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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2019-01-16


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Allgegenwärtige digitale Phänomene

Termin: 16. Januar 2019, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-11

Thema 1: Alexander Girke: Cloud Computing und Datensicherheit

Thema 2: Georg Höcker: Erinnerungskultur und digitale Spiele

Thema 3: Margarita Korezkij: Google Translate

Ankündigung

Thema 1: Cloud Computing und Datensicherheit

"There is no cloud, it's just someone else's computer." – Urheber unbekannt

Mit diesem zugespitzten Spruch wird das sogenannte "Cloud-Computing", das heutzutage Einfluss auf viele Bereiche des Lebens hat, mitunter kritisch beschrieben. Während im Bezug auf Datenschutz häufiger medienwirksam Bedenken diskutiert werden, werden die Auswirkungen auf die Datensicherheit bei der Datenverarbeitung und -speicherung in großen Datenzentren seltener betrachtet.

Die Klärung der Begriffe Cloud-Computing und Datensicherheit, die Abgrenzung zum Datenschutz, die Einsatzmöglichkeiten und Gefahren sollen Thema des Vortrags sein. Denn ob als Fotospeicher für den Privatgebrauch oder in der "Industrie 4.0" – "Cloud-Computing"-Dienste sind kaum noch wegzudenken. Mit extrem hohen Verfügbarkeiten der Dienste und geringen Datenverlustwahrscheinlichkeiten locken Produkte wie Amazon's "AWS", Google's "GCP" oder Microsoft's "Azure". Doch wie steht es um den Schutz vor bösartigen Angriffen? Wie können Authentizität und Autorisierung überprüft werden und was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen? Und kann der Staat als Garant für die Sicherheit seiner Bürger eingreifen, um Menschen und Unternehmen in der Lösung dieser Fragen zu unterstützen? Ziel des Vortags ist es, eine Annäherung an dieses Thema zu ermöglichen.

Alexander Girke, 08.01.2019

Thema 2: Erinnerungskultur und digitale Spiele

Ungeachtet langer Debatten um 'Killerspiele' und 'verwahrloste Jugendliche' sind Computerspiele längst in der sogenannten Mitte der Gesellschaft angekommen. Fester Bestandteil dieser Industrie sind Titel mit historischem Inhalt. In der Vielzahl von Weltkriegs-Shootern und mittelalterlich anmutenden Aufbauspielen findet sich ein nicht zu missachtender Anteil an Spielen, die nicht nur unterhalten, sondern lehrreich sein wollen.

Was aber unterscheidet das Computerspiel von anderen Geschichte vermittelnden Medien? Welche spezifischen Möglichkeiten hat es und wo liegen seine Grenzen? Um mögliche Antworten auf diese Fragen auszuloten, stehen am Anfang meines Vortrags Überlegungen, was Spiel im Allgemeinen und Computerspiel bzw. digitales Spiel im Speziellen überhaupt ist und wo sie voneinander abzugrenzen sind. In einem zweiten Schritt werden diese Überlegungen an Beispielen durchexerziert, um auf die ursprüngliche Frage zurückzukommen.

Georg Höcker, 09.01.2019

Thema 3: Google Translate

“It seems that Translate’s greatest achievement is making the act of translation itself invisible.” (Ramati/Pinchevski, 2017)

Mit dem Zeitalter der Digitalisierung und der Herstellung immer leistungsfähigerer Computerchips ist Technik in jedem Bereich unseres Lebens bis ins Privateste vorgedrungen. Google als Global Player mit nahezu monopolistischer Marktposition in Deutschland berührt dabei unsere tägliche Kommunikation und somit unsere Art zu leben wie kein anderes Unternehmen in der Geschichte der Menschheit.

