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17 Das Digitale Gottesgeschenk 2


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AGORA Sendung - Ausstrahlung 22.Februar 2021 ˧

2. Teil    

(zum ersten Teil ) ˧

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
2. Teil   
Intro   
Zweiter Aspekt: Plastizität als neue Originalität   
Die Vision des gesellschaftlichen Gesamtautomaten   
Dritter Aspekt: Ubiquität: Vernetzung und Co - Creation   
Vierter Aspekt: Techno-Biosphäre - die neuen Möglichkeiten des Zugangs und der Realisation   
Musikauswahl   
Literatur   
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Intro    

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, hier ist wieder einmal Franz Nahrada aus Bad Radkersburg mit der Sendung "Willkommen im Globalen Dorf" - ursprünglich auf Radio Agora, aber wie ich hoffe danach auch in vielen anderen freien Radios. ˧ ˧

Willkommen zum zweiten Teil der Sendung über das "digitale Gottesgeschenk", deren Titel etwas Irritation hervorgerufen hat. ˧

Doris: Frage ob das mit dem Gottesgeschenk eine religiöse Konotation hat. ˧

Antwort: Ich habe diesen drastischen Begriff mit Absicht gewählt, es geht mir durchaus um den Umstand dass wir hier mit etwas zu tun haben was weit über eine bloße technische Modernisierung hinausgeht. JA, und diese Sache hat tatsächlich so riesige Dimensionen, und zwar in mehrfacher Hinsicht, dass ich die Rede vom Gottesgeschenk adäquat fand. Lasst uns das noch mal genauer anschauen. ˧

Irgendwie ist das ja schon in die Umgangssprache als die vage Vorstellung einer gesellschaftlichen Umwälzung eingedrungen, und die englische Sprache verwendet sogar zwei Worte, sie sagt zur technischen Umwandlung von analogen in digitale Datenformate "Digitisation" und zu den ökonomischen, sozialen und kulturellen Umwälzungen "DigitALisation". Im Deutschen koexistieren die Bedeutungen munter in dem einen Wort Digitalisierung, das ein richtiges Modewort geworden ist und eigentlich digitale Transformation oder digitale Revolution in allen Lebensbereichen meint. Natürlich baut das alles auf der Digitalisierung im engeren Sinn auf, und es ist auch in unserer Betrachtung wichtig dass wir den Übergang von analog zu digital technisch verstehen, um zu begreifen dass wir etwas vom Ausgangspunkt vollkommen Verschiedenes hervorbringen. Ich setze voraus dass die Grundlage dieser Verschiedenheit bekannt ist und dass sich das digital gespeicherte "Kondensat" in letzter Instanz auf binäre Werte, auf nullen und einsen, reduzieren lässt. ˧

In gängigen Betrachtungen wird diese Verschiedenheit meist reduziert auf quantitative Verfahren, etwa dem, dass digitale Daten schneller verarbeitet, verteilt und vervielfältigt werden können. Oder dass wir sie schneller auf Muster durchsuchen können. Oder dass sie viel weniger Platz benötigen. Oder dass sie beim Ablesen vollkommen ident bleiben im Unterschied zu einer vergilbenden Photographie oder einer zerkratzten Schallplatte. Dann geht es vielleicht noch um die Frage der Auflösung und Genauigkeit, die einen Unterschied zwischen Atomen und Bits macht. Da kann auch massiv Information verloren gehen, wenngleich die Fortschritte der Sensorik und Speichertechnik immer feinkörnigere Digitale Daten schaffen. ˧

Die hier vertretene These ist aber, dass es viel weniger um diese quantitativen Unterschiede geht, die die Bedeutsamkeit der Digitalisierung und auch die Emphase rechtfertigen, sie als "Gottesgeschenk" zu bezeichnen, als vielmehr die qualitativen Veränderungen die sich abspielen. Diese qualitativen Änderungen habe ich in vier Hauptgruppen zusammengefasst, die weitgehend für alle Bereiche der Digitalisierung gelten, egal ob es sich um Texte, Bilder, Musik, gesprochene Sprache, physische Objekte wie etwa archäologische Objekte, Landschaften, biologische oder medizinische Gegenstände handelt. Digitalisiert werden auch Prozesse wie Postzustellung, Verkehr, Produktion, dort geht es weniger um die Abbildung eines Objektes, sondern um die Abbildung von Regeln. Aber auch hier ergeben sich dieselben quantitativen und qualitativen qualitativen Unterschiede zur alten analogen Welt. ˧

Ich möchte die von mir betonte qualitative Verschiedenheit noch einmal an allen vier Modalitäten des Digitalen demonstrieren. ˧

In der ersten Modalität, die wir schon das letzte Mal behandelt haben, geht es um die potentielle Verbundenheit aller Daten. Schon die erste Eigenschaft des Digitalen wirft ja alle Vorstellungen über den Haufen, man könnte "Inhalte" einfach wie alten Wein in neue Schläuche füllen, wenn man "digitalisiert". Dass jedes Element unseres Wissens und unserer Kultur plötzlich mit jedem anderen verknüpfbar ist - man spricht von Multimedialität und von Hypermedialität - erfordert in letzter Instanz nicht weniger als eine totale Neuordnung und für die Verknüpfung taugliche Aufbereitung, zum Beispiel im Sinn einer vielfachen Indexierung aller Einzelinformationen. Das wäre ungeheuer viel Arbeit, wäre aber unendlich lohnend. Unsere herrschende Wirtschaftsweise, das haben wir das letzte Mal schon gezeigt, ist dafür total unfähig und "bewirtschaftet" lieber das mitunter schlicht mörderische Vorenthalten von Information. ˧

