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Einleitung

Ich begrüße Dich, der oder die Du Dir diese Sendung anhörst, ganz herzlich. Hier ist Franz Nahrada aus Bad Radkersburg und diese Sendung ist die zweiunddreißigste der Reihe "Willkommen im Globalen Dorf" - Erstausstrahlung 23.Mai 2002 auf Radio Agora. ˧

Das Ziel dieser Sendereihe ist es, eine Vision und Option unserer Zukunft zu analysieren und zu propagieren, in deren Mittelpunkt die positive Bewältigung der wahrscheinlich größten Krise in der Menschheitsgeschichte steht. Diese Sendung lebt durch die Behauptung dass es ein plausibles und konsensfähiges Ziel gäbe, ein Projekt, durch das sich die tiefsten Bedürfnisse der Menschen mit den Möglichkeiten des Planeten kombinieren lassen. Und dieses Ziel hat nichts zu tun mit Besiedelung des Weltraums und auch nichts mit einer virtuellen Scheinwelt, um nur zwei der populären Zukunftsbilder zu nennen, die uns als Lückenbüßer für die unbeantworteten Fragen der Gegenwart vorgegaukelt werden. ˧

Wie der Name Globales Dorf oder eigentlich "Globale Dörfer" schon sagt, geht es im wesentlichen um eine Wiederannäherung von Mensch und Landschaft, ein Eingebettetsein in eine lebendige Natur, die durch Intergration mit den menschlichen Potentialen in ihrer Vitalität vervielfacht wird. JA, das bedeutet tatsächlich eine sekuläre Tendenz weg von den verschwenderischen und kostspieliegen großen Städten und hin zu kleineren naturverbundenen Einheiten, ermöglicht durch Wissensvernetzung und damit auch eine Rückbindung der gewucherten Städte ans Land, dem sie etwas zurückgeben und so sich selbst von Ballast befreien können. So entstehen überall auf diesem Planeten Lebensräume, die mit ihren lokalen Kreisläufen den gestiegenen Ansprüchen an unser Dasein und dem immens gewachsenen Wissen über die Steuerungsvorgänge des Lebens und die Kraft lebendiger Systeme, das ja auf entsprechende Praxis drängt, Rechnung tragen.
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Es bedeutet aber mehr als die eben angesprochene fundamentale Änderung im Stadt- Land Verhältnis. Es bedeutet auch eine komplette Infragestellung der politischen und wirtschaftlichen Frontstellung staatlicher Subjekte gegeneinander namens Geopolitik, wie sie unlängst auf dem Onlineportal meduza trefflich beschrieben wurde. [1] In dieser Welt hat der Stärkere Recht und die Schwächeren haben keine andere Wahl, als dies zu akzeptieren. Es ist eine Welt mit Grenzen, Einflusssphären und auf die Stärkung der Souveränität von Staaten gerichteten Zielen. Es gibt mächtige und unabhängige «Supermächte», es gibt gewöhnliche «Grossmächte», es gibt Regionalmächte, und dann gibt es die «normalen» Länder.Nationen schliessen sich zusammen, bilden Bündnisse, treten in Konflikte ein und schliessen Frieden miteinander. Die schwachen Staaten müssen die starken Staaten fürchten und können nur ein wenig Souveränität erwarten. Grössere und stärkere Staaten können sich dagegen mehr Souveränität leisten. Die grössten Staaten erhalten alle erdenkliche Souveränität und können die von ihnen aufgestellten Regeln aus eben dieser Souveränität auch missachten,sie spielen das «grosse Spiel» und bewegen ihre Figuren auf dem «grossen Schachbrett». Diese Staaten haben «grosse Strategien» und «geostrategische Ziele», welche die «Weltordnung» bestimmen. Im Grund sind diese geopolitischen Ziele ident mit dem Zugriff auf und der Kontrolle der Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen anderer Länder, oder der Abwehr eines solchen Zugriffes. Neben diese Ressourcenkonkurrenz tritt freilich die Verhinderung des Großwerdens konkurrierender Mächte. Das heißt Geopolitik bedeutet die beständige Subversion potentieller Gefährdungen und der Imperativ, jeden Fleck auf der Landkarte in Freund und Feind zu sortieren und gegebenfalls dem eigenen Kontrollsystem zu unterwerfen. Im Zeitalter der Digitalisierung verschärft sich dieser Imperativ. ˧

Wir haben uns das letzte Mal mit Leopold Kohr auseinandergesetzt, der einer der wenigen Theoretiker war die sich dem sogenannten "Realismus" dieser Betrachtungsweise entziehen wollten. Aber auch Christopher Alexander, der ja eher als Architekturtheoretiker bekannt ist, hat sich ganz am Anfang seines Buches "Eine Mustersprache" in ähnlicher Radikalität für eine dezentralisierte Welt der unabhängigen Regionen ausgesprochen. Margret Mead schrieb schon 1962, dass der Nationalstaat eine ungeeignete Einrichtung für menschliches Wohlergehen und Entwicklung ist. [2] Wie klar steht uns momentan vor Augen, dass eine Welt in der die Geopoliktik weiterhin den Ton angibt, unweigerlich aus den Fugen gerät! Man stelle sich nur kurz vor, was in unserer Zeit möglich geworden wäre wenn etwa Großbritannien und Russland ihre jeweiligen imperialen Träume zugunsten einer Friedenszone von Lissabon bis Wladiwostok aufgegeben hätten, wovon wohl auch Michail Gorbatschow geträumt hat. ˧

