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Thesen zur "Informationsgesellschaft" (1998)

Den Geisteswissenschaftler widert dieses politgewerbliche Konstrukt an, weil das Abstrakte geschmäht wurde, solange es nicht verwertbar war; jetzt aber, da die Elektromechanik gewisse Bedingungen der Emanzipation des Abstrakten hergibt, artikuliert sich in den Händen von Edeldrückern gerade noch der Abklatsch der Chancen.

Der Insider des IT-Markts kann sich nur an den Kopf greifen, weil er zu gut weiß, daß Sektenbeauftragte, Kartellämter, Mafia- und Betrugsdezernate die besseren Adressaten für die Diskussion wären, als die von Innovationsideologien gebeutelte demokratische Öffentlichkeit.

Der politisch engagierte Mensch schließlich muß sich zur Verzweiflung getrieben sehen, weil Sprache und Kommunikation, ein großer Teil seines genuinen Handwerkszeugs zum Zentrum ideologischer Deformationsanstrengungen gemacht werden.

Man kann gar nicht mehr anders als derart einzuleiten - denn der Zeitgeist einverleibt sich jede Kritik als flankierende Sorge in einem rasanten Fortschritt. Es geht darum Bösartigkeit im Grundsatz anzuprangern - und totzdem ohne jede Maschinenstürmerei: Die Informationsgesellschaft ist das Totem einer neuen Gesellschaft, nicht ihr Begriff. Der bleibt tabu, während man die realen Ansätze erstickt.

Der Begriff der potentiellen neuen Gesellschaft läßt sich mit einem Satz umreißen: das Ende der Wirtschaft ist nah. Das ist tabu. Und das Totem schwebt über dem Büchertisch und reklamiert dafür das Ende der Arbeit. Es wird hier auch nicht der Krisentheorie das Wort geredet; die hat mit der Wirtschaft ihr Ende und ihre Seligkeit auch, denn das Ende des Kapitalismus kann man ruhig prognostizieren. Es ist aber nicht das Ende der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Die Praxis triumphiert im Niemandsland über die Theorie der Formationen.

Die zu tabuisierende Utopie der drohenden neuen Gesellschaft ist denkbar einfach. Die Automation lieferte uns idealiter die Kopien eines jeden beliebigen Nutzenschemas zum Preis der verkörperten Ressourcen. Das gilt rekursiv für die Automation. Die Informatisierung liefert uns die Wissenstechnik für die Entwicklung der Urbilder dieser Nutzenschemata. Zum Preis der lebendigen Arbeit, die darin zu verkörpern ist. Je komplexer die Welt, desto mehr Anstrengungen braucht es, sie in Ordnung zu halten. Zwei Dinge gehörig in Beziehung zu setzen braucht gestern 4, heute 8, morgen 16 Überlegungen und wer ans Ende der Arbeit glaubt, muß mindestens hinterm Mond sein. Obendrein legt der materiale Zustand der Gesellschaft nahe, daß wir viel zu spät mit dem Potenzieren angefangen haben. Wir müssen reichlich Überlegungen nachholen. Das Geschrei, das wäre übertrieben, kommt aus dem Marketing der Kopien, nicht aus der Lebenswelt. Das Geschrei i.Ü., wer soll die Arbeit denn bezahlen, kommt aus den Buchhaltungen, doch dazu später.

Die Arbeit wird zur Meta-Arbeit, zur Arbeit an der Arbeit, dabei keineswegs bloß in Gestalt geistiger Arbeit; Arbeit bricht weg, und Meta-Arbeit rückt nach. Der Prozeß ist so alt wie die Arbeit, aber die Vehemenz ist neu. Daß die Entwicklung nicht verstanden wird, liegt an der Reihenfolge, die auf dem Kopf steht, weil die Wirtschaft mobbt.

Rationalisiert wird nämlich nicht, um die Lebenskontexte zu verbessern, sondern um sie mit "Produkten" vollzustopfen, deren Erzeugung und Absatz wird beschleunigt. Es bricht nicht Arbeit weg, sondern eine bestimmte Sorte Arbeit liefert mehr - immer mehr - Schrott. Das ist keine Automation, sondern dumpfe Getriebetechnik. Aber lassen wir uns darauf ein und sagen: dank der Getriebetechnik bricht Arbeit weg; dann müssen wir argumentieren dürfen: dank des Schrottplatzwachstums nimmt Meta-Arbeit zu. Die will niemand bezahlen, am wenigsten die Verusacher - darum blökt die Buchhaltung wie oben gesagt, und allen scheint es plausibel - wir sind eben an die falsche Richtung gewöhnt.

