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vgl.auch: InternationaleDorfkonferenz 2011/ReferatNahrada

verfasst am 21. August 2012, aber immer noch aktuell.

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
10 Punkte die sich ändern müssen damit das Dorf und der ländliche Raum weltweit eine Chance gegen die Verstädterung haben   
1. Dichte und Diversität   
2. Anbindung und Autonomie   
3. Kommunikation und Katharsis   
4. Bildung und Begegnung   
5. Werte und Visionen   
6. Kooperation und "ökoligente" Kreisläufe   
7. Integration und Individualität   
8. Wissensgemeinschaft im Weltmaßstab für lokale Umsetzung   
9. Begeisternde Themen und Projekte   
10. Ein neuer Zugang zu Heimat und Wurzeln   

Ich fasse meine Gedanken zur Vorbereitung des (nie gehaltenen) Vortrags beim (nicht stattgefundenen) Adi Kastner Gedächtnissysmposiums in Weitra zusammen, und bitte um Input und Ergänzung.

Im Sommer sind wir in Aigelsberg in Oberösterreich mit durchaus erfahrenen Managern aus China und Indien zusammengesessen und haben über die Zukunft des ländlichen Raumes diskutiert. Diese Zukunft, das wissen wir alle, schaut düster aus: die Enleerung vieler peripherer Gebiete wirkt wie eine selbstverstärkende Abwärtsspirale, die unter anderem auch irgendwann Infrastrukturplaner auf die Idee bringt, Gebiete mit besonders großem Abwanderungsdruck und geringer Bevölkerung einfach aufzugeben und universelle Dienste und flächendeckende Standards einfach einzustellen. Diese Entwicklung ist universell und global.

Damit gehen uns einerseits die Kulturlandschaftsleistungen von Jahrhunderten verloren und damit wertvoller menschlicher Lebensraum. Andererseits geben wir damit auch der unheilvollen wirtschaftlichen Dynamik recht, die die Menschen aus der Fläche in den Raum der Flüsse absaugt und immer weiter instrumentalisiert ohne Rücksicht auf ihre umfassenden Bedürnisse und Entfaltungsmöglichkeiten. Wir wissen alle, dass die Zentren zwar wie Staubsauger oder Magnete Menschen ansaugen, aber dieselben Menschen zugleich für immer unwichtiger und überflüssiger erklären.

Wer dieser unheilvollen und nach dem Stand der akademischen Wissenschaft "unumkehrbaren" Entwicklung entgegentritt, macht sich also um menschliche Entfaltungsmöglichkeiten verdient. Zugleich bedeutet das, gegen den Strom unterwegs zu sein, was bekanntlich nur möglich ist, wenn einerseits eine Fülle an Energien, Hilfsmitteln und Ankerpunkten existiert, und andererseits auch ein klares und deutliches Ziel. Wir haben dieses Ziel zunächst einmal quantitativ formuliert, als "Aigelsberg-Ziel", und haben uns in deutlich provokanter Art und Weise in eklatanten Gegensatz zu so gut wie allen Entwicklungsprognosen gestellt. Statt 75% in Städten und metropolitanen Regionen wollen wir 2050 70% der Menschheit in ländlichen Regionen sehen - und halten dieses Ziel sogar noch für realistisch.

Der Schlüssel zur Erreichung dieses Ziels ist das, was Ryszard Wilczyńsk die "Gleichwertigkeit der Dörfer mit den Städten" genannt hat, um dies ganz entschieden von der Gleichartigkeit abzugrenzen. Die Menschen müssen Lebenschancen und Lebensbedingungen vorfinden die attraktiv und vollständig genug sind, um sie mit den Füßen für die Dörfer abstimmen zu lassen. Zugleich bedeutet das, die Potentiale des Dörflichen voll zu nützen und zu entfalten: die Potentiale der Naturbeziehung, des Angewiesenseins der Menschen aufeinander und so weiter.

Aus dieser Situation heraus wäre eine Operationalisierung hilfreich. Wo sind die tatsächlichen Knackpunkte, die schweren aber lösbaren Aufgaben, vor die sich die Dörfer gestellt sehen? Wie könnte man ein Zehnpunkteprogramm formulieren, das die Entwicklungsschwerpunkte für alle Beteiligten und "Stakeholder" klar erkennbar macht? Und zwar so allgemeingültig und global formuliert, dass sich wirklich Kräfte und Ideen dahinter verbinden und massieren können, die jenen unfassbar großen Unterschied zu machen imstande sind? Ich versuche es mal und nenne es

10 Punkte die sich ändern müssen damit das Dorf und der ländliche Raum weltweit eine Chance gegen die Verstädterung haben    

