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Dr. ElkeNeuke,

88682 Salem

Gedanken zu

 “Neue Arbeit-Neue Kultur” von Frithjof Bergmann, arbor-verlag. 2004

Erstveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin
Diese Seite ist vermutlich copyright.
DiskussionsBeiträge
Formatierung in Arbeit. Maintainer: Franz Nahrada

Vom Nachdenken über das Zukunftsbuch “Neue Arbeit - Neue Kultur”

vom Schauen auf die Vergangenheit und vom Beobachten der Gegenwart

1.Kapitel

FAST habe ich jetzt im nachhinein den Eindruck, ich bin der Neuen Arbeit (NA) schon einmal begegnet.

  • Vor vier Jahren. Als ich mit dem Arbeitsamt, ich war bereits mehrere Jahre ohne bezahlte Arbeit, folgende Begegnung hatte: Die jungen Beamten oder Angestellten, die erst seit kurzem die Posten dort innehatten, konfrontierten mich massiv, es glich einem Verhör, mit dem Ansinnen, doch meinen Beruf Beruf sein zu lassen, da gibt es sowieso keine Stellen, also Sozialwissenschaftler brauchen wir nicht mehr, und Ausschau zu halten nach etwas, was ich doch gerne gerne machen würde, ein Hobby beispielsweise.............Die Fragen gingen soweit, wer denn zu Hause in meiner Familie welche Hausarbeit machen würde, vielleicht koche und backe ich ja gern.............Oder ich putze gern, das soll es ja geben, besonders hier im Ländle........ ..Jedenfalls wunderte ich mich zuerst ein wenig über dererlei Fragen. “Sie suchen zu wenig alternativ....”, hieß es. Und als ich mich partout nicht abbringen lassen wollte, an meiner eigentlichen Profession festhalten zu wollen und genau in diesem Metier Aktivitäten entfaltete......Profession wohlgemerkt und nicht Arbeitsplatz, den hatte ich ja seit 1990 sowieso verloren, da hieß es “......sind Sie überhaupt gewillt zu arbeiten....?!” Den Platz an sich gab es ja noch, nur eben wurde er von anderen bevölkert......Vielleicht von jenen, die ihre Plätze wiederum im Westen in Gefahr sahen oder von jenen, die eine noch reichere Ernte einfahren wollten...... ? Nachdem also die alternativen Fragen, so wie die Herren im AA das wollten, nicht fruchteten und meine eigene, sogar nachgewiesene Suche nach Alternativen, nach jenen, die meine Profession wenigstens berührten, ignoriert wurde - drohte man mir mit großzügig zur Verfügung gestellten Plätzen in der Landwirtschaft - “Ich freue mich, Ihnen folgende Arbeitsstelle anbieten zu können........Apfelernte, Vollzeit...” und der junge Mitarbeiter ergänzte, süffisant lächelnd, 15 Stunden am Tag.....
Ich sagte ja schon, ich habe FAST den Eindruck. Denn es ging um etwas anderes als Arbeit, geschweige denn Neue Arbeit. Hier ging es nicht um Hilfe bei der Ernte, also um das Mittun bei der Lösung von Aufgaben für das Leben - das hätte ja dieser Arbeit einen akzeptablen, menschengemäßen Sinn gegeben.

Darum konnte es gar nicht gehen, denn auch dem Nichtfachmann fällt auf, dass eine Frau, die 30 Jahre nur am Schreibtisch gearbeitet hat und die Statur einer, na ja, kräftigen Bäuerin nicht gerade besitzt, dass diese Frau wohl nicht besonders geeignet sein wird, um ihren Mann zu stehen.

Heute, vier Jahre später, Hartz IV ist nun längst auf dem Weg in Erfüllung zu gehen, wehren sich die Bauern gegen deutsche Langzeitarbeitslose, die in der Ernte helfen sollen.........sie sind zu schwach dafür , neben i.d.R. jungen, kräftigen und mittlerweile in der Ernte erfahrenen Arbeitskräften aus dem Ausland......Ähnliche Bemerkungen hörte ich, als ich mich dann bei Bauern vorstellte (ich erhielt tatsächlich in einer Woche vier “Arbeitsangebote” - welch ein Zynismus ) Damals wunderten sich die Bauern noch, dass ausgerechnet mir, und das ist die Aussage des Arbeitsministeriums auf meine Anfrage, ”.... diese Plätze extra zur Verfügung gestellt werden.... aus dem Fonds ´Ausländische Arbeitskräfte`.”. Vor etwas mehr als 60 Jahren hieß sowas in Deutschland “Sonderbehandlung”, und in China war es wenig später Teil von Maos sog. Kulturrevolution.

2.Kapitel

Diese Erfahrungen aus unterschiedlichen Systemen der Vergangenheit und der Gegenwart widerspiegeln nichts anderes, als dass das kulturhistorische Bild der Arbeit durch zwei Aspekte geprägt wird:

- Zum einen durch den Zusammenhang von dem einzelnen Menschen innewohnenden Potenzen und deren Wechselwirkung mit der ihn umgebenden Natur (siehe auch Marxscher Arbeitsbegriff...)

- Zum anderen durch die Rolle, die dieser Prozeß zwischen Mensch und Natur in der Gesellschaft spielt (also alles was mit Zusammenleben, Macht und Ohnmacht, Herrschen und Beherrschtwerden zu tun hat).