Richtig wäre es eben anders herum: Die Automation beginnt mit der Suche nach Reproduzierbarem; das ist selbst der Archetyp menschlicher Sprache. Die Suche beginnt mit dem Sinn des Programms, mit der Zweckmäßigkeit und Eleganz der Sprache, die diese Programme zu schreiben erlaubt. Dann bricht Arbeit weg - im glücklichsten Falle schon vor ihrer Entstehung, wenn wir erst denken und dann handeln, sind die richtigen Automaten schon vor den Produktserien da! Und die richtige Organisation vor den Stereotypen der Abläufe. Niemand würde sich bei solcher konstruktiven Richtung über die Frage der Bezahlbarkeit Gedanken machen. Diejenigen, die bezahlen, sind die gleichen, die die Arbeit machen, weil es ein Unternehmen auf Gegenseitigkeit ist und die Einsicht der Antrieb und der Nutzen das Ziel der Arbeit ist.

Von einer Krise der Arbeit vermöge einer Produktivkraftsteigerung wäre kaum etwas zu merken, wir würden einfach hin und wieder auf eine gigantische Produktivkraftentwicklung zurückblicken, die uns eine Menge Arbeit gekostet hat, die sich aber gelohnt hat, und in die wir deswegen noch mehr Arbeit stecken, es sei denn es reicht uns. Aber das stünde uns wenigstens frei. Einen Haufen Schrott wegzuräumen, in dem wir zu ersticken drohen, wird als weniger fakultativ empfunden.

Im positiven Falle "investieren" wir Arbeit, lebendige Arbeit, weil wir uns einen Nutzen davon versprechen dürfen. Jedesmal, wenn wir darüber nachdenken wie wir arbeiten, sehen wir durch ein Stück Meta-Arbeit einen noch größeren Nutzen vor uns. Im negativen Falle sehen wir den Zusammenhang gar nicht: man setzt uns eine, ihrem Qualitätenmuster nach ausgewürfelte, von Trendsettern errochene Serie von Kopien vor, dazu kommen die Verschlimmbesserungs-Serien der Supporte und Services, eingeschoben und übereinandergetürmt zwischen den fliegenden Verdrahtungen ausgewürfelter Innovationen.

Die einzige Perspektive der Meta-Arbeit ist die Retrospektive, wie hätten wir es anders machen können; und die Chance für die Idee, es von nun an anders zu machen wird immer geringer: Ein Stück Ordnung würde im Chaos und der Irrationalität versinken. Entweder es ist grundsätzlich so oder grundsätzlich anders.

Grundsätzlich anders ist jedoch gar nicht erwünscht, denn die Kopienwirtschaft liefert die größeren Profite; ist sie erstmal installiert, schützt sich das Chaos dadurch, daß es die Ordnung zur Resignation zwingt. Es gibt keine Konkurrenz, außer diejenige der Varianten der Kopien, und die ist selbst systemkonformer Chaosfaktor.

Meta"logisch" haben wir eine Konkurrenz zwischen Urbild und Kopie, die aber nicht real zum Tragen kommt, weil die Kopien sich wie ein Tumor durchsetzen und nichts neben sich dulden, als die nächste Generation entdifferenzierterer Kopien. Es ist eine Konkurrenz der Systeme und wir müssen zwischen den Perspektiven in die Systeme hin und her schalten, für den folgenden Vergleich:

Im einen Falle bringt der Zusatz von Kapital einen gewissen Nutzen, mit abnehmender Tendenz, und die Arbeit bricht weg. Die abnehmende Tendenz schlägt schließlich um in einen zunehmenden Schaden durch die Produkte. Doch weil wir nicht wollen, daß immer mehr Arbeit wegbricht, müssen wir immer noch größeren Schaden und Unordnung in Kauf nehmen.

