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"Wenn alle in die Stadt ziehen – wohin zieht das Dorf?" ˧

Die Zeit wäre günstig, Dörfer als Basislager in der globalisierten Welt neu zu gestalten. Vielleicht eröffnet gerade die Corona-Pandemie neue Perspektiven dafür. ˧

Artikel in der NZZ von Clemens Renker ˧

01.12.2021, 05.30 Uhr ˧

Hoffentlich wird es mit unseren Dörfern nicht so schlimm, wie es schon ist, könnte man mit Karl Valentin über deren Zukunft unken. Wissenschaft und herrschende Fachwelt sind sich einig über den Megatrend der Urbanisierung aufgrund der Anziehungskraft der Metropolen. Die Corona-Krise hebt derzeit zusätzlich den Wert von funktionierenden Kleinstädten und Mittelstädten an. Was tun? Brauchen wir die Institution Dorf im «Global Village» von heute überhaupt noch? ˧

«Kirche, Gemeindehaus und Wirtshaus»

Jede Institution bezieht ihre Existenzberechtigung daraus, dass sie relevante Probleme von Menschen relativ besser lösen kann als Alternativen. So beginnt auch die Gründung von Dörfern, als die Menschen vor 10 000 bis 12 000 Jahren als Jäger und Sammler sesshaft wurden. Dörfer starteten ihre Blütezeit vor etwa 1000 Jahren, als sie Nahrungsmittel für die aufstrebenden Städte lieferten. ˧

Die Dekonstruktion der Dörfer, ihr Niedergang bis zur Auflösung begannen vor wenigen Jahrzehnten, als die fünf wesentlichen Treiber und die Rechtfertigung ihrer Existenz sehr schnell erodierten: Den offensichtlichsten Schritt auf ihrer Reise zum Niedergang taten die Dörfer beim Wandel von der jahrhundertealten Landwirtschaft über den ökonomisierten Agrarbetrieb zum exzessiv verwertbaren Wirtschaftsland. Die Transformation der verbliebenen, noch Nahrung produzierenden Bauern von subventionierten, scheinbaren Natur- und Landschaftspflegern zu monokulturellen, industriellen Energierohstofflieferanten entzieht den restlichen Humus, auf dem dorfbürgerliches Leben gedeihen könnte. ˧

Die Kirche im Dorf, die über Jahrhunderte hinweg die Integrationskraft bildete, zieht selbst zur letzten Ruhe. Die Dorfschulen sind längst zu Fahrschulen geworden. Die einstigen sozial und kulturell auf nachbarlichen Zuruf organisierten Dörfer sind heute verwaltete Siedlungen ohne Rat und Stammtisch. Bei den seit den 1970er Jahren durchgesetzten Eingemeindungen ist die Bevölkerung nur sehr selten zusammengewachsen und hat eine neue Dorfidentität ausgebildet. ˧

Mit dem rapiden Sterben der Dorfwirtshäuser ging auch der Dreiklang «Kirche, Gemeindehaus und Wirtshaus» als Ort der Geselligkeit und des Miteinander-Streitens verloren. Die zahlreichen Dorfvereine bildeten den Kitt für Gemeinsamkeit, für ehrenamtliches Engagement und für die Entwicklung von grundlegender demokratischer Diskursfähigkeit. Nun laufen den Vereinen mit den Mitgliedern auch ihre Vorstände und Ehrenamtlichen davon. ˧

Subventionen und Romantik ˧

In vielen Dörfern steuern seit Jahren Programme zur Dorferneuerung mit hohem finanziellem Aufwand unter bürokratisch-planwirtschaftlichen Namen dagegen an. Staatliche Subventionen müssen verbaut, Strassen deshalb höher geteert werden. Andererseits sind unsere romantisierten Sichtweisen auf die Dörfer nur konstruierte Illusionen. Vielleicht zieht gerade diese ordnungsmässige Unbehaustheit auf den Dörfern Kreative und Intellektuelle aus den hektischen Städten an, und sie nutzen die derzeitigen Möglichkeiten der brachliegenden Dörfer. ˧

