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Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Intro   
0 Der "World Localisation Day".   
Rob Hopkins: Es ist wichtig die Frage "Was wäre wenn" einzuladen   
Raum   
Ort   
Prozesse   
Pakte   
˧

Intro    

Liebe HörerInnen, hier ist wieder einmal Franz Nahrada und ich begrüße Sie zur neunten Folge der Sendereihe "Willkommen im Globalen Dorf". Heute ist der 22. Juni 2020, wir sind noch in der wunderschönen Zeit der Sonnenwende, und ich hoffe so mancher unter Ihnen hat dieses magische Neumond - Wochenende trotz Wolken und Regen bewusst verbracht. ˧

Bevor ich mich dem Thema der heutigen Sendung zuwende, möchte ich auf eine schöne und passende Innovation aufmerksam machen, die gestern am 21. Juni Weltpremiere hatte: (1:46) ˧

0 Der "World Localisation Day".    

(Clip) (1:46+2:17 = 4:03) ˧

Habt Ihr, haben Sie gewusst, dass es seit gestern einen Tag gibt, der die Rückführung der globalen Wirtschaft auf ein menschliches Niveau in den Mittelpunkt stellt? Der alle Menschen auf der Welt zusammenbringt, die sich für den Aufbaus jener wirtschaftlicher Strukturen einsetzen, die Güter und Dienstleistungen, die eine Gemeinschaft benötigt, wann immer möglich lokal und regional produzieren können? Die so überall auf dre Welt den Zusammenhalt der lokalen Gemeinschaften stärken und zu mehr menschlicher Gesundheit und materiellem Wohlstand führen werden, während gleichzeitig die Umweltverschmutzung und die Schädigung der natürlichen Welt verringert werden? Das alles und viel mehr ist Inhalt des World Localisation Day. Er erinnert uns daran, dass unsere wahre Stärke, unsere wahre Kraft die Kraft der Nähe ist. Und erstmals, wirklich erstmals in der Geschichte, wurde daraus ein globales, weltumspannendes Fest für diese Nähe.[1][2] ˧

Es bedarf eines globalen Annäherungsprozesses von unzähligen Menschen, Organisationen und Gemeinschaften zueinander, einer gemeinsamen geistigen Reise, die mit einer Wahrnehmung der verhängnisvollen, gewaltsamen und unnatürlichen wirtschaftlichen Globalisierung beginnt. Sich selbst und andere darüber aufklären und bilden ist der erste Schritt. Sich klar darüber zu werden welchen Entwicklungen wir widerstehen und sie überwinden wollen. Aber auch umgekehrt sich klar zu werden welche Dinge, auch welche verlorengegangenen Dinge wir erneuern und mit Leben füllen wollen. Es ist wichtig, dass sich überall um die Welt ein gewaltiges Nein zu einem System der diversitätsvernichtenden Monokulturen zu artikulieren beginnt. Und ebenso wichtig ist es, zu artikulieren wofür wir sind und worin unsere positive Vision besteht. Diese beiden Pole können und werden und müssen einander verstärken. ˧

Es ist schade dass diese beiden Pole heute so sehr getrennt sind. Viele Menschen kultivieren ein Bewusstsein des rein positiven Denkens, wollen sich nicht einmal anschauen wogegen sie sind. Sie glauben sich dadurch aufs Negative zu fixieren. Aber es geht nicht um ein aggressives nein oder gar ein gewaltsames Nein, es geht nicht um die Dämonisierung von einzelnen Indviduen oder Unternehmen, Regierungen oder Gruppen. Es geht vielmehr um Klarheit über das System das uns voneinander und von der Erde trennt. Genauso, wie wir Klarheit und mehr Informationen brauchen über die phantastische Zahl der lokalen Initiativen und Gemeinschaftsbildungen um die ganze Welt, ihre Visionen, ihre Standhaftigkeit, ihr positives Menschenbild voll Liebe und Mitgefühl. Das führt uns ganz natürlich zu dem Bedürfnis zu feiern, uns damit aber auch ganz tief mit uns selbst zu verbinden und die Wunden zu heilen, die uns ein einseitiges analytisches Denken zugefügt hat. Wir brauchen diesen analytischen Teil unseres Geistes, sowohl um das Zusammenspiel der Teile des gegenwärtigen Systems zu analysieren als auch um zielbewusst handeln und eine andere Realität hervorbringen zu können. Doch ebensosehr brauchen wir inneren Frieden, Stille und Freude. Daher dürfen wir auch ab und zu bewusst die eine hyperaktive Gehirnhälfte abdrehen und der anderen erlauben, hervorzutreten. Wenn wir beginnen, unsern Atem zu spüren, das Leben in uns, und wenn wir dann auch das Gefühl für das Leben um uns wieder tiefer wahrnehmen, dann wissen wir auch tiefer wofür und warum es sich zu leben lohnt. Wir wissen auch dass dieses Leben nur im Miteinander einen Sinn macht, und wir feiern dieses Miteinander genauso wie alle Kulturen in der Geschichte der Menschheit gefeiert haben. Wir singen, wir tanzen, wir kochen und essen gemeinsam, wir feiern das Wunder des Lebens und die Weisheit der tradiionellen Kulturen und die Schönheit der Lebensräume die wir gestalten. ˧