Die Wirkungen der “natürlichen” Gegebenheiten (also ob es sich um eine stupide, vielleicht sogar noch körperlich schwere Arbeit handelt oder um eine alle möglichen menschlichen Fähigkeiten herausfordernde Arbeit) der Arbeit auf den einzelnen Menschen scheinen mir fast nebensächlich zu sein angesichts der Wirkungen auf den Einzelnen und auf die Gemeinschaft aufgrund ihrer “abgeleiteten” Gegebenheiten, also der machtpolitischen, gesellschaftlichen Einordnung und Funktion von Arbeit.

Wenn Bergmann schreibt, dass die Qualität der Arbeit (also ob sie den Menschen stärkt, ihn lebendig macht oder ihn schwächt, seine Potenzen verkümmern läßt ihn letztlich verunstaltet und vernichtet...zumindest als Mensch wenn nicht gar physisch vernichtet...) vom Kontext abhängt, in dem sie stattfindet........dann ist das also nur zu unterstreichen.

Soweit so gut. Die Beispiele allerdings, die im Buch herangezogen werden, um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen und um die Bedeutsamkeit der NEUEN ARBEIT zu legitimieren sind unbefriedigend, weil sie sich m.E. den eigentlichen Problestellungen nur vom äußersten Rande her nähern.

Natürlich ist die Arbeit, die von freiwilligen Helfern bei Katastrophen geleistet wird dazu geeignet, die Menschen ihrem Menschsein näher zu bringen, auch wenn sie noch so anstrengend und schwer ist.(Vgl.S.17) Katastrophen sind konkret fixierbaren Problemsituationen und die Ziele dieser Arbeiten sind überschaubar, direkt verbunden mit den Menschen, spürbar verknüpft mit dem konkreten Leben/Überleben der betreffenden Menschen im einzelnen wie in der kleineren oder größeren Gemeinde u.ä.. Die betreffenden Menschen können direkt daraus einen Sinn schöpfen und ihr Leben und ihre Persönlichkeit damit bereichern.

Ähnlich verhält es sich mit Beispielen aus der Gesamtanlage des Buches. Das Gros der Handlungssubjekte, denen sich NEUE ARBEIT zuwendet resp.die sich NEUER ARBEIT zuwenden und daraus wieder zum Menschsein kommen, sind die Ärmsten der Armen, sind Menschen, die bereits soweit am Dasein litten, dass sie außer ihrem Körper nichts mehr zu verlieren haben, und selbst den geben sie irgendwann freiwillig her.....Insofern gleicht das gesamte Leben dieser Elenden einer einzigen Katastrophe und es wird, wenn es denn mit NEUER ARBEIT in Berührung kommt, auf ähnliche Weise sinnerfüllt wie das der oben beschriebenen Helfer im Katastrophenfall, gibt Kraft und macht aus Elenden strahlende Persönlichkeiten.

NEUE ARBEIT NEUE KULTUR scheint ein Gesellschaftskonzept zu sein, das, wie ein Baukonzept nach dem Krieg, die zerstörten Häuser, Brücken etc. wieder aufbauen soll, nunmehr Menschen wieder aufbaut.

Nun ist zwar die Menschheit tatsächlich an einem solchen Punkt angekommen, dass sie...kriegsähnliche Zustände ü b e r a l l in der Welt hinterläßt.....Slums, Heerscharen von Entmutigten, ....und es muß ein Konzept gefunden werden, um aus dieser Art Trümmer, Menschen mitsamt ihren Beziehungen wie Phönix aus der Asche erstehen zu lassen. Und vielleicht sind es ja Menschen mit neuen menschlicheren Beziehungen. Das wäre ja nicht schlecht... Aber mich beschleicht eine große Angst, wenn ich über die Ursachen nachdenke, die diesen Kontext entstehen lassen.

Auch wenn diese kriegsähnlichen Zustände nicht durch einen heißen, also ganz offensichtlichen und unserem Denken vertrauten Krieg herbeigeführt wurden, so sind sie doch nicht durch Zufall entstanden, sondern durch gezieltes politisches Handeln, dem ein politischer Wille zugrunde liegt, durch Politik (auch Wirtschaft ist nur Teil von Machtpolitik), die immer wieder unentwickelte und unterentwickelte Regionen in der Welt produziert und reproduziert, auf sehr großen oder auch sehr kleinen Territorien, die massenhaft menschliche Tragödien inszeniert, vielleicht sogar Naturtragödien.

Und nach dem Wegfall der beiden Weltsysteme (Gesellschaftskonzepte) wird diese Politik mitten in Europa praktiziert und es werden auf den Gebieten der Erwerbsarbeit, der Wissenschaft, der Bildung, der Kultur Umstrukturierungen vorgenommen und Spielregeln eingeführt, die nur ein Ziel zu haben scheinen: Das, was im vergangenen Jahrhundert mittels Kriegen und Gewaltregimen an menschlichem Kreativitätspotential vernichtet, irregeleitet und mißbraucht wurde, und doch immer wieder, und erst recht nach dem zweiten Weltkrieg, “nachwächst”, nämlich Millionen gut ausgebildeter, motivierter und schöpferisch befähigter Menschen, sollen jetzt zurück-reformiert werden. (zurück-gebombt- hätte man gesagt zur Zeit des Vietnamkrieges).

