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Tage Der Utopie /
24-4-2007


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Koproduktion: Neue Modelle für das Leben im Alter
Wie können wir wieder eine sozial blühende Gesellschaft werden?
  • Vortrag: Dienstag, 24. April, 19:00 Uhr
  • Dialog: Mittwoch, 25. April, 9:00 - 12:30
»Alte werden politisch mächtiger, aber sozial immer mehr verachtet. Sie wollen die Früchte ihrer Lebensarbeit ernten, doch die sind schon vorher aufgezehrt. Der alte Mensch wird durch die ständige Beschleunigung der Lebensverhältnisse immer mehr zu dem, der kein Wissen hat, vergleicht man ihn mit den Jungen. Aus Kennern und Weisen werden Geschwindigkeitskrüppel.« Reimer Gronemeyer nennt Ursachen, Symptome und Lösungsmöglichkeiten. Er entwirft das Bild »koproduzierender« Syteme und Akteure, die in neuen Formen professioneller und freiwilliger Zusammenarbeit, ein Alter in Würde und Weisheit ermöglichen. Lebensmanagement, Sterbemanagement, Zukunftsmanagement. Über Hoffnungen und Planungen für das Morgen.

Prof. Dr. Dr. Reimer Gronemeyer lehrt Soziologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und ist einer der wohl streitbarsten und profiliertesten Experten zum Thema im gesamten deutschsprachigen Raum. Seine bekanntesten Publikationen u.a. »Die Entfernung vom Wolfsrudel - über den drohenden Krieg der Jungen gegen die Alten«, 1989 sowie »Kampf der Generationen« 2004.


Weblog von Eric Poscher: http://epe.at/blog/2007/04/reimer-gronemeyer-neue-modelle-fuer-das-leben-im-alter/

Vortragsnotizen, sehr provisorisch

Reimar Gronemayer beginnt seinen Vortrag über "Neue Modelle für das Leben im Alter" mit einer sehr provokanten Formulierung: "Die christliche Utopie ist die Apokalypse" - "Die Rede von der Utopie ist mir unheimlich, wenn dabei so etwas rauskommt die das Mißverständnis das sich im Satz zusammenfasst >alles wird gut<." - "Wir befinden uns in einem Jet der mit rasender Geschwindigkeit durch die Stratosphäre saust, und zunehmend wird uns Passagieren klar, dass die Pilotenkanzel leer ist"...Augustinus sagt: wir können über Gott reden, und nie genau sagen was er ist - aber sehr wohl was er nicht ist. Wir können auch über die Zukunft so reden...das ist die Ausgangslage....

Er berichtet über das persönlich erlebte Elend in Afrika, und den Umstand, dass es trotz all dieser Umstände eine bemerkenswerte familiäre Solidarität gibt, oft genug getragen von den Großmüttern. "Ich frage mich ob dieselbe Frau, die in Afrika 25 Enkelkinder durchbringt, in Europa schon als ein Pflegefall behandelt würde." Bei all dem Elend und der Verwüstung durch die AIDS Epidemie gibt es "ein ungeheures Maß an sozialem Reichtum, der auch in unseren Gesellschaften existieren könnte".

"Wenn wir nach einer neuen Kultur des Helfens suchen, dann könnten wir den Blick auf diese soziale Kraft, die bei uns versiegt zu sein scheint, lenken...."


"Wir sind ein Kontinent der grauen Köpfe geworden"...

"Die Technik stellt uns vor Fragen, die wir moralisch nicht mehr lösen können"

"Das Sterben verschwindet aus unserer Gesellschaft und weicht einem überwachten Ableben".

"Die Kulturelle Zukunft Europas wird sich an der Frage entscheiden, ob es diesem kulturellen Europa gelingt, mit 70 Millionen Hochaltrigen human umzugehen"

"Früher hätte niemand am Lebensrecht der Alten gezweifelt, heute will man >niemandem mehr zur Last fallen<"...Die Euthanasiedebatte wird immer stärker, und wir dürfen die Art unseres Ablebens wählen...niemand wird zu irgendwas gezwungen, aber jeder wird begreifen, daß der Weg in die Selbstabschaltung im Grunde etwas sehr Naheliegendes ist".

Utopisch reden (in Paraphrase von Augustinus) heißt darüber zu reden was nicht passieren darf: es darf diese Wahl einfach nicht als gesellschaftliche Normalität geben.