Ähnlich steht es mit den drei anderen Modalitäten, die wir heute behandeln wollen. ˧

Nehmen wir die zweite Modalität her, ich nenne sie Plastizität, die in einerseits in der Kopierbarkeit und beliebiger Veränderbarkeit jedes Stücks Information besteht, und andererseits in der Eigenschaft, jede beliebige Veränderung nach Regeln ablaufen zu lassen und so Information zu programmieren und zu automatisieren. Es ist unschwer zu erkennen dass das, was auf der Eingabeseite passiert ist auch auf der Ausgabeseite passieren kann, und die digital gesteuerte Maschine nicht nur als Kopierautomat, sondern auch und vor allem als Veränderungsautomat fungieren wird. Damit aber ist digitale Information strategisches Gut, sie erweitert nicht nur unser Wissen sondern auch unser Können im Limes ins Unendliche. Auch hier stellt sich - wieder im Limes - zunehmend eine scharfe unausweichliche Alternative: entweder wir bauen den gesellschaftlichen Gesamtautomaten der jedem Menschen erlaubt, selbst die Gegenstände seines Bedürfnisses hervorzubringen, oder aber wir sind gesellschaftlichen Akteuren unterworfen, die die Algorithmen monopolisieren und uns in immer größere Abhängigkeiten zwingen. Auch wenn sich heute noch beide Tendenzen durchmischen, so erinnert das eher an einen epochalen Krieg mit immer neuen, überraschenden Wendungen, an dessen Ende doch nur einer siegen kann. ˧

Die dritte Eigenschaft, Ubiquität oder Allgegenwart, um wieder so ein theologisch vorbelastetes Wort zu gebauchen, also die Möglichkeit Information durch Datennetze an jeden Punkt der Erde schicken zu können, und so eine raumüberschreitende Wirkung zu erzielen, hat vordergründig die Entstehung einer globalen Steuerungslogistik und einer globalen Gesamtfabrik zur Folge, aber auch die Entwicklung eines globalen Kommunikationsraumes und damit auch unbeschränkter synchroner Tele - Kooperation. Auf jeden Fall wälzt sie unser Raumverständnis und die Geographie der Macht um, begünstigt die Entstehung globaler Städte und globaler Verflechtungen. Zugleich begünstigt sie das Entstehen von neuen Machtzentren, Konkurrenzen und verstärkt infolgedessen wiederum die Zunahme von Dimensionen strategischer Kriegsführung - wobei die digitalen Waffen längst um den Globus im Einsatz sind. Und doch ist die gegenläufige Tendenz genauso präsent. Information kann man nämlich eigentlich nicht stehlen, sie ist gerade durch das digitale Medium unbeschränkt kopierbarbar und veränderbar. Auch in diesem Sinn wird Wissen mehr, wenn wir es weitergeben, und es spräche nichts dagegen dass das Geschenk unendlich verbessert, erweitert und brauchbarer zu uns zurückkehrt, wenn wir es freilassen. Diese Arbeit des Verändern und Verbesserns kann noch dazu das Digitale Medium selbst zu einem großen Teil übernehmen, weil es ja rekursive und automatische Struktur hat. Unter diesen Umständen macht die also unbeschränkte Kommunikation und der Zusammenschluss zu virtuellen Gemeinschaften Sinn, die wiederum in räumlich getrennte reale Gemeinschaften vor Ort, mit einem Fokus auf Kreisläufe innerhalb geographischer Grenzen, zerfallen können, dürfen und sollen. An die Stelle der bedrohlichen Kriegslogik tritt eine Friedenslogik. Man stört sich nicht, sondern teilt alles Wissen mit dem Ziel, die Selbstgenügsamkeit eines jeden geographischen Raums zu stärken, was auch immer dessen kulturelle Präferenzen seien. Die über die ganze Welt verstreute Entwicklergemeinschaft der Globalen Dörfer ist dank des digitalen Mediums im Endergebnis produktiver als die größte Stadt. ˧