Ja, so in etwa hat die Initiatorin Helena Norgberg Hodge den Sinn dieses Feiertages zusammengefasst. Ich war wirklich überrascht, wieviele prominente Namen sich auf der Liste der Beitragenden finden: Vandana Shiva, Noam Chomsky, Charles Eisenstein, George Monbiot, Brian Eno, Chris Hedges, David Korten, Jane Goodall, Daniel Wahl, Christian Felber waren nur einige der Namen, die unter vielen anderen zu diesem Event beitrugen. Ein virtuelles Filmfestival mit dutzenden frei verfügbaren Filmen, mehrere Webinare und Bildungsveranstaltungen, künstlerische Beiträge und mehr umrahmen diesen Geburtstag einer neuen weltweiten Bewegung, zu dem auch diese Sendereihe und unsere Arbeit mit der Dorfuni ein Beitrag ist. (5:43) [3] ˧

Zeitgerüst: (4:03 + 5:43 = 9:47) ˧

Xalo Musikclip (2:23) ˧

Zeitgerüst: (9:47 + 2:23 = 12:10) ˧


Sie hören gerade die 9. Sendung aus der Reihe "Willkommen im Globalen Dorf", ich bin Franz Nahrada aus Bad Radkersburg und neben dieser Sendung gestalte ich auch ganz praktisch mit einem wachsenden Team die sogenannte DorfUni. (Zu finden sind wir unter www.dorfuni.at) ˧

Dort produzieren wir online Streams, also Vorträge, deren Hauptfunktion die Vermittlung von lokal relevantem Wissen also der Erfahrungen von aktiven Gemeinden und Bürgerschaften ... plus nützlicher und hilfreicher Erklärungen durch Forscher und Wissenschafter ist. Diese online Streams sollen simultane und synchronen Gespräche der Zuhörer und ZuhörerInnen vor Ort (also an verschiedenen Orten gleichzeitig) provozieren, unterstützen, begleiten. Es geht immer um Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten im Wohnumfeld, in der Gemeinde, in der Lebensumgebung. Und zwar durch sämtliche Lebensbereiche. von der Nandwirtschaft über die Energie, technologie, Architektur, bis hin zu sozialen Fragen wie dem Miteinander der Generationen und so weiter. Unsere Hypothese ist, dass gerade in den ländlichen Räumen das koordinierte, gemeinsame Handeln der BewohnerInnen in allen lebensbereichen. überlebenwichtig ist. Die letzten Jahrzehnte haben einen schleichenden Verfall staatlicher Kompetenz und Gestaltungsmacht mit sich gebracht, weswegen es immer wichtiger wird, die Kompetenz der Menschen vor Ort zu stärken. ˧

Unsere Hypothese ist, dass Bildung der entscheidende Faktor ist, das in unseren Nachbarschaften und speziell im an Verdünnung und Entvölkerung leidenden ländlichen Raum schlummernde Potential zu wecken. Und dass es aufgeweckt werden sollte, das hat uns nicht zuletzt die Corona - Krise gezeigt. Plötzlich wurde klar, dass unvorhergesehene Ereignisse umso dramatischer wirken, je mehr unsere Gesellschaft über jeden vernünftigen Grund, rein aus Gründen kurzfristiger wirtschaftlicher Vorteile in viel zu hohem Ausmaß hochskaliert und in ein Netzwerk potentiell diabolischer Abhängigkeiten verwandelt wurde. Eduard Käser schrieb dazu in der Neuen Zürcher Zeitung: ˧

"Der Normalfall ist ein kurzfristiger «glücklicher» Zeitabschnitt in einer fortlaufenden Abfolge von nicht normalen Ereignissen. Für unsere hochtechnisierte Gesellschaften heisst das: Das Epidemische – das «über das ganze Volk Verbreitete» – ist nicht episodisch, sondern chronisch. Und dies aufgrund der komplexen Verkehrs-, Produktions-, Verteilungs-, Energieversorgungs-, Finanz-, Kommunikationsnetze. Je vernetzter ein System, desto anfälliger und leitfähiger wird es für die Ausbreitung lokaler Störungen. Es herrscht nicht die lineare Kausalität, sondern die Netzkaskade: Die Störung verstärkt sich.[4]" ˧