Ich habe mich das letzte Mal sehr deutlich dem Anteil des Westens an diesem Disaster gewidmet, und ich halte nach wie vor die Heuchelei für unerträglich, es ginge bei den Waffenlieferunge und bei den zunehmenden Verlautbarungen, dass ein anderer als ein Siegfrieden nicht in Frage kommt, auch nur in irgendeiner Form um die Menschen in der Ukraine. Nein, es geht um auch in der Ukraine um nichts anderes als um Geopolitik des Staatenbündnisses um die USA, um die Etablierung eines ähnlich agilen und aktiven Frontstaates wie es Israel im Nahen Osten seit Jahrzehnten vorführt - und zugleich um die langanhaltende Schwächung der Russischen Föderation, und am besten um deren Zerschlagung. Inwieweit hier nicht eine Überdehung des amerikanischen Hegemonieanspruches stattfindet, lasse ich mal dahingestellt. Jedenfalls ist es gelungen, die Welt in ein veritables "russisches Roulette" hineinzuziehen und den Wahn eines abgestuften, aber offenen Krieges ohne Kompromisse gegen eine Atommacht in Europa konsensfähig zu machen. In der Tat erschreckt die Gleichschaltung der Medien bis hin zur Zensur, mit der dieser Wahn befördert wird, und hinter der scheinbar spontanen Einigkeit im Westen erscheint eine ungeheure Macht zur Konformitätserpressung, die gekoppelt ist mit immer weiter zunehmender wirtschaftlicher und politischer Kolonialisation. Züge, die man am Feind durchaus wahrzunehmen imstande ist, aber für sich selbst in Abrede stellt, weil das die zunehmende Militanz nur stören würde. ˧

Zugleich möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, dass eben auch und gerade die Russische Föderation auf wenig anderes setzt als Geopolitik und damit den Anschluss an das 21. Jahrhundert versäumt hat. Es hätte andere Optionen gegeben als die ihr tatsächlich aufgezwungene Konfrontation anzunehmen und auf die Karte des Krieges zu setzen. Das immense Potential der Regionen, der lokalen Ökonomien in diesem riesigen Land wurde nie entwickelt, obwohl ich gerade im Dialog mit russischen Freunden einige der bahnbrechendsten Entwürfe für eine disurbanistische Konzeption des Lebensraumes wie die neue Theorie des Siedlungswesens NER entdecken durfte, die zu den kühnsten der Welt gehören. Der Dialog wurde in der Sowjetzeit des öfteren geführt, vergeblich, denn letzlich war das Resultat eben das was wir heute sehen. An die Stelle der Potentiale von Miniaturisierung und Kreisläufen trat schon in der stalinistischen Zeit ein absurdes System von industriellen Monostädten und ein hierarchisches System der großräumigen Arbeitsteilung, mit der Metropole Moskau im Mittelpunkt. Nach 1991 wurde daran nicht grundsätzlich etwas geändert, sondern die vorhandene extraktive Struktur und die darauf aufbauende Logistik wurde zum Mittel, mittels Exporten in den Westen die eigenen staatlichen Bedürfnisse zu decken. Und es scheint auch in der gegenwärtigen Krise keine wirkliche Wahrnehmung der Potentiale der Entwicklung nach innen, der Schaffung immer mehr dezentraler lokaler Kerne zu geben, sondern notfalls eben die durchaus trügerische Hoffnung auf den großen Schwenk nach Osten beim Handel mit fossilen und anderen Ressourcen. Innere Diversität, kulturelle Autonomie, die Sublimierung von Konflikten durch Intensivierung der Fokusierung auf lokale Aufbauarbeit gelten im aktuellen politischen System Russlands im besten Fall als geduldete Folklore, im schlimmsten Fall als Vorstufe zu Verrat und Aggression. Und die Ankündigung Europas sich vermehrt den erneuerbaren Ressourcen zuzuwenden erscheint als Bestandtteil strategischer Bedrohung der eigenen Position. ˧

Die Beharrungskraft dieses Systems gegen die großflächige Entdeckung der Potentiale des ländlichen Raumes und Entfaltung der Regionen wird durch romantisch - nostalgische - mythologisierende Gemeinschaften wie Anastasia (die Familienlandsitzbewegung) und die private Rückzugskultur der Datschen nicht konterkariert, sondern nur bekräftigt. Ich habe mich gerade durch die enge Freundschaft mit dem russischen Dorferneuerer Gleb Tyurin die letzten 20 Jahre immer wieder mit den Potentialen russischer Regionen beschäftigt und eine Fülle von initiativen und begeisterten Menschen kennengelernt - aber diese Stärkung und Entwicklung nach Innen, ins Kleine, hat nicht stattfinden können, wo der Blick noch viel stärker als bei uns auf die Entfaltung der Globalen Städte und den Aufstieg Chinas gerichtet war und das Heil in der Größe, der Bewahrung und Wiedergeburt der geopolitischen Bedeutung als Atommacht und Ressourcenmacht gesucht wurde. In der Tat ist dieser Ressourcenfluch und die ihm entsprechende Struktur der politischen und wirtschaftlichen Herrschaft die wahre Tragik Russlands. Dabei hätten gerade die Beispiele China und Indien, die beide auf gewisse Art und Weise von einem "bauernzentrierten", multiregionalen und nicht von einem industriellen, zentralistischen Weltbild aus ihren jeweiligen nationalen Aufstieg begonnen haben, das Zeug zu einem Lehrbeispiel für Russland, wenngleich auch hier zunehmend auf Zentralität gesetzt wurde. ˧