Im anderen Falle bringt der Zusatz von lebendiger Arbeit einen überwiegenden Nutzen, Kapital bricht weg. Kapital, nämlich als noch unperfekte stoffliche Unterstützung unperfekter Handlungsorganisation wird "aufgearbeitet". Zusätzliche Arbeit einzuführen geschieht nicht um den Preis einer Zunahme der Unordnung, sondern nach einem Konsens über einen anzustrebenden noch größeren zusätzlichen Nutzen.

Im einen Fall muß der Erhalt (obendrein) schlecht verteilter Arbeit abgetrotzt werden, und ihr Effekt ist funktionell fragwürdig, die Steigerung des Arbeitsvolumens ist ein an den Haaren herbeigezogener "Notnagel" sozialer Sicherheit. Im anderen Falle ist die Vermehrung gut verteilter Arbeit zu verabreden und ein Zuwachs ist meist auch gut durch den größeren Zuwachs an Nutzen zu begründen; d.h. funktionell und direkt aus dem Sinn der Arbeit heraus zu begründen.

Die Spannung in der Entwicklung von Arbeit und Technik entsteht durch die Pole Arbeit und Meta-Arbeit und die Aspekte "Urbild" und "Kopie"; und diese Dynamik kann axiomatisiert werden primär durch das Kapital, als Vorrat toter Arbeit (i.S. bevorrateter Handlungsvorbereitung) oder primär durch eine verwertungsfreie kooperative Selbstorganisation lebendiger kreativer Gestaltung der Lebenswelten.

Ein Gespenst schaut sich hoffnungsvoll wieder um, weniger geharnischt. Die "Informationsgesellschaft" ist der digitale Smog, um dieses Gespenst wirkungsvoll der toten Arbeit vom Leib zu halten. Die gesamte Phänomenologie dieses sehr phänomenalen Gespensts muß verhintzt werden. Alles, was das Übel bannt, wird als kommunistisch verschrien. So setzt man dem Volk die Hörner doppelt auf!

Eine Reihe von Gemeinplätzen ist in Umlauf, die beinahe eine Art Katechismus der "innovierten Gesellschaft" bilden, der selbst akademischen Verstand und linke Kritik niedermacht. Hierzu einige thesenartige Streiflichter ohne Anspruch auf innere Ordnung in der Reihenfolge.

1.

Wir haben keine Informationsflut, sondern einen Imagewettbewerb der Sachverhaltsrepräsentationen. Information wird professionell, regelrecht in nachrichtendienstlicher Manier, unbrauchbar gemacht. Die "Ware" fordert ihren Tribut: Ware als Information, Information als Ware, und Information über Ware.

2.

Die Formel lebenslanges Lernen verdeckt einerseits die Verwilderung unseres Wissens, andererseits die erwünschte Kritiklosigkeit der Lohnarbeiter - verhindert Emanzipation und Mitgestaltung: es darf keine Routiniers geben. Der Unsinn der Arbeit muß kaschiert werden, ihr Verkommen zu einem Prestige- und Privilegierungsobjekt, die Instrumentalisierung ihrer Hülle zur Vortäuschung von Produktion, zur Rechtfertigung von Wohlstandsunwuchten. Ferner wird immer schlechteres Produktdesign qualifikationsseitig, beim Abnehmer, nachgearbeitet.

3.

Die (gewünschte) Berufsschwemme ist nichts anderes als die krampfhafte Prophylaxe gegen eine Universalisierung der Kompetenzen und eine natürliche Marginalisierung des absatzstrategischen Faktenzirkus. Wissen als Kontrolle über den Produktions- und Wirtschaftsprozeß wird permanent enteignet.

4.

Benutzerfreundlichkeit ist nichts anderes als die Zwangsdegradierung zum reinen Bediener und Kompetenzenentzug. Geradezu unvermeidliche Gestaltungsoptionen müssen transformiert werden in die Umwälzung von im Hintergrund zwangsverknüpften Aspekten vorgestalteter Teilmodelle. Semantik und Kalkül werden vorkombiniert, serialisiert, sekundär hierarchisiert; das normative und politische Element des Kreativen wird ausgeschaltet durch den Terror von Formen und Maskierungen, bis der Behaviorismus als Standard der Aneignung des technischen Fortschritts akzeptiert werden muß, wo dies noch nicht schon freiwillig geschieht.

