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40 Wie Wollen Wir Entscheiden


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März 2023 * Abstract der Sendung: ˧

In unserer Sendereihe geht es darum, dem kommenden Paradigma der Selbstorganisation und ihren räumlichen und sozialen Ausdrucksformen nachzuspüren. Während das System von zentraler politischer Macht und ökonomischer Ungleichheit spürbar seine Grenzen erreicht hat, ist das neue System der dezentralen und selbstorganisierten Gemeinschaften in einer frühen Keimform. Niemand kann sich genau vorstellen wie es funktionieren wird, wenn Gesellschaft radikal nach dem Prinzip der Freiwilligkeit und Gewaltfreiheit umgestaltet werden wird. Und doch arbeiten schon Millionen Menschen daran. Wir schaun uns das genauer an.
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< Sendung_39 .....Sendung 41 > ˧

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Wie wollen wir entscheiden ?   
Intro   
Begegnung mit dem Medizinrad   
Musikauswahl   
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Wie wollen wir entscheiden ?    

Intro    

Liebe Hörernnen und Hörer ich hoffe Ihr hattet einen schönen Frühlingsbeginn, hier ist wieder einmal Franz Nahrada mit der 40. Sendung der Reihe "Willkommen im Globalen Dorf" vom März 2023. Für dieses runde Sendungsjubiläum und auch angesichts der Jahreszeit habe ich mir etwas besonderes vorgenommen, ich habe spaßhalber die bisherigen 39 Sendungen durchsucht und tatsächlich schon zweimal die Ankündigung des Themas der heutigen Sendung gefunden. Und ja, es knüpft wunderbar an die letzte Sendung zum Gemeinschaftsthema an. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Frage, wie so etwas wie gemeinschaftliches Entscheiden über gemeinschaftliche Angelegenheiten möglich ist. Ich möchte nicht übertreiben, aber in der gegenwärtigen Situation unserer Welt erscheint mir das die alles entscheidende Fragestellung für unsere Zukunft. Nur wenn es möglich ist dass Menschen ohne Gewalt und Abhängigkeit ihre individuellen Lebenspläne frei - willig in gemeinsame Zielvorstellungen transformieren, können wir der Falle der immer subtiler und totaler werdenden Herrschaftstechniken entfliehen. Wohingegen es leider so ist, dass schon eine einzige und wenn auch noch so gut gemeinte Zwangsverpflichtung ohne die Möglichkeit des effektiven Widerspruchs und der Alternative uns auf eine schiefe Ebene bringt des "nudging" bringt, des Drängens und Zwickens und Zwängens, die wie von selbst autoritäre und totalitäre Elemente anhäuft und uns in zunehmendem Tempo entmündigt. Und wir sind nicht von einer, sondern von unzähligen solcher Zwangsverpflichtungen umgeben, von Kindheit auf eingebunden in ein System von Regeln die sinnvoll oder schädlich sein mögen - und es stellt sich die Frage, ob wir und wie überhaupt in der Lage wären, einen freien Diskurs zu führen und unser Leben in Gemeinschaft und Gesellschaft selbst zu bestimmen . Um das "älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus" zu zitieren: "Wir müssen also auch über den Staat hinaus! – Denn jeder Staat muß freie Menschen als mechanisches Räderwerk behandeln; und das soll er nicht; also soll er aufhören!" Das ist eine logisch klare, doch unerhört mutige Forderung, und um diese geht es in der heutigen Sendung. ˧

Es ist in dieser Sendereihe schon öfters gesagt worden und ich meine das ganz im Ernst: Unsere Zukunft - wenn wir denn überhaupt eine haben - liegt nicht in einem Weltstaat, wie sich das die allermeisten Leute und speziell die Eliten im Westen immer noch vorstellen. Sie liegt auch nicht in einer multipolaren Welt regionaler Hegemone, wie sie als vages Gegenmodell von Russland und China ventilliert wird. Wir müssen vielmehr in eine gänzlich andere Zukunft finden, in eine, in der sich globale Kooperation und lokale Autarkie von selbstorganisierten Gemeinschaften ergänzen. Die kulturell-technische Entwicklung hat uns einerseits zu einem planetaren Bewusstsein geführt, andererseits aber auch in ein Wiedererwachen des Lokalen. Ich habe einmal in Wien Geoffry Reggio getroffen, den Filmregisseur von Anima Mundi und der Quatsi-Trilogie. Er gab mir den Satz "The Global Village must turn into a Globe of Villages" und damit auch die Aufgabe, den Verlaufsformen dieser Dezentralisierung der Welt nachzuspüren. Damit beschäftigen wir uns seit 40 Sendungen, haben die Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten dezentraler Lebensräume erkundigt, die Rolle von Bildung und globaler Kommunikation, die Metamorphose der Technologie, den radikal regenerativen Umgang mit der Natur, die Umstellung des Wirtschaftssystems auf Kreisläufe und sind zuletzt ins Kerngeschehen der sozialen und politischen Verfasstheit unserer Gesellschaft und ihrer Transformation in eine freie Gesellschaft ohne staatlichen Zwang gestoßen. In der letzten Sendung habe ich die Idee des Netzwerkstaates von Balaji Srinivasan zitiert der allen Ernstes meint, dass diese über kurz oder lang den Nationalstaat ablösen wird. Und im Unterschied zum Nationalstaat eben keinen totalitären Anspruch auf die Existenz von Untertanen hat, sondern aufgrund von kündbaren freiwilligen Übereinkommen existiert. ˧

