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Liebe Freunde unseres Hauses, liebe JedleseerInnen, liebe Geschichtsinteressierte!

bitte folgenden Termin notieren und gegebenenfalls Kontakt aufnehmen:

  • Ein Special mit Ausstellung und Präsentation zu Hundert Jahre Karolinenhof gibts am 12.Oktober 2012 um 14 Uhr im Bezirksmuseum Floridsdorf, Prager Straße 33
  • Gelegenheit zum Networking besteht davor in unserem Haus, bei Interesse bitte um Nachricht an office @ karolinenhof.at
und als "Preview" und Information für alle die nicht kommen können
im Folgenden die Zusammenfassung unserer Hausgeschichte.
(Ganz unten gibts einen Link zu einer längeren Fassung für die, die mehr wissen wollen.[1])


100 Jahre Karolinenhof - die kurze illustrierte Fassung    

erzählt von Mag. Franz Nahrada im September 2013

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
100 Jahre Karolinenhof - die kurze illustrierte Fassung   
Der Familienstammbaum   
Die Erste Generation: Franz I. und Karoline Nahrada   
Die Zweite Generation: Franz II. und Adelheid Nahrada   
Die Dritte Generation: Franz III. und Gertrude Nahrada   
Die Vierte Generation: Franz Nahrada (IV.) und Waltraud Jank   

Eine sehr bewegte Geschichte verbirgt sich in der runden Zahl von 100 Jahren, die seit der Erbauung unseres Hauses vergangen sind: Träume, Aufbauarbeit, Erfolge, Rückschläge und vieles mehr. Eines ist sicher: die Geschichte des Hauses ist auch die Geschichte des Grätzls und der Menschen hier, sie kann dazu dienen, Erinnerungen und Beziehungen lebendig zu machen und die Entwicklung des Ortes an dem wir leben verständlich zu machen.

Steigen wir ein mit einer kartographischen Übersicht, um einmal festzustellen wo sich unsere Geschichte abspielt:

(Plan von Johann Orth +, Kartograph und Kustos im Floridsdorfer Bezirksmuseum, vergleicht die Topologie von 1820 mit den späteren Entwicklungen in rot - Donauregulierung, neue Donau, Karl Seitz Hof etc. - unser Haus liegt - ebenfalls rot gezeichnet - donauseitig vis a vis dem Karl Seitz Hof)

Einst war all das, was wir heute als dicht bebautes Gebiet links und rechts der Jedleseer Straße kennen, reine Landwirtschaft - auch noch nach der Donauregulierung von 1870. Ein erster Siedlungskern entstand donauwärts am “Äugl” (Eigentlich war da vorher die Gemeinde Viehweide der Jedlersdorfer gewesen, wie man oben auf der Karte sehen kann). Diese Luftaufnahme aus dem Jahr 1930 lässt die "Äuglerhäuser" gut erkennen, die älter sind als der Karolinenhof und der Karl Seitz Hof:

In den doppelstöckigen Häusern zwischen Äugelgasse und Schulzgasse (im Bildvordergrund) siedelten sich viele “Gastarbeiterfamilien” aus Böhmen und Mähren an, denn viele neue Industriebetriebe wuchsen in Floridsdorf. Die Menschen mussten zum Teil ihre Betten untertags für Nachtarbeiter räumen und in sehr engen Verhältnissen leben; aber sie entwickelten ein reges Gemeinschaftsleben und wachsendes Selbstbewusstsein.

Der Familienstammbaum    

background Layer 1 Karoline Procs Franz Nahrada geb. ??.??.???? geb. ??.??.1861 gest. ??.??.1929 gest. ??.??.1935 Karl Nahrada geb. ??.??.1899 Kursiv dargestellte Namen führen durch Anklicken je nach ihren Positionen zu den Aszendenten oder Deszendenten. "i" führt durch Anklicken zu weiteren Informationen über diese Person. Franz Nahrada Adelheid Wernhart geb. ??.??.1887 geb. 15.12.1894 gest. ??.??.1935 1887 gest. ??.??.1935 gest. ??.??.???? Franz Nahrada Gertrude Schmidbauer geb. 03.01.1924 geb. 05.01.1930 Waltraud Nahrada Kurt Jank geb. 20.03.1951 geb. ??.??.???? Franz Nahrada geb. 09.12.1954 gest. 12.01.2000