Dies nur als notwendige Fußnote zum besseren Verständnis dass auch diese Seite des Konflikts hier nicht gerechtferigt wird und durchaus Teil des geopolitischen Wahnsystems ist. Dieses Wahnsystem ist wie gesagt hochgradig dominant, verfügt über scheinbar unendliche Ressourcen, die durch das Netz der Konzerne und Abhängigkeiten ständig vermehrt werden auf Kosten der globalen Mittelklassen, ist hochgradig verschwenderisch und gefährlich, während augenscheinlich besseren Möglichkeiten existieren, die weltweit gegeben sind und nur durch eine weltweite Bewegung, durch eine weltweite Absage an die absurden und obsoleten Mechanismen des Kommandos und der Kontrolle überwunden werden könnten, auch wenn dies gerade blockiert zu sein scheint. ˧

https://freemusicarchive.org/music/Blue_Dot_Sessions/Codebreaker/Eventual_Victory_1851/ ˧

In vergangenen Folgen habe ich schon gezeigt, wie die neue Integration von Mensch und Planetarer Biosphäre und die aus ihnen folgenden Kultur- und Lebensformen nicht nur möglich geworden sind, sondern durch mannigfache Konstanten und Variablen der menschlichen Existenz sich geradezu als Lösung anbieten. Ein kooperierender vernetzter Verbund von lokalen Zellen, die allesamt mit der Optimierung ihres stofflichen und energetischen Kreislaufs vor Ort beschäftigt sind - das herzustellen in globaler Solidarität benötigte freilich ein bewusstes Aufbauprojekt, das sicher nicht ohne Kosten ist, aber im Vergleich der Kosten von Krieg und Machtkonkurrenz und des Weiterbaus an den babylonischen Türmen und vor allem in Hinsicht auf den Ertrag ungleich lohnender. Dieses Projekt ist nur scheinbar unrealistisch, es ist angesichts der absehbaren Erschöpfung unseres Planeten das einzig realistische Projekt - und der Ausbruch aus der Geopolitik ist ein Gebot der Stunde. In diesem Sinn gibt es keinen Augenblick, in dem die Kräfte des Friedens schweigen dürfen, auch wenn das verhängnisvolle Kriegsgeheul im Moment alles zu übertönen scheint - und auch mir im Moment eine sehr spürbare Depression zu schaffen macht. ˧

Die neunfache Logik der Globalen Dörfer

Deswegen wieder eine Erinnerung, und wieder in einer neuen Form. Unlängst bat mich Freund zu erläutern worin mein spezifischer Zugang zu dieser ganzen Thematik der Globalen Dörfer besteht: ich glaube es ist im wesentlichen die Entdeckung einer Vielfalt von Gründen, die uns alle immer wieder zum selben Resultat führen. Manche dieser Gründe sind wie gesagt nahezu anthropologische Konstanten, andere sind Variablen, soll heißen sie haben sich vielleicht erst in den letzten Jahren zu jener Reife entwickeln, die das System der Globalen Dörfer möglich machen, also zum Beispiel technologische Fortschritte. Und manchmal ist es einfach so, dass beides der Fall ist, dass wir konstante menschliche Phänomene erst seit relativ kurzer Zeit genauer entschlüsseln können. Überraschend ist die Konkordanz die wir in all diesen Phänomenen zu entdecken vermögen. ˧

Ich habe in diesem Gespräch versucht, neun der wesentlichsten Gründe oder Felder herauszudestillieren, und es wird klar warum wir in dieser Sendereihe immer wieder einen neuen frischen Anlauf aus einem dieser Bereiche nehmen können, denn sie führen immer wieder zum selben Resultat: ˧

1. Das menschliche Maß. Wir haben gesehen, dass menschliches Wohlbefinden sich sehr stark aus der Überschaubarkeit und Durchschaubarkeit unserer Lebensumgebung speist, auf dem Umstand dass wir keine Anonyme Nummer sind, sondern in Gemeinschaft mit anderen selber unsere Lebenswelt gestalten. ˧

2. Die neue Naturbeziehung Durch eine lange Geschichte des Kampfes, der Unterwerfung, der scheinbaren Kontrolle und der immer weiter vertieften Einsicht in die uns umgebende Natur sind wir zu der Schlussfolgerung gelangt, dass wir tatsächlich das Wesen der Menschen als ein Ensemble nicht nur seiner gesellschaftlichen, sondern auch natürlichen Beziehungen fassen müssen. Wir sind, ernst genommen, der notwendige Organismus der alles zu erweitertem leben bringt und nicht einfach die Krone der Schöpfung, sondern ihr Ferment - nach dem Muster des pflegenden Gärtnerns. Der Natur nicht durch Unterwerfung überwinden will wie Francis Bacon, sondern eine Welt nach dem Muster der natürlichen Lebensprozesse mit deren möglichst weitgehender Integration gestalten will. ˧

3. Die raumüberwindende Technologie Oder auch das digitale Gottesgeschenk von multimedialer Gegenstandserfassung bis hin zu dezentraler Automation. Ermöglicht die Anbindung an die gesamte geistige, technische und kulturelle Produktion der Menschheit von jedem Ort aus. ˧

4. Die Ergosphäre - Die Kraft der Sonne, der Winde, der Gezeiten können an jedem Punkt der Erde eingefangen und nutzbar gemacht werden, ohne wie bei fossilen Energien die Lager zu erschöpfen und die Welt zu vergiften. Sie unterstützen Dezentralität und Autarkie. ˧

5. Die kulturelle Differenzierung braucht authentische Räume die voneinander geschieden sind und verschiedenen lebensentwürfen Raum geben. (Hier hat auch die Friedensthematik ihren Platz, auch die kulturelle Evolution) ˧

6. Die evolutionäre Kraft der Miniaturisierung die uns gezeigt hat wie Raum vervielfältigt werden kann. An manchen Punkten sind auch in Städten effiziente Lösungen gefunden worden, etwa durch Vernetzung und Konzentration vieler Funktionen unter einem Dach. Die neuen Dorfmitten werden auch von Shopping Malls lernen und kreative Mehrfachnutzung und Verdichtung von Bausubstanz können sehr belebend wirken. ˧

