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Neben dem zentral gelegenen Bezirksteil von Inner-Favoriten zwischen der Favoritenstraße und der Laxenburger Straße gehörte das Gebiet des heutigen Triesterviertels um die Jahrhundertwende zu den begehrtesten Baugründen in Favoriten. Hier stand noch weites, unverbautes Land zur Verfügung, das vor allem für Unternehmer interessant war, die an eine Expansion ihrer Fabriken dachten.

Betrachtet man die Lage des Triesterviertels, dann ist klar, dass sich dieses Gebiet aufgrund der topografischen Gegebenheiten geradezu aufdrängte. Die Nähe zu den dichtverbauten Bezirken Wieden, Margareten und Meidling sowie zu Inner-Favoriten ermöglichten eine rasche infrastrukturelle Aufschließung des Gebiets. Ebenso boten die günstig gelegenen verkehrstechnischen Anbindungen gute Voraussetzungen für die Betriebe. So war vom nahegelegenen Matzleinsdorfer Bahnhof eine relativ problemlose Zulieferung der benötigten Rohstoffe möglich. Schließlich bleibt die Triester Straße zu nennen, die wichtigste Ausfallsstraße nach Süden.

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts war das heutige Triesterviertel weitgehend unverbautes Land. Die Bahntrasse der Südbahn sowie der protestantische Fríedhof am Matzleinsdorfer Platz markierten gewissenmaßen die Grenzen zur verbauten Stadt. Abgesehen von dem 1892 eröffneten, weitläufigen Gelände des Franz Joseph Spitals, den „Weber-Häusern“ im Bereich Knöllgasse/Quellenstraße, der 1895 eröffneten Volksschule in der heutigen Knöllgasse sowie einigen Ziegelwerksanlagen am Wienerberg gab es keine größeren Bauwerke. Dies änderte sich rasch, als zwischen 1900 und 1915 eine Reihe von Fabriksanlagen und in der Folge Wohnhäuser errichtet wurden. Zwischen den Fabriken und den Zinshäusern wurden zahlreiche freie Flächen als Lagerplätze, vor allem für Holz, adaptiert.

Große Zinshäuser mit Dutzenden Bassena-Wohnungen entstanden hauptsächlich entlang der Knöllgasse sowie um die „Webergründe“. Bereits nach wenigen Jahren war die Einwohnerzahl des Triesterviertels auf rund 1000 angewachsen. Auch Kleingewerbetreibende siedelten sich innerhalb weniger Jahre im Triesterviertel an. Zahlreiche für die Nahversorgung der Bevölkerung wichtige Betriebe wie Greißlereien, Gasthäuser und Handwerkerbetriebe ließen sich hier nieder.

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.......................................................................................................................................................................Das Triesterviertel, 1991

Als die Stadtverwaltung Anfang der zwanziger Jahre daran ging , der enormen Wohnungsnot in Wien durch ein breit angelegtes kommunales Wohnbauprogramm entgegenzuwirken, wurden auch im Triesterviertel zwei markante Gemeindebauten errichtet. 1923 bis 1924 erbaute die Gemeinde Wien den Victor-Adler-Hof, 1924 bis 1925 den Quarinhof. Beide Gemeindebauten standen in der Tradition des kulturellen Anspruchs des „Roten Wien“, dessen oberstes Ziel es war, bedürftigen Menschen kostengünstige und vorbildlich ausgestattete Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