Dabei hilft die vierte Eigenschaft. Die ist eigentlich noch erschreckender, und die Science Fiction ist voller Dystopien über die Herrschaft der Maschinen, wir erinnern uns an Filme wie Terminator, Matrix etc. Tatsächlich ist diese vierte Modalität eine logische Folgerung aus den drei ersten Modi. Es geht um die Eigenschaft, dass digitale Maschinen selbststeuerungsfähig sind. Was in den letzten Jahren des 2. Weltkrieges durch die Arbeiten von Wiener und Bigelow an einer vorausschauenden Flugabwehrkanone begann, ist vielleicht die folgenschwerste der vier Modalitäten. Ich nenne sie Biomorphismus, Annäherung ans Lebendige. Also hier geht es die um fundamentale Neuerung, dass sich durch die in der 2. Modalität entwickelten Prinzipien, die wir uns heute noch genauer anschauen werden, eben auch eine Abkopplung von der menschlichen Steuerung und eine Autonomie der Selbstmodifikation der datenverarbeitenden Maschine entwickeln lässt, die zunehmend alle Eigenschaften des Lebendigen aufweist. Umweltwahrnehmung, Reizbarkeit und Reaktionsfähigkeit, Lernen, Bewegen - bis hin zur Fähigkeit zum Entscheiden und selbständigen Agieren und soger zur Selbstreproduktion. Aus dem Automaten wird ein Quasi - Organismus. In dem Maß, in dem wir mit unserer Technologie die Lebendigkeit nachbauen, wächst freilich auch unser Verständnis und vielleicht auch potentiell die Nähe zur Natur. Wir lernen zu verstehen, dass die Biosphäre schon alle Eigenschaften hat, die wir mühsam nachbauen. Es gibt hier wieder die fundamentale Alternative, dass wir entweder die beiden Welten fein säuberlich getrennt halten und uns in eine zweite, selbstgebaute Natur hineinentwickeln, oder dass wir uns in einen langfristigen und ausgedehnten Dialog mit der Biosphäre hineinentwickeln, von der wir nicht nur abhängig sind, sondern mit der wir uns auch als Lebewesen entwickelt haben. Wir sind vielleicht das einzige Lebewesen das auf beständige Verbesserung seiner Lebensverhältnisse, auf deren aktive Veränderung im Sinn einer Gewinnung von Spielräumen und das Gedeihen und Pflege der Lebensgrundlagen ausgerichtet ist; wir können mit unseren Möglichkeiten eine nahezu unbeschränkte Partnerschaft mit der Natur eingehen, die wir gerade durch die Erkenntnis der mannigfachen Rückkoppelungen in ihrem Eigensinn wieder zu akzeptieren gelernt haben im Sinne des alten Wortes "Verum quia factum" von Giambattista Voco: nur was wir schaffen können, das haben wir vollkommen verstanden. In diesem Sinn wäre dann die kunstvolle Vernetzung unserer mechanisch-kybernetischen Artefakte mit den Kreisläufen der Biosphäre nicht mehr ein Ersatz des Lebens durch eine bessere Technologie, sondern eine Hinzufügung eines ergänzenden Elements, das sich eingliedert in den gemeinsamen Tanz des Lebens und ihn in ungeahnte Höhen der Entfaltung führt. ˧

Ich hoffe auf dieser Grundlage die Sache mit dem Gottesgeschenk halbwegs angemessen geklärt zu haben. Das Gottesgeschenk, von woher es auch immer kommt, ist erstens von immenser Tragweite; es kann die Entwicklung unserer Spezies vorantreiben oder auch in nie dagewesenem Ausmaß blockieren oder gar vernichten. Es ist wie ein Test, eine Provokation, die den Menschen herausfordert, sich dieses Geschenkes auch würdig zu erweisen. Von der ersten bis zur letzten Modalität sind wir herasugefordert, uns selbst, unsere gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Verhaltensweisen radikal in Frage zu stellen und bei Strafe des Unterganges oder des Hineinschlitterns in eine neue, subtile Barbarei so gut wie alles was wir tun neu zu erfinden. Das ist ein Aufruf an wache Geister, die sich vor Konflikten mit bestehenden Anschauungen und Gewohnheiten nicht fürchten. ˧

(24:06) (Musik) https://freemusicarchive.org/music/Ketsa/End_is_Beginning/Live_With_No_Fear ˧

Zweiter Aspekt: Plastizität als neue Originalität    

(Original und Kopie ausführlich -> Ergänzungen) ˧

entbehliche Teile in Blau ˧

Ich möchte heute wie angekündigt einen tieferen und genaueren Durchgang durch die beschriebenen Modalitäten des Digitalen machen, etwas was ich beim letzten Mal nur bis zur ersten Modalität - der unendlichen multimedialen Assoziierbarkeit von Informationen - geschafft habe. ˧

Man kann das Gottesgeschenk auf vier kurze Formeln bringen:

1. Digitale Information hat das Potential für ein zusammenhängendes Abbild der Welt,
- deswegen muss sie frei und sinnhaft gestaltet sein.

2. Digitale Information hat das Potential unsere Kreativität unendlich zu erweitern,
- auch deswegen wird sie mehr, wenn man sie teilt

3. Digitale Information erfordert unsere gemeinsame Arbeit über alle kulturellen und sozialen Schranken, weil sie unser aller Spielräume erweitert

und zuletzt, und vielleicht am bedeutsamsten:

4. Digitale Information lehrt uns, die Gesetzmäßigkeiten von Natur und Leben besser zu verstehen und ein bewusster Teil der lebendigen Natur zu werden.
˧

Das ist die Botschaft dieses nur scheinbar abstrakten und komplizierten Vortrages, und ich möchte jetzt mit der zweiten Modalität weitermachen. ˧