7. Die Kraft des Kreislaufes Wir werden Meister der Metamorphose. Cradle2Cradle und Regenerative Technologie ersetzen in weitem Umfang fossile und begrenzte Ressourcen, mindern unsere Abhängigkeit und erweitern unsere lokalen Möglichkeiten. ˧

8. Die Kraft der Sozialen Netze und Kooperationen Die Zähmung von Geld-Logik und Wachstums-Zwang und die gemeinsame Daseinsvorsorge erlauben uns, sinnlose Redundanzen und Verschwendung zu eliminieren und die tatsächliche Lebensqualität in das Zentrum unserer Aktivitäten zu stellen. Statt auf die Gewinner schauen wir auf die Schwachen, und damit ermutigen wir weitere Kaskaden der wechselseitigen Hilfe. ˧

9. Die Kraft der Stille Wir sind längst auf einer inneren Reise zu unseren 'göttlichen' Wurzeln. Wir sind nicht wirklich voneinander getrennt aber haben keinen Zugang zu der Wirklichkeit die wir fühlen. Die Orientierung der Globalen Dörfer nach Innen unterstützt diese meditativen Elemente. Glasperlenspiel. (HL: Entschleunigung. Slow-Food. Deep Listening. Zeit zum Zuhören und zum Genuss des Lebens....) Also auch der Reichtum da, um diese "postmaterialistische Wende" einzuleiten. ˧

Als ob es Strahlen aus ganz verschiedenen Richtungen wären, die sich in einem Punkt treffen - so nehme ich die Begründung der Globalen Dörfer wahr. ˧

Natürlich ist "Globale Dörfer" eine abstrakte Zusammenfassung einer sehr komplexen weltumspannenden Idee mit mannigfaltigen Mustern, die wir in dieser Sendung nach und nach genauer studieren wollen: von unabhängigen Regionen bis hin zu planetaren Netzwerken sind hier viele Konzepte notwendig miteinander verknüpft. Das "Globale Dorf" aber ist so etwas wie eine Elementarform, vielleicht so bedeutsam wie die Ware für den Kapitalismus, mit der Marx daher seine Analyse begonnen hat .... in künftigen Sendungen und Zyklen werden wir uns hoffentlich dieses Geflecht korrespondierender Muster noch genauer anschauen können, auch die globalen Vereinbarungen und Institutionen die es braucht, die kooperativen Wirtschaftsformen die sich jenseits von Marktwirtschaft und Planwirtschaft entwickeln können, die Fülle und Buntheit der Möglichkeiten die sich aus der bewusst geschützten Diversität der Kulturen ergeben würden. ˧

In diesem Zyklus seit Sendung 30 geht es aber weniger um die einzelnen Muster als um ihre Dynamik, ihren Zusammenhang, wenn man so will die Strategie um sie zur Geltung zu bringen. ich habe absichtlich mit dem Friedensthema begonnen, weil wir ja gerade vorgeführt bekommen, dass die Fehler des derzeitigen globalen Konkurrenzsystems noch schneller als zur Klimakatastrophe zum Dritten und wahrscheinlich finalen Weltkrieg führen können. - und so den Druck unermesslich erhöhen, eine alternative Friedensordnung zu finden und zu realisieren. ˧

Freilich stellt sich genau an diesem Punkt die Frage, ob nicht genau auch dieser Druck alles oppositionelle und abweichende Denken zum Erlahmen bringt, die ausufernde Propaganda der Ausarbeitung eines Gegenentwurfes nicht nur keinen Raum gibt, sondern sie aktiv unterbindet. ˧

Und das eben auch hierzulande, wie ich schon in der letzten Sendung betont habe. Mit staunenden Augen nehmen wir zur Kenntnis dass strategisch mobilisiert für einen Krieg ohne Suche nach einem friedlichen Ausweg, dass der Zugriff auf Informationen der gegnerischen Seite unterbunden wird, dass enormer Konformitätsdruck aufgebaut wird und der Krieg als ein Kampf der Wertsysteme ideologisiert wird. Eine Infragestellung des westlichen Wertesystems die doch so dringend notwendig wäre für einen globalen Neuansatz stößt in dieser aufgeheizten Stimmung zunehmend nicht nur auf Unverständnis, sondern wird tendenziell und immer häufiger als feindseliger Störversuch behandelt. Wobei dieser Konformitätsdruck nur die Spitze eines Eisberges ist, zu den ohnehin schon gallopierend zunehmenden Verregelungen und Verrechtllichungen aller Lebensbereiche tritt, die immer mehr lokale Handlungsfähigkeit und Spontaneität lähmen, wenn es um die Eigenmacht bei der Gestaltung von Lebensräumen geht. Ich habe das am Beginn der COVID Pandemie an einem Beispiel schon thematisiert, Wenn ich dazu komme, werde ich diesen Flächenfiktionen, die immer weniger Raum lassen für angepasste Lösungen eine eigene Sendung widmen.
Und die zweite Frage ist noch , ob nicht die eskalierende Konfrontation nicht alle Bedingungen zerstören wird, die für die Etablierung einer globalen Infrastruktur der Wissenskooperation notwendig sind, also zum Beispiel die Integrität des Internets und die grundsätzliche Bereitschaft von Staaten solche Kooperationen zu ermöglichen - oder ob drittens diese Bedingungen nicht ohnehin schon zerstört sind. ˧

Deswegen heißt die heutige Sendung "Hat sich das Fenster geschlossen" und versucht bei all den dramatischen Ereignissen der Gegenwart einen Blick auf die Welt nach dem Krieg. Es stehen sich zwei Interpretationen gegenüber, eine zutiefst pessimistische und eine optimistische. Ich muss gestehen dass ich fast täglich zwischen diesen Interpretationen schwanke. ˧