Doch nicht nur das. Wir merken plötzlich, wie dramatisch unterschiedlich krisenfest unsere verschiedenen lebvensumgebungen sein können. Ich habe viele dutzende Artikel gesammelt, die während der Coronakrise die Unterschiede von städtischen und ländlichen Räumen hervorhoben, mit vielen meiner Wiener und Grazer Freunden und Freundinnen gesprochen, und im großen und ganzen wiederholte sich immer wieder dasselbe bild, wie es hier das deutsche Kommunalmagazin zusammenfasst. ˧

"Die Pandemie ist vor allem die Krise der großen Städte und Ballungsgebiete, die anfälliger und nervöser sind als der ländliche Raum. Geschlossene Restaurants, Fitnessstudios, Kinos und Clubs: Das Leben in den Metropolen war auf einmal gefährlich öde. Insbesondere Megacitys wie New York, Singapur und London waren mit der Coronawelle schnell überfordert. ˧
Auf dem Dorf oder in der Kleinstadt ist das soziale Abstandhalten leichter als in der Großstadt. Nachbarschaftshilfen, die sich in den großen Städten über technische Infrastrukturen bilden müssen, sind auf dem Land gelebter Alltag. Landluft macht virenfreier. Die Verbreitung des Virus ist vor allem in den neuen Bundesländern weniger stark, weil dort die Besiedelung geringer ist. ˧
Die Coronakrise wird zum Treiber einer neuen Stadtflucht – und eines lokalen Versorgungspatriotismus, auf den schon vor der Krise immer mehr Regionen setzten. Die Post-Corona-Demokratie wird glokaler, bürgernäher, partizipativer– und den Kommunen und ihren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern eine ganz neue Relevanz verleihen [5]" ˧

Ich habe in den bisherigen Sendungen schon dargestellt, warum ich diese Entwicklung begrüße - aus vielen verschiedenen Gründen, die insgesamt eine Brücke schlagen zwischen unserem persönlichen Wohlbefinden, unserer persönlichen Gesundheit und der Gesundheit des Planeten. Wesentlich ist, dass die Coronakrise deutlich wie noch nie etwas zuvor gezeigt hat, was ich seit 30 Jahren Menschen zu vermitteln suche: dass der ländliche Raum nur dann eine Chance der Wiedergeburt hat, wenn nennenswerte Teile der städtischen Bevölkerung sich auf den Rückweg nach Hause machen. Das wiederum bedingt, dass wir unsere Dörfer, unsere ländlichen Lebensräume neu erfinden müssen. ˧

Die Resilienz, die Krisenfestigkeit, die Widerstandskraft gegen Störungen, ist ein wesentliches Element. Deswegen haben wir ihr die ganze intensive Frühjahrsarbeit der Dorfuni gewidmet. Wir haben die "vielen Gesichter der lokalen Resilienz" von der Lebensmittelsicherheit, der Klimaschwankungstoleranz, der Energiesicherheit, der Einkommenssicherheit, der vielfältigen Absicherungen gegen die Wechselfälle des Lebens die aus Nachbarschaftshilfe und lokaler Gemeinschaft entsteht, ganz zu schweigen von der konstanten Vermeidung von Gesundheitsfgefahren und Stress durch einen intensiven Naturbezug, saubere Luft, heilende Wälder und vieles mehr durchgearbeitet. ich wollte heute zurück blicken auf die reiche Ernte der acht DorfUni Veranstaltungen zur lokalen Resilienz werfen, Das ist umso notwendiger, als wir zwar diese Veranstaltungen produzieren, aber nicht mit lokalen Diskussionen und Initiativen kombinieren konnten, denn wegen der Coronakrise waren unsere Produktionen durchwegs Online - Veranstaltungen. Wir haben Schätze ausgegraben, und ich begebe mich auf Schatzsuche. ˧

(Clip) ˧

Rob Hopkins: Es ist wichtig die Frage "Was wäre wenn" einzuladen    

Vollständiges Transkript: /RobHopkins ˧

Auch wenn ich während des Senungmachens schon ahnte dass wir vielleicht noch eine zweite Sendung dazu brauchen werden, ist mir immer mehr klar geworden, dass ich mich heute auf einen Vortrag beschränken werde. ˧

