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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
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Videospiele

Termin: 14. Mai 2019 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-13

Paula Müller: Videospiele als Kunst

Philip Göhler: Videospiele als Geschäft

Ankündigung

Videospiele als Kunst

Der Vortrag soll die Debatte, ob Videospiele als Kunst angesehen werden können, diskutieren und von verschiedenen Seiten beleuchten. Dazu wird zunächst die Relevanz der Debatte erörtert und in diesem Zusammenhang die aufkommende Wissenschaft der sogenannten Game Studies kurz vorgestellt. Daraufhin folgt die Vorstellung von Argumenten diverser Forscher und Journalisten bezüglich der Diskussion. Die Themen, die dort hauptsächlich aufgegriffen werden, sind die kommerzielle Vermarktung, Interaktivität, emotionale Komplexität und Ästhetik. Die jeweiligen Ansichten werden dabei stets in den Kontext ihres Veröffentlichungsjahres und den bis dahin erschienenen Spielen gesetzt. Somit kann ein Abriss der technischen Entwicklung von Videospielen gegeben und analysiert werden, wie diese zur Debatte beigetragen, beziehungsweise diese überhaupt ermöglicht hat. Eingegangen wird auch auf die „Erreichbarkeit“ der Erfahrung des Spielens, indem gefragt wird, ob der Schwierigkeitsgrad verschiedener relevanter Spiele zu hoch ist, um für jedermann zugänglich zu sein. Insgesamt werden Interaktive Filme (insbesondere Heavy Rain, Detroit Become Human) und „Kunstspiele“ (Gris, Journey) als Sonderfälle vorgestellt, die die Thematik besonders gut erläutern sollen. Als letztes wird eine persönliche Einschätzung gegeben und die Diskussion im Seminar freigegeben.

Paula Müller, 08.05.2019

Videospiele als Geschäft

Am Anfang seiner Geschichte galt das Videospielen als eine Nische für Technikfreaks und Einsiedler. Die Anzahl der erwerbbaren Spieletitel war, wie auch seine Spielerschaft, gering. Die soziale Akzeptanz sowie die Attraktivität des Marktes für große Unternehmen war gering. Aus den einstigen Arcadehallen über die Heimspiel- und Handheldkonsolen hat sich jedoch einer der lukrativsten Märkte entwickelt, welcher heutzutage sogar der Filmindustrie Konkurrenz bietet. Mit dem Einzug der Videospielindustrie in den gesellschaftlichen Mainstream haben sich die Geschäftspraktiken der großen Akteure, wie Electronic Arts, Ubisoft und Blizzard gewandelt. Um größere Gewinne zu erzielen werden zunehmend Möglichkeiten angeboten, zusätzliche Spielinhalte, vorwiegend, aber nicht ausschließlich kosmetischer Natur, über Kaufangebote innerhalb des Spiels zu vermitteln.

Diese Entwicklung ist ein Übergang von Videospielen als Produkt zu Videospielen als Service. Das Ziel dieses Perspektivwandels ist das Erzielen größtmöglicher Profite aus jedem einzelnen neu erscheinenden Titel.

Dabei stellt sich die Frage nach der Moralität dieser Mittel. So werden beispielsweise Lootboxen (gegen Zahlung von In-Game-Währung oder Echtgeld erworbene randomisierte Inhalte) in Belgien als Verstoß gegen das Glückspielgesetz eingestuft. Nur 25% der gestarteten Early Access Titel erreichen auch die Veröffentlichung. Preorder-Angebote locken Spieler mit Zusatzinhalten zum Kauf unfertiger Produkte. Sogenannte „Free-to-play“-Spiele haben oft die Gemeinsamkeit, dass sich spielerische Vorteile erkaufen lassen.

Die Auswirkungen von solchen „Anti-Consumer“-Geschäftspraktiken sind für die Gaming-Branche und Videospiele als Medium insgesamt schwer abzusehen. Die Frage, was sich Konsumenten gefallen lassen, dürfen und ob Videospiele ihre Stellung als Kunstform verloren haben, steht dabei zur Debatte.