Die pessimistische: Es ist, als habe die Menschheit in Jahrtausenden mühsam alle notwendigen Bedingungen eines Quantensprunges in eine höhere Zivilisation zusammengetragen, nur um sie im entscheidenden Moment zu verspielen und zu zerschlagen. Nie wieder wird sich ein Fenster für die Emanzipation einer kooperierenden Supermacht von Basiseinheiten von den aktuellen Direktiven der Zentralen öffnen.
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Die optimistische: Die Schaffung eines dauerhaften Friedens, soll sie mehr sein als das Einfrieren von Konflikten, muss mit der Infragestellung der gesamten bisherigen Weltordnung einhergehen. Immer nach gewaltsamen Erschütterungen des Weltsystems hat es diese Option gegeben. Eine neue Weltordnung die die gewachsene Vielfalt und Multidimensionalität der Welt im 21. Jahrhundert repräsentieren müsste könnte die immer noch präsente Ordnung der Siegermächte des 2. Weltkrieges ablösen und auch Chancen geben für die unmittelbare globale Repräsentation regionaler Verbünde und Kulturen unterhalb und jenseits der staatlichen Ebene.
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In den letzten Monaten habe ich mit vielen intensiv Denkenden darüber Auseinandersetzungen geführt, die in die folgenden Überlegungen miteinfließen. ˧

Der Weg von der Keimform zum Weltsystem der Globalen Dörfer

Während ich vorhin über die strukturellen Gründe gesprochen habe, die alle in einer Welt der dezentralen Kooperation münden, für die wir den Ausdruck "Globale Dörfer" gewählt haben, soll es jetzt um die Frage des Interesses oder besser der Interessen gehen. Von wo könnte die Energie und der Impuls kommen, da habe ich mich immer wieder gefragt. Eine gesellschaftliche Transformation fällt nicht vom Himmel, auch wenn sie so klar und absehbar logisch ist wie ich es eben geschildert habe. Sie tatsächlich in Bewegung zu setzen ist eine schwierige Kunst, und für mich steht stellvertretend für diese Kunst der Name Adam Smith, der die geistige Grundlage der Pendelbewegung vom Feudalsystem zum Kapitalismus geschaffen hat, indem er die Interessen auch und gerade der feudalen Eliten zur Wahrnehmung nicht nur ihrer Möglichkeiten, sondern auch der Unabdingbarkeit des Wandelprozesses gezielt und erfolgreich ansprach. ˧

Damals wie heute gab es dieselbe Situation. Im Inneren der bestehenden Ordnung gab es seltsam unorthodoxe "Nester" wo sich neue Praktiken erfolgreich entwickelten. Damals waren es die Handelszentren in Oberitalien und Flandern, die sich mit lokalen handwerklichen Produktionen paarten und keimformhaft Ansätze kapitalistischer Produktionsweise entwickelten und auf die Adam Smith hindeutete. Heute finden wir auf der ganzen Welt verteilt die "Nester" einer neuen Produktionsweise, und ich habe sie schon mehrfach in dieser Sendung als regenerative und kooperative Produktionsweise gekennzeichnet. Eine große "Wandelszene" entwickelt, meist noch wenig bemerkt und ernst genommen, eine "Parallelwelt" in der es nicht mehr um den Verbrauch, sondern um die Selbstregeneration von Ressourcen nach dem Muster natürlicher Ökosysteme geht, und die immer neue Quellen des Reichtums durch intelligente Kombination von Prozessen entdecken. Diese Wandelszene hat viele Namen, Transition, Ökodorfbewegung, Urban Gardening, Openfarmtech und tausend mehr und sie umfasst heute schon Hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt. ˧

Während also diese Keimformen als Laboratorien der Zukunft unabdingbar sind um überhaupt nur an eine Revolutionierung der gesamten Produktionsweise zu denken, steht ihnen ein anscheinend festes Gefüge an Interessen entgegen, das sich um etwas rankt was manche die "imperiale Lebensweise" genannt haben. "Sie war immer eine Lebensweise für eine globale Minderheit. Der Kampf, wer dazu gehören darf, findet heute überall statt und nimmt verschiedenste Formen und ideologische Dekorationen an" sagt Hans Widmer von Neustart Schweiz [3] Im Kern ist sie ein Deal zwischen den Inhabern der wirtschaftlichen und politischen Macht und den für deren Aufrechterhaltung benötigten Teilen der Bevölkerung. ˧