3.Kapitel

Insofern kann ich den folgenden Gedanken im Buch nicht nachvollziehen: Weder die einen noch die anderen politischen Gruppierungen, Parteien etc. der westlichen Welt, so heißt es (Seite 51), “..”haben die geringste Vorstellung davon, welche Art von “Programm”, welche Veränderungen in der Wirtschaft und im sozialen Bereich stärkere und lebendigere Individuen hervorbringen würde, Menschen, die in sich ruhen, die lebhafter, authentischer und selbstbewußter sein würden. Und das ist der Punkt, an dem wir vor einer Betonmauer stehen. Niemand weiß, wie das Ziel zu erreichen wäre.”

Stärkere, lebendigere Menschen, die in sich ruhen, authentisch und selbstbewußt sind als - Ziel der Politik ?!

Die Betonmauer, vor der wir stehen, besteht m.E. aus etwas anderem: Selbst wenn man davon ausginge, dass die Masse der Menschen tatsächlich so sein wollte, wenigstens für sich selber, wenn das schon nicht dem Nachbarn gegönnt wird, so kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass Politiker dieses Ziel mit ihrer Politik gar nicht anstreben - dürfen.

Unabhängig davon, welche politischen Ziele in einer Gesellschaft artikuliert und behauptet werden, in den Präambeln von Parteidokumenten, in Verfassungen ......Die bisher in der Menschheitsgeschichte übliche Art und Weise der Organisation von Gesellschaft basierte auf dem Gedanken der Macht der einen und der Ohnmacht der anderen.

Und Politiker, welcher Couleur auch immer, haben nun mal die Aufgabe Macht abzusichern, indem eine gewisse Balance zwischen Macht und Ohnmacht erhalten wird. Wo sollen da Massen von starken, selbstbewußten, lebendigen Menschen hin ?! Die Politik in Deutschland und der ganzen westlichen Welt, die in den letzten 15 Jahren vonstattengeht, beginnend mit der “Abwicklung”, um nicht zu sagen Zerstörung des gesamten Ostblockes (und ich rede nicht von ohnehin maroden Betrieben), bis hin zur sukzessiven Demontierung aller nur denkbaren Grundlagen für eine kulturvollere, lebendigere, dem Menschen gemäßere westliche Welt selber (Arbeits,-Wirtschafts,-Wissenschafts,-Bildungs,-Kulturpolitik und deren juristische Absicherung), diese Politik beweist doch, dass genau das Gegenteil von dem angestrebt wird, was oben als Ziel beschrieben wurde.

Wenn Gesetze dafür gemacht wurden, dass seit geraumer Zeit Fachleute aller Art als ungelernte Kräfte gehen sollen, damit sie sich, im Falle von Arbeitsplatzmangel, ihr Leben (unter)halten können, und es geht kein Aufschrei durch das Land, die einen machen die Gesetze, die anderen verabschieden sie, die dritten nehmen sie zur Arbeitsgrundlage, die vierten finden es ganz in Ordnung, dass sich die “Studierten” endlich auch mal die Hände dreckig machen müssen, die fünften fügen sich und richten ihr Leben nach diesen Gesetzen ein, oder geben es her, wenn das alles so ist, dann besteht eine gewisse Übereinkunft zwischen dem politischen Willen der einen und dem Willen der großen Allgemeinheit .

Da kann ich keine oben beschriebene Betonmauer aus “......nicht wissen wie......” sehen.

4.Kapitel

Diese Aussage über den Ist-Zustand der heutigen westlichen Gesellschaft kann ich nicht teilen, wohl aber die abgeleiteten Zielstellungen des Konzepts der NEUEN ARBEIT sowie ihre Merkmale und Wirkungsweise

  • 1. Eine Welt zu schaffen, in der alle Menschen (die Masse der Menschen)..”.. die Chance bekommen, großartige, strahlende, vollkommene Menschen zu werden !....” (S.227)
Auch wenn mich letzteres “ der vollkommene Mensch”, ein wenig an die “sozialistische Persönlichkeit” erinnert, den “positiven Helden” in der sozialistischen realistischen Kunst etcetc....und ich denke, wir müßten froh darüber sein, diese Einseitigkeit überwunden zu haben ....

Das Ziel, die Millionen Ausgegrenzten großartig und strahlend und in je ihrer Art kreativ werden zu lassen - ihnen allen gerade dafür Raum .zu geben - dieses Ziel muß eine Hauptaufgabe moderner Gesellschaften sein, will man das “Rad der Geschichte” nicht zurückdrehen. Damit wird aber gleichsam als Kehrseite der Medaille eine Hauptschwierigkeit der Gegenwart formuliert.

Würden Millionen bisher mehr oder weniger Ausgegrenzte teilhaben können am Kreativsein, dann hieße es, dass diese Millionen nicht mehr die Opfer , die Hilfsbedürftigen, die Versager, die Faulenzer.......... sind. Damit aber fällt jener Teil weg, den bislang jene anderen Millionen auf der Gegenseite brauchen, um sich als Leistungsträger, als Samariter.....als Mäzene..... verstehen können . Dann könnte man endlich auf die letzten ideologischen Metapher .......Arbeitgeber-Arbeitnehmer , freier Wettbewerb etcetc. verzichten, die die Menschen bisher von dem abgehalten haben, was sie wirklich wirklich sein und tun könnten.