Es ist schwer das in der heutigen Zeit zu glauben angesichts der Wiederkehr und des scheinbar durchschlagenden Erfolges nationalistischen Bewusstseins weltweit; angesichts dessen dass uns faschistische Sprüche wie "Slawa Ukrajini, Slawa Herojam" von den demokratischen Medien des Westens tagtäglich mit positiver Konnotation serviert werden - und natürlich gleichzeitig auch die russische bezwiehungsweise cinesische Gegenseite in übelstem Nationalismus schwelgt. Die Frage, was es heutzutage noch bringt, seine Identität als Mitglied eines Staatsvolkes zu sehen, sprich: welche Perspektive der normale Mensch hat, außer im absehbaren finalen Kräftemessen Kanonenfutter zu sein für die eine oder andere Seite, wo doch beide für ihren Erfolg ihr Menschenmaterial verheizen, diese natürlichste und klarste aller Fragen, die scheint im Moment gerade verboten zu sein. Und doch: die Götterdämmerung alter Systeme verbirgt sich oft hinter Momenten scheinbarer äußerster Machentfaltung und kriegerischer Zuspitzung. War es nicht auch mit dem Feudalsystem so, das sich zunehmend von den Menschen abgekoppelt zu einer Gesellschaft des höfischen Spektakels und der permanenten Erbfolgekriege entwickelte, bevor der Sturm der Revolution es hinwegfegte? ˧

Und doch: wieso kann ich mir gegen allen Anschein meiner Sache in dieser heutigen Zeit so sicher sein? Wo doch alle Prognosen, alle möglichen Entwicklungen, auf das Gegenteil hinzudeuten scheinen? In einer Zeit der immer noch zunehmenden Weltbevölkerung, der Klimakrise, des Streits um Ressourcen, der Perfektionierung nicht nur der Massenvernichtungswaffen, sondern auch der subtilen Herrschaftsmittel, der massenhaften Manipulationsmöglichkeiten, bis hin zu den schon teilweise wahrgemachten Phantasien der Antiquiertheit des Menschen durch die tatsächliche Maschinisierung der Intelligenz ? Da halte ich immer noch am Wunschbild einer befreiten Gesellschaft fest? Wo wir doch gerade in den letzten drei jahren erlebt haben dass wir zerspittert und gespalten sind wie noch nie, entmutigt und kraftlos, in alle Richtungen auseinanderstrebend durch die Beliebigkeit der Informationsbruchstücke mit denen wir gefüttert werden, durch die noch nie dagewesene Macht von Eliten über Medien und Diskurse, durch die massenhafte Ausgrenzung und Existenzvernichtung kritischer Stimmen? ˧

meine Antwort: all das und viel mehr spielt sich zwar an der Oberfläche ab. Währenddessen aber, fast wie in einem schizophrenen Prozess, wird gleichzeitig auch immer mehr Menschen klar dass wir in einem gewaltigen sozioökonomischen Umbruch stehen, dessen ganzes Ausmaß nur sichtbar wird wenn man versteht, dass nicht nur das kapitalistische System unhaltbar geworden ist, sondern auch die darunter liegende jahrtausendealte Kontinuität zunehmender Zentralisation von Macht und Herrschaft. Denn Kompetenz und Kapazität für Selbstorganisation sind gerade durch die weltweite Vernetzung exponentiell gewachsen, was gerade auch die Unterdrückung von lokaler Handlungsfähigkeit durch ein immer dichter werdendes Netzwerk von Regularien, Lizenzen und Patenten in der globalen Megamaschine zeigt. Das Internet, die Automation, die Biotechnologie und vor allem die künstliche Intelligenz haben das Fundament der prekären Beziehung zwischen Kapital und Arbeit weitgehend zerstört, die bisher unter staatlicher Regulierung nicht nur einen gewissen Wohlstand, sondern vor allem auch massenhafte Loyalität garantierte. Jetzt droht die Arbeit einerseits in die Irrelevanz abzusacken, aber gleichzeitig und unsichtbar wird sie selbstorganisationsfähig in Dimensionen, die jede zuvor mögliche direkte Kooperation von Menschen bei weitem übersteigen. Diese Selbstorganisation schwebt wie ein Menetekel über allen bisherigen Herrschaftsstrukturen. Das aus riesigen Vermögen durch Kapitalakkumulation entstandene 'Machtmonopol' versucht daher über Convenienceangebote und ökonomischen Druck die Bereitschaft zum Alimentiertwerden zu erhalten. Dafür binden sich - wie in früheren Sendungen dargestellt - Staat und Wirtschaft noch enger aneinander. Und werden die Regungen der Menschen umgelenkt in neue Spektakel, die zwar offensichtlich alle bisherigen Diskurslinien, vor allem die zwischen rechts und links, durcheinanderwerfen, aber auf jeden Fall garantieren dass nichts Effektives gegen die Herrschaft selbst unternommen wird. ˧