Wir haben nämlich mit einem Mann begonnen, der wie kein anderer für die lokale Resilienz steht: Rob Hopkins, weltweite Ikone der Transition Bewegung, der 2004 mit seinem Permakulturkurs in Irland erfolgreich einen Energiewendeplan für die Stadt Kinsale erarbeitet und dann in Totnes in England nicht nur diesen Erfolg wiederholt hat, sondern auch das Muster für eine weltweite Bewegung für lebendige lokale Vernetzung geschaffen hat. Der Handbücher geschrieben hat, intelligente Gebrauchsanweisungen für das erfolgreiche Kreieren einer lokalen Wandelbewegung die es schafft, die Herzen und Hirne der Mehrheit der BewohnerInnen einer Kleinstadt, eines Dorfes, eines Stadtbezirkes zu erobern - und systematisch über jeden Schritt der Bewegung neue Stärke zu gewinnen. ˧

Aber es gibt auch den etwas anderen Rob Hopkins, der sich von der Spitze der Bewegung zurückgezogen hat, weil er die feine, seelische Seite des Wandels tiefer Erforschen wollte. Der mit seiner Frau und drei erwachsenen Söhnen in einer kleinen vorstädtischen Sackgasse von Totnes, mit Feldern und Wäldern in unmittelbarer Nähe lebt. Der sich freute, im Lockdown den anderen Rob, der einmal Kunst studiert hat, auleben lassen zu können. Mit guten Büchern wie Klingsors letzter Sommer oder Bücher über Van Gogh, mit Anklängen an das intensive visuelle Naturerlebnis dieses Frühjahrs. Der Rob, der dazu mit William Gibson sagt: sagt: "die Zukunft ist schon da, sie ist nur nicht gleich verteilt". Die Nachbarn sind in Gesundheitsberufen und mit ihren kleiben Kinden voll unter Stress. Einige Häuser weiter ist ein weiterer Nachbar an COVID erkrankt. Die beste Zeit, die schlimmste Zeit. ˧

Dieser Rob Hopkins hält für uns den Eröffnungsvortrag. Wir haben zwar eine deutsche Simultanübersetzung und schicken von unserem improvisierten Studio im Hügelland bei St. Marein einen deutschen und einen englischen Stream in die Welt, aber wir haben mehr Zuschauer auf der internationalen Seite als auf der nationalen. Ist eine Art Kollateralnutzen, denn die DorfUni soll ja nicht auf Österreich beschränkt bleiben. ˧

Wir bitten Rob, uns ein paar allgemeine Hinweise zu geben, welche Faktoren für die Arbeit mit Gemeinden, mit Dörfern wichtig sind. Er zeigt uns zunächst eine Graphik, die zeigt, wie wir von einem ungeheuren Ausstoß an fossilen Energieträgern schon alleine wegen der Klimabedrohung weg müssen - von einem Gipfel in ein tiefes Tal. ˧

This is the only graph I will show you, by the way, don't worry, but I show you this for the story. Because at the moment we stand at the top of this enormous mountain of carbon and pollution and resource and urgently with the utmost urgency, we need to get to the downward half of this graph. My belief is that we will only do that if we are able to tell the stories about the place on the other half of this graph that are so delicious and so wonderful that they create a deep, deep longing in people for that future. ˧

Ich habe die Transitionbewegung vor 12 Jahren mit einem anderen Narrativ kennengelernt, mit einem Narrativ der Notwendigkeit, der Unausweichlichkeit, der uns zu lokalem Handeln zwingt, weil weder der Einzelne für sich alleine noch die schwerfälligen Apparate in Politik und Wirtschaft rasch genug auf die Krise reagieren können. Der Rob Hopkins, den ich vor genau 3 Jahren in Italien kennengelernt habe, hatte schon damals eine ganu andere Richtung eingeschlagen, und er betont sie immer mehr: ˧

My work is mostly about trying to create longing for a low carbon future. It means that the work we are doing is as much work of storytelling as of anything else. As the poet and mystic Rilke once said "The future must enter into you a long time before it happens". ˧

"Die Zukunft zeigt sich in uns - lange bevor sie eintritt." Dass ich den Rob Hopkins brauchte, um auf dieses Rilke Zitat zu stoßen, nehm ich meinen Deutschlehrern ziemlich übel. Denn diese Wahrheit habe ich auch diffus gefühlt, als ich vor über 30 Jahren die europäische Welt der politischen Gruppierungen und Diskurse verließ, um mich in den damals noch voll Optimismus und Kreativität strotzenden Vereinigten Staaten über eben die Zukunft schlau zu machen. Dort habe ich äquivalente Zitate gefunden, etwa von Computervisionär Alan Kay: "Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen ist sie zu erfinden" oder von Earth Day Gründer John McConnel?: "Alles, das Gute und das Schlechte, beginnt im geiste". Wir sind einer schlechten Gegenwart wehrlos ausgeliefert, wenn wir nicht Bilder einer anderen Zukunft in uns tragen. Wie sehr fühle ich mich erinnert an die Aufklärerzeiten, sei es das antikapitalistische Flugblattverteilen vor den Fabriken mit dem Fokus auf die konstante Schädigung des Arbeiterlebens durch das Ausgeliefertsein an die Kalkulationen der industriellen Produktivitätssteigerung, sie es an die ökologischen Untergangspropheten, wenn Rob sagt: ˧

