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Muskelkraft

ist die älteste Energiequelle des Menschen, seine ganz eigene. Heute vielfach in Vergessenheit geraten, wird sie oft "verschwendet" in Form von Ausgleichssport, Wellness und Fitness. Dabei gibt es ausgesprochen effiziente Nutzungsformen, etwa Fahrradfahren zur individuellen Fortbewegung. Epochale Erfindungen zur Steigerung der Effizienz waren der Keil, der Hammer, der Hebel, die schiefe Ebene und das Rad. Intelligenz und Einfühlungsvermögen ermöglichtem dem urgeschichtlichen Menschen, Haustiere zu domestizieren und deren Muskelkraft zu nutzen. Bis vor ca. 100 Jahren gab es noch Maschinen, die von Tieren angetrieben wurden. Heutzutage muß ein Fahrrad nicht mehr aus Holz gebaut werden, aufgrund moderner Technologien und Materialien kann man durchaus sehr effizient und bequem per Pedal unterwegs sein.

Eine Frage der Einstellung.

HeinzBerg

Würde "der Flaschenzug" noch in die Liste der epochalen Erfindungen passen? -- HelmutLeitner 8. Februar 2006 7:39 CET

Hallo Helmut, der Flaschenzug funktioniert nach dem Hebelprinzip, eine geniale Übersetzung. Aber dazu brauch man ein Seil, wann das erfunden wurde, weiß man nicht. Die Teile waren aus Pflanzenfasern und sind heute verrottet, vermutlich ist die Erfindung des Seils in die Zeit der Domestizierung von Tieren anzusetzen.

Ich habe ein Foto eines mittelalterlichen Krans, einfach ein Laufrad, das über den Umfangsunterschied (Hebelprinzip) schwere Lasten befördern kann.

Aufgrund spezifischer Funde aus der Römerzeit, sind Archäologen heute der Meinung, dass die Römer solche Kräne schon hatten.

Was man sagen kann, ist, dass Technologie angepasst war. In der Wüste transportierten Kamele, im Gebirge Esel, im Frostregionen Hunde und in gemäßigtem Klima Pferde oder Rinder, je nach Geldbeutel des Besitzers. Schiffe natürlich auch. Man mag den Wettlauf der Polarforscher Scott und Amundsen als Beispiel dafür sehen, wie wichtig die angepasste Nutzung von Muskelenergie sein kann.

Ich persönlich nutze einen Flaschenzug zum Heben schwerer Lasten in meiner Werkstatt, sehr punktuell (ich nutze auch mobile Hydraulik- und Seilkräne). Fahrradfahren als Form individueller Mobilität ist auch recht ausgefallen, wenngleich sehr komplex (wenn man moderne Möglichkeiten bezüglich Werkstoffen und Technologie in Betracht zieht).

In Bezug auf die Muskelkraft bin ich bewußt in der Vorgeschichte geblieben, IMHO sind wir diesbezüglich selbst nicht mehr auf vorgeschichtlichem Niveau.

Vielfach hat die Intelligenz des Menschen es geschafft, schwere Arbeiten durch Maschinen erledigen zu lassen, oft sitzt heute eine Mensch vor einem Bildschirm und erledigt über die Tastatur die Arbeit von Vielen. Dieser eine Mensch hat i.d.R Stressprobleme und muss sich anderweitig körperlich betätigen. Viele Menschen sind durch diese Technolgien arbeitslos, ein soziales Problem. Natürlich verbrauch diese Mehrleistung mit weniger Menschen auch immermehr Energie. Ich gehe mal davon aus, dass der Energieverbrauch des Motors Muskel mit Null anzusetzen ist. Betriebswirtschaftlich stehen also Lohnkosten gegen Energiekosten.

Meine Arbeit ist Waldarbeit. Die nehme ich mal als Beispiel. Natürlich in meinem Dorf, nachhaltige Forstwirtschaft wird dort seit preussischen Zeiten gepflegt, es gibt Fotos von Waldarbeitern aus den 50ern des letzten Jahrhunderts, eine Rotte bestand aus etwa 12 Leuten, man arbeitete mit Handgeräten und hatte Pferde zur Hilfe. In den Nachkriegsjahren waren viele Bäume gefällt als Ausgleichzahlung für die Lasten des verlorenen Krieges, grosse Flächen des gemeindeeigenen Waldes mussten wieder aufgeforstet werden. Wurzelstöcke wurden mühsam gerodet, um jeden Quadratmeter Platz für Neuanpflanzungen gewinnen zu können. Natürlich wurde auch Holz gefällt, man brauchte Bau- und Brennholz. Gefällt wurde mit Axt und Säge, gerückt mit Pferden, abgefahren wurde vereinzelt schon mit Traktoren.

Der Traktor, mit seinem Dieselmotor, fing an, das Pferd zu ersetzen, mit der Einführung der Kettensäge wurden Waldarbeiter durch Benzin ersetzt. Vor Jahren haben wir mal einen direkten Leistungsvergleich zwischen Einmannkettensäge und Zweimannzugsäge gemacht, unter idealen Bedingungen kann eine motorbetriebene Kettensäge einen halben Mann ersetzen. Mal ganz abgesehen von den Energiekosten hat die Kettensäge aber 3 Leute ersetzt, in den 70ern bestand eine Rotte noch aus 3 Leuten mit ihren Kettensägen. OK, es muss noch Einer gezählt werden, der mit einem Traktor rückt. Pferde sind nicht mehr gefragt.

Die nachhaltige Waldwirtschaft erlitt erhebliche Einbrüche durch die grossen Stürme in den 80ern, man machte sich Gedanken um Ökologie, Pferde waren wieder gefragt. Gleichzeitig hatte man sich aber Hilfe aus dem Ausland geholt, die grossen Holzmengen aufarbeiten zu können. Schwedische Holzerntemaschinen hinterliessen dabei offenbar grossen Eindruck. Heutzutage leisten 2 Mann mit eben 2 Maschinen die Arbeit von 50 Waldarbeitern der Vorgängergeneration. Ich bin mir nicht ganz im Klaren über den Energieverbrauch, habe aber selbst solche Maschinen gefahren, Kettensägen sind nicht effizienter.

Unter der Effizienz dieser Maschinen leidet aber wieder die Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft, alle 20 Meter werden 3 Meter Rückegasse benötigt, wo nix wachsen darf. Was wächst, ist auch entscheidend, in den letzten Jahrzehnten hat man den Mischwald wiederentdeckt. Da muss Maschine lange suchen, bis sie das Sortiment zusammenfindet. Dank GPS kann man sich immerhin die Lohnkosten für den Fahrer inzwischen sparen.

Natürlich haben sich auch die Personalstrukturen der Forstverwaltung verändert, die Förster sind mehr geworden. Waldarbeiter werden grenzübergreifend verliehen, moderne Grossmaschinen kann sich nicht jeder Holzrücker leisten, Rückepferde sind zur Ausnahme geworden.

Wenn Holz so teuer wird, dass auch Steillagenanbau wieder wirtschaftlich wird, wird der Motor Muskel diesbezüglich wieder an Bedeutung gewinnen.

Alles eine Frage der Werte.

HeinzBerg


OrdnerEnergie