Eine sehr interessante Diagnose dieser Dynamik liefert die amerikanische Politologin Nancy Fraser, nicht zu verwechseln mit einer deutschen Innenministerin mit ähnlichem Namen aber diametral entgegengesetzten Ansichten. Sie sagt: "Es gibt ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass wir nicht mehr mit "business as usual" weitermachen können. Eine steigende Zahl an Menschen ist bereit, radikalere Formen der Transformationen in Betracht zu ziehen. Leider führt gerade das Leider führt dies aktuell oft zur Unterstützung autoritärer und chauvinistischer Populismen." [1] Warum ist das so? Warum entstehen "Wutbürger" und identifizieren sich mit dem Gedanken der nation? Nach Fraser sind wir in einer paradoxen Situation: Auf der einen Seite haben wir - ausgehend von den USA, aber zunehmend im gesamten Westen - ein seltsames Bündnis zwischen ehemals linken und emanzipatorischen Strömungen und den oben angesprochenen Amalgamen von Kapital und Staat, die die Zerstörung des produzierenden Sektors und der Lebensverhältnisse der Mittelschicht geführt vorantreiben. Zitat Fraser: "Der Angriff auf die soziale Sicherheit erfolgte also hinter einer täuschenden Fassade, die das von den neuen sozialen Bewegungen geborgte Charisma schaffen half. So wird beispielsweise der Doppelverdiener-Haushalt als ein Triumph des Feminismus präsentiert, doch die Realität hinter dem Trugbild besteht aus Lohndruck, geringerer Arbeitsplatzsicherheit, sinkenden Lebensstandards, einem steilen Anstieg der Lohnarbeitsstunden pro Haushaltund so weiter. Das alles begleitet durch einen dröhnenden Dauerdiskurs über „Vielfalt“, „Frauen-Empowerment“ und „den Kampf gegen Diskriminierung“. Fortschritt wird zunehmend mit meritokratischen Ansprüchen statt mit fortschreitender Gleichheit identifiziert. Zum Maßstab der Emanzipation avancierte dadurch der Aufstieg von „talentierten“ Frauen, Minderheiten, Schwulen und Lesben in der kommerziellen Winner-take-all-Hierarchie – und gerade nicht mehr deren Abschaffung. Diese linksliberal-individualistischen Fortschrittsvorstellungen traten nach und nach an die Stelle der weiterreichenden, antihierarchischen, egalitären, klassenbewussten und antikapitalistischen Auffassungen von Emanzipation, die in den 1960er und 1970er Jahren floriert hatten. Mit der Schwächung der Neuen Linken verschwand deren Grundsatzkritik an der Struktur der kapitalistischen Gesellschaft, und die landestypische liberal-individualistische Geisteshaltung setzte sich erneut durch." Zitat Ende. [2] Diese Metamorhose der Linken zum charismatischen Gesicht der neoliberalen Globalisierung, gepaart mit dem miitlerweile unsäglich affirmativen Wort Nachhaltigkeit, erzeugt eine ebenso verrückte Gegenbewegung vor allem bei den von dieser Entwicklung Abgehängten, die ihr Heil in der Restitution nationalstaatlicher, chauvinistischer und autoritärer Verhältnisse sehen. Diese Gegenbewegung lebt vom Schein, in dieser Situation der Umbrüche qua staatsbürgerlicher Anerkennung nach wie vor ein Existenzrecht für sich selbst als Staatsbürger reklamieren zu können. Egal ob es die Wahl von Trump, der Brexit oder rechtspopulistische Regierungen in Ungarn oder Italien sind: die vage Hoffnung dass es mehr soziale Sicherheit in einer Gemeinschaft von Volksgenossen gibt als in einer globalisierten Konkurrenzgesellschaft paart sich mit einem " ungeheuren, ständig wachsenden Fundus an sozialem Ekel vor der bestehenden Ordnung" [3] und deren absoluter Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der "Abgehängten". Diese massenhafte Inkarnation des "Wutbürgers", der sich nach einem gerechten starken Staat sehnt schmiedet wiederum die Anhänger des progressiven Neoliberalismus auf der anderen Seite in einem völlig inhaltslosen Kampf gegen eine davon ausgehende faschistische Gefahr und gegen deren vermutete Codierungen zusammen. Ein sich selbst aufschaukelndes selbstreferentielles System von Projektionen generiert einen immer schrilleren öffentlichen Diskurs. ˧

Unlängst hat mir jemand gesagt, die vom progressiven Neoliberalismus gekaperte SPÖ hätte derzeit eigentlich hauptsächlich nur mehr das Programm, die sich wegen politischer Opportunität als Wurbürgerpartei aufführende FPÖ zu verhindern. Da ist ein großes Stück Wahrheit drinnen. Überhaupt wird so plötzlich die eigene Identität auf allen Seiten mehr denn je negativ definiert: die einen wollen die globale Finanzdiktatur samt ihren neuartigen Kontroll- und Konformuitätsmechanismen wie Corona und Klimakrise verhindern, die anderen einen aufkeimenden Faschismus, der sich am Menschheitswohl vergeht, das aber paradoxerweise gerade in der Ukraine als Nation gerettet werden will - wenns sein muss auch mit den widerlichsten Waffen. Gesellschaft zerfällt in Lager, und mancherorts riecht es sogar nach Bürgerkrieg. Und in der Tat beginnt sogar die ganze Welt in Lager zu zerfallen. Keine guten Aussichten für eine Revolte der Selbstorganisation? ˧