Eigentlich wäre jetzt die Zeit günstig, Dörfer als Basislager in der globalisierten Welt systematisch und agil zu einer resilienten Heimat neu zu gestalten. So könnten attraktive Alleinstellungsmerkmale lauten: das autarke Dorf, das Miteinanderdorf, das digitale Dorf, das Ökodorf usw. Auf dem Weg dorthin wären sinnvolle Lebens- und Arbeitsfelder zu entwickeln und so aufeinander abzustimmen, dass das neue Dorf nachhaltig lebenswert ist und eine nötige Resilienz und Robustheit gegen die weltweiten Stürme des Lebens entwickelt. ˧

Daraus entstehen und fliessen nachhaltige Lebensgrundlagen in Form von Einkommen und Arbeitsplätzen einerseits. Für die Kommunen spriessen daraus andererseits Steuern, Gebühren, Beiträge, Finanzzuweisungen und eine höhere Verschuldungs- und Investitionsfähigkeit. ˧

Home-Office ˧

Alle diese Aktivitäten brauchen schnelles Internet, Ermöglichungsräume und Abläufe im Dorf, in deren Rahmen Leben und Arbeiten effizient und mit wenig schadhaften Emissionen stattfinden können. Nun eröffnet uns vielleicht gerade das Coronavirus die Lösung für Dörfer. Arbeiten kann künftig auch hybrid vom dörflichen Home-Office aus, mobil über Remote-Zugriff und in den Büros stattfinden. ˧

Die Digitalisierung ermöglicht es uns, Menschen und Wertschöpfungsprozesse ortsunabhängig vollkommen neu zu vernetzen, zu koordinieren und zu steuern. Plattformen bringen Güter und Dienstleistungen überall effizient zur Nachfrage. Das Expertenwissen und die Fähigkeiten der Dorfbürger können wir mit dem Weltwissen über die Cloud von jedem Ort aus vernetzen. ˧

Wir müssen dann nicht mehr sehnsuchtsvoll vom romantischen Dorf träumen, das es ohnehin so nie gab. Wir müssen die Verstädterung der Dörfer nicht beklagen. Wir haben dann eben die neue «Landstadt»: rurban. ˧

Clemens Renker war Professor für Marketing und Bankmanagement und lehrte an verschiedenen deutschen Hochschulen. Er ist Autor von «Das neue Dorf. Gestalten, um zu überleben – vier Handlungsfelder zum Erhalt dörflicher Gemeinden» (Springer-Gabler-Verlag). ˧

https://www.amazon.de/Das-neue-Dorf-Handlungsfelder-dörflicher/dp/3658214457 ˧

Bleibt uns tatsächlich nur, den Verlust der Dörfer zu beklagen und den Triumph der Städte zu feiern? Der Autor sagt nein! Er ist überzeugt von der Zukunft des Dorfes. Unsere Dörfer haben riesige Probleme – und ebenso große Chancen. Diese zu sehen und aktiv zu gestalten ist die Botschaft dieses Buches.
Wie der Weg zum neuen Dorf beschritten werden kann, beschreibt Clemens Renker mit profundem Wissen und seiner persönlichen Erfahrung aus der aktiven Dorferneuerung. Das Dorf hat Zukunft, wenn es gelingt, die neuen Chancen zu erkennen und die seit Jahrhunderten bestehenden Ursachen für das Erfolgsmodell „Dorf“ zu revitalisieren.
Renker stellt die richtigen Fragen und liefert konkrete Handlungsanweisungen: ˧

  • Worin besteht die Existenzberechtigung von Dörfern? Wie können sich Dörfer im Wettbewerb mit Städten wirkungsvoll positionieren? ˧
  • Gibt es zur „Smart City“ ein „Smart Village“? ˧
  • Welchen Menschen bieten Dörfer welche vorteilhafteren Leistungen und Lebensqualitäten? ˧
  • Wie erzielen Dörfer nachhaltige Einnahmen, um ihre Infrastruktur und Daseinsvorsorge finanzieren zu können? ˧
  • Nach welchen Werten, Normen und Regeln wollen die Menschen im Dorf zusammenleben? ˧