Aus der Sache mit Adam Smith lernen wir aber auch, dass sich Eliten über die Methode ihrer Herrschaftsausübung polarisieren und spalten können. Damals war es das Zulassen der Reichtumsquelle Lohnarbeit und Kapital, die so manche Fürsten unter dem Druck ihrer Kriege gegeneinander und der Kosten stehender Heere zu Reformen nötigte. Heute sind die wirtschaftlichen und politischen Eliten zwar entlang der Frage der Bedeutung der Nationalstaaten gespalten, stehen Trumpisten gegen Globalisten, aber nicht in der Frage der zunehmenden technokratischen Kontrolle des Lebens. Eher steht von beiden Seiten eine zunehmende Refeudalisierung an durch immer restriktivere Unterbindung von Eigenmacht; eine Wahrnehmung einer dritten Option jenseits von Nationalismus einerseits und einem globalistischen Projekt der Konzerne andererseits ist maximal in intellektuellen Kreisen Thema. Denkbar und dringend notwendig wäre sie aber, diese dritte Option, die Hans Widmer folgendermaßen beschreibt: "Warum also nicht eine solche Lebensweise konkret definieren und entsprechende Projekte unterstützen, die die Beteiligten selbst realisieren können? Warum nicht die Menschen aktivieren, statt sie nur zu versorgen und zu massregeln?" [4]. Eine Zeitlang sah es so aus, als könne dies der Fall sein. Von Alvyn Tofflers "Prosumer Society" bis zu Shosanna Zuboffs "Support Economy" gab es eine Menge Bilder eines Kapitalismus, der sich selbst immer mehr zurücknimmt und sogar von der Stärkung von Eigenmacht und Gemeinschaftsprojekten profitiert. Mittlerweile ist das Gegenteil der Fall: Überwachung und Kontrolle haben nicht zuletzt durch die neuen Möglichkeiten der Netzwerke enorm zugenommen, Verhaltenssteuerung und Manipulation bis hin zum Sozialkreditsystem und der berüchtigten "shock doctrine" drohen zum Bestandtteil unseres Alltags zu werden. Und ich kann nur hoffen, dass Michael Narodoslawsky recht behält, der mir hier im Vorfeld entschieden widersprach und kommentierte: Gerade die Krisen üben Druck zur Transformation aus: Die Pandemie hat einen unglaublichen Schub in Richtung stärkerer und direkter Vernetzung zwischen Produzenten und Konsumenten, einen Schub in Richtung Regionalisierung und neue Formen von Arbeit und Erwerb gebracht. Die derzeitige Krise schiebt wie nix anderes die (auch durchaus kooperative!) Nutzung erneuerbarer Energien an und bietet durch die „Hinauspreisung“ fossiler Energie Alternativen Entfaltungsmöglichkeiten, von denen wir vor zwei Jahren noch nur träumen konnten! ˧

Umso mehr ergibt sich die Notwendigkeit, an die evolutionäre Potentiale der Zivilgesellschaft, an die Entwicklungsfähigkeit lokaler Gemeinschaften zu erinnern und sie praktisch voranzutreiben. Wir brauchen unabhängige und vernetzte Labore des Wandels, wir brauchen einen Bewusstwerdungs- und Vernetzungsprozess auf globaler Ebene, der den Wert und die Potentiale von Diversität gegenüber der Konformität hervorstreicht. Wir brauchen die Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe zwischen selbstbestimmten Communities und wirtschaftlichen Einheiten. Wir müssen die win-win Situationen erfassen und beschreiben, die sich daraus ergeben. Vor allem aber geht es um die Win-Win Situationen gelebter globaler Solidarität. Das soll heißen: wenn wir das Wachsen und das Gedeihen lokaler autonomer Gemeinschaften irgendwo auf dem Globus unterstützen, dann fördern wir automatisch - so uns die Möglichkeiten der Vernetzung weiterhin zur Verfügung stehen - eine weltumspannende Gemeinschaft der Kooperation. Dies muss in neuen Kodifizierungen und Regelwerken einen Niederschlag finden. Gerade erst wurde eine Industrienorm für Open Source Hardware geschaffen, die DIN SPEC 3105, die es erstmals erlaubt Technologie und Innovation verlässlich als Gemeingut zu behandeln. ˧

Und wieder fragt sich: von wo geht die Initiative aus, wo sind die Interessen, die solches ermöglichen? ˧

Kommmunale (und regionale) Akteure sind ziemlich sicher die Schlüsselgruppe, auch wenn sie in vergangenen Sendungen durchaus als zum allergrößten Teil pragmaqtisch, konservativ und innovationsskeptisch benannt wurden. Wir sehen aber weltweit auch viele Beispiele für demonstrative Eigenständigkeit von Gemeinden, manche spielen sich rein auf der Symbolebene ab, andere machen wirklich ernst damit. Was hier erreicht werden kann wird beispielhaft durch das Städtchen Marinaleda, im trockenen Andalusien zwischen Sevilla und Córdoba gelegen, demonstriert. Das Land von Marinaleda, gute 1.200 Hektar groß, wird von einer Kooperative verwaltet. Der landwirtschaftliche Genossenschaftsverbund El Humoso baut Oliven und Artischocken, Zucchini und Bohnen an, die in der eigenen Dosenfabrik weiterverarbeitet werden; in Marinaleda gibt es so gut wie keine Arbeitslosen, die soziale Schere geht kaum auseinander, ein Eigenheim kostet 15 Euro im Monat, der Lohn reicht für ein gutes Leben. Solche Beispiele gibt es noch nicht viele, aber sie können mehr denn je Schule machen. Ein anderes Beispiel für solche Prozesse sind die erfolgreichen Versuche der Etablierung handlungsfähiger Lokalverwaltungen und weitgehender politischer Partizipation in Porto Allegre in Brasilien und vor allem im idischen Bundesstaat Kerala, der unbestritten das beste Sozialsystem und das beste Bildungssystem Indiens aufgebaut hat. [5] ˧

Es gibt einfach den fundamentalen Gegensatz zwischen einer Wirtschaft, die extraktiv und ohne Rücksicht auf lokale Zusammenhänge und Potentiale ihr Recht auf Ressourcen geltend macht, gipfelnd in multinationalen Konzernen, kontinentalen und globalen Wirtschaftsräumen, und der Idee der Kreislaufwirtschaft, die notwendigerweise eine Priorität des Lokalen fördert. ˧