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Gaststätten und Kinos waren bis zum zweiten Weltkrieg die wichtigsten Angebote für die karge Freizeit der Bewohner des Triesterviertels. Eine Reihe von Gasthäusern mit angeschlossenen Gastgärten waren an Sonntagen äußerst beliebte und stark frequentierte Treffpunkte. In einigen Gasthäusern sorgten Sänger oder Blasmusikgruppen für Unterhaltung. Kartenspielen, Kegeln und ähnliche Vergnügungen gehörten zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Im „Cafe Weberhof“ konnte zudem Billard gespielt werden. Daneben waren es eine Reihe Kinos, die sich in der Zwischenkiegszeit größter Popularität erfreuten. Das erste Kino war das „Weberkino“ in der Quellenstraße, wo bereits vor dem Ersten Weltkrieg Stummfilme gezeigt wurden. Das „Quellenkino“ in der Quellenstraße, das „Metropolkino“ am Matzleinsdorfer Platz oder das „Atlantis“ in der Wiedner Hauptstraße gehörten in der Zwischenkriegszeit zu den besonderen Attraktionen. Mehrere ambulant tätige Schausteller ergänzten schließlich das Unterhaltungsangebot im Triesterviertel. Ergänzend bleibt noch festzustellen, dass auch einige Fußballvereine im Triesterviertel ihre Spielstätten hatten. So etwa der SC Nicholson und der SpC? Südstern in der Angeligasse oder der SpV? Neutral, der Nachfolgeklub des Werksportvereins AxaAbadie?, in der Windtenstraße.

Auch Spaziergänge und Ausflüge hinaus an den Stadtrand am Wienerberg gehörten für viele Familien zu den beliebten Freizeitaktivitäten. Auf den weiten, unverbauten „G´stetten“ waren an Sonntagen hunderte Menschen unterwegs. Im Sommer boten die Ziegelteiche Möglichkeiten zum Schwimmen, im Winter zum Eislaufen. Zahlreiche Familien fanden an Sonntagen ihr „privates Glück“ in einem der vielen Schrebergärten, die auf vielen der (noch nicht baulich genützten) Grundstücke im Triesterviertel angelegt wurden.

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Der Zweite Weltkrieg markierte eine deutliche Zäsur im Alltagsleben. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmittel und Heizmaterial war mit Fortschreiten des Krieges weitgehend eingeschränkt bzw. zusammengebrochen. Einige Fabriksgebäude im Triesterviertel wurden von den Nationalsozialisten in abscheulicher Weise zweckentfremdet: Sie dienten von 1944 bis 1945 als Lager ungarischer Juden. Durch die vielen Bombentreffer im Jahr 1944 und 1945 waren zahlreiche Wohnhäuser und Fabriksgebäude zerstört oder erheblich beschädigt. Ganze Häuserzeilen lagen in Schutt und Asche. Doch bereits gegen Ende der vierziger Jahre war der Wiederaufbau so weit fortgeschritten, dass ein „normales“ Lebe wieder einigermaßen möglich war.

Für die Charakteristik des Triesterviertels gab es durch den Zweiten Weltkrieg kaum wesentliche Veränderungen. Bis in die sechziger Jahre blieb das Gebiet ein in der Hauptsache von den großen ansässigen Industriebetrieben geprägter Stadtteil. Zunehmend jedoch wurde das Triesterviertel verstärkt als Hoffnungsgebiet für den expandierenden Wohnbau in Erwägung gezogen. Auf vielen bislang freien Wiesenflächen oder Lagerplätzen entstanden zahlreiche neue Wohnungen.

Heute stellt das Triesterviertel einen fast idealtypischen Stadtteil mit einer funktionalen Durchmischung von Industriebetrieben, Kleingewerbebetrieben und Wohnhäusern dar. Die in den letzen Jahren deutlich vermehrte Bautätigkeit von Genossenschaften unterstreicht den Trend, das durch die Industrie geprägte Triesterviertel zunehmend als qualitativ hochstehende Wohngegend zu etablieren. Ein Industriestadtteil auf dem rasanten Weg zum „Dienstleistungsstadtteil“.

Aus: Wolfgang Slapansky "LEBEN UND ARBEITEN IM TRIESTERVIERTEL - Zur Geschichte eines Bezirksteiles".
(Favoritner Museumsblätter Nr.18, Wien 1993)


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