" As activists, we often present people with terrifying images of a future where we are up to here in water and everything is everything is horrible. How might it be if actually we told stories of how it might be if we did everything we could possibly do." ˧

Und genauso wie ich damals in der amerikanischen Alternativbewegung nach anschaulichen und revolutionären Bildern einer lebenswerten Zukunft Ausschau gehalten habe, zeigt uns auch Rob Zukunftsbilder, etwa die von James MacKay? [6], in denen Straßen künftiger Städte belebt sind von Wäldern, Tieren, Gärten, in denen sich die Kinder auf dem Schulweg mit frischen Früchten eindecken. ich fühle mich erinnert an meine Entdeckung der wunderbaren Zeichnungen von Richard Register, dem Begründer der Ökostadt - Bewegung, den kühnen Zukunftsvisionen von Joseph Smyth, der die ganze für das Auto zubetonierte riesige Ebene von Los Angeles wieder in eine blühende Zukunftslandschaft verwandelt hat, in Tony Gwilliams Verwandlung von Städten in organische Wesen, John Lyles Landlab - Entwürfe und vieles mehr. Offensichtlich blühen schon so viele verborgene Blumen im Verborgenen, dass wir riesige Zukunftsausstellungen machen könnten. ˧

An einer Stelle in seinem Blog hat Rob geschrieben: "Wir sind schon viel zu spät dran, um noch Pessimisten zu sein." Also schrieb er ein Buch über Vorstellungskraft: "From What is to What is" - "Vom Fetstellen des WAS IST - zum Ausloten der Möglichkeiten WAS WÄRE WENN". Während er an dem Buch über die Vorstellungskraft arbeitet, fasziniert ihn ein Gedank und scheint seinen Kopf nicht mehr verlassen zu wollen, nämlich der, dass wir, je tiefer wir in den Klimawandel hineingeraten, wir umso schwerer einen Ausweg zu finden scheinen. Das ist ein Gedanke, der ihm unter die Haut geht. Wir wissen, dass wir umso ängstlicher werden, je mehr wir die tatsächlichen Auswirkungen der Klimakrise sehen und fühlen, was wiederum zu mehr Cortisol in unserem System und zur Kontraktion unseres Hippocampus, des Imaginationszentrums in unserem Gehirn, führt - und so unsere Fähigkeit, uns die Zukunft vorzustellen, behindert. ˧

Wie also können wir unsere kollektive Vorstellungskraft stärken? Vorstellungskraft sollte wie ein Muskel sein, den man trainieren und stärken kann. Stattdessen haben wir einen Zustand erreicht, wo sich der Muskel genau in dem Moment verkrampft, an dem er eigentlich tätig werden sollte. Im Zug der Arbeit an seinem Buch kristallisiert sich für Rob ein Modell heraus, wie wir unseren Möglichkeitensinn stärken können. Es besteht aus Elementen, vier Grundrichtichtungen, die alle unabdingbar sind. Aus diesen vier Richtungen komponieren sich unsere Möglichkeiten. ˧

Raum    

Das erste ist der freie Raum, der Entfaltungsraum: ˧

"So I want to share with you these four things. And for each of them, I will tell stories and bring them to life with examples from the transition movements. The first one is space. You all know the inside is going to have a brief that the time when you are imaginative is when you have space. Your best ideas don't come to you when you are sitting in front of your headline or in a in an office with somebody saying ideas, ideas. Albert Einstein said his best ideas came to him when he was riding his bicycle in a forest. And we all need space in order to be imaginative. So as movements, as organizations, we must design space into our meetings, into our projects, into how we function as organizations rather than always being obsessively focused on the task." (0:39) ˧

Und er gibt ein Beispiel seiner Heimatstadt, aus Totnes. Dort trafen sich die Menschen mit ihren Nachbarn in Gruppen von sechs bis zehn Personen, diskutierten über Energie und Wasser und nahmen Veränderungen vor. Und im Durchschnitt reduzieren sie ihren Kohlenstoff-Fußabdruck um etwa eineinhalb Tonnen pro Jahr. ˧

"But the main thing that people experienced was space. space to get to know their neighbors, space to connect, space to feel like they are part of a community....And when I was researching the book, I wanted to find places where people were making space for play. Play is essential to the imagination. But we have kind of removed it from our public life. They went to visit a street where they were bringing play back into the street. It was beautiful. And they they they closed the streets. The children come. The children play. And you could see the space that had been created." (0:43) ˧