Während die erste Seite sich immer noch in der Offensive befindet, mit den berüchtigten neoliberalen Freihandelsabkommen wie CETA und kontinentalen Gesetzeswerken wie dem Vertrag von Lissabon oder NAFTA die Priorität der globalen Zugriffe auf lokale Ressourcen und damit die wachstumsorientierte Kapitalwirtschaft eisern im Griff zu haben scheint, steht die andere Seite scheinbar auf verlorenem Posten. Zwar gibt es eine europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung [6], doch ist diese eher ein Dokument der Dominanz der Zentralverwaltungen, denen jedes Recht der Kündigung und Einschränkung auf Inhalte und Orte zugestanden ist und die sich jede Form der Strukturierung und Kompetenzzuteilung vorbehalten dürfen. Ein Vertragswerk über den Respekt vor lokalen kreisläufen steht noch aus, und ich denke dass die ökozentrische Verfassung von Ecuador von 2008, die als erste weltweit Rechte der Natur kodifiziert, ein unbeholfener aber nicht uninteressanter Schritt in diese Richtung ist. [7] Ähnliches wird auch in Bolivien versucht, und besonders hier spürt man die Notwendigkeit die daraus abgeleiteten Rechte der Konsultation lokaler Gemeinden mit einem umfassenden Aufklärungs- und Bildungsprozess der Bevölkerung über die Fragilität lokaler Kreisläufe zu verbinden.
Natürlich existieren daneben noch eine Fülle von internationalen Netzwerken wie ICLEI, dem Verband der lokalen Verwaltungen für Nachhaltigkeit, die zumindest das Feld aufbereiten. ˧

Mein größter Hoffnungsträger für die Entwicklung eines globalen Kooperationsbewusstseins sind allerdings Kooperative Netzwerke mit Zivilgesellschaftlichem Hintergrund und jene Bildungseinrichtungen und Universitäten, die nicht vergessen haben dass ihre Tätigkeit nicht dem Profit dient, sondern dem Gemeinwohl. Hier gäbe es tausend Beispiele zu berichten, von den vielen Transition Initiativen und Ökodörfern bis hin zu den restaurativen und regenerativen Netzwerken ohne Zahl, die der Gigantomanie überall entgegenarbeiten. ich möchte hier aber stellvertretend auf das Netzwerk der Fab Cities eingehen, gewachsen aus der Fab Lab Bewegung. ˧

  • Fab Cities: Cities that produce everything they consume Netzwerk von 40 Städten weltweit ˧
    • Fab City OS mit vielen Millionen gefördert - EFRE Projekt "Interfacer" ˧
Und essentiell damit verbunden ist die Arbeit derer, die Wissen und Innovation nicht als Ware und Wirtschaftsgut, sondern als Gemeingut in die Welt bringen und damit einen Humus schaffen für lokale Aktivität die sich aus Abhängigkeiten zu lösen imstande ist. ˧

Gemeinwohlverpflichtete Unternehmensformen ˧

"Whats the point of your business?" - eine breite Bewegung sucht Wirtschaft wieder als Mehr zu sehen denn als reine Geldvermehrungsmaschinerie. Die Frage ist, ob die eigene Produktion ein Beitrag ist zu einem wirklich vorhandenen gesellschaftlichen Fortschrittsmoment. ˧

Und auch viele Arbeitnehmer sind durch die Corona Krise in eine neue Perspektive geraten, Millionen Menschen hängten in den USA ihren Beruf an den Nagel, in schlecht bezahlten Branchen wie dem Gastgewerbe verdoppelte sich die Rate seit dem Vorjahr sogar. Auch im Gesundheitswesen und im Technologiesektor soll der Anstieg immens sein. Und während junge Menschen sich häufiger an ihren Job klammern, orientierten sich Menschen international zwischen 30 und 45 Jahren am ehesten um. Dafür hat sich sogar ein Name eingebürgert, "the great resignation". ˧

Und zum Abschluss nocheinmal ein Blick auf die Großen: ˧

Supranationale, staatliche und Substaatliche Akteure ˧

Einige Splitter mit durchaus widersprüchlichen Charakterzügen an denen wir uns vielleicht festhalten können; ˧

Obwohl sich etwa die Europäische Union auf der einen Seite in den verhängnisvollen transatlantischen Schulterschluss begibt und obwohl China wirtschaftlich, politisch und militärisch eine enorme geopolitische Mission in die Wege geleitet hat, sehen wir auch Initiativen auch und gerade in diesen nationalen bzw. supranationalen Zusammenhängen die die eigenständige Entwicklung von Regionen und ländlichen Räumen sowie eine neue Form des Zusammenwirkens von Stadt und Land unterstützen. Auch hier wird auf die Entwicklung von Thematischen Netzwerken Wert gelegt. ˧

oder: ˧

Die Europäische Union selbst ist ja trotz des Namens immer noch ein Staatenverbund, dessen Stärke in der Unterschiedlichkeit und im Aufbau von unten nach oben liegt. Parallel zum Europäischen Rat gibt es auch einen Ausschuss der Regionen und damit auch eine Struktur miteinander jenseits der Staatenebene verbundenen substaatlicher Körperschaften. Eine Fülle von Regionen, allen voran Katalonien, streben nach mehr Autonomie bis hin zu Eigenstaatlichkeit und lehnen die Hegemonie eines nationalen Zentrums ab. Das wird sich auch durch die gegenwärtige Stimmungslage nicht ändern und böte weitere Chancen für die Etablierung von Netzwerken. ˧

oder: ˧

Die Staaten des Globalen Südens von Lateinamerika bis Asien stehen dem Sanktions- und Kriegsregime der westlichen Allianz trotz Verurteilung der russischen Invasion skeptisch gegenüber. Gerade der Einsatz der bislang sakrosanten und neutralen wirtschaftlichen Instrumente, der Angriff auf Währungsreserven und Eigentumstitel, verstärkt Misstrauen und Besorgnis und führt zur Suche nach neuen Formen wirtschaftlicher Kooperation. ˧

oder: ˧

Die drohenden Hungersnöte speziell in Afrika, die wachsende Erkenntnis über die Fragilität der globalen Lieferketten, die Auswirkungen der ignorierten Klimakatastrophe und vieles mehr könnten sich damit verbinden. Inseln der Regenerativität als Gegenprogramm zur Ökonomie der Konkurrenz! ˧