Die Erste Generation: Franz I. und Karoline Nahrada    

Hier also zogen auch die Nahradas nach 20 Jahre in den Eisenbahnerhäusern Großjedlersdorf her. Franz Nahrada hatte seine Karoline Proks, die als Dienstmädchen gearbeitet hatte, früh geheiratet, und sie erfüllten sich 1904 den Traum, ein kleines Gasthaus für Wirtin Karoline in der Schulzgasse 9 zu eröffnen. Offensichtlich war es sehr beliebt und erfolgreich, denn nur acht Jahre später ließen die beiden an der Jedleseer Straße ein großes Haus mit Gastgarten bauen. Zu Ehren seiner Karoline wurde es der “Karolinenhof” genannt. Erhalten sind uns mehrere Bilder vom "alten Gasthaus", vor allem dieses wo Karoline inmitten der Arbeiter - Radler sitzt....

Und eine Zeitlang koexistierten das "alte" und das "neue" Haus. Im Jahr 1913 wurde es vom Baumeister Aubrecht in einer charakteristischen Form von Jugendsitl errichtet. Gleich nach der Errichtung gabs diese Feuerwehrübung:

Gegenüber, also genau dort wo heute der Karl Seitz Hof steht, war bis 1918 eine große Baracke von k&k Marinesoldaten. Es war klar dass dieser Ort eine andere Zukunft haben würde, und an die wurde bei der Platzwahl gedacht. Vom ersten Moment an stand “Hotel” auf dem Haus, auch wenn es zunächst nur drei kleine Fremdenzimmer für Angehörige der Soldaten waren. Das Gasthaus hingegen war großzügig, mit Extrazimmern für Festivitäten, einer Veranda und einem großen romantischen Gastgarten mit schattenspendenden Bäumen. Viele Aktivitäten haben sich hier abgespielt, es gab eine Kegelbahn, Kasperltheater und immer mehr Vereinsaktivitäten.

Die Zweite Generation: Franz II. und Adelheid Nahrada    

Auf den ausgedehnten Weineinkaufsfahrten mit seinem “Dadi” lernte Franz Junior die Bauerntochter Adelheid Wernhart aus Auersthal kennen - und als sie heirateten, brachte sie nicht nur nur Hausrat, sondern auch eine Kuh als Mitgift und Erinnerung in die eigenartig fremde Stadt.

v.l.n.r.: Karl Nahrada, Franz "Dadi" Nahrada I., Karoline Nahrada, Adelheid Nahrada, Franz Nahrada II., sowie Adelheids Stiefmutter.

Im Jahr 1925 war es dann so weit: die alte Baracken waren verschwunden und die Stadt Wien entschied sich für eine Wohnhausanlage und gegen ein Spital. Hier sollte ein richtiges Ortszentrum entstehen, mit Geschäften, Theater, ein “Superblock” des roten Wien. Die Nahradas arbeiteten hart daran, dass ja kein Bedarf nach einem anderen Lokal aufkam. Hunderte Arbeiter am gewaltigen Bau speisten jeden Tag in drei Schichten bei uns. Im Keller entstanden modernste Bier- und Fleischkühlräume, die neuen Bewohner der Gartenstadt nahmen das Lokal und den wunderschönen Gastgarten gut an, bei Jedleseer Bier und gutem Wein genossen sie das Essen, in der Küche werkten bis zu 5 Frauen an einem 1926 angeschafften, modernen “Restaurations - Gasherd” und die Auswahl war reichlich.

Am Herd Karoline, Adelheid und 3 Köchinnen!

Ein Schmiedebetrieb fertigte einen kunstvollen Schanigarten für die Straßenseite.

Leider währten diese goldenen Jahre am Vorabend der Weltwirtschaftskrise nicht lange; 1929 verstarb Karoline, ihre beiden Söhne gingen ab 1933 getrennter Wege, im Februar 1934 war die Jedleseerstraße Schauplatz erbitterter Gefechte und die Gartenstadt wurde mit Artillerie beschossen. Eine Welt begann zusammenzubrechen. Im April des folgenden Jahres verstarb der Gründer des Hauses und im Oktober desselben Jahres auch sein Sohn Franz. Ganz Jedlesee schien Abschied zu nehmen.

