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Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Einleitung   
Beginn Interview   
Langenegg   
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Hinweis: https://www.youtube.com/watch?v=ScJIy946-4c ˧

Sendung vom 28.Februar 2022 18h Radio Agora ˧

Einleitung    

Wiillkommen zur 29. Sendung der Reihe "Willkommen im Globalen Dorf". Hier ist Franz Nahrada aus Bad Radkersburg und ich freue mich über treue und neue Zuhörende, wenn wir die wunderbare Welt der Globalen Dörfer erkunden - meines Erachtens eine Zukunftsvision, die viele Probleme der Gegenwart zu lösen imstande wäre. Die These dieser Sendung, wieder mal in neuen und frischen Worten zusammengefasst: ˧

Unsere Zukunft liegt in einer umfassenden und intensiven Rekultivierung ländlicher Räume, während die technischen Errungenschaften unserer Zeit eine noch nie dagewesene Dezentralisierung erlauben, sprich wir brauchen weder Großmächte noch Einflusszonen, weder Militärbündnisse noch globale Finanzimperien. Ja ihr hört richtig. Das Globale Dorf ist solange eine Harmonie vortäuschende Lüge, solange es sich nicht in der Form einer radikal dezentralisierten und zugleich radikal vernetzten Welt, eben in globalen Dörfern manifestiert. ˧

In den Tagen in denen ich diese Sendung schreibe tobt sich die alte Welt noch einmal so richtig aus, angesichs der geopolitischen Verwerfungen scheint all das was ich hier vorstelle winzig klein und unbedeutend. Stattdessen schaukeln sich die verbalen und realen Bombardements wechselseitig hoch, erfolgen Winkelzüge, Schläge und Gegenschläge die nur mehr durch die Möglichkeit atomarer Vernichtung ein wenig eingebremst werden, wird immer noch geopolitischen Schachspiel gespielt und scheint die Teilnahme am globalen Wettbewerb von Geschäft und Gewalt alternativlos. Dass genau dieser Wettbewerb es ist, der unsere Welt zunehmend unbewohnbar macht, das hat zumindest ein Teil der jüngeren Generation begriffen und dieser Teil sucht mehr denn ja nach praktikablen Gegenmodellen. ˧

In der Tat ist das Gegenmodell das ich hier vorstelle nicht einfach, weil es mit einer Umwertung aller Werte einhergeht, die bisher dominant waren: ˧

An die Stelle des Globalen tritt das Lokale als Aktionsfeld;
an die Stelle der Konkurrenz tritt die Kooperation;
an die Stelle von Distinktion von arm und reich tritt das Bewusstsein, dass eine gesunde Gesellschaft alle Menschen gleichermaßen einbeziehen muss und gerade die Schwachen gefördert werden müssen.
An die Stelle der Abhängigkeit in Lohnarbeit und Konsum tritt wieder die Selbständigkeit des selber herstellen könnens,
an die Stelle eifersüchtig gehüteter Geschäftsgeheimnisse tritt das offene und geteilte Wissen.
˧

(.....) ˧

In den letzten 4 Folgen dieser Sendung sind wir sozusagen an die Basis gegangen, das was ich den Boden unter unseren Füßen nenne, und damit ist insbesondere erstens die Landwirtschaft beziehungsweise Naturbeziehung gemeint, und zweitens die Fähigkeit, mit anderen Menschen gemeinsam seinen Lebensraum zu gestalten. ˧

Das bedceutet auch, dass die Subjekte einer Entwicklung in der Richtung die ich angedeutet habe zumindest zu einem großen Teil die Menschen, die heute schon in Dörfern leben und um ihren Erhalt kämpfen, sein können und sein werden. ˧

Wir haben in den letzten 4 Folgen quasi mit der Nahaufnahme begonnen, einen Blick auf die ökologische, ökonomische, soziale, kulturelle und psychologische Verfasstheit ländlicher Räume und ihrer Bevölkerung zu werfen, und uns zu fragen wie die gigantische Aufgabe die vor den Menschen in ländlichen Räumen liegt, bewältigt werden kann. Zuletzt ging es darum, welche dunklen Muster uns dabei behindern und welche lichten Muster uns dabei unterstützen. ˧