In der Tat scheint es so. Resümieren wir die hemmenden Faktoren ˧

  • Zwei ideologische, falschem Bewusstsein über die Realität entspringende, affirmative Mentalitäten konkurrieren miteinander: dem Schein, durch Entfaltung kreativer Individualität im bestehenden System der zunehmend prekären Arbeitsverhältnisse und beständigen globalen Neusortierung und Durchindizierung bestehen zu können - dem steht der Schein, qua staatsbürgerlicher Anerkennung nach wie vor ein Existenzrecht zu haben, gegenüber. ˧
  • die Selbstorganisation kann im Gestrüpp der Regularien nur langsam wachsen oder wird erstickt, während eben diese Regularien die einzigen Handlunsgmöglichkeiten in einer rapide sich verändernden Welt zu bieten scheinen. ˧
  • die Menschen sind immer noch gefangen in ihrer vom Staat erzeugten Trennung voneinander. Sie artikulieren Forderungen negativ gegen andere Segmente der Gesellschaft und affirmieren dadurch die staatliche Hoheit, etwas zu gewähren oder eben auch zu verweigern. Begründungen dafür sind tautologisch - etwa weil es so im Gesetz steht oder eben so interpretiert wird. Der Staat georcht nur seinen eigenen Regeln und hat kein Problem damit, sie gewaltsam durchzusetzen. So paart sich bei denen die Forderungen stellen zumeist selbstbezüglicher Gruppenegoismus mit der Erfahrung realer Machtlosigkeit und Hilflosigkeit. Und nebenbei zeigt sich, dass in einer Gesellschaft voller gegensätzicher Interessen der Staat vordergründig zwar eine hilfreiche Institution zu sein scheint, dass aber die Loslösung von allen Interessen weder Allgemeinwohl noch Neutralität des Staates bedeutet. Gerade durch die Loslöung des Staates begünsigt er jene Interessen, die ökonomisch im Vorteil sind, auch wenn er mitunter Maßnahmen setzt, die im Interesse des Funktionierens des Gesamtsystems nützlich sind, vor allem im Bereich der Sozialpolitik. Die Vorstellung so mancher Bürger, durch das Zahlen von Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen ein wie immer gearteter Auftraggeber des Staates zu sein, verschleiert freilich die reale Indienstnahme des gesamten Volkes als Akteure und Bürgen für das nationale Wirtschaftswachstum, das eben als Vermehrung des Eigentums in privaten Händen und die Existenz einer preiswerten Lohnarbeiterklasse organisiert ist. Daran fanden sozialstaatliche Träume schon immer ihre Schranke. ˧
Doch seit Jahrzehnten wächst eben auch unaufhörlich der Druck auf die staatlichen Systeme, die sich einerseits wegen der zunehmenden Entwertung in der Produktion und der daraus folgenden Begrenzheit der Besteuerbarkeit hemmungslos verschulden müssen, andererseits eben auch an die Grenzen dieser Verschuldungsfähigkeit gelangen. Der Leistungsvergleich nach dem Motto "was hat der Staat Österreich in den letzten Jahrzehnten getan, um mein persönliches Leben leichter, besser oder einfacher zu machen?" fällt für die meisten Menschen heute nicht mehr positiv aus, und wie gesagt ist vor allem für die Zukunft eher eine permanente Verschlechterung absehbar, bis hin zum Kollaps des Geldsystems, der mit jeder aufschiedenden Maßnahme zugleich die Ursachen des Zusammenbruchs vermehrt. In der Tat können auch nationalistische und populistische Regime dieser Dynamik nichts entgegensetzen, so sehr das auch propagandistisch verschleiert wird. ˧

Dort wo dieses Gestrüpp nicht so dicht ist, entstehen allerdings spontan Formen der Dezentralisation, denn der Staat ist speziell in den Ländern des globalen Südens, aber auch in den inneren Peripherien des Nordens gar nicht mehr in der Lage für eine anständige gesellschaftliche Reproduktion zu sorgen. Alleine in Indien sind seit 1974 aus einer Graswurzelbewegung 400.000 Nachbarschaftsparlamente entstanden. Der Initiator Edwin John unterstützte Menschen in kleinen Fischerdörfern dabei, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit durch Selbstorganisation zu überwinden. Er hat damit den Anstoß für eine sich langsam ausbreitende Kultur neuer politischer Entscheidungsfindung gegeben, die mittlerweile auch durch eine zusätzliche Dimension generationsspezifischer Nachbarschaftskreise erweitert worden ist, z.B. selbstorganisierte Kinderparlamente. Gemeinsam mit der soziokratischen Bewegung wird an einer Ausbreitung über die ganze Welt gearbeitet. ˧