1. Dichte und Diversität    

  • Dorf bedeutet nicht Verhüttelung und nicht Einöde. Dichtere Wohnformen und mikrourbane Zentren können Dörfer beleben, ohne ihre Eigenart zu zerstören.
  • Mikroregionen müssen versuchen, "komplementäre Dörfer" zu fördern - so entsteht eine kritische Masse die magische Grenzen für Urbanitätseffekte zu durchbrechen erlaubt, ohne sich urbanisieren zu müssen. Auch in Dörfern selbst spielen "Mosaike von Subkulturen" eine zentrale Rolle. Verschiedenheit ist Leben!
  • Kleinstädte und historische Zentren sind Chancen für eine ganze Region. Sie können ein "Tor zur Welt" sein und sich ebenso verdichten und diversifizieren wie die Dörfer.
2. Anbindung und Autonomie    

  • Einerseits kann und muss das Dorf globaler sein als die Stadt - weil es auf externe Zentren angewiesen ist.
  • Andererseits bietet es etwas, wonach viele Menschen dürsten: die Begegnung des Menschen mit sich selbst, den Freiraum der Natur.
  • Die Kombination beider Elemente ist der Kern der Herausforderung.
3. Kommunikation und Katharsis    

  • ein neues Verhältnis zu Tradition und Blockaden aus der Vergangenheit
  • die Fähigkeit das Jetzt und die Situation der Gegenwart wahrzunehmen, die Potentiale von Schönheit und Lebendigkeit umzusetzen, auch ungewöhnliche und unerhörte Ideen (siehe http://fm4.orf.at/stories/1702485)
  • altes Wissen ehren - alte Wunden heilen!
4. Bildung und Begegnung    

  • Bildungsmöglichkeiten im kooperativen Verbund mit andern Regionen
  • Bildung als gemeinsames Lernen für und an Umsetzung lokaler Projekte
  • Lernen braucht Räume der Begegnung und Umsetzung
5. Werte und Visionen    

  • Die eigne Besonderheit und die Quellen des Reichtums kennen, schätzen und gestalten
  • Gegen die Allerweltsstadt das Unserweltsdorf
6. Kooperation und "ökoligente" Kreisläufe    

  • Ende der "jeder für sich" und "Wir sind Wir" Mentalität - Begreifen unserer vielseitigen Synergien.
  • Die Kooperation ist für das Dorf das, was der Wettbewerb für die Stadt ist. Das Dorf ist ein Ganzes, ein Gemeingut.
  • Überschaubare und entscheidungsfähige Gemeinschaften haben ungeahnte Effizienzpotentiale durch bewusstes Gestalten und Optimieren von Kreisläufen.
7. Integration und Individualität    

  • Alle Gruppen, Alte, Junge, Zuzügler etc. in ihrer Eigenart begreifen und fördern
  • Positives Verhältnis zur Entfaltung von Initiative und Innovation.
  • Nur was wir in Freiheit tun tun wir wirklich gut.
8. Wissensgemeinschaft im Weltmaßstab für lokale Umsetzung    

  • Dörfer und Kleinregionen auf der ganzen Welt beenden den "Standortwettbewerb" gegeneinander. Sie stärken sich wechselseitig durch Wissenskooperation und niedrigskalierte Produktion auf hohem technischen Niveau.
  • Das geht einher mit dem Wiedergewinnen lokaler Produktionskompetenz durch flexible Automation, Werkstätten und teilnehmergesteuerte Netzwerklogistik.
9. Begeisternde Themen und Projekte    

  • Anziehungskraft für Zuzug entsteht durch die begründete Meinung, ein bestimmtes Interesse an einem bestimmten Ort besonders gut verfolgen zu können. Dies verlangt ein einfühlsames Themenmanagement und auch manchmal den Mut zu ungewöhnlichen Konzepten.
  • Nach der Globalen Einheitssuppe verlangen Menschen wieder nach Authentizität, Originalität und Tiefe, sprich: Kultur. Ein Ort und seine Gestaltung kann ein Projekt für Jahrzehnte darstellen und sollte doch immer "unperfekt" bleiben.
10. Ein neuer Zugang zu Heimat und Wurzeln    

  • Jeder von uns wird vielleicht mehrere Heimaten auf dieser Welt haben. diese werden bewusst gewählt und gepflegt sein.
  • Das Dorf wird dann den Wettlauf mit der Stadt gewinnen, wenn Menschen sich freiwillig, nachhaltig, auf Dauer und in Gemeinschaft verorten können, um in Ruhe und Sicherheit und ohne Angst alt werden können. Das bedeutet gearde nicht, jeden zu akzeptieren, aber es bedeutet jedem eine Chance zu geben.