Eine Zeit der Stagnation folgte, Schwiegertochter Adelheid führte den Hotelbetrieb und verpachtete das Restaurant, das aber niemals wieder den alten Glanz erreichte.

Die Dritte Generation: Franz III. und Gertrude Nahrada    

Der dritte Franz, also mein Vater, war 11 Jahre alt, als er Vater und Großvater verlor, war sehr technikinteressiert, und er hätte wohl nicht so intensiv die Familientradition fortgesetzt, wenn nicht ein weiteres katastrophales Ereignis den weiteren Weg bestimmt hätte. Am 10.9.1944 zerschlug eine amerikanische Fliegerbombe das halbe Haus (wie vieles andere in der Umgebung, z.B. die Apotheke), und der gewesene Flieger und spätere Kommerzialrat musste sich in den Folgejahren immer intensiver dem Haus widmen.

Als er im Jahr 1948 seine Frau Gertrude kennenlernte, die durchaus eine Neigung für die Gastronomie hatte, beschloss er selbst das Gasthaus zu führen. Im Hintergrund stand ein Traum, aus dem kleinen Vermietungsbetrieb endlich ein “richtiges” Hotel zu machen, den er in vielen Etappen und mit Bedachtnahme auf die vorhandenen Mittel umsetzte. Erst 1950 konnte er wieder Zimmer anbieten. Das Hotel blieb lange Jahre ein Anhängsel des Gasthauses, aber dieses veränderte seine Form, wurde modernisiert. Zwar gab es bald wieder den traditionellen Gastgarten und die Kegelbahn, aber Gertrude Nahrada war stolz auf “ihr” Pinguin - Espresso, ein kleines Café im Stil der fünfziger Jahre neben dem alten Ecklokal, wo auch in Eigenproduktion Speiseeis hergestellt und verkauft wurde. Der Stil der neuen Zeit schien bald über die alte Gasthausgemütlichkeit zu triumphieren.

Langsam wurden indes Ersatzwohnungen für die Mieter besorgt, und eine Wohnung nach der anderen leerte sich zugusten von Fremdenzimmern. Ein Vertrag mit der Post für die Arbeiter am Telekommunikationsnetz in der Zeit des U-Bahn Baus war der entscheidende Hebel, als 12 Zimmer fertig waren. Bald schliefen über 90 Postler im Haus. Der Bedarf nach Quartieren war sehr groß, und so konzentrierte die Energie sich immer mehr in das quantitative Wachsen des Hotelbereiches. Eines Tages war es so weit: das Gasthaus wurde radikal verkleinert und mit dem Espresso zusammengelegt, und ein Supermarkt zog an der Ecke Bellgasse ein, die ehemalige Veranda wurde zum Fischgeschäft.

Oben im Haus wurde hingegen der Dachboden provisorisch ausgebaut, und 1976 schließlich ein dritter Stock auf das Haus gesetzt und ein Aufzug errichtet. Jetzt ging es wieder Schlag auf Schlag: 1978 wurde die alte Jugendstilfassade originalgetreu renoviert, 1979 das Café Restaurant im Stil der damals modernen englischen Pubs erneuert, mit Hilfe des Literaten Walter Bäck zum “Ersten Floridsdorfer Literaten Café” befördert und schließlich zog 1986 statt des Supermarktes die PSK Bank in der Jedleseer Straße ein.

Toni Strobl, Christl Prager und Lothar Steup, um nur einige zu nennen, machten den Karolinenhof zu einer Heimatstätte des Wienerlieds. Eine neue goldene Zeit schien angebrochen, die schweren Jahre davor vergessen, und nichts repräsentiert diese Zeit besser als die prachtvollen Autokorsos, die aus Anlass des wiedergeborenen Jedleseer Kirtags veranstaltet wurden, mit der Speedway-Legende Hans Sidlo (dem späteren Mann unserer langjährigen Kellnerin Gerti Kraftl von Stiege 18 im Seitz-Hof) am Volant seines amerikanischen Ford Galaxy als Karolinenhof - Symbol.