Und das würde bedeuten, dass alle auf Augenhöhe miteinander auskommen, auf Augenhöhe zusammenarbeiten müßten - innerhalb einer Institution, innerhalb einer Region, eines Landes,des ganzen Erdballs !

Was wäre, wenn jene Millionen Menschen, die in den Ländern der westlichen Welt durchaus zu den gut ausgebildeten zählen, manchmal gerade erst ein Studium, eine Lehre absolviert haben, nicht ausgegrenzt würden, ihr Potential einbringen dürften, mitarbeiten dürften, mit ihren Kollegen zusammenarbeiten dürften ? Und sich nicht als taxifahrender FacharztIn oder gelegenheitsjobbender ElektronikerIn ..........von ihrem eigentlichen Metier ablenken ließen.

Was wäre, wenn jene Millionen Menschen, die in den Ländern des ehemaligen Ostblocks unzweifelhaft ebenso zu den gut ausgebildeten zählen, nach dem Wegfall der eisernen Vorhangs und damit nach dem Wegfall der zahlreichen westlichen Embargos, vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaft und Wissenschaft, wenn also jene Millionen hätten von Anfang an, Seite an Seite mit ihren westlichen KollegenInnen, mitarbeiten dürfen ?

Was wäre, wenn jene Milliarden in der sog.dritten Welt ihr Potential ebenso einbringen dürften.

Was alles könnte entstehen ? Welche Probleme und Fragen könnten gemeinsam geklärt werden, Lösungen geschaffen werden? Krankheiten hätten längst beseitigt oder gemildert sein können, oder wären nie aufgetaucht ; Hunger in der sog. Dritten Welt wäre längst besiegt; Energieprobleme beseitigt usw.usw.

Hat denn die Welt für soviel Kreativität nicht genügend Platz ?

Braucht denn die Welt nicht soviel Kreativität ?

Das Konzept der NA zielt auf die ” Schaffung einer Gesellschaft und Kultur, in der wirklich jeder die Chance bekommt, einen beträchtlichen Teil seiner Zeit mit einer Arbeit zu verbringen, die er faszinierend findet, die ihn aufbaut, Kräfte verleiht und lebendiger macht


” (S.19)--(ähnelt Marxschen Idee des geteilten Arbeitstages....)und übt entsprechende Wirkungen aus (S.160)

-auf den Einzelnen, auf dessen Erfindungsreichtum,

-auf die Art der entstehenden Produkte,

-auf die Entwicklng von Regionen, Produktionseinheiten, also auf das gesamte Umfeld,

-auf das Zusammenleben, auf die Kultur des Zusammenlebens (menschlicher, intelligenter, fröhlicher) ....

Jeder Mensch solle also eine Chance erhalten auf eine neue Art von Arbeit (die er wirklich wirklich will) , diese Chance kommt mittels neuester Technologien zustande, die erstens die bisherige alte Art von Arbeit reduzieren bzw. ganz beseitigen und Zeit schaffen zur Ausübung der neuen Arbeit und die zweitens die neue Arbeit selbst kennzeichnen und Auswirkungen haben....

5.Kapitel

  • 2. Die neue Art von ARBEIT ist dadurch gekennzeichnet, dass ihr Handlungssubjekt sie auch WIRKLICH WIRKLICH WILL, also über diese Arbeit mit sich selber ins Reine kommt, wahrhaftig und authentisch wird UND dass diese Arbeit geeignet ist, Grundlage zu sein für eine NEUE KULTUR..
Was heißt das für die Struktur und Funktionsweise der inneren geistigen Welt des Einzelnen, die im eigentlichen Einfluß hat auf dessen Entscheidungsprozesse und letztlich auf dessen Handeln ?

Zunächst könnte es bedeuten, dass diese Arbeit in den Wertvorstellungen des Einzelnen einen bedeutenden Rang, wenn nicht einen ersten Rang einnimmt, d.h. dass der Einzelne ihr diese überragende Bedeutung für sein Wohl und Wehe zugebilligt hat. Bevor das passiert, wird der Einzelne über die Sachbeschaffenheit wie über die wertmäßige Beschaffenheit aller mit dieser Arbeit verbundenen Faktoren (einschließlich über sich selber als Handlungssubjekt) nachdenken oder erspüren müssen. Wertmäßig heißt die Existenz-und Entwicklungserfordernisse der eigenen Person ins Verhältnis zu setzen zu Existenz-und Entwicklungserfordernissen der Gemeinschaft, in der der Einzelne lebt sowie sie ins Verhältnis zu setzen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit, die er wirklich wirklich will.

Funktionell wird diese WV ein Art Leitfaden sein für das jeweilige Einordnen anderer Werte, die im Leben des Einzelnen eine Rolle spielen .....Partnerschaften, Kinder, Familie, Interessengebiete, Geld, “Karriere”, soziale Anerkennung, friedvolles Miteinander in der Gemeinschaft, soziale Integrität..........