Philip Göhler, 7.5.2019

Anmerkungen

Videospiele als Kunst

Der Vortrag beschäftigte sich mit der Entwicklung und Diskussion der Game Studies und im Speziellen mit der dort verhandelten Frage, ob Videospiele als Kunst zu betrachten sind. Über die einschlägigen Autoren wie Aarseth, Kroll, Jenkins, Gee, Ebert und Samyn wurde ein Bogen über annähernd fünfzehn Jahren gespannt und die jeweiligen Positionen beleuchtet. Ein gewisser Charakter der Wiederholung der Argumente der Akteure war bemerkbar sowie ein seltsamer Abstand zu echten Entwicklungen der Videospielbranche und der Spiele selbst. Auffällig war die Wiederkehr bestimmter Argumente, welche sowohl in negativer wie auch in positiver Hinsicht bemüht wurden. Seitens der Kritiker, welche die Anwendung des Kunstbegriffs auf Videospiele ablehnen, wurde immer wieder ihr Markt- und Wettbewerbscharakter betont und dadurch ein künstlerisches, emotionales, sinnlich-ästhetisches Erleben durch eine besondere Form von Storytelling als fehlend diagnostiziert. Seitens der Befürworter wurden gerade diese Punkte als gegeben gesehen und insbesondere die Problematik des Status als Kulturgut thematisiert. Durch den Vortrag wurde deutlich, dass eine extreme Pluralität unterschiedlicher Formen von Videospielen vorliegt und das eigentliche Problem der Kunstbegriff selbst ist, der zur Wertung herangezogen wird.

In der Diskussion wurde dieser Umstand weiter beleuchtet und der Diagnose der Vortragenden weitgehend zugestimmt. Die Fragen richteten sich auf die Motivation der Debatte selbst und auf die Frage, warum gerade in dieser Debatte eine mehr als problematische Vorstellung von Kunst verwendet wird. Es konnte klar gesehen werden, dass dies ein Problem gesellschaftlicher Differenzierung ist und der Kunstbegriff stark abhängig ist von Interessen und gewissen Vorstellungen gewisser Milieus. In Anbetracht der gesteigerten Bedeutung dieser Industrie sowohl in kultureller als auch monetärer Hinsicht ist die Debatte eher ein Abglanz anderer Konflikte, als der Versuch, eine wirkliche Erforschung des künstlerischen Status von Videospielen zu beginnen.

Videospiele als Geschäft

Im Vortrag ging es um die Entwicklung der Videospielindustrie und ihrer heute häufiger anzutreffenden sogenannten Anti-Consumer-Praktiken. Es wurde die Debatte um die Entwicklungen neuester Bezahl- und Wettbewerbsstrategien dargestellt und aus der Perspektive des häufig verwendeten, aber pejorativen Begriffs Anti-Consumer-Praktiken beleuchtet. Von Pre-Order, Early Access über Microtransactions und Free-to-Play-Konzepten bis zu Lootboxen und Crowd Funding wurde ein großer Überblick geboten, welcher sich nicht nur theoretisch mit den einzelnen Praxen auseinandersetzte, sondern auch an konkreten Beispielen die Entwicklung und den Stand vor Augen führen konnte. Die rechtlichen und technischen Einbindungen des Konsumenten wurden somit deutlich und der pejorative Begriff durch Betrachtung realer Vorgänge aus seiner negativen Konnotation befreit. Der Umstand der Verknüpfung von Produzenten und Konsumenten zeigte die Komplexität sowohl der technischen Entwicklung, der unternehmerischen Planung, der wettbewerbs-problematischen Platzierung der Produkte selbst und der herausfordernden Einbindung der Konsumenten und der jeweiligen Community.

Die Frage möglicher moralischer Verwerflichkeit derartiger Praxen wurde auf die Diskussion verlagert und sehr schnell als eine Frage erkannt, welche sich an den Status und die Rolle des kapitalistischen Gesellschaftssystems selbst stellt. Sehr schnell wurde das Problem der Maßstabsbestimmung und der Positionsbestimmung für die eigene Kritik erkannt. Wurde dagegen eine Sicht akzeptiert, welche sowohl die betriebswirtschaftliche Logik als auch den Kapitalismus als Wirtschaftssystem anerkennt, wurde die Kritik geradezu stumpf und eine Verwerflichkeit, sowohl analytisch als auch im Sinne des gebrauchten pejorativen Begriffes, ließ sich nicht begründen. Wurde jedoch der Kapitalismus als Gesellschaftssystem verstanden und somit als Lebensvollzug, so wurde eine andere Kritik möglich. Die Frage freier Entscheidung und echter Eigenverantwortung wurde somit zum Kern der Diskussion und zum eigentlichen Problem, mit offenem Ende.

Ken Kleemann, 17.05.2019


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