Wir wissen: Wissen wird mehr wenn man es teilt. Schon im ersten Aspekt, in der ersten Modalität, legte die digitalisierte Information das Anlagern von Interpretationen und Kontexten als kooperative gemeinschaftliche Aktivität nahe - und dies umso mehr, als die Fülle der digitalen Information in einem exponentiellem Ausmaß steigt. Es ist ja nicht nur das kulturelle Erbe das digitalisiert wird, die gesamte gegenwärtige Welt wird durch Kameras, Mikrophone, Sensoren in die digitale Sphäre hineingesogen, von Google Maps bis zum Innenleben unserer Körper. Kein Mensch kann diese Fülle von Informationen auch nur ansatzweise überblicken Der einzelne Autor der imstande ist, die Welt darzustellen, ist endgültig ein Phänomen der Vergangenheit. Die Arbeit des Hervorbringens sinnvoller digitaler Ordnung, von Wissen, lässt sich nur als organisiertes Gemeinschaftswerk denken. ˧

Digitalisierung heißt nicht nur etwas unendlich verknüpfbar zu machen, es heißt auch, etwas in eine Form bringen in der es mühelos verändert werden beziehunsweise sich aktiv verändern kann. Der Satz "Wissen wird mehr wenn man es teilt" hat auch eine zweite, aufregende und manchmal geradezu unheimliche Bedeutung. Sehen wir uns das mal genauer an: ˧

Die erste Form des Teilens ist das Kopieren. Das digitale Objekt selbst seiner Natur nach mit nahezu Null Aufwand kopierbar. Wie mühsam es auch immer war, etwas zu programmieren oder aufzunehmen oder einzuscannen, das Kopieren dieser Kopie kostet quasi null Aufwand. ˧

Aber diese digitale Existenz beschränkt sich auch beim Einscannen nicht auf eine pure 1:1 Repräsentation eines physischen Objektes. Wir haben schon festgestellt, dass Digitalisierung mehr ist als etwas pixel für pixel einzuscannen und wieder rauskopieren, sondern dass jede Menge Kontextinformation, Indexierung, das Bescheidwissen über sich selbst zur digitalen Information dazugehört. Aber es gehört von Anfang an noch etwas dazu: die Form der Ausgabe, quasi die Anweisung zur Aktivierung dieser Information. Auch der abgescannte Pixel steht ja im Kontext einer Anweisung, ihn auf einem Bildschirm darzustellen. Diese Anweisung kann aber ganz leicht modifiziert werden. Ich kann zum Beispiel sagen mach alle blauen Punkte auf dem Bild grün. Oder mach alle Punkte heller. Oder rechne mir eine Interpolation aus und mach aus einem Pixel 4, damit das Bild schärfer wird. Ich muss das sogar sagen können, denn nicht jeder Bildschirm gibt das Bild gleich wieder, hat die gleiche Auflösung. Klar ist auch: der Übergang von der originalgetreuen Repräsentation zur Verfälschung und Illusion ist fließend. Das soll uns jetzt nicht interessieren, sondern das Prinzip: Das digitale Medium muss selbst quasi den Sourcecode zur Darstellung seiner Artefakte enthalten, eine Art rechenoperation. Und das bedeutet auch, dass diese Rechenoperation beliebig komplex sein kann. Mit dem Übergang zur Vektorgraphik werden nicht mehr Farbwerte von Punkten gespeichert, sondern mathematische Anweisungen zur Generierung von Formen. Man könnte sagen, die digitalisierte Information ist angereichert mit Algorithmen, die es erlauben, diese Information umzugestalten, zu verändern. Diese Eigenschaft nenne ich die Plastizität der digitalen Information. ˧

Walter Benjamin hat über die "Aura des Originals" gesprochen, die dem Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit anhaftet; das digitale Artefakt hat diese Aura nicht, selbst wenn es ein im digitalen Raum entstandenes Original sein sollte. Es ist seiner Natur nach dazu geeignet, kopiert und modifiziert zu werden. ˧

Wir können wie Andy Warhol es in Ebenen von Form und Farbe auseinander nehmen und neu zusammensetzen, wir können uns sogar mit den Mustern beschäftigen, die typisch für einen Musiker oder Maler sind und sogar niemals geschriebene Mozart - Sonaten oder auch Van Gogh Bilder hervorbringen. Das digitale Medium führt so uns zur Erkenntnis des inneren Aufbaus von künstlerischen Schöpfungen und ihrer Kodierung. Der Nachvollzug der inneren Logik von Kunstwerken offenbart, dass hinter jeder wirklichen Genialität auch eine Neuentdeckung und Erweiterung von Gestaltungsprinzipien steht, eine bloß einzelne Zufälligkeit könnte uns niemals dermaßen faszinieren. ˧

Schon längst hat diese Fähigkeit, mit generierenden Algorithmen neue Artfakte auf der Höhe der alten Medien zu erschaffen, das bewegte Medium Film erreicht. Um an der gerade erwähnten Andy Warhol anzuknüpfen: Von seiner zweidimensionalen Reproduktion der Marylin in verschiedenen Farben durch die Kunst des Siebdrucks führt ein gerader Weg zur Spekulation über eine digitalen Persona, eine virtuelle Marilyn, mit der neue Vintage Filme im Computer entstehen könnten. Das digitale Urbild beginnt zu leben. ˧