Arbeit, die er einzelne wirklich wirklich will, wird im Gefüge einen relativ festen Platz einnehmen, Arbeit, die der Einzelne wirklich wirklich will, wird aufgrund dieses relativ festen Platzes im Gefüge seiner WV in Einklang stehen mit den wirklichen Potenzen des Einzelnen, also seinen Fähigkeiten, Bestrebungen... ...die zu Leidenschaften werden (nicht zu verwechseln mit Sucht). Diese Art von Arbeit wird eine Art Berufung für den Einzelnen werden.

Der Einzelne geht aus sich heraus, er äußert sein Wesen, er kommt zu sich selber, er ruht in sich, findet Balance und Gleichgewicht . Das alles sind Voraussetzungen für ein neues Verhältnis des einen Menschen zum (zu den) anderen Menschen. (Konzept Neue Kultur)

Beim tango argentino ist die Balance, das Gleichgewicht des jeweiligen Tanzpartners DIE Voraussetzung dafür, das beide miteinander tanzen können.. DIE ANDERE Voraussetzung ist, dass beide sich einander zuwenden,, Herz an Herz, dem inneren Auge, auf Augenhöhe, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes, und also gewillt sind miteinander zu tanzen. Allein die Balance eines Mannes oder einer Frau reicht noch nicht, um zu tanzen. Zumindest nicht, um den tango argentino zu tanzen und der ist nunmal ein Paartanz, wer immer dieses Paar ist.

Was ich sagen will ist, dass der Einzelne zu sich selber kommt und sein Gleichgewicht findet in der Arbeit, die er wirklich wirklich will, ist nur eine Voraussetzung, um auf neue Weise (neue Kultur) zu leben - denn Leben des einzelnen Menschen ist zugleich immer ein Miteinanderleben, das gehört nunmal zum Wesen des Menschen, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. .

Die Wiedererlangung oder (Erlangung) eines (höheren) Selbstwertgefühls - im Buch werden oft Beispiele angeführt, in denen Menschen am Abgrund (Drogensüchtige Jugendliche, Slumbewohner etcetc)durch Mitarbeit in Projekten der Neuen Arbeit regelrecht auferstehen konnten - kann man sich sehr gut vorstellen. Allein auch das ist nur eine Grundlage für das sukzessive Entstehen neuer Kultur, also für etwas, was über das Selbst hinausgeht und sich -auf Augenhöhe- dem anderen zuwendet. Man muß hinterfragen, (1) wodurch dieses Selbstwertgefühl im eigentlichen zustande kommt und (2) in welchem Verhältnis es steht zum Wert des jeweils anderen, also ob es verhältnismäßig ist oder einseitig überzogen.

Erfahrungen aus dem Leben im Ostblock (DDR Erfahrungen) besagen, dass dort Massen von Menschen niedrigster Ausbildung, einfachster Herkunft etc.etc. durch ihre Mitarbeitsmöglichkeiten in Projekten (der Zeit und der gesellschaft entsprechend waren das freilich herkömmliche Arbeiten und fand in ganz normalen Betrieben statt) und, das scheint noch wichtiger zu sein, durch die staatliche und allgemeine gesellschaftliche Anerkennung eben dieser Arbeiten und ihrer Handlungssubjekte, mit einem Selbstwertgefühl ausgestattet wurden, das seinesgleichen suchte. - “Ich bin Bauarbeiter - wer ist mehr ?!”. So war eine zeitlang auf Plakaten zu lesen.und so traten dieselben auch auf. Nur. Zu einer neuen Kultur im Umgang mit dem anderen kam es nicht oder nicht genügend . Im Gegenteil. Die Kehrseite eines solchen, eben auch gelebten, Proletkultes war oftmals die Mißachtung anderer - anderer Berufe, anderer Aufgaben etc Die Kehrseite in der DDR und im ganzen Ostblock war die Intelligenzfeindlichkeit, die in ihrem Kern eine Ideenfeindlichkeit war.

Das Entstehen von Selbstwertgefühl eines Menschen , vor allem wenn es auf der Bewertung durch äußere Autoritäten basiert, und das ist in jeder Gemeinschaft von Menschen der Fall, macht von sich aus keine neue Kultur . Erst wenn die Vorstellung vom Selbstwert gepaart ist mit einer adäquaten Vorstellung vom Wert des anderen, vom Wert dessen Menschseins, dessen Bestrebungen und erreichten Leistungen....., erst dann ist neue Kultur möglich.

Es ist nicht zu bezweifeln, wenn im Buch, S. 223, festgestellt wird, wie die neuen modernen Technologien auch ganz andere Arbeitsmentalitäten hervorbringen “......Arbeiter, die in ihrer Mentalität der Mentatlität von Künstlern und Intellektuellen so nahe kommen, dass das Erteilen von Befehlen in der Erwartung von Gehorsam einfach nicht mehr funktioniert. Unternehmen mit einem großen Anteil an Hochschulabsolventen verlangen eine ganz andere Kultur in Hinsicht auf die Organisation und das Personal als die vom Kapitalismus beförderte Unternehmenskultur...”