Ich möchte heute mit einem etwas längeren Interview fortsetzen, das den Bewusstwerdungsprozess in einem Dorf über die Jahre illustriert. Wieder sind wir in Vorarlberg zu Gast, das schon einmal Gegenstand einer Sendung war. Damals - in der 22. Sendung mit Bertram Meusburger - haben wir die Situation quasi aus der Vogelperspektive betrachtet: die "Landstadt Vorarlberg" als bewusster Brückenbau zwischen städtischem und ländlichem Raum, die Integration von urbanen Elementen und städtischem Lebensgefühl in einer ländlichen Umgebung wie sie in der Dichte und Kleinräumigkeit des Ländle insgesamt natürlich viel leichter zu realisieren sind. Heute wollen wir noch mehr die Kirche im Dorf lassen, wenn das überhaupt möglich ist ˧

(Musik) ˧

Beginn Interview    

ich spreche heute mit Kriemhild Büchel Kapeller, die wie der zuvor erwähnte Bertram Meusburger seit Jahren im "Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung" im Amt der Vorarlberger Landesregierung tätig ist - und zwar in den Bereichen „Nachhaltige Gemeinde- und Regionalentwicklung“ - sprich SDGs, nachhaltigkeitsziele - sowie „Bürgerschaftliches Engagement“ und „Sozialkapital“. Sie verfügt über langjährige praktische Erfahrungen bei unterschiedlichen Bürgerbeteiligungsprozessen und lehrt auch auf Hochschuleinrichtungen. Im Vorfeld der letzten Sendungen hab ich auch mit ihr telefoniert und sie schlug vor, sozusagen mit einem mikroskopischen Blick auf einen dörflichen Entwicklungsprozess zu schauen. Das wollen wir heute tun, aber zuvor würde ich doch gerne wissen, wieso Vorarlberg als einziges Bundesland eine Einrichtung der öffentlichen Verwaltung unterhält, die explizit freiwilliges Engagement und Selbstorganisation unterstützt. ˧

"Liebe Kriemhild Büchel - Kapeller, danke für Deine Bereitschaft zum Interview! wir haben uns unlängst über die Geschichte des ehemailigen Büros für Zukunftsfragen unterhalten. Stimmt meine Einschätzung, dass es sich um eine originär vorarlbergerische Entwicklung handelt, und wie ist diese zustandegekommen?" ˧

(ca 3 Minuten) .............................................................................................................................. ˧

Eure Einrichtung geht also ganz offensichtlich von der Dringlichkeit aus, das bestehende Verhältnis von Bürgern und Politik zu verändern. Es geht um fundamentale Veränderungen, einen Systemwandel angesichts von grenzenlosen Herausforderungen die uns allen bekannt sind: Klimakrise, Rohstoffkrise, Wirtschafts- und Wachstumskrise, Kollaps von Artenvielfalt und Ökosystemen, atomare, biologische und chemische Kontamination und es sonst noch an apokalyptischen Bedrohungen gibt, die uns nicht nur körperlich, sondern auch psychisch fordern. Ist es Deiner Meinung nach berechtigt wo wie Rob Hopkins zu sagen: "Wenn wir auf die Regierungen warten, ist es zu spät. Wenn wir alleine handeln, ist es zu wenig. Aber wenn wir alle gemeinsam ins Tun kommen,können wir das Richtige zur rechten Zeit erreichen. Und wenn ja: wie überzeugen wir Instanzen wie Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die immer noch auf ihrer Hoheit in diesen Prozessen trohnen ?” ˧

(ca 5 Minuten) ................................................. ˧

(Ideen)
Kreisläufe, Zusammenspiel, Resonanz, Resilienz .
Kooperation->Kollaboration
Eigenverantwortung, Selbstorganisation
Enkeltauglichkeit,Verantwortung
vom Industriezeitalter zum Wissenszeitalter VUKA
systemisch, lebendig, gleichzeitig
vernetze Welt: Wirkungen aufeinander, mehr denn ja baut einer die Welt der anderen mit, kommt es darauf an dass wir in eine Richtung rudern statt gegeneinander
Spaltung der Gesellschaft und Verständnislosigkeit ist die größte Katastrophe
Vom Wutbürger zum Mutbürger ˧