In diesem Sinn ist es dann doch nicht verkehrt vom digitalen Original zu sprechen, dann nämlich, weil das digitale Objekt die Möglichkeiten seiner seiner Aktionen und Reaktionen, Methoden und Metamorphosen enthält. Dieses digitale Objekt ist damit eigentlich schon mehr die Vorstufe des Automaten, die ihn ihm verkörperte Informations ist längst nicht mehr nur passiv, sondern generativ. Man braucht nur mehr 2 Elemente hinzufügen, eine Steuerung dieser Modifikationen und ein Ausgabegerät. Der Komponist Karlheinz Essl hat in seiner Lexikonsonate auf der Basis einer von Miller Puckette um 1985 in Paris entwickelten Musikentwicklungsumgebung einen digitalen Klavierspieler geschaffen, dessen Algorithmus mehr Möglichkeiten an sinvoll klingenden Variationen enthält als das Universum Sterne, der wohl bis ans Ende der Zeiten immer neue Musikstücke hervorbringen könnte ohne sich je komplett wiederholen zu müssen. Er gibt uns so einen Vorgeschmack was wir mit Hilfe von Automaten tun können, welcher unendliche Reichtum in ihnen verborgen ist ˧

Es gibt noch einen weiteren Aspekt in dieser internen Aufteilung in Speicherung und Manifestation: Es geht längst um viel mehr als Bilder und Töne. Ob Drucken oder Spielen oder Bildhauerei oder aber Häuser bauen oder sogar künstliche Organe: digitale Algorithmen oder Entwürfe können selbst materiellen Output in einer viel größeren Vielfalt erzeugen als traditionelle Techniken der Reproduktion. ˧

Selbst der 1989 verstorbene Warhol konnte das Aufkommen dezentralisierender und vervielfältigender Reproduktionstechnologien, die das Konzept der "Fabrik" obsolet machen, nicht vorhersehen. Sie erlauben uns, das angesammelte kulturelle Wissen individuell zu nutzen, um daraus etwas Neues zu schaffen. Ganz neue Ausgabegeräte wie 3D - Drucker elauben, eine digitale Blaupause unseren Vorstellungen anzupassen und dann auch in unserem Umfeld herzustellen.Das Urbild existiert wie die platonische Idee in den Speichern der Steuermaschine, die Realisierung des Inhalts hängt rein an der Flexibilität der Werkzeugmaschine. Es ist nur ein gradueller Unterschied ein Bild auf einem Bildschirm zu erzeugen, ein Blatt Papier in einem Drucker zu bedrucken, eine dreidimensionale Statue mit einem Fabrikator zu fräsen oder additiv zu verkleben oder ein Haus oder eine Brücke zu bauen. ˧

Das schließt natürlich eine Produktionsweise ein, die unserem derzeit noch vorherrschenden Paradigma der industriellen Massenkopie völlig entgegengesetzt ist: Manche haben dieses neue Paradigma Mass Customization, Dritte Welle oder Prosumerismus genannt. Ich ziehe es vor, es "Digitale Kreativität" zu nennen. Soweit ich weiß, hat noch kein Ökonom ernsthaft versucht, die Höhe des Nutzens abzuschätzen, der sich für die Menschheit ergibt, wenn ein jeder jedes geistige Muster legal für eigene Produktionen nutzen darf und ein jeder sich auch intensiv damit beschäftigt, was er wirklich, wirklich will. ˧

Die neuen Technologien der digitalen Reproduktion führen zu Massenoriginalität, weil die Bauanleitung ständig geändert und verbessert werden kann. Diese vielfältige Qualität der Generativität bedeutet zugleich, dass das Urbild nicht konsumiert wird durch den produktiven Prozess. Es bleibt ständig als Information bestehen und erhalten und wird zugleich ständig erneuert, kann verbessert und modifiziert werden, und mit neuen verbesserten Systemen der Ausgabe und Realisation gekoppelt werden. Wenn ich ein Problem gelöst und einen Entwurf verbessert habe, ist es rational dass ich diese Lösung allen zur Verfügung stelle, erstens weil es für mich kaum einen zusätzlichen Aufwand bedeutet, und zweitens weil ich damit die kreative Potenz der anderen, die sich nicht mehr mit diesem Problem beschäftigen müssen, für die Weiterarbeit an den sich uns gemeinsam stellenden Problemen befreie. ˧

Mit derlei Reproduktionskapazitäten und Kommunikationsmitteln könnten wir zu einem erstaunlichen Ergebnis kommen: Der Nutzen würde sich nicht arithmetisch, sondern geometrisch anhäufen. Die Geschwindigkeit und Kraft der Entwicklung freier Software ist ein Vorbote dieser Entwicklung, auch wenn sie vom institutionellen und ethischen Rahmen unserer Gesellschaft nicht wirklich unterstützt wird. ˧

Obwohl es eine große und wahrscheinlich auf lange Zeit schier unerschöpfliche Arbeit darstellt, die digitalen Herstellungsanweisungen der Gegenstände selbst zu erarbeiten (vielleicht brauchen wir dazu die schon in Folge 13 angedeuteten neuen Klöster), lohnt sich diese Arbeit ganz prinzipiell. Produktiv im digitalen Zeitalter wäre nicht mehr eine Arbeit die (viele) Gegenstände herstellt, sondern die insgesamt und auf lange Sicht möglichst große Nutzungsspielräume schafft. Dabei verschiebt sich das Verhältnis von Aufwand und Ertrag gewaltig im Sinn eines Übergangs von der aufwandsabhängigen Knappheit zu einem aufwandsunabhängigem Überfluss: lebendige menschliche Arbeit einzubringen in einen Prozeß gemeinsamer Gestaltung der Güter, bevor sie (und zwar durch Automation, also unter Beteiligung von immer weniger in die einzelne Aktivität gesteckte Arbeit) erzeugt werden, ist nahezu unbegrenzt sinnvoll und lohnend, und hat nahezu immer den Effekt eines Zugewinns an Spielräumen. ˧