Die erste Bedingung für die Entfaltung der Vorstellungskraft ist also Freiraum, leerer Raum der es der Phantasie erlauben kann sich zu bewegen. Diese Bewegung hat etwas spielerisches, das Spiel und der Freiraum gehören zusammen. ˧

Ort    

Ist die Phantasie einmal in Bewegung gebracht, kann sie sich an Orten festmachen, und Rob Hopkins spricht von dieser Verortung als der zweiten großen Bedingung zur Entfaltung von Vorstellungskraft und Gestaltungswillen. ˧

"This is a project that started in San Francisco. Now happens all around the world called "Parking Day", which was begun by a group of artists saying where can we find affordable space to exhibit our work? And somebody said, well, if you buy a ticket for a car parking space, there is no law that says you must put a car in it. If you have paid for a ticket, you can do whatever you like. So so one day a year, people buy tickets for parking spaces and do different things. So they might do yoga in those spaces. They turn them into places for people to play games and libraries. Someone got married in one. Once people do whatever it is, I don't really know. But it's people taking space to help people to think about the future in different ways." (0:59) ˧

Diese Verortung und komplette Transformation der Möglichkeiten innerhalb gegebener Grenzen kann auch eine ganze Siedlung erfassen. Rob berichtet begeistert aus dem französischen 2000 Seelen Dorf Ungersheim [7] nahe der Grenze zur Schweiz, wo die Veränderung vom Bürgermeister selbst ausging. Das Dorf hat ein Bürgerforum installiert, eine Regionalwährung, einen Biodivesitätsatlas, Begrünung der Abraumhalden der alten Minen, erneuerbare Energien rund um das Schwimmbad, alle Pestizide und Herbizide verbannt, in der Landwirtschaft und statt dem Schulbuss Pferdekraft wiedereingeführt, die Schulen mit 100% biologischen Speisen versorgt, ein 8 Hektar großes Grundstück in ein Gartenparadies mit Lebensmittelmarkt und 64 Gemüsesorten verwandelt, das wöchentlich auch 250 Familien fix beliefert, und aufbauend auf der lokalen Lebensmittelproduktion auch Weiterverarbeitungprozesse angesiedelt. Nicht nur hat eine Filmemacherin eine Dokumentation gedreht, nein auch 6 neueTransition - Iinitiativen, haben sich in Städten und Dörfern rund um Ungersheim gebildet, inspiriert von den dortigen Geschehnissen. ˧

Prozesse    

Wie kommt so etwas zustande? Rob Hopkins nennt einen dritten Faktor, der neben dem Freiraum und der notwendigen Verortung absolut essentiell ist. Setze einen praktischen Prozess in Gang, lass etwas geschehen - und schau was dann passiert mit der Vorstellungskraft. Er erklärt das mit seiner persönlichen Geschichte, der New Lion Brewery in Totnes: ˧

"this is me in 2012. And I worked with some people to create a project called the Yeast Collective, which was a brewery and a bakery and a mill in the same space. And we spent the day playing this mill. I could tell you what all the beers were called, how our training program worked, everything about it. The following year in my town, we started a brewery. And last year we converted that brewery to being a 100 percent community owned business. And we raised a hundred and eighty thousand pounds from local people. We now have 270 owners. And when people said, but, Rob, how do you know this will work? I said, I know this will work because I played it. I absolutely know this will work because I played it and using the practices that allow us to play a low carbon sustainable future is really, really powerful work. ˧

Man könnte also, in Umkehrung eines Vranitzky - Zitates sagen, wer keine Visionen hat, braucht - nun ja vielleicht keinen Arzt, aber Therapie. Vielleicht eine Kunsttherapie? ˧

I went to Dundee in Scotland to visit a project called Art Angel. And this is Rosalie Summerton who runs Stop Projects. Angel works with people with mental ill health stress anxiety by using art. They say when you walk through the door here, you're not a patient. You're not a client. You are an artist who is preparing work for an exhibition. And every year they put on an exhibition in the big gallery in the city. And I've met so many people where I could see how their imagination, which had been destroyed, was beginning to was beginning to grow back again. ˧

Die Vorstellungskraft, der ein Freiraum geschaffen wurde und die sich die sich festmachen kann an einem bestimmten Ort, kann sich in Bildern, Geschichten, Modellen evaluieren. Rob schildert begeistert einen Prozess der sich "Transition Town Anywhere" nennt, in dem zwei-, drei-, vierhundert Leute auf einem großen Raum versammelt werden. Die veranstaltende Gruppe, die sich "Begegnungskunst" nennt, lädt die menschen auf eine Zeitreise ein, also zum beispiel von 2020 auf 2030 und zwar auf ein 2030 das zwar kein Paradies ist, aber ein 2030, in dem von den Menschen gemeinschaftlich alles getan wurde, was getan werden konnte. Und dann laden Sie die Menschen ein, sich vorzustellen: "Was tue ich in dieser Welt? Was ist meine Rolle hier? Was tue ich hier? Und dann, andere Menschen zu finden, die ihre Interessen teilen. Und dann bauen Sie diese neue Welt physisch auf, mit Pappe und Bambusstäben und Schnüren und Stiften und Klebeband. ˧

