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Provokante Thesen des Soziologen Hans Harms über die Arbeitswelt von morgen. Aus der KURIER-Serie Generation Nonstop
Wie schaut das Arbeitsleben im Europa von 2020 aus?
Das kommt darauf an, wie wir mit der Entwicklung umgehen. Seit den 1970er-Jahren leiden wir an struktureller Arbeitslosigkeit. Aber wir klammern uns nach wie vor an Denkweisen, die uns in diese Situation geführt haben, nämlich die Gesellschaft allein über Arbeit organisieren zu wollen. Arbeit ist aber leider nicht mehr die Lösung auf all unsere Probleme, sondern die Abhängigkeit von der Arbeit ist die Ursache für dieselben.

Aber schafft eine wachsende Wirtschaft nicht auch genug Jobs?
Die Koppelung von Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen stimmt schon lange nicht mehr. "Jobless Growth" nennt man das Phänomen. Die Frage lautet nicht mehr, wie erzielen wir ein Wachstum, um Vollbeschäftigung zu erreichen, sondern wie organisieren wir uns anders als nur über Arbeit. Wir müssen mit dem Wahnsinn ein Ende machen, in der Überflussgesellschaft Armut zu produzieren, indem wir immer mehr gesellschaftliche Gruppen ausgrenzen.

Welche gesellschaftlichen Probleme ergeben sich durch die zunehmende Flexibilität der Arbeitswelt?
Auch das kann man an Spanien gut ablesen. Prekäre Arbeit erlaubt keine längerfristige Lebensplanung. Viele 30-Jährige leben bei ihren Eltern oder in WGs. An Familie und Kinder ist unter diesen Bedingungen nicht zu denken, Spanien ist seit Jahren unter den Ländern mit der niedrigsten Geburtenrate.

Können junge Menschen nicht auch davon profitieren?
Die Flexibilität hat auch ihre positiven Seiten, aber natürlich nur dann, wenn sie den Arbeitnehmern erlaubt, die Arbeitszeitgestaltung an ihre jeweilige Lebenssituation anzupassen und wenn es eine minimale Absicherung gibt, die eine Lebensplanung überhaupt erst ermöglicht. Hier liegt der entscheidende Unterschied zwischen Flexibilisierung und Prekarisierung.

Kann die Politik in den Prozess überhaupt steuernd eingreifen?
Aufgabe der Politik wird es künftig nicht mehr sein, Jobs zu schaffen oder zu sichern, sondern nach alternativen oder komplementären Mechanismen zu suchen, die es ermöglichen, die Restarbeit zu organisieren. Außerdem muss der produzierte Reichtum so verteilt werden, dass jedem Bürger ein Existenzminimum garantiert wird.

Welche Ausbildung sollen junge Menschen heute machen, um in Zukunft eine Arbeit zu finden?
Der Zukunftsberuf in Europa ist zweifellos der des Altenpflegers. Wer erleben möchte, wie Europa in den nächsten Jahrzehnten aussehen wird, sollte nach Ostdeutschland fahren, wo ganze Orte verlassen sind, weil die Jugend abwandert. Auch in Zukunft werden alle Berufe notwendig sein, die Frage ist nur wo . Es gehen ja heute schon die ersten jungen Europäer in dynamischere Länder wie Indien und China, weil sie hier keine Chancen mehr sehen. Die demografische Entwicklung in Europa wird sehr viel dramatischere Konsequenzen haben als wir uns das heute vorstellen können.

Muss der Begriff der Arbeit neu definiert werden?
Die Arbeitsgesellschaft, wir wie sie heute kennen, ist obsolet. Die oft getroffene Aussage: Die Menschen wollen aber arbeiten, ist falsch; sie wollen ein ausreichendes Einkommen und eine gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit. Schon heute werden außerhalb des formellen Arbeitsmarktes, etwa im Bereich der persönlichen Pflege, sehr viel sinnvollere Dinge getan als im formellen Arbeitsmarkt: Beispiel Rüstungsindustrie oder legale Glücksspiele.

siehe auch: NeueArbeit


Artikel vom 18.08.2006, 16:50 | KURIER | Interview: Anita Staudacher
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