5.

Kundenorientierung heißt faktisch nichts anderes als manipulative Psychologie der Absatzwirtschaft. Es ist gleichsam der Edelschimmel auf der Beschwatzermentalität der Handelsvertreter. Faktisch ist der Kunde entweder Opfer oder als Besitzer von Rest-Eigenarbeit Gegner, oder er ist als gewerblicher Durchreicher der Possenreiser für übergeordnete Investitionsstrategien. Die IT ist durch ihren universellen Zugriff, Vorreiter- und Katalysator für die Diktatur der Bewirtschaftung jeder Lebensregung. Leben wird indirekt enteigent und zurückverkauft.

6.

"Investieren" heißt alles andere als "etwas einbringen", es meint "wegkaufen"; Schlüsselpositionen eruieren, markieren und besetzen. In diesem Sinne ist Investieren Kapitalanlage in Erpressungsmittel. Informationswirtschaft ist nicht Proliferation befreiender Hilfsmittel, sondern mehr oder weniger fortgeschrittene, d.h. abstrakte Lizenzenspekulation. Die Enteignung von Eigenregung, von Identität als Eigentum.

7.

Es ist in hohem Maße spezifisch für den Weg in die Informationsgesellschaft, daß Arbeit und Kapital nicht mehr Parteien im Anspruch auf die Verteilung des Mehrwerts sind, sie sind zu klassenweisen Konkurrenten auf dem Markt selbst geworden, so wie zwei Typen von Unternehmen. Die Konkurrenz ist eine ausschließende. Lebendige Arbeit könnte sich_verfeinernde Bedürfnisse immer effektiver befriedigen. Kapital sucht effizient eine Basis desorientierter zerrütteter Zielsysteme zu verbreitern und mit toter Arbeit Segmente entmündigten Handelns prothetisch zu versorgen.

8.

Neue Arbeit ist ein Mythos mit dem Ziel, eine Suche nach solcher "Beschäftigung" zu provozieren, die dann so gelenkt werden kann, daß nur noch Carrier von Investition als Arbeit erkannt werden. "Neue Arbeit" heißt die wesentlichen historischen Aspekte von Arbeit übersehen zu sollen, nämlich Arbeit als Wegrationalisieren von Kapital!

9.

"Dienstleistung" ist so eine Perspektive neuer Arbeit: "Wir sollen wieder dienen lernen". Lebendige Arbeit - aber zur privaten Bedürfnisbefriedigung - taucht als Lösung plötzlich auf. Diese eine Seite jedenfalls der Dienstleistung als Teillösung der Arbeitslosigkeit ist der Ausdruck a-sozialisierter Produktion: das Dienstbotenzeitalter. Die andere "restwirtschaftliche" Seite der Dienstleistung ist Patronage: der Diebstahl fremden Lebensvollzugs, um ihn wieder zurückzuverkaufen (s.o.). Niemand darf mehr selbst handeln, Selbsthandeln entzieht der Wirtschaft bewirtschaftbare Ressourcen.

Dienstleistung ist so die Übersteigerung des Wirtschaftens und Umschlag in eine negative Aufhebung, bei der Kapital sich selbst überlebt und als Zombie lebendige Arbeit nach feudaler Art regiert.

10.

"Innovation" meint nichts anderes als immer neue Besen für die Absatzstrategien. Eine Aufbauspritze für die versiegende Knappheit. Kaum eine Innovation ist wirklich eine solche aus der Sicht des Gebrauchsnutzeninteressenten. Im Gegenteil: echt rationaliserende Produkte fielen der Wirtschaft ja in den Rücken; sie kollaborieren mit der Eigenarbeit.

11.

Der Propagandismus von der qualitätssteigernden Wirkung des Wettbewerbs ist hanebüchen. Die Konvergenz von Qualitäten wäre Gegenstand einer rein beitragsorientierten kooperativen Struktur. Wettbewerb diversifiziert Qualitäten, d.h. löst die Ordnung der Dinge auf! Der BWL-Begriff der Qualität hat diese Funktion bereits assimiliert und überschwemmt die akademische Welt mit ideologischen Sterilisaten (z.B. "Anspruchsklasse") - jedes Interesse, jede unausweichliche Normativität des Begriffs wird verleugnet. Jede Gesellschaftlichkeit des Ökonomischen wird der Entwicklung der Dinge ausgetrieben.