"And 300 adults build a world that they completely believe in. And they inhabit a trade. And they celebrate. They grieve. They connect. It's the most extraordinary thing I've ever been part of. To be with that many adults lost in play. When we did this recently, these two young men built the public transport system for Transition Town Anywhere. They tell you everything about this, what the tickets looked like, what the seats were made of, where it went. Everything about it. Because in their imagination, they had completely created this future." ˧

(glitch am Ende) ˧

Er erzählt uns, dass der schon erwähnte Maler Jams McKay? (//als "kei" aussprechen//) öfters seine Staffelei in Leeds ausstellt, zu malen beginnt und mittendrinnen Passanten fragt: "Entschuldigen Sie, aber könnten Sie mir bitte sagen wie dieser Platz in Zukunft ausschauen wird?" Und dann malt er, und die Ideen der Menschen manifestieren sich auf der Leinwand. Er erzählt uns von Per Grankvist [8], dem hauptamtlichen Geschichtenerzähler Schwedens. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - mir dabei sofort ein anderer Schwede einfällt, nämlich der unselige Anders Tegnell mit seiner verhängnisvollen Herdenimmunitätsgeschichte, geben mir Grankvists Worte zu denken, die ich im Feuilleton des Deutschlandfunks nachschlage: ˧

Zitat Grankvist: „Die ökonomische Theorie fantasiert sich den Menschen immer als grundvernünftiges Wesen zusammen, das ausschließlich rationale Entscheidungen trifft. Kein echter Mensch funktioniert so. Wir sind konfuse, statusfixierte Affen. Die Menschen fanden Geschichten immer schon spannender als Fakten. Der eindrücklichste Beweis für diese These ist, dass Donald Trump 2016 die amerikanischen Präsidentschaftswahlen gewonnen hat.“ Zitat Ende. ˧

Uups. Dreht sich da nicht der analytisch geschulte Magen um? Mag sein. Es mag aber auch ein Beleg dafür sein, dass die Rechten und konservativen Kräfte mit dieser Macht schon lange arbeiten, während die aufklärenden und fortschrittlichen Menschen sie viel zu lange ignoriert haben. Grankvist jedenfalls ist angestellt, um das Unmögliche möglich zu machen und die Schweden für den Klimawandel zu gewinnen. ˧

Und Transition Towns hatte dort Erfolge, wo Vorstellungskraft freigesetzt und Orte verwandelt wurden. So zum Beispiel in Tooting in Süd London, wo der einzige plausible öffentliche Ort für Begegnung und soziale Interaktion ein kreisrunder Platz war, der als Busparkplatz und Wendestation gewidmet war. ˧

"It is full of buses and waiting to be called to go somewhere else. So one day, Transition Town Tooting organized an event called The Tooting Twirl, where they took that space. It made all the buses go away and they filled that space with flowers and people and music. They put real grass down onto the roads. There was music and carnival and coffee and colors and flowersrs. People spent the day living as though that space was already a village green. It was really powerful thing to see. I got to sit with my feet on the green green grass of tooting. And I noticed during the day that the conversation changed from if this is our if this were our village green to when this is our village green. Somewhere deep underneath, the lights of permission started to shift. People started to look at this wall, which normally nobody looked at, and they would say, when this is our village green, what story about ourselves we want to paint on this wall? Those conversations were only made possible because they had a great what if question." ˧

Auch in der Stadt Liege in Belgien hat sich eine Transition Initiative eine "What if" Frage gestellt, nämlich die: Was wär wenn, spätestens in einer Generation,der Großteil unserer Lebensmittel aus einem "Lebensgürtel" rund um Liège käme? Sie luden alle Interessierten zu einem großen Fest ein, sammelten eine Unmenge an Ideen und begannen damit zu arbeiten. In nur vier Jahren wurden 21 Genossenschaften neu gegründet, fünf Millionen Euro von der lokalen Bevölkerung eingesammelt, neue Bauernhöfe, Weingärten, eine Brauerei und vier Shops in der Stadt aufgebaut. Sie haben eine Lokalwährung. Sie haben ein Zustellservice. Und das schönste: Beim Treffen mit dem Bürgermeister sagte der: Vor acht Jahren wollte wir eine "Spart City" werden, jetzt wollen wir eine Transition City, eine Stadt des Wandels werden. Unsere Rolle als Verwaltung ist es, die Hindernisse und Blockaden für diesen Wandelprozess aus dem Weg zu räumen. ˧