In unserer derzeitigen Gesellschaft gilt aber das Gegenteil: die digitalen Urbilder sind möglicherweise gewinnträchtig, sie zu teilen verbietet sich aus wirtschaftlicher Vernunft. Also werden sie nicht geteilt, sondern bestenfalls verliehen, ohne Eigentumsübergang. Schon die Software auf meinem Computer gehört im Normallfall nicht mir. Diese scheinbare wirtschaftliche Vernunft, die heutzutage so natürlich wie atmen, essen und trinken scheint, ist welthistorisch gesehen so irrational wie es das Verhalten von Bewohnern eines riesigen Landgutes in der Toscana wäre, die sich wegen des Inhalts einer kleinen Vorratskammer die Schädel einschlagen, während sie die fruchtbare Gärten ringsum verrotten lassen. ˧

Aus dieser fragwürdigen Mentalität kommen so absurde Konstrukte wie das sogenannte geistige Eigentum hervor, obwohl es mit der verlustfreien digitalen Duplizierbarkeit jede Existenzberechtigung verloren hat. ˧

Die Vision des gesellschaftlichen Gesamtautomaten    

Es ist evident, dass dieses System den Eigenarbeitsraum erweitert und die Arbeitsteilung zurückdrängt. Dadurch wird der Zugewinn auch nicht im Bruttosozialprodukt abgebildet, weil in der Eigenversorgung bekanntlich kein Geld fließt. Das ist freilich kein Fehler unseres Modells sondern eine Bankrotterklärung der herrschenden Ökonomie, insbesondere ihrer Wohstandsindikatoren.[1]

Noch einmal: Dass dieser Zugewinn plausibel ist ergibt sich durch die Gleichsinnigkeit der Tätigkeiten, durch die Identität der zu lösenden Probleme. Wenn ich ein Problem gelöst und einen Entwurf verbessert habe, ist es rational dass ich diese Lösung allen zur Verfügung stelle, erstens weil es für mich kaum einen zusätzlichen Aufwand bedeutet, und zweitens weil ich damit die kreative Potenz der anderen, die sich nicht mehr mit diesem Problem beschäftigen müssen, für die Weiterarbeit an den sich uns gemeinsam stellenden Problemen befreie.

Das ist leicht und natürlich wie der Umstand, dass Tiere sich leichter auf einem Trampelpfad bewegen als jedes für sich ständig das Unterholz neu durchbrechen zu müssen. Es steht zu vermuten, dass sich so ein System der anonymen gegenseitigen Hilfe ganz ohne Imperativ und ohne die Notwendigkeit die investierte Arbeitszeit abzurechnen, quasi autopoetisch entwickeln würde, ließe man es nur zu und würde es nicht permanent korrumpiert durch die Möglichkeit, mit dem Erpressungsmittel Geld respektlos fremde Lebenszeit für sich arbeiten zu lassen, also Selbstbestimmung gewohnheitsmäßig zu stehlen.

Stattdessen haben wir unser Fortschrittspotential fast verspielt, indem wir das alte industrieförmige System künstlich am Laufen halten, und jetzt mit virtuellen statt mit realen Waren handeln. Die virtuellen Waren sind aber nicht knapp, sie müssen künstlich knapp gehalten werden. Natürlich sind der Umfang und die Kosten der Schöpfung bei diesen Produktionen dann trotzdem enorm, denn jedes Element muss ja eingekauft oder eigehns produziert werden und die Konkurrenz sorgfältig überwacht. So wird der Kampf um das geistige Eigentum und um den "Schutz der Investitionen" so wütend wie die Kriege in der feudalistischen Zeit. Lawrence Lessig, ein Harward-Professor für Recht, bringt tonnenweise Beispiele für die Absurdität dieser Medienfehden. "Der Film 'Twelve Monkeys' wurde achtundzwanzig Tage nach seiner Veröffentlichung von einem Gericht gestoppt, weil ein Künstler behauptete, ein Stuhl im Film ähnele einer Skizze eines von ihm entworfenen Möbelstücks." (Lawrence Lessig, The Future of Ideas).
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Dritter Aspekt: Ubiquität: Vernetzung und Co - Creation    

Ergänzungen ˧

Die Sache wird mit jedem Schritt spannender. Das Digitale Objekt existiert ja nicht nur im Arbeitsspeicher eines Computers und auf der Festplatte, sondern im Netz. Das eigentliche Produkt dessen, was wir mit digitalen Medien erzeugen, ist eine Menge oder ein Raum von verknüpfbaren Informationen. Das legt aber nahe, dass das Medium auch die Menschen neu strukturiert, ihre Modi der Kooperation, ihre soziale Beziehung. und so entsteht die dritte Modalität: die Vernetzung nicht nur von Informationen, sondern auch der AutorInnen. ˧