12.

"Employability" ist nicht ein Erfordernis des Strukturwandels, sondern die Vergewaltigung des Lohnarbeiters zur Übernahme von Risiko und Eigenverantwortung aber ohne Selbstbestimmung; der Zwang zur Bewirtschaftung der Lebenszeit ohne Kapitalisierung und Unternehmerstatus - morituri te salutant: es gilt das Gladiatorenethos. Employability heißt Arbeit "besetzen" können, unter Anerkennung aller Geschäftsbedingungen des Strukturwandels. Wer unter Arbeit die Beseitigung von Mangel versteht, hat bereits das Schauspiel nicht verstanden.

13.

Ein eher "progressives Klischee ist die Meinung, man hätte es nicht mit Arbeitslosigkeit, sondern mit Erwerbslosigkeit zu tun. Gerade die mit Arbeit verbundene Emanzipation soll ja unterbunden werden. Die Situation der Arbeitslosigkeit korrespondiert mit der Irrationalität der Produktion, der Güterwelten, mit einer zunehmenden und paradoxen Erschwernis der Selbsthilfe - als Minimalverständnis von "Arbeit ohne Erwerb". Armut ist oberflächlich Folge von Erwerbslosigkeit, in der Tiefenstruktur der "neuen Gesellschaft" produziert sie Arbeitslosigkeit - teils als Vorratskammer für die feudalistische Auslegung der Dienstleistungsgesellschaft, teils einfach zur Reservierung der knappen nicht-erneuerbaren Ressourcen für die Schicht der "Wirtschaftenden".

14.

Hinter dem Unfug vom "turbulenten Umfeld" steckt möglicherweise eine sehr raffinierte übergeordnete Ideologisierung der Wirtschaft im Ganzen. Sie herrscht als Autoplastizismus-Klischee in praktisch allen Bereichen der akademischen Aufarbeitung von Wirtschaft und Produktion: in den Prozeß-Theorien, den Modellierungstheorien, den Frühwarnsystemen, der fraktalen Fabrik, im gesamten Bereich der informationstechnisch durchdrungenen operativen Ebene der Unternehmensgestaltung.

Eine Megamaschine formt den Trend und wir folgen der Devise: Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit; im Falle der Wirtschaft ist grundsätzlich nur Selbstanpassung erlaubt. Zur Unterstüzung dieses Glaubens dienen die Theorien von der Selbstorganisation, die "Kybernetik" in den Managementlehren, die Naturalisierung der Ökonomie.

15.

Daß sich langsam die "Trennung von Freizeit und Arbeit auflöst" ist Zynismus. Die möglichen Spielräume kreativer Arbeit werden mit Gehirnwäsche gefüllt, die abgearbeitet werden muß; die vermeintliche Arbeit dagegen wird durch Entertainment unschädlich gemacht, d.h. hinsichtlich Gebrauchsnutzen und Rationalität kurzerhand denaturiert. Dies ist eine Funktion der Multimediawelle. Unter dem Deckmantel einer solchen Verschmelzung vollzieht sich schließlich die für den gesamten ökonomischen Prozeß opportune destruktive Enteignung von Sprache - als dem Produktionsmittel der Zukunft. Es ist das Märchen von der Fortschrittlichkeit der Analogmanipulation: Weltbewältigung und Ordnungskompetenzen sollen aberzogen werden. Passivität unter dem Deckmantel der Kreativität anerzogen.

16.

Rationalisierung der Produktion ist keine Rationalisierung und erst Recht keine Rationalität der Produkte. Faktisch haben wir keine Rationalisierung sondern eine Irrationalisierung, geradezu eine Sabotage der Rationalität in jedem Gebrauchsgegenstand, um zu verhindern, daß sich die Bedarfsdeckung der Verwertung entzieht und der Verwertung Boden entzieht. Das trifft auch die gewerblichen Mittel selbst, es bedarf nur des Perspektivenwechsels vom Käufer zum Hersteller. Der Widerspruch in der Rationalisierung selbst löst sich sofort, wenn wir wir sehen, daß es eine Rationalisierung des Wirtschaftens ist, eben nicht des produktiven Prozesses im Ganzen. Daß Rationalisierung des Wirtschaftens isoliert auch als solche der Produktion erscheint, trägt ja auch zur Akzeptanz der Menschen bei - sie wollen ja nicht gegen den Fortschritt sein.