Das Phänomen der Demenz

Egon Friedell sagt, dass jede Zeit ihre eigene Krankheit aus sich heraussetzt. Es kommt darauf an zu sehen, dass Demenz kein Naturphänomen ist, sondern in großem Ausmaß eine Reaktion auf das Nicht-gebraucht-werden. (später kommt ein naturwissenschaftlicher Beleg aus einer Studie mit über 2000 Probanden die nach ihrem Tode autopsiert wurden,, daß Menschen die sozial deutlich eingebunden waren, trotz schwerer hirnophysiologischer Veränderungen in Richtung Alzheimer gar keine Demenzphänomene zeigten, während auf der anderen Seite hirnphysiologisch intakte Menschen Demenzphänomene entwickelten)(weiterer Beleg: there is no Alzheimer in India - Anmerkung FN: dazu gibts aber Gegenmeinungen: http://www.boloji.com/wfs/wfs103.htm)

60% der Bewohned der Altenheime sind in verschiedenen Graden dement und die Standards sinken.

Es geht nicht um eine neue Technologie im Umgang mit dem Thema Demenz. Wir können versuchen es technisch zu lösen, aber es gibt eine technische Utopie die einem Gänsehaut machen könnte. (Altenwaschmaschine, Altenfüttermaschine)... Wir können es aber auch als eine soziale Aufgabe begreifen. "Koproduktion" ist nur eine begriffliche Karotte, ein Etikett. Man könnte genausogut "Freundschaft" sagen.

Abschluss: Italo Calvinos "unsichtbare Städte" enthält fiktive Resien Marco Polos in utopische Städte. "In der letzten Stadt sind wir schon angekommen, und das ist die Hölle. Es gibt 2 Weisen in der Hölle zu existieren: das eine ist sich mit der Hölle so zu arrangieren daß man sie als Hölle nicht mehr wahrnimmt. die andere Möglichkeit ist, Liebe und Freundschaft wachsen zu lassen und so die Hölle zum Verschwinden zu bringen".

Auf dem Weg zur Diskussion

Soweit der Vortrag von Gronemeyer. Nicht nur mir war die Einleitung nicht ganz geheuer. Sind afrikanische Großmütter denn wirklich auch nur im entferntesten mit unseren Hochaltrigen vergleichbar, fragt Annerose.

Fragen (auch aus der Gobby - Diskussion):

  • Frage aus Eltendorf: Frage 1: Kann man es als Möglichkeit zum Umgang mit ältern Menschen sehen, dass es auf Gemeindeebene ein Bonus-System gibt, d.h. dass Junge gemeinsam mit Alten was unternehmen (sozialer Kontakt) wofür es Bonuspunkte gibt, die von den Jungen in der Gemeinde periodisch oder im Alter eingelöst werden können, *kann dies funktionieren? - Antwort: "Wenn das nicht ein selbstverständlicher humaner Akt ist, ist das Punktesammeln eher ein Beitrag zur soziaen Kälte"
  • Frage 2: Kann soziale Zuständigkeit in Österreich überhaupt auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene gelöst werden, oder zerstört das nicht die Verantwortung lokal in den Gemeinden - so wie es z.B. mit EU Entwicklungshilfe in Afrika passiert?
  • Frage 3:Ein Grundverständnis: Alles was uns im Leben lebenswert erscheint - Liebe, Lebensfreude, Lachen, Glück und Wohlbefinden finden im Gefühl statt, nicht im Verstand wo vergängliches Wissen ruht. Könnte man insoweit (zeitloses) Fühlen, Einfühlen, Mitfühlen, sich zusammen freuen, als gemeinsame Basis für ein Zusammenkommen und Zusammenleben von Jung und Alt sehen? Ist es daher realistisch, dass sich lokal Alt und Jung zusammensetzen und gemeinsam über Lebenssinn & Werte unterhalten und den Jungen dabei vermittelt werden kann, dass das Glück des Lebens allgemein nicht in Verstand, Wissen, Technologie u.a. zu finden sind, sondern im Gefühl - für sich selbst und füreinander?
  • Sinn des Alterns? - "vielleicht: Beziehung zwischen Ich und Du muss wiedergefunden werden" - "Sinn ist keine Ressource, sondern findet sich in der Situation, kann nicht definiert und in die Hand genommen werden".
  • Altenpartei? "Die alten sollten sich nicht als Partei verstehen, die eine eigene Lobby brauchen. Sie sollten eigentlich die Interessen der Jungen im Blick haben ...Es kann nur darum gehen zu hoffen wieder respektiert zu werden ... den Respekt werden wir gewinnen wenn wir uns wie würdige alte Menschen aufführen. Menschen die nicht Egomanen sind und denen man deswegen auch Respekt erweisen kann."
Schlusswort von Gronemeyer:

"Freundschaft heisst: nicht ständig nur seine eigenen Interessen, sondern die des anderen wahrnehmen. Daraus kann eine neue Welt entstehen."