Pakte    
Und so führt der Weg zum letzten und vielleicht wichtigsten Element: den Zielvereinbarungen. ˧

"But the last thing that I want to share with you is pact's. We have space and we have places and we have practices - the missing, and most important thing is pacts. How do we meet the imagination halfway? Everybody on this call will have experienced a time when you are invited to a consultation, you take your brilliant ideas and you write them on a Post-it note. You stick them on the wall and then you go home and they put all the Post-it notes into the rubbish and they just carry on doing what they were going to do anyway. And if if we are to invite the imagination, we have to respect it and meet it in the middle." ˧

Ohne diesen Prozess der Etablierung einer Beziehung auf gleicher Augenhöhe zwischen Verwaltung und Bevölkerung, einem Entwicklungspakt, der eine gewisse Verbindlichkeit aufweist, bleibt die wunderschönste Ideensammlung Makulatur. Ich bin seit drei Jahren in Bad Radkersburg und immer wieder startet hier ein wunderbarer Ideenfindungsprozess, am Anfang hab ich sogar selbst einen initiiert. Architekturschulen und andere intellektuelle Durchreisende generieren eine unmenge an schönen Zukunftsbildern. Aber die zunehmende Erfahrung der Folgenlosigkeit, ja ich würde sogar sagen Belanglosigkeit von Brainstormings, Workshops und Praktika aller Art hat mich relativ rasch einsehen lassen, dass es nicht der Mangel an Ideen ist, der einer Entwicklung der gewaltigen Potentiale unserer Stadt und Region entgegensteht. Es ist schon eher der Umstand dass fast niemals in diesen Prozessen mit hohem Papierverbrauch thematisiert wird, wer diese Ideen in die Realität bringen soll und wie die Ideen zueinander und zu den Interessen der städtischen Akteure passen. De facto fallen sämtliche Investitions- und Strukturentscheidungen in einem freien Kräftespiel von Interessengruppen, welches leider mit den Diskursen die immer wieder zur Aufführung gebracht werden, nicht allzuviel zu tun hat. ˧

Im Grunde muss so etwas wie eine permanente Werkstatt installiert werden, wie im Museum von Derby. Oder ein "Ministerium der Phantasie" wie in Mexiko City oder in Bologna: ˧

"In Bologna, in Italy, the municipality created a civic imagination office.... Works by using open space and visioning. All across the city with local people. But then the really important bit is when the communities think of a brilliant idea. The municipalities say, how do we make that happen? Let's make a pact. We can offer this, this, this and this. And you can offer that. And that's good. Okay, let's make a pact. Good. And in the last five years, they've made 500 pacts in Bologna from let's make a small garden, to let's take this empty office block and turn it into a school to train young people as classical musicians. So Pacts is fundamentally important that we that we meet the imagination in the middle." ˧

Ja...die heutige Sendezeit ist am Ablaufen, aber ich freue mich dass ich mit Euch, mit Ihnen mal genauer hingeschaut habe auf die Ideen der Transition Towns und Rob Hopkins. In der nächsten Sendung gehts aber dann weiter mit der Ernte der DorfUni. Sie hörten die Sendung "Willkommen im Globalen Dorf", geschrieben und gestaltet für Radio Agora und jeden der die Sendung teilen will von Franz Nahrada. Wir hören uns wieder am 27. Juli. ˧


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Zum Weiterschmökern oder anschaun: ˧

https://transitionnetwork.org/stories/ ˧

https://www.youtube.com/watch?v=6yBTbNZGqW0


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Musikauswahl ˧

https://freemusicarchive.org/music/David_Hilowitz/Film_Music/David_Hilowitz_-_Film_Cue_013_-_A_Life_in_Pictures ˧





[1] https://medium.com/@designforsustainability/lets-celebrate-world-localization-day-797411016dc4

[2] https://www.youtube.com/watch?v=Wcrev8TXWEg&t=17s

[3] https://watchnow.worldlocalizationday.org/

[4] https://www.nzz.ch/meinung/corona-extrem-unwahrscheinliches-geschieht-staendig-ld.1556581?mktcid=smch&mktcval=fbpost_2020-06-20

[5] https://kommunal.de/coronakrise-kommunen-systemrelevant

[6] https://transitionnetwork.org/news-and-blog/my-ipcc-take-away-imagine-take-action-repeat/

[7] https://transitionnetwork.org/stories/ungersheim-village-transition-france/

[8] https://www.deutschlandfunkkultur.de/aus-den-feuilletons-mit-geschichten-das-klima-retten.1059.de.html?dram:article_id=465990