17.

Praxisbezug der Universität und der Bildung ist letztlich ein Angriff auf die Kanonisierung von Wissen; und auf die Kompetenzen, mit dem Güterschrott aufzuräumen. Klare Entwicklungslininen gerade in praktischer Hinsicht dürfen nicht zum Entwurf kommen. Weiterhin wird die Universität benötigt, um die Autoritäten aufzubauen, die sich sachkundig vor die Erkenntnis des Prozesses zu stellen bereit sind. Die Ideologie ist vom brachialen Überbau in die stoffliche Basis selbst eingeflossen.

18.

Arbeit wird nicht immer spezieller, weiter vergesellschaftet, sondern immer universeller; wegen der Verschiebung zur Meta-Arbeit und wegen der Verfügbarkeit der Produktionsmittel. Lediglich falsch proportionierte und skalierte Produktionsmittel können sachwidrig eine höhere Vergesellschaftung erzwingen.

19.

Automation reduziert die Konkurrenzkraft des Kapitals gegenüber der Arbeit, beschleunigt den Verfall der Verwertungsanreize. Erst entwickelte Automation gibt der Arbeit Chancen - einmal weil sie als konzeptionelle Arbeit überhaupt erst Angriffspunkte findet; zweitens, weil physische Arbeit als Kostenfaktor für die eigentlich freien Multiplikate zur elementaren Versorgung entfällt. Erst wenn die Multiplikate kostengünsitg genug sind, ist lebendige Arbeit nicht mehr auf anteilige Produktion dieser Art angewiesen, sie muß keine "Devisen" anschaffen.

20.

Die Arbeit wird nicht weniger, sie wird nach Belieben mehr. Aber nicht zum gleichen Effekt, sondern mit mehr Effekt. Ein Quantum lebendige Arbeit liefert einen Zuwachs an Nutzen der größer ist, als der durch ein Quantum investiertes Kapital. Lebendige Arbeit ist ergiebiger. Der Umlauf neuer Arbeit hat schon zur Bedingung daß die gesellschaftlichen Ansprüche steigen.

21.

Arbeit ist keineswegs nicht bezahlbar, wie es immer heißt; Arbeit auf Gegenseitigkeit muß gewährleistet sein. Gegenseitigkeit wäre aber gerade immer besser gewährleistet - kraft der Produktivkraftenwicklung und kraft der Universalisierung der Kompetenzen - und faktisch einrichtbar.

22.

Die Arbeitskosten sind ein viel geringeres Problem als die unnötigen Kosten für unnötig komplexe Vorbedingungen der Einrichtung der Arbeit. Tote Arbeit - Kapital, raffgierige spekulative Vervielfältigung auf Vorrat, fordert ihren Tribut und versucht sich mit Produkteschrott spitzfindig in den Umfang der Handlungsvorbereitungen hineinzuzwängen.

23.

Auch der sog. "Arbeitsplatz" liefert ein Klischee. Daß man mit dem Argument der Scheinselbständigkeit gegen die längst fällige Auflösung der Lohnarbeit eintritt, kommt dem Kapitalismus zugute. Schlimmer als die Kritik an der Scheinselbständigkeit wären für ihn die Forderungen nach einer echten Selbständigkeit; denn natürlich liegt die Zukunft in der eigenverantwortlichen Arbeit, aber nicht unter Markt- und Verwertungsbedingungen.

Nicht alle Aspekte sind mit dieser Liste angesprochen; es sollte die Aufmerksamkeit dafür geweckt werden, daß die Diskussion der "neuen Zeit", namentlich einer Informationsgesellschaft nicht einen realen neuen Gegenstand hat, sondern eine reaktionäre Verlängerung der Industriegesellschaft überspielt - einerseits - und die vorwegnehmende präventive Besetzung von Chancen ist - andererseits. Die öffentliche Diskussion soll die Entfaltung einer Realität verhindern - das Ende der Wirtschaft hinausziehen, bis es gangbar ist, das Scheitern der Republik offen auszurufen.