..... ˧

Fazit

Ich möchte aus all diesen vermischten Gedanken ein Fazit ziehen. Und zuvor zitieren, was ein Thomas Castellini irgendwo im Netz schrieb und was mir aus dem Herzen spricht. "Es ist nicht einfach, in einer Zeit zu leben, in der Dinge geschehen, die noch vor Kurzem als völlig unmöglich gegolten hätten. Hätte man eine derartige „Handlung“ als Manuskript oder Drehbuch eingereicht, es wäre wohl von Verlagen und Filmproduzenten als zu unglaubwürdig abgelehnt worden. Mancher fühlt sich wie ein zwangsverpflichteter Darsteller in einem Film, dessen Ende noch abgedreht werden muss. Ob alles drehbuchgerecht enden wird oder doch anders, ist noch offen. Die Hoffnung bleibt, dass Letzteres eintreten wird. Eine Hoffnung aber, die nicht unbeschwert daherkommt." ˧

In diesem Fazit erinnere ich an den oben formulierten Gedanken erinnern: "Es gibt einfach den fundamentalen Gegensatz zwischen einer Wirtschaft, die extraktiv und ohne Rücksicht auf lokale Zusammenhänge und Potentiale ihr Recht auf Ressourcen geltend macht, gipfelnd in den Praktiken von multinationalen Konzernen, und der Idee der Kreislaufwirtschaft, die notwendigerweise eine Priorität des Lokalen fördert." ˧

Wenn es uns gelingt, diesen Gedanken quer zu den kriegerisch - strategischen Sandkastenspielen die im Moment das Denken vergiften am Leben zu halten, dann hat sich das Fenster noch nicht geschlossen. Denn was ist die Alternative? Die Hohepriester der amerikanischen Geopolitik wie George Friedman von Stratfor in seinem Buch "die nächsten hundert Jahre" versprechen uns keinen Frieden. Sie sehen lauter kleine Keimformen von Möchtegern - Großmächten aufkommen die Mitspielen wollen auf dem großen Schachbrett und schon wieder die nächsten Konflikte schüren. Mal Polen, mal die Türkei, immer wieder entstehen neue Schachfiguren die es zu "handlen" gilt. Ist es wirklich so schwer, auf diese Art von Zukunft zu pfeifen und das so Schwierige und doch so Plausible mit Leben zu füllen und der Geopolitik auf alle Zeit die Grundlage zu entziehen? Wenn wir den absehbaren großen Knall überleben- worauf wir anscheinend kaum einen Einfluss haben - dann gibt es nur mehr die Option des "nie wieder". Und das heißt, dass sich eine weltweite Allianz der Vernünftigen und Verantwortlichen an die Arbeit machen müsste, ernst zu machen mit der Entwicklung nach Innen. Wo das beginnt, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen. Ich träume zum Beispiel davon davon dass wir es schaffen, aus Eurasien und vielelicht sogar gemeinsam mit China und Indien eine große Kooperationszone zu machen, und dass die von den angelsächischen Geopolitikern so gefürchtete europäisch - asiatisch - afrikanische Welteninsel statt einer oder zweier neuer Supermächte ein morphogenetisches Feld vorgibt, das uns hilft, aus diesem Planeten einen wahren Organismus mit vielen bunten Zellen zu machen, für die symbolisch das Bild der Globalen Dörfer steht. Oder vielleicht beginnt der Aufbruch in Lateinamerika, wo sich zumindest ein Staat schon dafür entschieden hat, ohne Armee zu existieren. Wir können es nicht wissen, aber wir sehen Anknüpfungspunkte genug. ˧

Und auch wenn es banal klingt: der römische Philosoph Seneca schrieb in den Briefen an Lucilius über die „Mittel gegen die Furcht“: ˧

„Es ist wahrscheinlich, dass ein Übel eintreten wird; darum aber ist es nicht gleich wahr. Wie vieles ist unerwartet gekommen! Wie vieles Erwartete ist nie erschienen! Und wenn es auch wirklich bevorsteht, was nützt es, seinem Schmerze entgegenzulaufen? Du wirst ihn früh genug empfinden, wenn er da sein wird; unterdessen versprich dir Besseres. Was du dadurch gewinnen wirst? Zeit! Vieles wird dazwischentreten, wodurch die kommende Gefahr, wie nahe sie auch herangetreten ist, zum Stillstehen gebracht oder ganz beseitigt oder auf ein anderes Haupt abgeleitet werden kann. Schon manche Feuersbrunst ließ einen Weg zur Rettung offen; schon manchen trug ein einstürzendes Gebäude sanft auf den Boden hinab; manchmal wurde das Schwert vom Nacken selbst noch zurückgezogen, und mancher überlebte seinen Henker. Selbst das Unglück hat seinen Wankelmut. Vielleicht wird es eintreten, vielleicht aber auch nicht; inzwischen ist es wenigstens noch nicht da. Stelle dir also Besseres vor“ ˧





[1] https://www.infosperber.ch/politik/krieg-ohne-menschen/

[2] https://www.foreignaffairs.com/articles/1962-10-01/underdeveloped-and-overdeveloped

[3] https://www.neustartschweiz.ch/essay/nicht-nur-neue-regeln-ein-ganzes-neues-leben/

[4] https://www.neustartschweiz.ch/essay/nicht-nur-neue-regeln-ein-ganzes-neues-leben/

[5] https://www.budrich-journals.de/index.php/peripherie/article/download/24484/21350

[6] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000966

[7] https://www.praktische-philosophie.org/zfpp/article/view/222