Triesterviertel / Mach Mit Tagebuch / Neben Der Triesterstraße Wohnen |
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(Anmerkungen eines Bewohners vom „Triesterviertel“ )
Wir sind 1980 in einen Altbau in der Zur Spinnerin Gasse Ecke Buchengasse gezogen, die zweite Parallelstraße zur Triesterstraße nach der Knöllgasse.
Das „Triesterviertel“ hat sein Entstehen und den Namen der Triesterstraße zu „verdanken“. Jede/r Wohnungssuchende weiß (bzw. sollte es zumindest wissen), warum hier Wohnungen relativ kostengünstig zu bekommen sind bzw. was die Nähe zur Triesterstraße für konkrete Auswirkungen auf Wohn- und Lebensqualität bedeutet. Aber durch entsprechendes „Einmischen“ muss nicht alles als unveränderbares „Schicksal“ hingenommen werden. Manches ist zwar nicht (mehr) veränderbar, aber viele Probleme können bei einem gemeinsamen Einsatz auch wieder verringert oder sogar gelöst werden. Gleich zu Beginn haben wir mit anderen BewohnerInnen und AnrainerInnen gegen eine Altmetall-Firma neben unserem Wohnhaus erfolgreich protestiert. Unser Hauptargument war damals: Unser Haus steht schon länger (seit ca 1880) als diese Firma. Sie musste absiedeln. Der Lärm dieser Firma ist Geschichte, der „Rund-um-die-Uhr“-Verkehrslärm von der Triesterstraße blieb. Ähnlich ging auch eine andere Initiative aus: Eine geplante moderne Altölverbrennungsanlage der nahegelegenen Autofirma-Tarbuk führte ebenfalls zu AnrainerInnen-Protesten. Unser Hauptargument war: Das Wohngebiet ist durch die Abgase von der Triesterstraße schon belastet genug. Die schlechte Luft von der Autofirma ist Geschichte, die CO2-Abgase von der Triesterstraße blieben.
In der Verwaltungsstruktur Wiens haben die einzelnen Bezirke einen relativ geringen Gestaltungsspielraum. Die gewählten Bezirksräte/-rätinnen erhalten eine finanzielle Aufwandsentschädigung dafür, dass sie über die Bezirksvertretung eine „Brücke“ zwischen den Interessen der Bevölkerung und der Stadtverwaltung gewährleisten. Im Falle der Triesterstraße kommt aber hinzu, dass auch der Bund ein gewichtiges „Wort mitredet“ und Wien nichts alleine entscheiden kann. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße befinden sich verwaltungstechnisch Teile des 10.Bezirks mit wesentlichen Einrichtungen und Wohnanlagen. Dort liegt das Sozialmedizinische Zentrum Süd (KFJ-Spital) und es gibt eine Ärztegemeinschaft im relativ neuen Kundrat-Hochhaus. Der Georg Washington-Hof mit dem Büro von „Wohnpartner“ oder die „Wienerberg-City“ sind kleine „Städte in der Stadt“. Beim Weg dorthin muss aber zuerst einmal die stets strömende Autoflut auf der Triesterstraße überwunden werden. Was das für Kinder, alte oder behinderte Menschen bedeutet, kann man sich relativ leicht vorstellen.
Die Triesterstraße wird als wichtige Bundesstraße und Baumarkt-Adresse auch mit anderen Auswirkungen konfrontiert: Die immer schon vorhandenen kleinen Rotlicht-Lokale sind unlängst durch ein zusätzliches „Laufhaus“ ergänzt worden und verstärken die Ängste der AnrainerInnen vor Auswirkungen ins Wohngebiet. Vielleicht machen sich viele BewohnerInnen auch Sorgen, dass es durch die Autos der Laufhaus-Kunden weniger Parkplätze geben könnte. Die vom Ausland organisierten Betreiber des männlichen „Gegenstücks“, dem „Arbeiter-Strich“ auf der andern Seite der Triesterstraße (vor der Bau- und Heimwerker-Firma „Obi-Sochor“), sind vermutlich nicht daran interessiert, mit uns BewohnerInnen bzw. der Polizei im „Triesterviertel“ noch zusätzliche Schwierigkeiten zu bekommen. Die arbeitsuchenden Männer aus Rumänien, Polen oder Albanien stehen gruppenweise den ganzen Tag auf den Gehsteigen und reden Vorbeigehende an, ob sie Arbeit haben. Sie werden von Security-Leuten mühsam von den Eingängen zum Baumarkt fern gehalten. Die Polizei macht von Zeit zu Zeit eine (Alibi)Aktion und hat keine anderen Möglichkeiten, als sie zu verscheuchen. Nach einigen Minuten stehen die Männer wieder dort, um illegale ArbeitsgeberInnen zu suchen.
Am 1.9.1967 wurde nach heftiger Diskussion im Wiener Gemeinderat die Straßenbahn von der Triesterstraße in die Knöllgasse verlegt. Damit wurde für den immer stärker werdenden Autoverkehr Platz gemacht.
Trotz der vielen kaum veränderbaren Rahmenbedingungen sollten StadtplanerInnen diese eher als Herausforderung betrachten und nicht als „hoffnungslosen Fall“ zu den Akten legen.
Fritz Endl
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