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"Kurier", 3.1.2010, Teil Fünf der Serie: Erfolgreich integriert

Ein Kind der dritten Generation ist Münire Inam (26).
Für die in der Türkei geborene Wienerin gibt es nur ein Zuhause – und das ist Österreich.

Ihre Großmutter macht "irrsinnig gute Buchteln und Vanillekipferln" - und trifft sich ein Mal pro Monat mit ihrer Freundin in der "Aida" zum Plauschen bei Kaffee und Mehlspeise. Fast 40 Jahre ist es her, dass ihre Großeltern nach Österreich gekommen sind. "Sie wurden als Gastarbeiter angeworben, sie waren willkommen - und man hat ihnen geholfen. Das ist anders als heute", diagnostiziert Münire Inam. Die Großeltern sind mittlerweile österreichische Pensionisten. Eine Großmutter lebt noch in der Türkei. Dorthin fährt die junge Frau ab und zu auf Besuch. Freunde hat sie im ursprünglichen Heimatland ihrer Großeltern nicht.

Die 26-Jährige, geboren in der Türkei, ab der Schulpflicht aufgewachsen in Wien, fühlt sich nicht als Fremde - und hat sich nie als Fremde gesehen. "Ich bin nach meinem Selbstverständnis Österreicherin türkischer Abstammung." Identität Bis zu diesem Selbstverständnis vergingen ein paar Jahre. Deutsch hatte sie binnen weniger Monate in Kindergarten und Volksschule gelernt. Türkisch spricht sie natürlich auch. "In der Schule war es kein großes Thema, dass ich Türkin bin. In der Oberstufe war ich die einzige nicht gebürtige Österreicherin."

Ins Gymnasium kam sie, weil ihre Mutter das so wollte, und diese sich über das Schulsystem gut informiert hatte, obwohl die Volksschullehrerin am Ende der Volksschule zum Besuch der Hauptschule geraten habe. Mittlerweile hat Münire Inam einen Bachelor in Soziologie, bemüht sich um den Master und arbeitet als Journalistin. Umfeld

Von sich aus wäre sie nie auf die Idee gekommen, anders zu sein, wäre da nicht das Umfeld gewesen, aus dem Fragen nach ihrer Identität gestellt wurden. "Man wollte wissen, was ich denn nun bin - Österreicherin oder Türkin?" Dieser Umstand habe sie schließlich verunsichert. "Da denkst du dir dann: ,Aha, da ist etwas, worüber du dir Gedanken machen solltest'. Dabei war für mich ja immer alles ganz normal. Man versucht, dir einen Identitätskonflikt umzuhängen, nur weil du einen anderen Namen hast." Eine Zeit lang habe sie sich schließlich dazu "halb gescheite Sätze zurecht gelegt, wie ,Mein Kopf denkt österreichisch, aber mein Herz fühlt türkisch', bis ich zu dem Schluss gekommen bin, dass das eine das andere nicht ausschließt, dass ich nicht zwischen zwei Stühlen sitze, dass ich mich nicht entscheiden muss."

Die Inhalte der Debatte um Integration missfallen ihr.
"Integration wird als Wohltätigkeitsveranstaltung gesehen. Es wird vermittelt, dass Zuwanderern ein Gefallen getan wird, wenn man Integration unterstützt."

Dahinter stecke ein Denkfehler - und das mangelnde Bekenntnis des offiziellen Österreich, das sich nicht als Einwanderungsland sehen wolle. "Würde man nicht von Ausländern sprechen, sondern die Zuwanderer als Österreicher sehen, wäre das anders. Das muss Normalität sein, dann ginge es um die Zukunft des Landes, weil es um alle als Bürgerinnen und Bürger ginge."

Das Definieren von Zuwanderern samt Kindern und Kindeskindern als "die Anderen" sieht Inam als das Kernproblem. Jugendliche etwa, die Banden bilden oder in der Öffentlichkeit durch Provokation auffallen, hätten vielfach keine Ausbildung. "Natürlich ist da etwas schiefgegangen. Man hat diese jungen Menschen zu lange übersehen. Es wird nicht als unser Problem, als eines der Gesellschaft gesehen, sondern als eines der Kinder der anderen, der Gastarbeiter. Diese Jugendlichen sind hier geboren, aber man gibt ihnen das Gefühl, dass sie nicht hierher gehören. Sie können mit Diskriminierung nicht umgehen und sind so für türkische Organisationen, die konservativ sind, gut anzusprechen."

Was sich die Wienerin wünscht, ist Normalität. "Ich bin nicht integriert. Ich bin Österreicherin und keine Exotin."