Begegnung mit dem Medizinrad    

Ja und hier setzt die Erinnerung ein, von der ich eingangs gesprochen habe und die ich heute endlich mit Euch und Ihnen teilen möchte. Aber als Vorrede zu dieser Erinnerung möchte ich eine Passage aus dem schon in Sendung 37 kurz erwähnten Buch "Anfänge" von David Graeber und David Wengrow referieren. Sowohl in dieser Passage als auch in meiner später zu erzählenden Erinnerung geht es um die indianische Kultur der Entscheidungsfindung. Ich erinnere daran dass Graeber und Wengrow den Mythos konfronierten, "dass nur relativ kleine, überschaubare Gruppen egalitäre und kontrollierbare Strukturen haben können". In der Tat finden sie aber in vielen Phasen der Geschichte verschieden große Kulturen für die diese Merkmale zutreffen, und eine dieser Gesellschaften hat im 18.Jahrhundert - vermittelt durch die Reisebeschreibungen des Barons von Lahontan [4] oder die Reiseeindrücke von Pater Sagard- einen wahren Kulturschock in Europa ausgelöst. Heute haben wir das alles vergessen und glauben die Vorstellungen von Freiheit und Gleichheit im 18. Jahhundert seien quasi aus dem Nichts in der Aufklärung entstanden. Doch dem ist nicht so. Rousseau. Locke, Voltair, Montesquieu,k Leibnitz und noch viele andere standen im Bann der Erzählungen, insbesondere des "Dialoges mit dem Wilden Adario", mit dem der indianische Politiker und Stratege Kondarionk gemeint ist, mit dem Lahontan eigener Darstellung nach Freundschaft geschlossen hatte. Kondarionk war Häuptling eines profranzösischen Huronenstammes der sich mit anderen zur Wendat-Konföderation zusammenschloss und zugleich der wichtigste Architekt eines nach jahrzehntelangen blutigen Kriegen über mehrere Jahre verhandelten großen Friedensvertrags vom August 1701 zwischen den Five Nations der Irokesen und etwa 35 anderen Indianerstämmen im Gebiet der Großen Seen. Seine Bildung und Eloquenz haben ihn bekannt gemacht. In den Gesprächen übt der Indigene heftige Kritik an der europäischen Zivilsation. Ich zitiere: ˧

Kondarionk "Ich denke seit sechs Jahren über den Zustand der europäischen Gesellschaft nach und finde das Handeln der Menschen dort noch immer in allen Bereichen unmenschlich. Ich bin der Überzeugung, dass sich dies auch nicht ändern wird, solange ihr an eurer Unterscheidung zwischen »mein« und »dein« festhaltet. Ich versichere, dass das, was ihr Geld nennt, der Teufel der Teufel ist,... der Quell alles Bösen, das Verderben der Seelen und das Schlachthaus der Lebenden. Zu glauben, man könnte im Land des Geldes leben und seine eigene Seele bewahren, ist, als glaubte man, sein Leben am Grunde eines Sees bewahren zu können." ˧

Lahontan: „Versuche einmal in deinem Leben, ernsthaft zuzuhören. Kannst du nicht begreifen, teurer Freund, dass die Völker Europas ohne Gold und Silber - oder ein ähnliches kostbares Symbol - nicht bestehen könnten? Adlige, Priester, Kaufleute und alle möglichen anderen, denen es an der Kraft mangelt, den Boden zu bestellen, würden sonst schlicht Hungers sterben. Unsere Könige wären keine Könige; welche Soldaten hätten wir? Wer würde für Könige oder sonst irgendjemanden arbeiten? Europa würde ins Chaos stürzen, und die schlimmste Verwirrung, die man sich nur vorstellen kann, würde entstehen.“ ˧

Kondiaronk: „Glaubst du ernsthaft, du könntest mich überzeugen, indem du die Bedürfnisse von Adligen, Kaufleuten und Priestern anführst? Wenn du die Vorstellung von Mein und Dein ablegtest, ja, dann würden solche Unterscheidungen zwischen den Menschen verschwinden; eine allgemeine Gleichheit würde unter den Deinen herrschen, wie sie jetzt bei den Wendat besteht. Freilich würde in den ersten dreißig Jahren nach dem Verbot der Selbstsucht eine gewisse Verwüstung eintreten, da diejenigen, die nichts anderes als essen, trinken, schlafen und sich vergnügen können, ermatten und sterben würden. Ihre Nachkommen indes wären für unsere Lebensweise geeignet. Immer wieder habe ich die Eigenschaften hervorgehoben, die nach Überzeugung der Wendat die Menschheit definieren sollten - Weisheit, Vernunft, Gleichheit usw. - und demonstriert, dass die Existenz separater materieller Interessen all diesen zuwiderläuft, Ein Mensch, der von einem Interesse getrieben wird, kann kein Vernunftmensch sein.“[5] ˧

Die Debatten zwischen den beiden berühren auch Fragen der Religion, des Rechtssystems und vieles mehr. Eine spannende Passage ist die, in der Kondaionk behauptet, dass es in der Wendat - Föderation und auch sonst keine Richter gäbe. ˧