Ja, bezüglich der konkreten technisch technologischen, also sachlich-fachlichen Arbeitsinhalte, Zielstellungen, Bestrebungen .....ist nicht zu bezweifeln, dass sich die damit befassten Menschen mental, etc verändern. Aber, und nun kommt die andere Seite des (Arbeits)Lebens ins Spiel: Alles, was über dieses unmittelbar sachlich-fachliche hinausgeht und das allgemein menschliche, das Leben des einzelnen und das Zusammenleben berührt, den Wert, den der einzelne sich selbst und anderen zugedenkt....wird allein durch eine Veränderung des technisch technologischen Herangehens an die zu lösenden Aufgaben nicht verändert. Und deshalb kann ich auch der Aussage nicht zustimmmen, dass “...das Erteilen von Befehlen in der Erwartung von Gehorsam einfach nicht mehr funktioniert...” (S.223) So kann man nicht verallgemeinern. Die andere (neue) Kultur, und ich verstehe das vor allem als Kultur des Zusammenlebens, kommt nicht dadurch automatisch zustande, dass sich der Mensch auf neue Art und Weise mit neuen Werkstoffen beschäftigt - Hochtechnologien, angewandt von Einzelnen in kleinen überschaubaren Gemeinden..

6.Kapitel

  • 3. Das Buch vermittelt ein wenig den Eindruck, wenn sich der Einzelne einer Arbeit widmet, die er wirklich wirklich will, erwächst daraus schier automatisch eine neue Kultur (des Lebens und Zusammenlebens). Den Gedanken eines (fast) Automatismus kann ich nicht teilen. Aber ich sehe natürlich einen elementaren Zusammenhang eine Wechselwirkung zwischen beiden.
Das Bindeglied ist moralischer Natur.

Wenn von einer neuen Kultur des Lebens und Zusammenlebens die Rede ist, dann ist ein sehr komplexes Gebilde gemeint. Ja, das ist wohl ein Hauptkennzeichen dieses Neuen, dass ihm jede Eindimensionalität, Einseitigekit, Unverhältnismäßigkeit fremd sein sollte. Die NEUE ARBEIT kann nur dann eine neue Lebenskultur gebähren, wenn die o.g. inneren Potenzen, die sie beim einzelnen berührt, selbst komplexer Natur sind. Der einzelne sollte also in der Lage und gewillt sein, über seine rein sachlich fachlichen Fähigkeiten resp. Handlungsobjekte hinauszuschauen und zu gehen,

- in intellektueller Hinsicht (allgemeines Denken in Zusammenhängen),

- in sozialer Hinsicht (Einordnen in Zusammenhänge, das menschliche Zusammenleben im Mikro-wie Makrobereich, betreffend),

- in philosophisch- moralischer Hinsicht (Einordnen in Zusammenhänge, den Menschen selbst, die äußere Natur, das Geistige betreffend).

NEUE ARBEIT sollte also eine Arbeit sein, die den betreffenden Menschen in die Lage versetzt resp. in einem Umfeld (Kontext) stattfindet, als Fachmann/frau auf konkreten Gebieten leidenschaftlich zu wirken, zugleich den Wert dieser Arbeit in sozialer und philosophisch moralischer Hinsicht zu spüren und in die konkrete praktische Arbeit “am Objekt” einfließen zu lassen. Das kann dann so aussehen, dass der Einzelne u.U. korrektiv wirken muß, wenn es die allgemeine soziale Zielrichtung(en) oder/und die angewandten Mittel oder/und die Sinnhaftigkeit insgesamt der konkreten sachlich fachlichen Arbeit erfordern. Wenn also zum Beispiel die in der kleinen “dörflichen” Gemeinschaft hergestellten hightech Produkte. am Ende nur benutzt werden, also ihren Sinn, ihre Bedeutung darin haben, sich selber vor anderen Menschen zu erhöhen, also machtmäßig zu ge/mißbrauchen oder sie nur profitabel zu vermarkten........ Dann sollte inne gehalten werden und diese Arbeit überdacht werden, und nicht weiter und weiter und weiter produziert und hightechEinzelheiten schöpferisch vervollkommnet werden, so sehr auch der Einzelne das zu seiner Leidenschaft gemacht hat. Das würde die neue Arbeit nicht unterscheiden von der bisherigen, in der es immer mehr “workaholics” gibt.

Erst kürzlich erlebte ich bei einer Gruppe (meistens gut ausgebildete, auch mit neuesten Technologien erfahrenen Menschen), die sich aus Anlass der NEUEN ARBEIT-NEUEKULTUR konstituierte, folgendes : Nach wenigen Treffen und versuchten Diskussionen über das “...was ich wirklich wirklich will...” stimmten fast alle darüber überein, dass es doch Zeit sei, endlich die Ärmel hochzukrämpeln , manche konnten es kaum erwarten und strampelten mit den Füßen, so schien es mir bald, und dass man sich nicht allzulange beim Denken, auch beim Nachdenken über das NEUE ARBEIT NEUE KULTUR Konzept, aufhalten solle - und fast alle lieferten eigene Ideen, wie schön, die sich aber, so befürchte ich, nicht unterschieden von jenen Projekten, die die sog.Alternativen in Westdeutschland schon seit mehr als 30 Jahren versuchen. Kinderbetreuung, Altenpflege, Gemüseanbau, Pilze züchten, Holzwerkstätten, am hiesige Markt beteiligen, gemeinsames multikulturelles Leben............alles alternativ............versteht sich.

Was ist das NEUE daran ?! Das müßte hinterfragt werden, nicht nur rhetorisch, sondern vielleicht in Form von projektbegleitenden “Forschungen”.......... Aber da sind wir wieder beim Gesamtkonzept, über das in der erwähnten Gruppe ja nicht mehr geredet werden sollte. Das ist geistige Befangenheit in den Spielregeln des Systems.