-> Politik muss moderieren statt regieren ˧

"Veränderungen passieren in diesem Zusammenhang aber keineswegs spontan, nicht nur weil wir, also die vereinzelten und sozusagen entpolitisierten bzw. privatisierten BürgerInnen und Bürger gar nicht gewohnt sind, wirklich koordiniert und gemeinschaftlich zu handeln, sondern auch deshalb, weil wir die Lösungen für all diese neuen Probleme und Herausforderungen ja auch nicht so einfach auf der Straße finden. Kannst Du etwas zur Wichtigkeit von Versuchen, Laboren, Piloten und Lernprozessen in diesem Zusammehang sagen?" ˧

(ca 3 Minuten) .............................. ˧

(Ideen)
Vor wirklicher Veränderung steht oft Trauma, Schock, Verneinung
Selbst die rationale Einsicht in die Unverantwortlichkeit und Schädlichkeit bestehender Praktiken reicht nicht aus
Es gibt oft keine einfachen Lösungen, es ist ein langer Weg von Versuch und Irrtum, und in diesem Sinn brauchen wir nicht nur Wissen, sondern auch immer wieder den Test was wirklich nachhaltig eine Verbesserung bringt
Nicht alle sind bereit sich gleich auf diesen Weg zu machen
Pioniere, First Movers, Early Adopters
Reallabore brauchen politische Rahmenbedingungen ˧

"Wenn ich Dich richtig verstanden habe dann habt Ihr die Initiative ergriffen, solche Reallabore ins Leben zu rufen. Ihr bringt Menschen die an Veränderung interessiert sind zusammen, ermutigt sie, Visionen zu erarbeiten und auch erfolgreich zu kommunizieren, sich über Widerstände und Hindernisse bewusst zu sein, kleine erfolgreiche Schritte in Motivation verwandeln mit weiteren Schritten weiterzumachen - und vor allem nachhaltige Strukturen aufzubauen. Es geht um Begeisterung, Ermutigung, Inspiration, auch um künstlerische und paradoxe Intervention - aber im Kern geht es um positive Erfahrungen und das Gefühl, dass durch die Wandelprozesse Lebensqualität und Wohlstand steigen. Ist das nicht schon fast eine kleine Wissenschaft?" ˧

(ca 4 Minuten) .............................. ˧

(Ideen): ˧

  • es ist in der Tat ein sehr komplexer Prozess, wo sehr viel zusammenspielt. ganz wichtig sind persönliche Beziehungen, Vorbildwirkung, "soziale Ansteckung" ˧
  • psychologische Faktoren, wir müssen uns selbst ins Tun bringen, Gewohnheiten überwinden, Rückschläge verkraften, nicht ausbrennen, kleine Erfolge auch gebührend feiern und so weiter. Es braucht eben auch einen inneren Wandel. ˧
  • positive Einstellung: "sagen Sie mir nicht warum es unmöglich ist, sagen Sie mir wie es zu schaffen ist" ˧
  • Wir müssen uns vergegenwärigen, dass wir in einer historisch einmaligen Zeit leben. Wir sind in einer Übergangszeit in der mehr als jemals zuvor sich verändert. Weggabelung. ˧
  • Das kann kein Mensch "einfach so" bewältigen. Wir brauchen Techniken der Selbstdistanzierung, Selbstwahrnehmung. Reflexion, Innehalten, Selbstbestimmung ("Adlerperspektive") ˧
  • Veränderung auf allen Ebenen (Politik - Wirtschaft....) inklusive der Wechselwirkung der verschiedenen Ebenen. ˧
  • "Kooperieren oder verlieren" (Wie viele wissenschaftliche Disziplinen kommen zum selben Ergebnis: das Weltbild der Konkurrenz ist überholt.) ˧
"Damit habt Ihr punktuell schon vor über 20 Jahren begonnen, aber im Jahr 2006 dann systematisch, dafür steht der Name "Zämma", also Zusammen auf vorarlbergerisch. Was waren die wichtigsten Elemente, Methoden und Muster dieses Prozesses? ˧