"Was für Menschen, was für Kreaturen müssen die Europäer sein, dass man sie zu guten Taten zwingen muss und sie nur aus Angst vor Strafe vom Bösen ablassen? Du hast gesehen, dass es bei uns keine Richter gibt. Was ist der grund dafür? Nun, der Grund ist dass wir nie ein Verfahren gegeneinander Anstrengen. Und warum strengen wir kein Verfahren an? Weil wir die Entscheidung getroffen haben, Geld weder zu akzeptieren noch zu gebrauchen." ˧

Graber und Wengrow führen in vielen akribischen Belegen und durch Hinweise auf unzählige Nachahmer, Plagiatoren und Nachdichter den Nachweis, daßß die indigen - amerikanische Kritik an der europäischen Gesellschaft enormen Einfluss auf das europäische Denken hatte - und dass Ideologen wie Turgot und in seinem Gefolge Adam Smith in einer Art trotzigen Gegenreaktion ein evolutionäres Schema der Entwicklung von Gesellschaften und den Begriff des Fortschritts in der Geschichte erfinden mussten, um dieser Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. ˧

Was freilich bei all dem unterbelichtet blieb, ist die innere Funktionslogik dessen was die inianische Governance ausmacht. Und ich hatte im Jahr 1995 das riesige Glück, damit konfrontiert zu werden. Nun also zu meiner Erinnerung. ˧

Ev. Musikclip Tribal tank ˧

Es war im Jahr 1995, dem letzten der sieben aufeinanderfolgenden Jahre, in denen ich vorwiegend in der Winterzeit in die USA reiste. Ich war alleine unterwegs und im Unterschied zu allen vorherigen Aufenthalten hatte ich das Gefühl, besonders stark von immer neuen Begegnungen und Zufällen geführt zu werden. Ich stand im Kontakt mit Willis Harman, dem legendären Direktor des Instituts of Noetic Science, einer Institution die sich mit der Grenzlinie zwischen Wissenschaft und Spiritualität beschäftigte. Willis war unter anderem auch der erste Professor weltweit, der schon in den Achzigern einen Kurs in künstlicher Intelligenz angeboten hatte und zwar in jenem Stanford in dem ich auch Douglas Engelbart begegnete. Willis lud mich zu einer Veranstaltung in der ausgedehnten Seminarlocation in den wunderschönen Mammutbaumwäldern der Santa Cruz Mountains ein, und er erklärte mir dass diese einen ungewöhnlichen Auftakt haben würde. "Wir haben eine Gruppe indianischer Lehrer zu Besuch, die gerade ein Institut gegründet haben, um uns weißen Männern und Frauen eingangs die Lehren der indianischen Kultur zu vermitteln". Eigentlich sollte das Treffen danach in eine normale Konferenz münden mit herkömmlicher Moderation. Es war das Jahrestreffen der World Business Academy, einer Organisation die er gemeinsam mit zwei anderen Leuten im Jahr 1984 gegründet hatte, um der Erkenntnis Rechnung zu tragen dass "Business die mächtigste Instanz aúf diesem Planeten" sei, und dass wenn man nicht die Wirtschafttreibenden zu Mitgestaltern eines grundlegenden gesellschaftlichen Wandels machen würde es keinen solchen geben würde. [5] Auch hier fand ich dieselbe Motivation, die mich schon bei Engelbart fasziniert hatte: "Nicht der Wandel ist das Problem,sondern die Geschwindigkeit des Wandels, die uns umbringt und mit der die Gesellschaft nicht mithalten kann. Die akademische Welt steht ebenso ratlos davor, denn sie ist eingerichtet, das Wissen der Vergangenheit aufzunehmen, es zu organisieren und es dann an die nächste Generation weiterzugeben - im Glauben, dass wir durch das Lernen aus der Vergangenheit die Zukunft besser vorhersagen und Zukunft besser vorhersagen und steuern können. Das ist für die Geschwindigkeit des Wandels, den wir erleben, nicht relevant und und kann daher nichts an der wachsenden Unmenschlichkeit ändern, die uns umgibt." [6] Die World Business Academy war also im Unterschied zum World Economic Forum als ein Labor gedacht, verschiedene neue Formen der Re-Integration von Wirtschaft und Gesellschaft zu erproben. Dabei würde die dynamische Fähigkeit der Anpassung der Wirtschaft an neue Gegebenheiten zentral sein. Die Organisation unabhängig von den dunklen Geldquellen von Stanford sollte eine fundamentale Wandlungsfähigkeit in Richtung "Hüter statt Raubtiere", "Tempel statt Dschungel" und "Werte statt Profitmaximierung" ermöglichen. Da war ich also nun unter lauter Fremden, und gleich ging es los - mit einem achtsamen Spaziergang durch den Wald, um letztlich bei einer Lichtung anzukommen wo die indianischen Lehrer auf uns warteten. Wind Eagle und Rainbow Hawk waren eindrucksvolle Gestalten, sichtlich verbunden mit der Mission indianische Entscheidungstechniken an Entscheidungsträger weiterzugeben. In einem "Cornplanting Talk" erzählten sie uns von ihrer Philosophie: Als Menschheit sind wir ein Teil in einem zusammenhängenden Netzes des Lebens. Jeder von uns beeinflusst das gesamte Netz, die Welt und sich gegenseitig. Wir sind mit allen Arten verwandt, von allen auch irgendwie abhängig und doch haben wir das vergessen. Wir leben in einer relationalen Welt und sind doch blind für die Auswirkungen, die wir verursachen. Es gäbe aber uralte Werkzeuge, alte Weisheitskarten oder -räder, die wie Linsen unsere Sicht und unser Bewusstsein öffnen und zu neuem Verständnis, neuer Verbindung und der Entfaltung des menschlichen Potenzials auf unserem Planeten führen können. Die Verwendung dieser alten Werkzeuge könne einen neuen Weg eröffnen, einem Weg der Schönheit, Einheit und wahrer Gegenseitigkeit. Gemeinsam hätten wir die Möglichkeit, unsere Vergangenheit zu heilen, unsere Gegenwart zu befreien und uns zu befähigen, unsere gemeinsame Zukunft zu träumen. Dazu müssten wir aber fragen "Welche Wege der Vergangenheit müssen wir loslassen? Was ist dem Ganzen nicht mehr dienlich? Was ist nötig, um das Trauma zu heilen, das wir mit verursacht haben? Wo liegt das verborgene Potenzial, das in unserer Gegenwart noch zu entdecken ist? Was ruft uns aus unserer unbekannten Zukunft zu?". ˧