Ähnliches schaut ein wenig hinter der, als Kernstrategie der NEUEN ARBEIT bezeichneten Aussage “Sie sollen stöhnen vor Neid”, hervor. Jene Elenden, von denen im Buch die Rede ist, streben an, sich durch die mit der NA verbundene neueste Technologie all das an Konsumartikeln erschaffen, das ihnen bisher vorenthalten wurde, und das nun ihr Leben vergleichbar angenehm, luxuriös und einfach schöner macht. Das ist sicherlich nachzuvollziehen und an sich nicht das Problem. Vielleicht ist das sogar ein erster Ansatzpunkt, mit dem auch die letzten aus der Gemeinschaft Ausgestoßenen wieder ins Leben geholt werden können.. Außerdem habe ich ähnliche Gefühle in meinem eigenen Werdegang schon erlebt. Dazu später. Aber es drückt eben auch aus, in welcher (geistigen) Welt wir immer noch leben, nämlich in einer Welt der Konkurrenz, die zur Feindschaft wird und dem jeweils anderen wenigstens Schmerzen zufügen soll. (Vielleicht sind “nur” Schmerzen sogar ein Fortschritt im Vergleich zur Vernichtungsabsicht ?) Und dennoch. Jene Elenden sind befangen im alten Denken oder mit den Worten der Präambel zu den “Tagen der Utopie”, sie sind geistig befangen in jenen Spielregeln des Systems, die sie eigentlich kritisieren (sollten, denn diese sind Ursache für ihre elendige Lage). Diese Situation müssen wir zur Kenntnis nehmen, Problematisch wird es m.E. dann, wenn dies zu einer geistigen Gefangenschaft des Oben-Unten-Denkens, des Herr-und Knecht-Denkens, das nur umgekehrt werden soll, erstarrt (S. 180 “....den brennenden Wunsch derer, die `unten leben, endlich absolut und total ÜBERLEGEN zu sein......”). Problematisch ist es dann, wenn nur die Rollen personell gewechselt werden, aber der gleiche Text gesprochen wird, manchmal nur die Kostüme und das Bühnenbild, und der eigentliche Inhalt, die Aussage, der Geist, der hinter der Inszenierung, also auch hinter den Rollen, steckt, bleibt - er wird nicht einmal hinterfragt, nicht angezweifelt, geschweige denn geändert. Und noch problematischer wird es, wenn mit diesem alten Denken im Kopf die Frage beantwortet werden soll “was will ich denn wirklich, wirklich....?

7.Kapitel

Im Mittelpunkt des Buches stehen Bevölkerungsmassen, die nicht nur am untersten Ende der Lebensleiter angekommen sind, sie liegen davor: Ghettobewohner, Drogensüchtige, Slumbewohner, Arme, die zu hauf auf Straßen und in der Gosse campieren und die keinerlei Zukunft vor Augen haben, die nur noch auf s Sterben warten....

......Ich war noch nie persönlich in jenen Teilen der Welt, in denen solche Bilder Alltag sind. ..............und uns Westeuropäern, wozu ich mich ja seit 15 Jahren auch zählen darf...... Schockerlebnisse vermitteln. Ich habe meine Schockerlebnisse gleich vor der Haustür gehabt.

Vor Jahren sah ich vor einem Supermarkt ein Riesenplakat, auf dem ein Obdachloser (gleich der um die Ecke) daliegt und eine junge Frau (gleich die um die Ecke) beugt sich zu ihm nieder und überreicht ihm eine Decke.............

Schock Nr. 1 Hinter soviel Barmherzigkeit, und die bezweifele ich nicht, kann ich fast nur noch Zynismus entdecken.Vor Jahrzehnten hab ich mich immer gewundert, warum die Westdeutschen sich so emsig mit Spenden und Initiativen um Menschen in der dritten Welt und andere Notleidende kümmern Wohl wissend, dass die Ursachen für Armut beim Nachbarn (auch dem in aller Welt) in den wenigsten Fällen beim individuellen Lebenswandel des Nachbarn selbst liegen, .sondern im gesellschaftlichen Lebenswandel aller begründet ist, tun viele so, als könne eine barmherzige Spende das Problem lösen.helfen.

Schock Nr.2 In der Tageszeitung las ich kürzlich einen Bericht über Obdachlose, in dem das Problem thematisiert wurde, entweder Essen kaufen zu können oder Medikamente, wenn die Gesundheit auf dem Spiel steht, und die obdachlosen Männer wurden zitiert mit “......da leg ich mich eben hin und warte bis der Tod kommt........” Mir schoß es durch den Kopf, vielleicht haben diese Betroffenen sogar ein gutes Gefühl dabei, wenn sie ihre Mitmenschen, auch die Barmherzigen, von ihrem Elend erlösen, freiwillig, ohne sich zu wehren. ..........