In meinem Vortrag möchte ich kurz auf die Geschichte, Entwicklung und Idee einer elektronischen Übersetzungshilfe eingehen. Insbesondere werde ich Google Translate als Projekt des Mutterkonzerns Alphabet hinsichtlich seiner Versprechen sowie vermutete sprachwissenschaftliche Auswirkungen auf die Nutzer unter die Lupe nehmen. Dabei ist anzuführen, dass Risiken sowohl aus der Grundidee von einer Vereinfachung der Sprache zur elektronischen Verarbeitung als auch aus der puren Datenmenge im Besitz eines profitorientierten Konzerns außerhalb deutscher Rechtsstaatlichkeit bereits in der Vergangenheit entstanden sind. Perspektivisch können in Anbetracht weiterer Google-Projekte zusätzliche Gefahren am Horizont erkannt werden. Am Ende möchte ich in aller Kürze ein paar aktuelle Forschungspositionen zu diesem Thema nennen.

Margarita Korezkij, 28.11.2018

Anmerkungen

Im ersten Vortrag ging es um Cloud Computing und Datensicherheit, wobei klar herausgearbeitet wurde, dass es sich hier um Dienste handelt, die gegen ein entsprechendes Entgelt in Anspruch genommen werden können. Weniger deutlich wurde, warum solche Dienste angenommen werden und sogar ein Markt dafür besteht, obwohl die Antwort auch hier auf der Hand liegt: Durch reines Volumen lassen sich Skaleneffekte erzielen und damit Investitionen anders darstellen als im je privaten Betrieb. Welche Investitionen? In zuverlässige Hardware, Backup- und Ausfallsicherungskonzepte, aber auch in detailliertes Monitoring und stimmige Datensicherheitskonzepte. Besonders in letzterem wurden die Skaleneffekte deutlich, denn es muss einmal in ein solchen Datensicherheitskonzept investiert werden, das dann im Betrieb vielfach ausgerollt werden kann.

Ein solches arbeitsteiliges Vorgehen ist typisch für unsere heutige hochtechnisierte Welt, wo Alleinstellungsmerkmale in Kernbereichen (core concerns) mit Standardlösungen in weniger geschäftskritischen Bereichen (cross cutting concerns) zu komplexeren Diensten zusammengeschaltet werden. Standardisierung und Kapselung in Komponenten ist der Königsweg jeder Ingenieursdisziplin, zu der sich auch die Informatik immer mehr entwickelt. Das BSI ist da allein das Sahnehäubchen auf einem deutlich komplexeren Prozess der Institutionalisierung von praktisch Bewährtem als bewährte Praxen.

Ein solcher Institutionalisierungsprozess hat auch eine historische Dimension, die zu berücksichtigen vor der Hypostasierung aktueller Entwicklungen bewahren hilft. Die Wurzeln des Cloud Computing als Service in den Rechenzentren der 1960er Jahre und deren Weiterentwicklung mit sich weiter entwickelnden technischen Möglichkeiten nicht nur bei Rechner- und Speicherleistungen, sondern auch bei Vernetzungs- und Virtualisierungslösungen zu aktuellen Entwicklungen zu relatieren wäre ein spannendes Unterfangen gewesen, blieb aber in Vortrag wie Diskussion eine Leerstelle.

Im zweiten Vortrag ging es um Potenziale von Gaming im Bereich der Geschichtsvermittlung. Hierbei stoßen zwei Fragestellungen zusammen – Was sind die Potenziale von Gaming? und Welche Konzepte von Geschichtsvermittlung? Zweiteres kam theoriegewaltig mit Bezügen auf Aleida Assmann daher mit der Unterscheidung von vier Formen des Gedächtnisses. Allein das Gewehr, was hier im ersten Akt an der Wand hing, rostete den Rest der Vorstellung vor sich hin.

