[Home]
Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2019-11-21


Home
Neues
TestSeite
DorfTratsch

Suchen
Teilnehmer
Projekte

GartenPlan
DorfWiki
Bildung+Begegnung
DorfErneuerung
Dörfer
NeueArbeit
VideoBridge
VillageInnovationTalk


AlleOrdner
AlleSeiten
Hilfe

Einstellungen

SeiteÄndern







Freelancer - das neue Prekariat?

Termin: 21. November 2019 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-11

Thema: David Kreilinger: Freelancer - das neue Prekariat?

Folien des Vortrags

Ankündigung

Im Zuge einer zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts verändern Unternehmen ihre Personalstrukturen. Um gegen Veränderungen resilient zu bleiben ist es in einigen Branchen attraktiv geworden, kurzfristig Fachwissen einzukaufen statt Mitarbeiter langfristig einzustellen. Auf der Arbeitnehmerseite lockt eine bestimmte Form der Selbstständigkeit, das sogenannte Freelancing, bei dem in den meisten Fällen projektbezogen gearbeitet und bezahlt wird. Doch diese neue Freiheit ist oft teuer erkauft, durch die damit einhergehenden Unsicherheiten und Rechtsverluste gegenüber einer regulären Beschäftigung. Im Vortrag soll genauer geklärt werden, was unter dem Begriff des Freelancers zu verstehen ist. Anschließen sollen Kriterien für prekäre Arbeit aufgestellt werden, um schließlich zu entscheiden, ob es sich beim Freelancing um eine prekäre Beschäftigungsform handelt.

David Kreilinger, 17.11.2019

Anmerkungen

Im Seminar ging es um das Phänomen des Freelancers und die oft gebrauchte Gleichsetzung mit dem Begriff eines vermeintlich neuen Proletariats. Schon zu Beginn wurde es deutlich, dass die Begriffe je nach Definition wechseln und einer Klärung bedürfen. Zuerst wurden Merkmale aus der allgemeinen Diskussion zum Begriff Freelancer extrahiert und als Bestimmungskennzeichnungen eingeführt. Somit kennzeichnet einen Freelancer, dass er ein Selbstständiger ist, der projektbezogene Arbeiten durchführt, nicht ortsgebunden ist, wechselnde Arbeitgeber hat, seine Entlohnung nach Leistung erhält und keine Sozialversicherung im vollen Umfang hat. Diese Kennzeichnung wird nun aber in der Debatte häufig mit atypischer Beschäftigung gleichgesetzt und selten mit prekärer Arbeit. Diese wird an Einkommen, Beschäftigungsstabilität, sozialer Sicherung und Beschäftigungsfähigkeit festgemacht. Der entscheidende Schritt im Vortrag bestand nun darin, prekäre Arbeit mit einem Proletariatsbegriff, der über Einkommensschwellen und Konkurrenz definiert wurde, gleichzusetzen und ihn auf die Frage des Status des Freelancers anzuwenden. Es zeigte sich, dass mit dieser Definition nicht von einem neuem Proletariat geredet werden kann, da die durchschnittlichen Einkommen weit entfernt von prekären Einkommensschwellen rangieren.

Die Diskussion richtete sich zuerst auf die Praxis und Veränderungen durch Digitalisierung. Insbesondere die Ortsungebundenheit wurde eindringlich thematisiert. Anschließend kam die Diskussion auf die Grundproblematik des Proletariatsbegriff zurück. Es wurde moniert, dass es zum einen ein problematisches Menschenbild gibt, welches eine problematisch mikroökonomische Basis besitzt, die Bedürfnisbefriedigung durch Güter in klassischer Nutzen-Kosten-Kalkulation verwendet. Hier bestimmt sich der Proletariatsbegriff nach Geld als symbolischem Medium und als Anerkennungsverhältnis, und entsprechend entscheidet das Lohngefälle über eine mögliche Klassenkennzeichnung. Zum anderen wird ein problematisches Geschichtsbild verwendet, das den Freelancer sogar zum flexiblen und mobilen Arbeiter der Zukunft stilisiert. Eine Sicht, welche sowohl auf die problematisch mikroökonomische Basis verzichtet, Kapital als Gesellschaftsverhältnis versteht und die Problematik eines doppelt freien Arbeiters als historisch-kritische Kategorie der politischen Ökonomie verwendet, kommt zu einem anderen Ergebnis, bei der die Aussage der Gleichsetzung von Freelancer und neuem Proletariat statthaft sein kann.

Ken Pierre Kleemann, 22.11.2019


OrdnerVeranstaltungen