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Ö1- „Von Tag zu Tag“ 19.4.2012
Zu Gast bei Andrea Hauer ist der Sozialwissenschaftler und Netzwerkforscher Dr.Harald Katzmair. Katzmair: …..Es ist in vielen Teilen der sogenannten Eliten nicht mehr darstellbar, was ihre Wertschöpfung ist….Es gibt Krisenphasen, in denen die Frage gestellt wird: Was ist wirklich eure Wertschöpfung? Wir glauben euch das nicht mehr….. Der Begriff „Netzwerk“ ist sehr allgemein….Was wir jetzt erleben, ist, dass die Menschen das Gefühl haben, sie partizipieren nicht, sie sind nicht Teil einer Geschichte, einer Story, wo sie sich als Teilnehmer fühlen….und dass die Kluft zwischen jenen, denen Macht zugeschrieben wird und denjenigen, die sich als machtlos erfahren oder nicht als Teil dieser Eliten, dass dieser Spalt vergrößert wird…. Netzwerke können wachsen oder schrumpfen, je nach ihrem ideologischen Potential, wie frisch sich das anhört, wie attraktiv das ist… Die roten und schwarzen Netzwerke existieren ja in dieser Form nicht mehr. Das ist alles extrem partikularisiert und aufgesplittert in einzelne und lokale Seilschaften, weil selbst in diesen großen Blöcken die gemeinsame Vision abhanden gekommen ist…..die Werte und Haltungen, die diese Blöcke einmal so attraktiv gemacht haben, auf Grund derer die Menschen sagten, da möchte ich dabei sein. Netzwerke, die keine Visionen mehr haben, sind rein taktisch, die zerfallen auch wieder…… Ein Netzwerk ist dann attraktiv, wenn es lernfähig ist, wenn es sich entwickelt, wenn es immer wieder Neues ins Spiel bringt. Aber dafür muss es auch offen sein. Ein Netzwerk, das sich abschließt, um sich etwas anzueignen, arbeitet an seinem eigenen Untergang. Das ist nur eine Frage der Zeit…. Wenn ich davon ausgehe, dass ich mich wo zugehörig und verbunden fühle, in einem Einverständnis mit etwas lebe und zugleich mich entwickeln kann, wachsen kann, über mich hinauswachsen kann, lernen kann, dann bieten kurzfristige berufliche Vorteile z.B auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe kein nachhaltiges Potenzial… Zur Zeit gibt es überhaupt keine aufstrebenden Netzwerke, weil die klassischen Netzwerke immer mehr desintegrieren und die Leute immer vereinzelter werden, immer mehr ver Ich-AG-isieren. Sie versuchen daher in den sozialen Online-Netzwerken, soziale Reputation, Aufmerksamkeit, Kommunikation zu gewinnen. D.h. die sind zwar aufstrebend, aber aus einem anderen Grund. Wie viel Energie da hinein investiert wird! Die Leute verbringen Stunden darin, dass sie sich nicht mehr in den klassischen Vereinen oder Vorfeldorganisationen treffen, sondern in das Web 2.0 ihr Leben und ihre Lebenszeit investieren.
Grundsätzliches zum traditionellen Netzwerk in der Offline-Welt:
…Es ist extrem wichtig, wie funktionierende NW aussehen, auch wenn wir sie als negativ bewerten wie z.B. Die Mafia. Wenn wir es schaffen zu lernen, was machen denn die, um dann im positiven Sinn Dinge zu bewegen…. Hauer: Und was können wir lernen? K: Wir können lernen, dass wir auf der einen Seite von vornherein darauf Bedacht sein müssen, dass wir Ressourcen benötigen. Sei es Geldressourcen und wenn die nicht da sind, sind die Werte und die Haltungen umso wichtiger, also die Macht der Ideen, die Kraft der Ideen. Dass Ideen nicht so ein idealistisches Hirngespinst sind, sondern ein extrem wichtiges Vehikel, um etwas in Gang zu bringen und um einem herum NW aufzubauen, die aber dann komplementär und offen sind. Wo ich danach trachte, dass Menschen zusammen kommen, die unterschiedlich sind und es damit ertrage, dass es hier auch Spannungen gibt, dass es auch Dissenz gibt…. Dass man lernt, dass Unbalance in solchen NW eine extreme Energiequelle ist.