Auch Gaming als Begriff war breit aufgestellt, es wurde aber schnell klar, dass das Augenmerk weder auf Logikspiele wie Schach oder Go noch auf Merk- und Memoryspiele wie "Wer wird Millionär?" zu richten ist, sondern auf Interaktions- und Aktivierungsspiele mit ihren spezifischen Möglichkeiten, körperlich-sportliche, emotionale und Verstand aktivierende Komponenten miteinander zu verbinden in ein "Spiel als gerahmter Ungewissheit". Das wurde dann an verschiedenen Kriegsspielen diskutiert, die sich offensichtlich allseits großer Beliebtheit erfreuen. Meine vorsichtige Frage nach den "Erziehern der Erzieher" ( 3. Feuerbachthese), also einer kritischen Reflexion der Ambitionen der Macher derartiger Spiele – der Bogen zu den Wahlbeeinflussern wie Stephen Bannon wäre leicht zu spannen gewesen – verlief leider ebenso im Sande wie meine These, dass mit derartigen Spielen auch Militarisierung und Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung wieder hoffähig gemacht werden sollen.

Von der Beantwortung der Ausgangsfrage des Vortrags, welches Geschichtsbild hier denn vermittelt würde – dies vielleicht gar in dem aufgerufenen theoretischen Rahmen entwickelt – blieben wir jedenfalls meilenweit entfernt. Dass es auch anders geht, sei am Beispiel von drei Antikriegsfilmen belegt (alle drei mit einiger Mühe als Original mit Untertiteln bei Youtube zu finden):

Es wird hier nicht Geschichte anders vermittelt, sondern eine andere Geschichte vermittelt, ein Phänomen, das schon Walter Benjamin in seinen Geschichtsphilosophischen Thesen thematisiert. Daraus auch das folgende Zitat:

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

Der dritte Vortrag, zu Google Translate, thematisierte an diesem Beispiel grundlegende Fragen und Gefährdungspotenziale moderner Technologien. In einem sehr durchdachten Szenario setzte die Vortragende zunächst sprachliche und nicht-sprachliche Mittel ein, um die Schlussfolgerungen ihres Vortrags vorab zu relativieren und sich damit Räume zu eröffnen, die dystopische Seite von Ängsten und Ambivalenzen, die mit diesen neuen technologischen Entwicklungen verbunden sind, deutlicher darzustellen. Die Stärke der Argumentation lag dabei in der Rationalität ihres negativen Bezugs auf gängige Klischees, irrationale Erwartungen und Heilsversprechen. Die nicht nur theoretische, sondern auch praktische Relativierung dieser Positionen wurde mit Verweis auf Donna Haraways "Cyborg Manifesto" angedeutet, aber nicht expliziert, da dies den Rahmen gesprengt hätte. In der Diskussion wurde dieser Faden dann leider nicht aufgenommen.

In meiner Erwiderung in der Form einer akademischen Kritik habe ich versucht, einige Momente einer weniger dystopischen Sicht auf diese Ambivalenzen anzudeuten, was ich hier nicht wiederholen, sondern andere für mich sprechen lassen möchte.

Ich bin dabei auch nicht der Aufforderung von Herrn Kleemann gefolgt, in einem Kobeitrag zu dessen Einschätzung auf einige sehr holzschnittartige Argumentationen zu Google Translate im Vortrag selbst einzugehen – die im Übrigen nicht der Vortragenden anzulasten sind, da sie auch hier akademisch sauber gängige Argumentationsmuster referenzierte. Eine solche Relativierung hat sich dann schnell in der Diskussion ergeben – Übersetzen ist ein extrem schwieriger Prozess der Kommunikation zwischen differenten Kulturen, den man entweder als Clash of Cultures wie rezent Herr Trump gestalten kann oder aber "den Standpunkt des neuen [Materialismus], die menschliche Gesellschaft, oder die gesellschaftliche Menschheit" ( 10. Feuerbachthese) gewinnt. Ich halte Google Translate für ein wichtiges Werkzeug in dieser Auseinandersetzung. Um weniger geht es hier nicht.

Hans-Gert Gräbe, 20.01.2019


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