(3 Minuten) ....................... ˧

(Ideen:) ˧

  • Zivilgesellschaft ist vernetzungsfähig, während politische Parteien eher strukturell Gegensätze erzeugen ˧
  • Themen werden nicht vorgegeben, sondern die Beteiligten definieren ihre Prioritäten und Themen selbst ˧
  • Ausgewogenes Verhältnis (Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe) von Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung und Integration partizipativer Elemente in das Modell der repräsentativen Demokratie ˧
  • Fokus auf die eigenen Ressourcen und Stärken statt Beklagen von Mängeln und Schwächen. ˧
    • (cf. Barbara Sher, Erfolgsteams: in unseren Gemeinschaften verbergen sich fast immer kritische Ressourcen, die aktivierbar sind, wenn wir Kommunikation über Ziele und fehlende Mittel zulasssen ˧
Langenegg    

in etwa 15-20 Minuten ˧

"Schaun wir jetzt wir angekündigt auf diesen einen dörflichen Prozess, den Du mir angekündigt und zu dem Du mir im voraus Material übersendet hast." ˧

reden wir also über Langenegg. Langenegg liegt, zwischen weiten Wiesen und sanften Bergen, auf einer Höhe von 700 Metern im Bregenzerwald, Vorarlberg und zählt rund 1.200 Einwohner....
Alles hat damit begonnen, dass die Gemeinde 1996 einen mutigen Entschluss fasste. Die Gemeinde hatte imOrtszentrum ein altes Bauernhaus in Ihrem Besitz, welches dem Verfall preisgegeben war. Abbrechen oder renovieren, verkaufen oder selbst etwas daraus machen. Man entschied sich für letzteres, um daraus ein Nahversorgungszentrum zu machen und Dinge ins Dorf zu bringen dies zuvor nicht gab: Frisör, Geschenkslädele, Textilgeschäft, Schuhgeschäft, praktische Ärztin und Zahnarzt! Aber damit entstnden neue Herausforderungen, die die Politik alleine nicht mehr lösen konnte: wie schafft man Akzepntanz und Identifikation?
Was als einfache Nahversorgungskampagne angefangen hatte, entwickelte sich zu einem Prozess der Bewusstseinsbildung. Das Image von Langenegg und das Bewusstsein für die Qualitäten, die ein Leben in einem Dorf bieten, gerieten immer mehr ins Zentrum.... ˧

Viele Elemente: ˧

  • Team "Lebenswert Leben" wird zum "Klebstoff" der die Gemeinde zusammenhält, Neuezugänge integriert etc... (Gemeinde unterstützt, ebenso Land) ˧
  • ständig kreative Herausforderungen, Events, ˧
  • Gemeinsamer Kalender ˧
  • Willkommensmappe mit Willkommensgeschenken für Zugezogene (Gutscheine, Selbstpräsentation) - "so werden aus Fremden Freunde" ˧
  • Dialog der Generationen, lebendige geschichte in "Hallo nachbar" ˧
  • Weihnachtsmarkt als Jahreshöhepunkt ˧
  • Lebensmittelmarkt als sozialer Treffpunkt mit Event mit Erlebnischarakter, monatlich neues Thema ˧
  • Projekt „Dorfjournalist“. ˧
  • Bürgerbüro „Burki“ ˧
  • Fotowettbewerb - Langenegg von der schönsten Seite: Landschaft und Gebäude, menschliche Begegnungen, Beruf und Freizeit ˧
  • Nahversorgerfibel: Alle Trägerinnen der Lebensqualität für diesen Ort werden aufgelistet und an die Haushalte weitergegeben ˧
"Welche interessanten überregional und allgemein bedeutsamen Erfahrungen und Initiativen entstanden?" ˧

  • Nahversorgungsbewusstsein ˧
  • EKZ könnte sich als überflüssig erweisen! Zumindest gab es heftige Diskussionen und ein Moratorium ˧
  • ..................... ˧
Was ist besonders zukunftsweisend, wenn wir an Langenegg in 20 oder 50 Jahren denken? ˧


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https://freemusicarchive.org/music/Blue_Dot_Sessions/Onesuch_Village/Hickory_Interlude (CC BY-NC 4.0) ˧