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Dann erklärten sie uns, dass wir diese Fragen aus einer achtfachen Perspektive stellen müssten. Auf der Lichtung waren acht Podeste aufgebaut, in acht verschiedenen Farben wie ein Farbkreis, und wir wurden eingeladen uns von einer Perspektive anziehen zu lassen und uns die Kleider dieser Perspektive anzulegen. Irgendwie hatte ich an diesem Punkt einen großen inneren Widerstand und das Bedürfnis mich zurückzuziehen. Ich sah all die Kostümierung, das ganze Theater mit Häuptlingen und Stämmen mit sehr reservierten Gefühlen, verließ die Lichtung und setzte mich ins Auto, fuhr in den nächstgelegenen Ort Ben Lomond und versuchte mit meiner Verwirrung fertig zu werden. ˧

Ich wusste dass da etwas Fremdartiges war, dessen Sinn ich nicht auf Anhieb verstand. Jetzt gab es nur die Entscheidung, entweder sich abzuwenden von diesem Zirkus, oder sich mit offenem Geist einer neuen Erfahrung auszusetzen. Also fasste ich den bewussten Entschluss, mich einmal jedes Urteils zu enthalten und mir einfach anzuscheun was passieren würde. ich fuhr mit dem Auto zurück und wie durch ein unerklärliches Wunder war meine Abwesenheit kein Thema und ich nehm sogar spontan meinen Platz bei den Häuptlingen des Nordwestens ein und verlas die Resultate der Gruppenarbeit. ˧

Was aber dann passierte, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Beim darauffolgenden Eröffnungsplenum verlangten viele Mitglieder der Organisation, Wind Eagle und Rainbow Hawk einzuladen die Moderation der Veranstaltung zu übernehmen. Es war wie eine kleine Revolte, und sie sollte kurzfristig auch Erfolg haben. Was ich in den nächsten drei Tagen erlebte, war ein unerwartetes Festtival an Ideen, Perspektiven und Antworten auf alle möglichen Fragen. Und ich am Ende zog mein Fazit aus der ganzen Veranstaltung, die ebenso intensiv wie Douglas Engelbart fünf Jahre vorher mein leben beeinflussen würde. Ich entdeckte dass wir im Westen eigentlich keine Ahnung haben, wie ein gemeinsamer Entscheidungsprozess zu gestalten ist. Ich entdeckte, dass wir strukturell unfähig zu dem sind, was wir als wahre Demokratie bezeichnen. ich entdeckte, dass in der indianischen Kultur sich ein ganz wesentlicher Schlüssel zu unserer Zukunft wiederfinden lässt. ˧

Das beginnt schon mit den rituellen Rahmenbedingungen, die über der ganzen Versammlung aufgespannt werden. Es ist äußerst wichtig dass von Anfang an nicht eine Meinung gegen die andere steht, sondern im Gegenteil jede Äußerung als Teil einer sich entfaltenden Gesamtwahrheit geshen wird. Dazu dienen die Äußerlichkeiten, der Kreis, in dem sich auf gleicher Augenhöhe begegnet wird, ohne Präsidium und Podium. Der Sprechstab, der sowohl alle anderen zur Stille und zum Zuhören mahnt als auch den Sprechenden dazu, aus seinen besten Intentionen zu sprechen. Jeder der spricht ist heilig, denn er trägt zum Ganzen bei. Es klafft kein unüberwindlicher Spalt zwischen Individuum und Gesellschaft, wie wir es in der Alten Welt fühlen. Vielmehr ist Gesellschaft konstituiert durch die Sprechenden, aber eben so, dass jede und jeder eine von acht möglichen Perspektiven auf das Ganze einnimmt. Jede Wordmeldung wird abgeschlossen durch ein "ich habe gesprochen" und die Weitergabe des Sprechstabes, und das affirmative "ho" oder "hugh", das wir ja aus den Indianerfilmen kennen, bedeutet durchaus eine ganze Welt möglicher Ausdrücke zwischen Reserviertheit bis begeisterter Zustimmung. ˧

