „eigenen“ Souveränität noch lange nicht zu einem Glück. Auch nicht vergleichsweise. ˧

Die gar nicht ernst gemeinte Frage nach einer Alternative zum Krieg richtet sich an Landesbewohner, bei denen nichts als ihre Nationalität zählt; sie ruft die gerade im Krieg so absurde Identität von Mensch und Staat ab. ˧

Unterscheidet man, wird der Unsinn der Frage nach der sowieso nicht existenten Alternative deutlich: Fragt man Putin, Selenskyj, Netanjahu etc., ist die Frage längst beantwortet. Sie suchen keine Alternative, ihnen fehlt auch keine, sie wissen sich nichts Höheres als die Selbstbehauptung der Souveränität ihrer Macht nach außen und innen; die betreiben sie mit aller Konsequenz. Damit ist die Frage, an die normalen Russen, Ukrainer usw. gestellt, auch schon beantwortet: Sie haben keine Alternative – und zwar aus einem ganz anderen Grund als die obige Frage nahelegt. Sie entscheiden nämlich nichts; Krieg wird ihnen angeordnet, sie werden eingezogen, und wer abhaut oder sich verweigert, wird eingesperrt. Der alte Spruch der Friedensbewegung – „Stell dir vor, es ist Krieg – und keiner geht hin!“ – ist eben ein blöder Wunschtraum: Der Krieg kommt dann schon zu den Menschen in Form von Gestellungsbefehlen zu den einen, in Form von Flächenbombardements zu den anderen. ˧

Objektiv sind die Kriegsopfer beider Seiten Dokumente des absoluten Gegensatzes der Landesbewohner zu den Staatsgewalten, die sie für ihre Konfrontation miteinander antreten lassen und verheizen. Für die staatsbürgerliche Orientierung im Krieg des eigenen oder verbündeten Staates sind sie das Gegenteil: An den Opfern, die der Feind schafft, erkennen Interessierte dessen bösartige, menschenfeindliche Natur. Kriegsopfer sprechen dann nicht gegen Krieg, sondern gegen den Krieg des Feindes und für das Recht, ja die Pflicht der eigenen oder der favorisierten Seite, ihren Krieg gegen den Feind, der so viel Tod bringt, zu führen und zu gewinnen. ˧

Der unbedingte Gegensatz von Staat und Mensch ist in dieser Welt von Staaten alles andere als unbekannt. Man muss nur wissen, wo er hingehört. Er gehört zum Feind. Ihm bestreitet man das unwahre „Wir“, das auf der eigenen Seite im Krieg unbedingt hochgehalten wird. Die Selbstbehauptung seiner Staatsmacht ist DANN kein echter Staatsauftrag und kein Volksbedürfnis, sondern die egomanische, eventuell größenwahnsinnige Ambition eines, nun auch so genannten, „Herrschers“. ˧

Diese Unterscheidung definiert auch die Rolle der menschlichen Machtinstrumente, die im Krieg zum Einsatz kommen. Die an die Front beorderten Soldaten, deren Lebenserwartung gegen Null geht, werden im Fall der befreundeten und mit Waffen ausstaffierten Ukraine als Subjekte des Krieges hofiert: Sie verteidigen sich und, wenn sie sterben, sind sie nicht, sondern bringen ein Opfer für ihr Volk und seine Zukunft. Sie sind Helden. Dieselben Soldaten auf der anderen Seite, die in derselben Lage dasselbe tun, sind Kanonenfutter, sie sterben sinnlos, verteidigen kein „Wir“, sondern sind missbrauchte Opfer eines grundlosen, persönlichen Machtwillens. Und wenn Putin Orden verleiht und Heldengedenktage ausrichtet, durchschaut jeder den Zynismus." ˧

Es war mir jetzt wichtig das noch einmal klar zu machen. Globale Dörfer im Vollsinn sind mit einer Welt von Staaten inkompatibel. Im Krieg sind sie nicht einmal mehr als Alternative denkbar. Und leider schmezen die mentalen Barrieren gegen den jederzeit möglichen Beschluss der politischen klasse Europas zur Eskalation des Drucks auf die obsolete Müchtegerngroßmacht Russland durch direktere militärische Intervention zusammen wie der Schnee in der Frühjahrssonne. Und ja, es ist den meisten von uns unangenehm auch nur nachzudenken über diese Möglichkeit. Aber wer zwischen den Zeilen der Expertenmeinungen liest der weiß dass sie immer realer wird. ˧