Dem Götzen Automobil war leider auch der Gastgarten zum Opfer gefallen, und schließlich fiel auch der letzte Nussbaum, so sehr ich auch um ihn kämpfte. Die Hotelgäste mussten untergebracht werden, und auch sonst war in der Bevölkerung das Auto zum wichtigsten Vehikel der Freizeitgestaltung geworden, was sich in einem zunehmenden Mangel an Abstellplätzen ausdrückte. So entstand auch ein regsamer Garagenbetrieb samt Hotelwagen im Haus.

In den achziger Jahren begann Wien touristisch zu boomen, und der Karolinenhof fand eine neue Zielgruppe in Busgruppen die in zwei oder drei Wochen Europa durchquerten, mit Menschen aus allen fünf Kontinenten. So traf ich immer neue Menschen aus Brasilien, Indien, Kanada und viele mehr. Um möglicherweise sogar 2 Busse unterbringen zu können, wurde ein Neubau in mehreren Varianten geplant, und schließlich an der Nordseite des Hauses realisiert. Endlich eine richtige Rezeption, ein großer Frühstücksraum, eine schöne Halle. Mehr Mitarbeiter, mit denen der Chef in ihrer Muttersprache reden konnte.

Doch unmerklich kündigten sich wieder die Vorboten einer Veränderung an. Immer mehr internationale Hotelketten investierten in Wien, und eines Tages begann die Regelmäßigkeit der Busse nachzulassen. Die Viersternhotels im Zentrum begannen mit einem Preiskampf zur Füllung ihrer Überkapazitäten. Die PSK Bank begann laut über die Frage des Standorts nachzudenken, überall machte sich ein neuer Geist des verschärften Wettbewerbs breit.

Zum fünfzigjährigen Betriebsjubiläum des Café Restaurants 1998 gelang es, noch einmal die “Jedleseer Familie” zu versammeln. Aus Respekt vor dem Lebenswerk des “Kommerzialrats” wurde die Jedleseer Straße an einem Sonntag abgesperrt, und ein eintägiges Kulturprogramm brachte die Bewohner der Gegend und die Weggefährten zusammen. Doch schon Monate zuvor war der Schatten der Krankheit in das Leben unseres Vaters getreten, so sehr er ihn auch zu bannen versuchte. Auch wenn er allem seinen Stempel aufgedrückt hatte, musste es auch ohne ihn weitergehen, als er im Jänner 2000 starb.

Die Vierte Generation: Franz Nahrada (IV.) und Waltraud Jank    

Nun war also die vierte Generation am Ruder, und meine Schwester Waltraud Jank und ich entschieden sich, gemeinsam zu arbeiten und den Hotelbetrieb mehr als bisher an Firmenkunden auszurichten. Wir trennten im Jahr 2003 das Gasthaus vom Hotel und setzten uns zum Ziel, die Qualität des Übernachtens zu steigern. Die Zimmer und die Atmosphäre wurden farbiger, jünger, großzügiger. Friseur Leo zog an der Ecke ein, die die PSK Bank Jahre zuvor verlassen hatte. Das Café Restaurant wurde mehrmals verpachtet, und wir durften einiges an Erfahrungen und Lernschritten mitmachen. Auch hier haben wir zuletzt Jahre mit der Neuverpachtung gewartet, freuen uns umso mehr dass mit dem Hanslwirt eine traditionsbewusste Familie bei uns eingezogen ist. Jetzt beginnt also das zweite Jahrhundert des Karolinenhofs, auch wenn man heutzutage kaum mehr als ein paar Jahre in die Zukunft blicken kann.

Nachworte:

  • Mehr zur Karolinenhofgeschichte gibts vom 19.9. bis 11.11. in der Ausstellung “Jedlesee - Bezirksteil mit vielen Gesichtern” in der Pragerstraße 33. Außerdem wollen wir mit dieser Ausstellung und diesem Artikel auch ein Projekt “Menschen und Orte erzählen” starten. Schicken Sie uns Ihre Erinnerungen, Erlebnisse und Eindrücke über den Karolinenhof und seine Umgebung! f.nahrada@karolinenhof.at oder einfach in der Hotelrezeption deponieren.
  • Es gibt auch eine /Langfassung - aus den Memoiren von Kommerzialrat Franz Nahrada.