Meine Schockerlebnisse sind auf einer anderen Ebene angesiedelt. Auf der Ebene derer, die mit den Millionen ohne-überdachtem-Platz leben können. Und wer weiß ? Vielleicht gehören ja schon ehemalige Nachbarn, Kollegen dazu und wann sind sie selber dran ? Meine Schockerlebnisse hängen zusammen mit dem Beobachten des millionenfachen korrumpierten und infantil gehaltenen Massenbewußtseins, einer permanenten Selbstverleugnung, einer fatalistischen Herangehensweise, an fremdes wie an das eigene Leben, von Menschen an Orten und in Zeiten, wo Not noch längst nicht eingetreten ist, wo der einzelne noch nachdenken und handeln könnte, sich u.U. noch wehren könnte..

FAST kommt es mir so vor, als ob ich (mit meiner Familie) seit 15 Jahren, also seitdem ich hinausbeordert wurde aus meiner herkömmlichen (Lohn)Arbeit, also als ob ich seit 15 Jahren NEUE ARBEIT bereits lebe. Nur, es war mir nicht bewußt. Nach dem Verlust des herkömmlichen Arbeitsplatzes war ich frei, habe mich auch so gefühlt, konnte mich nicht wieder hineinbegeben in die “alte Arbeitswelt”, trotz diverser Bemühungen, habe mich aber auch nicht von vorn herein als Sklave zur Verfügung gestellt. Ich habe auf die finanziellen Mittel bestanden, die diese reiche Gesellschaft noch bereit war jenen zu geben, die sie sukzessive zu Sklaven machen will. Das ist manchmal schwer genug. Gleichzeitig habe ich mich aber versucht festzuhalten an meinen eigenen Arbeitsinhalten (vgl. S.1 dieses Aufsatzes) und habe mich einzumischen versucht, auch ohne Beauftragung, aber im eigenen Auftrag .... , Im Verein mit meinem Mann, der materiellen Armut von Beginn an geschuldet, wurden notwendige Arbeitsmittel (also Computer und allerlei Zubehör etcetc.) aus alten verfügbaren Überflüssen, Schrott im wahrsten Sinne des Wortes, alte Software etc.brauchbar gemacht für meine/unsere Zwecke (das war eine der Haupttätigkeiten meines Mannes). Was Möbel, Kleidung, Bücher etc. betrifft konnten wir, mit Bescheidenheit, Geschmack und Witz aus den “Springquellen des Reichtums” schöpfen - auf Flohmärkten, in second hand Läden.....Unser Fahrzeug ist entweder geschenkt, geborgt oder billig erworben, notwendigen Reparaturen widmet sich der gelernte Trabi-Fahrer selbst, soweit es noch möglich ist. Lebensfreude schenken mir zahlreiche interessante Begegnungen mit Menschen, u.a. auch in Tätigkeiten, die ich erst jetzt kultiviere, Sport, Tanz....und das eigene bewußte Herangehen an mein merkwürdiges Leben zwischen allen Stühlen seit der “Wende”.

Die Frage, die mich seit 15 Jahren begleitet und deren Beantwortung, trotz vieler sehr positiver, fast unerwarteter Begegnungen mit einfachen Menschen, noch längst nicht abgeschlossen ist, eigentlich erst beginnen muß, ist die Frage: Wie gehen wir in der westlichen Welt, die NOCH Integrierten und die NICHT MEHR Integrierten miteinander um. Deshalb halte ich es für erforderlich, den Zielstellungen des Konzepts der NEUEN ARBEIT ein weiteres Anliegen beizufügen:

Die breite Grauzone derjenigen, die nicht zu den ganz Reichen gehören, aber eben auch nicht zu den bereits ganz Verarmten, also wahrscheinlich die große Allgemeinheit der Bevölkerung in den westeuropäischen und z.T. osteuropäischen Ländern, wird durch das Konzept nicht genügend erfasst, oder erst ab dem Moment, wo die Verelendung einsetzt. Das sollte sich ändern. Und es ist zu allererst eine BewußtseinsFrage?, eine Frage der Kommunikation, des Dialogs, des Bewußtmachens, ....

Da das Neue zunächst in Form von Modellen oder Inseln existiert, wird neben ihm noch eine ganze Weile diese breite Grauzone, alte Welt mit herkömmlichen Denkweisen und Spielregeln (also Lohnarbeit, Konkurrenzdenken, etc.etc.) bestehen bleiben. Und nicht nur das. Es wird Berührungen geben, Wechselbeziehungen zwischen Neu und Alt. Wie werden sie aussehen ? Sind in der alten Arbeits-und Lebenskultur der o.g. Allgemeinheit Keime zu finden, an die man anknüpfen könnte, um schließlich zur NEUEN ARBEIT NEUEN KULTUR zu kommen ? An die man anknüpfen muß ? Jetzt und gleich, um eine Verarmung und Verelendung gar nicht erst zuzulassen.

Der Geist, der den Projekten der NEUEN ARBEIT NEUEN KULTUR zugrunde liegt, sollte permanent nach den oben erwähnten alten Denkmustern “abgesucht” werden, um das Risiko, wie es in der Präambel zu den “Tagen der Utopie” heißt, immer wieder alte Spielregeln in den Köpfen der Menschen zu reproduzieren, so gering wie möglich zu halten. NEUE ARBEIT- Projekten sollten immer auch NEUE DENK Projekte beigeordnet werden, mit der Hauptfrage: Was ist zu einem gedeihlichen Zusammenleben “mit meinem Nachbarn” wirklich wirklich erforderlich......

Salem (am Bodensee), den 18.04.2005