Erst mit dem Durchgang durch die acht Perspektiven erschließt sich der ganze Sinn des Medizinrades. In der ersten Perspektive wird eine Idee vorgestellt, durchläuft verschiedene Stadien bis sie in der siebenten zu einer Entscheidung wird. Diese Entscheidung wird aber in der achten Perspektive noch einmal auf Herz und Nieren geprüft und zuallermeist verworfen. Denn es darf kein Teil des Kreises und es dürfen auch die die nicht Teil der Entscheidungsfindung sind, übergangen werden. Dieser Möglichkeit nachzuspüren ist die Aufgabe der Law Dog Chiefs, der gesetzeshunde im Nordosten. Daher muss der Prozess oft von neuem beginnen. Wenn es eine Wahre Legende über das Medizinrad gibt, dann ist es gerade diese unüblich lange Zeit die der Prozess braucht bis eine wahrhaft genzheitliche Entscheidung getroffen wird. ˧

Ich würde gerne in einer zukünftigen Sendung die einzelnen Positionen des Medizinrades näher erläutern, die Beschäftigung damit hat mich nicht losgelassen. Aber zurück zu meiner Erzählung: der Prozess in der Sequia Lodge hat dazu geführt, dass sich die Organisation als mehr oder weniger unfähig erwies, die kreativen Impulse der Mitglieder aufzunehmen. Als wir uns kurz danach in Paris trafen, um ein europäisches Chapter zu gründen, erhielten wir die Nachricht dass der Mitgliedsbeitrag verfünffacht worden sei und die Old Boys lieber unter sich bleiben wollten. Willis Harman starb zwei Jahre später und ich habe bis heute nicht den Eindruck dass sich die Organisation von jenem Schock der ehrlichen Transparenz erholt hat, den ihr dieses Meeting versetzte. Ich habe weitere Zeremonien mit Wind Eagle und Rainbow Hawk in Deutschland gemacht und sie sogar nach Österreich gebracht. Meinem Vorschlag alles Wissen so zu organisieren dass es sich von selbst verbreiten und auch die Non-Profit Bereiche erreichen könnte, erteilten sie eine Absage: das Wissen war ihre Einkommensquelle und die Weitergabe sollte kontrolliert und in teuren Seminaren erfolgen. Das hat zwar meinen Enthusiasmus für die Lehrer ein wenig gebremst, doch bin ich dennoch selbständig weiter vorgedrungen und habe gelernt, dass der Jahreskreis der Astrologie geradezu eine etwas komplexere Form des achtgliedrigen Rades mit vier zusätzlichen Funktionen ist, aber in exakt derselben Sequenz. Dass wir in allen Kulturen Spuren dieses uralten Wissens auffinden. Ich habe in Wien die Schule des Rades um Arnold Kayserling gefunden, die diesen kulturellen Universalien im Kreis der Perspektiven nachspürt. Und ich freue mich, wenn es Versuche gibt die Kreiskultur zu leben. ich bin mir sicher dass wir einen wertvollen Schlüssel in der Hand haben, um gemeinsam strittige Fragen zu klären und kommenden Herausforderungen zu begegnen. Und ich bin gerne bei Experimenten in dieser Richtung hilfreich. ˧

Danmit schließe ich die Sendung für heute - in der Hoffnung zu Experimenten in Sachen neuer Entscheidungskultur angeregt zu haben. Für Ende April habe ich mir jedenfalls vorgenommen, bei mir in Radkersburg eine Begegnung zwischen den letzten aufrechten Vertretern traditioneller linker Politik und der alten neuen Kreiskultur herbeizuführen. Davon werde ich aber erst in der übernächsten Sendung berichten können. Auf Wiederhören und schöne Ostern wünscht Franz Nahrada.


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/Ueberschussmaterial ˧

Musikauswahl    

https://freemusicarchive.org/music/Selva_de_Mar/Selva_de_Mar/Indio_Hindu/ Attribution-NonCommercial?-NoDerivatives? (aka Music Sharing) 3.0 International License. ˧

https://freemusicarchive.org/music/Kathy_Lowe/Above_Water/Tribal_Tank/
Attribution-NonCommercial? License. ˧

Outro: wunderschön
https://freemusicarchive.org/music/Lobo_Loco/new-spirit-new-world/new-spirit-new-world-pianoversion-id-1418mp3/
oder besser noch
https://freemusicarchive.org/music/Lobo_Loco/new-spirit-new-world/new-spirit-new-world-id-1417mp3/
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[1] https://www.zeit.de/kultur/2022-05/nancy-fraser-kapitalismus-feminismus-rassismus

[2] https://www.blaetter.de/ausgabe/2017/februar/fuer-eine-neue-linke-oder-das-ende-des-progressiven-neoliberalismus

[3] ebenda

[4] insbesondere "Supplement aux Voyages ou Dialogues avec le Sauvage Adario", 1703

[5] https://worldbusiness.org/wp-content/uploads/2021/05/Academy-History.pdf

[6] ebd.