Hauer: Das ist doch eigentlich auch eine politische Partei. Warum das politische Parteien immer weniger können? Weil ihnen die Fähigkeit, die von mir vorher beschriebene Peripherie, also Leute, die anders sind, wirklich herein zu holen und zu integrieren, immer mehr abhanden gekommen ist. Weil sich Parteien auch von ihren Ressourcen her im Rückzug befinden, also tendenziell schrumpfen und es intern zu immer größeren Verteilungskämpfen führt. Daher wird es immer schwieriger, Leute von außen herein zu holen, also gibt es praktisch z.B. keine Quereinsteiger mehr oder immer seltener H: Und wenn, dann bleiben sie nie. K: Weil sie sich nicht in diesen inneren Zirkeln festsetzen können, ihnen die Allianzpartner fehlen etc. D.h. politische Parteien sind so nach innen orientiert, dass sie dieses Vermögen, Leute vom Rand in die Mitte zu holen, von der Peripherie einzubinden, Projekte gemeinsam mit anderen aus der Zivilgesellschaft zu machen, gemeinsam Dinge voranzutreiben, dass sie das immer weniger schaffen. Das spüren natürlich die Leute, dass die politischen Parteien in einem immer größeren Abstand zum Rest stehen. Aber das spüren natürlich auch die Parteien… Es sind aber auch systemische Kräfte vorhanden. Auf der einen Seite werden die Ressourcen immer weniger und auf der anderen Seite hat die Komplexität unserer modernen Gesellschaft so zugenommen, dass das Modell dieser Politik, wie man der Komplexität Herr wird, einfach nicht mehr adäquat ist, aber das wäre vielleicht eine andere Diskussion. H: …..Ich glaube, ein wesentlicher Faktor ist Zeit. Netzwerken braucht ja Zeit. K: Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Die Qualität der Beziehungen, die wir zueinander haben, hängt davon ab, ob wir davon ausgehen, dass wir einander wieder begegnen werden. Sonst entsteht keine Beziehung, denn es würde sich eine reine Geschäftsbeziehung, eine Deal-Beziehung entwickeln…. Wenn wir allerdings das Gefühl haben, dass wir ein Stück des Weges vor uns haben, dass wir etwas gemeinsam vorhaben und dass wir dafür auch tatsächlich Zeit haben werden, entstehen ganz andere Beziehungen. Wir würden anders miteinander umgehen. Ich würde z.B. etwas einzahlen in die Beziehung und nicht sofort etwas zurück haben wollen. D.h. es wird dem ganzen Zeit gegeben und es stimmt: Je kürzer die Zyklen in unserer Wirtschaft, in unserer Gesellschaft werden, je schneller sich das Rad dreht, umso mehr werden Beziehungs-Beziehungen zu reinen „Deal“-Beziehungen, umso mehr verlieren Beziehungen diese mittelfristige Qualität einer gemeinsamen Perspektive, eines gemeinsamen Stück des Weges, desto mehr reduzieren sie sich zu diesen schnellen „Nützt mir der Andere etwas, schadet er mir oder ist er mir wurscht?“ ….
Bei dieser „Ich AG“- Gesellschaft wird die Welt gescannt in drei Kriterien: Jemand ist nutzbringend, jemand schadet mir oder jemand ist mir egal. Und das ist eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung von dem, was Beziehung sein könnte und sie produziert für sich Menschen und Netzwerke, die ihr Potenzial, etwas gemeinsam zu tun, verlieren. Weil mit einer Masse von Ich-AG´s, die alle nur auf Deals aus sind, lässt sich keine Vision verfolgen. H: Wie könnten wir die Diskussion führen, dass sie von diesem Gefühl der Ohnmacht weggeht und nützlich für die Demokratie wird? K: Ziel sind Netzwerke, die fähig sind zu lernen, sich zu entwickeln, um etwas Neues, Positives hervorzubringen. Entscheidend dabei ist, was ist die Vision dahinter? Eine Vision ohne Macht ist Ohnmacht, aber eine Macht ohne Vision, das ist Zynismus und führt früher oder später zum Burnout und daher geht´s immer auch um die Visionen.
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