Schon beim ersten Modus haben wir schon die naturwüchsige Tendenz der Information kennengelernt, immer „besser“ sprich „intelligenter“ zu werden, je mehr sie mit anderen Informationen sinnvoll verbunden wird und auch Fähigkeiten des zweiten Modus einsetzt, aktiv Informationen neu zu kombinieren. Ein mobiles Telephon, das mit einem Satellitenortungsgerät wie GSM kombiniert ist und das zugleich das mit online Datenbanken kommuniziert, ist in der Lage mir auf die Frage nach dem nächsten Restaurant sofort eine Adresse und Telefonnummer vorzuschlagen und vielleicht sogar das Tagesmenü mitzuteilen.
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Im zweiten Modus sind diese Vorgänge weitgehend automatisiert worden, das heißt der Zugriff auf Information wird immer mehr durch (unter Anführungszeichen) "intelligente Algorithmen" gewährleistet und immer weniger durch die "hart kodierten" menschlichen Hinweise. Denoch bedarf es einer Gemeinschaft, die diese Informationen auf ihre Richtigkeit überprüft und korrigiert, und auch dort Lücken füllt, wo die Maschinen nicht ausreichen. ˧

Dies ist der dritte Modus des Digitalen, mämlich raumübergreifend und weltweit virtuelle Communities zu schaffen die ein gemeinsames Digitales Universum schaffen, und dem Umstand Rechnung tragen, dass Kooperationsprozesse im Unterschied zu früher räumlich unbeschränkt und in Permanenz organisiert werden können. ˧

Einerseits ist das so leicht und natürlich wie der Umstand, dass Tiere sich leichter auf einem Trampelpfad bewegen als jedes für sich ständig das Unterholz neu durchbrechen zu müssen. Andererseits reicht bei steigender Komplexität des Vorhabens die Logik des Trampelpfades nicht aus, sondern es bedarf einer bewussten Absicht und eines gemeinsamen Plans. ˧

Um diese Unterscheidung klare zu machen folge ich der Terminologie von Giovanni Abrami, der um die Jahrtausendwende vorschlug, von kulturellen Gemeinschaften oder kulturellen Commons zu sprechen. Eine Zeit lang schien es, als könnte das Netz selbst zum Speicher unseres Gedächtnisses werden. Die ungelösten Fragen des Urheberrechts haben die weitere Entwicklung solcher Systeme vorerst blockiert, aber unter der Oberfläche zeichnet sich eine neue Art der Produktion ab, die von Anfang an mit kooperativem Weben auf der Basis freier Werkzeuge beginnt, anstatt proprietäre Inhalte oder Werkzeuge zu verwenden. Ein Netzwerk einander unterstützender freier Communities ist trotz aller Bemühungen der digitalen Geschäftemacher am Entstehen. Den Anfang machte die Free Software Bewegung von Richard Stallman im Bereich der Programmiersprachen. Darauf aufbauend spielten insbesondere auch die Bemühungen von Menschen wie Lawrence Lessig eine Rolle, Urheberrechte umzuformulieren als mehr oder weniger freie Verwendungsfreiheit - und so tatsächlich eine neue geistige Sphäre zu schaffen. Aber auch die damit zusammenhängenden Bemühungen, diese Sphäre als Gemeingut zu organisieren, als digitale Commons jenseits von privat und ganz dezidiert auch von staatlichen Strukturen. ˧

Auf der einen Seite haben sich auf diese Art und Weise wirklich große und erfolgreiche Entwicklungsgemeinschaften gebildet, ich nennen als Beispiele nicht nur die relativ erfolgreichen Softwareentwickler. Kulturelle Communities schaffen Infrastrukturen, die überhaupt dauerhaften und verlässlichen Zugang zu den Netzen geben: Zu erinnern ist an Communities wie Whole Earth Lectronic Link, die die ersten Server schufen die durch eine gemeinsame Vereinbarung verlässlichen Zugang zu Diskussionsforen gaben. Heute gibt es zum Beispiel Plattformen wie Nextcloud, die effektive Kommunikatioonsumgenungen schaffen. Auf der anderen Seite entstehen Bürgernetze wie Funkfeuer, aber auch physische Orte an denen gemeinsam gearbeitet werden kann. Sie schaffen weiters einen zugänglichen Bestand an essentiellen Informationen über die Welt, wie zum Beispiel Projekt Gutenberg, Wikipedia, Open Street Map. Sie entwickeln Domänen in denen Vorstellungen und Phantasien entwickelt werden, Musik und Filme neu gemixt und verändert werden, in denen Muster für Problemlösungen in Selbsthilfe gesammelt werden. Sie schaffen Domänen in denen gemeinsame Entwürfe und Baupläne für materielle Objekte entwickelt werden, wie Open Design und Thingiverse, Open Source Ecology. Ein ganzes Maker Universum mit freiem Wissensaustausch hat sich entwickelt, mit eigenen Maker Messen, Zeitschriften und so weiter. ˧

Auch die Wirtschaft hat auf diese Entwicklungen reagieren müssen - und entdeckt, dass sich die eigenen Kunden miteinander vernetzen und Gespräche führen. Ganze Communities werden unter der Ägide von digitalen Konzernen eingehegt, Kunden dürfen über Produkte mitreden - was oft die billigste Art von Marktforschung ist. Oder sie werden wie schon beschrieben eingerichtet, um an Ort und Stelle passgenaue Informationen für effektive Werbeeinschaltungen zu bekommen, egal ob das Medium jetzt Google, Facebook, Instagram oder Twitter heißt. Wir sind von einem ständigen Kampf um Zeit und Aufmerksamkeit umgeben. ˧

Wir haben aber auch überzeugende Beispiele von Kulturinstitutionen, die ihre Sammlungen und Forschungen zusammenlegen und vernetzte Kooperationen schaffen wie zum Beispiel Open GLAM. Wir sehen zusehends Überlegungen, den neoliberalen Konkurrenzkampf der Universitäten zurückzudrängen und wieder nationale Wissenscommons zu schaffen. holarchisches System der Commons. Der Ausgang zwischen der Parzellierungs- und der Vernetzungstendenz ist ungewiss. Und dennoch bin ich in dieser Beziehung optimistisch. ˧

... ˧

Es macht einfach Sinn auf der einen Seite Wissen global in kulturellen Communities zu erarbeiten, und andererseits die Realiserung dieses Wissens zunehmend in lokale Produktionskreisläufe einzubetten. Das Netz schafft auf lange Sicht die Voraussetzung, heilendes und stärkendes Wissen an jeden Punkt der Erde zu bringen, während es gleichzeitig die Logik der industriellen Produktion mit jedem Tag mehr ad absurdum führt, weil die Zeit erfolgreicher Warenproduktion mit der Entwicklung der Automaten zu Ende geht und die alte Elite sich nur mehr durch Finanzspielchen und außerökonomische Herrschaftsmechanismen am Leben hält. Es braucht einfach nicht viel mehr als diese Einsicht, dass wir auf einem Planeten mit Millionen kleiner und höchst intelligenter Kreislaufwirtschaften hinsteuern, und dass wir das nicht nur wegen der planetaren Krisen tun sollten und weil dieser Planet von der planetaren Gesamtfabrik ohnehin schon viel zu sehr beschädigt ist - sondern auch und vor allem deswegen weil wir mit der immensen Ersparnis an Aufwand, Kraft, Zeit, Energie den regenerative Systeme bringen frei werden für die kreative Gestaltung kulturell starker Räume. ˧

Automation ist eben wie schon mehrfach ausgeführt das Gegenteil von Industrie; die globale Verbindungen im digitalen Raum stärken in letzter Instanz paradoxerweise Autarkien und lokale Kreisläufe. Sie entheben uns der Nötigung ständig verschiedene Räume aufzusuchen, weil wir den Raum den wir unsere Heimat nennen verdichten und gleichzeitig in seinen Möglichkeiten immens erweitern können. Und so gleiten wir schön langsam aus den Abstraktionswüsten des Digitalen zurück ins neue Dorf. In der nächsten Sendung werden wir noch die vierte Modalität durchnehmen und dann gerade darüber, über die Integration von Technik und Leben, zurückkehren in diesen lokalen Raum - und seine Gestaltungsmöglichkeiten auf der Basis des Gottesgeschenks erst so richtig voraussehen können. ˧


Von der Stadt zum Dorf ˧

In unserem Projekt "Global Integrated Village Environment" haben wir die Bemühungen von Dörfern und Kleinstädten untersucht, die für ihr Überleben schädliche Bevölkerungsabwanderung zu stoppen. In Gesprächen mit Bürgermeistern und Regionalplanern fanden wir heraus, dass selbst das Angebot von reichlich vorhandenen Ressourcen wie billigem Wohnraum, gesicherten Arbeitsplätzen und wunderbaren Erholungsräumen die Menschen nicht davon abhalten kann, in die Städte zu ziehen. Sie haben Angst, etwas zu verpassen. ˧ ˧

In einem Projekt mit der NÖ Dorf- und Stadterneuerung haben wir versucht, dieses fehlende Glied zu finden und sozusagen "ins Dorf" zu bringen. Wir fanden heraus, dass die Fähigkeit, lokale Wissens- und Kulturzentren einzurichten, entscheidende Faktoren für das Überleben und die Zukunft ländlicher Siedlungen sein können. Diese Fähigkeit wird durch die Verbindung zwischen diesen ländlichen "Portalen" und den städtischen "Hubs" dramatisch gesteigert. Die institutionellen Veränderungen in den Zentren und in der Peripherie könnten eine solche Zusammenarbeit von Hubs und Outposts schaffen, die zu einer "Mikro-Urbanität" führen. Im Gegenzug könnte sich diese Mikro-Urbanität kristallisieren und um lokale Themen herum wachsen, die durch globale Medien ergänzt werden, und nicht nur gedankenlos in der Landschaft verstreut werden, um eine irrationale Megapolis zu schaffen. ˧ ˧

Vierter Aspekt: Techno-Biosphäre - die neuen Möglichkeiten des Zugangs und der Realisation    

http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?FranzNahrada/BeitragOpenSourceJahrbuch/ArtikelInProgress#BiolinuxoderDieOpenSourcedesLebens ˧


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Musikauswahl    

Literatur    

Vom Flugabwehrgeschütz zum niedlichen Roboter. Zum Wandel des Kooperation stiftenden Universalismus der Kybernetik ˧





[1] https://www.capital.de/wirtschaft-politik/ist-das-bip-als-wohlstandsindikator-noch-zeitgemaess