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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2018-11-14


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Praxen im digitalen Wandel

Termin: 14. November 2018, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-11

Thema 1: Elisa Boose: WorldSkills - digitaler Wandel im dualen Ausbildungssystem

Thema 2: Anne-Marie Six, Henry Ludwig: Käufe im Internet

Ankündigung

Thema 1: WorldSkills - digitaler Wandel im dualen Ausbildungssystem

In jedem unserer alltäglichen Leben spielt die Digitalität eine große Rolle. Zu diesem Alltag gehört insbesondere auch der Beruf, der sich nicht nur in akademischen Bereichen stark digitalisiert. Auch in Handwerksberufen steigen die Anforderungen und die Ansprüche, sowohl an Auszubildende als auch an Betriebe. Mein Vortrag besteht aus zwei roten Fäden, die am Ende zusammen gesponnen werden. So erfolgt im ersten Teil ein näheres Eingehen auf das Digitale im Handwerk. Damit jeder weiß, worüber gesprochen wird, werde ich als erstes das deutsche Ausbildungssystem vorstellen und es mit internationalen Systemen vergleichen. Anschließend geht es um die Betriebe, ihre Sicht auf die Digitalisierung und die Hürden die sie sehen. Der zweite rote Faden sind die „Worldskills“, ein Verein der junge Auszubildende aus aller Welt zusammenführt und in ihren Stärken wetteifern lässt. Auch bei diesen Wettbewerben zeigt sich die Digitalisierung, zum einen in den einzelnen Disziplinen als auch in neuen, die entstehen. Schlussendlich geht es bei der Zusammenführung der Teilthemen darum, welche Möglichkeiten der Unterstützung Worldskills bietet. Zum einen für die jungen Menschen und ihre meisterliche Ausbildung und zum anderen für die Betriebe, um die wahrgenommenen Hürden der Digitalisierung zu überwinden.

Elisa Boose, 07.11.2018

Thema 2: Käufe im Internet

Der digitale Wandel ist allgegenwärtig, so auch im kommerziellen Bereich. Mit dem Vortrag über "Käufe im Internet" wird auf verschiedene Aspekte des Einkaufens eingegangen. Nach einem kurzen Rückblick zur Entwicklung des Online-Shoppings wird die aktuelle Situation in Deutschland in diesem Bereich erarbeitet. Jene Situation wird dem stationären Einzelhandel gegenübergestellt. Mit diesem Wissen soll die Entwicklung des Online-Shoppings und des Einzelhandels betrachtet und diskutiert werden.

Anne-Marie Six, Henry Ludwig, 08.11.2018

Anmerkungen

Mit dem Thema "duales Ausbildungssystem" wurde der Blick auf eine Dimension unseres Bildungssystems eröffnet, die eine wichtige Lebensstation für viele Jugendliche markiert, aber in der öffentlichen Wahrnehmung mit deren Fokussierung auf akademische Karrieren unterbelichtet bleibt. Mit dem dualen Ausbildungssystem, verstanden als Gegenüberstellung von akademischer und beruflicher Bildung, besteht im deutschen Sprachraum eine strukturierte tertiäre Ausbildungsform auch im Bereich der Berufsbildung – keine Selbstverständlichkeit in anderen Ländern, und das entsprechende Know-How ein gewisser Exportschlager, von dem aufstrebende Entwicklungsländer gern lernen. Die Grenzen eines in diesem Sinne als dual aufgefassten Bildungssystems verschwimmen inzwischen partiell – einerseits mit der Einrichtung von Fachabituren und der Zulassung von Meistern zum Hochschulstudium, andererseits mit der Einrichtung von Berufsakademien, in denen akademisches Studium und Berufsausbildung im Unternehmen miteinander verbunden werden.

Im Vortrag selbst wurde das Adjektiv "dual" aber eher mit der inneren Form dieser Ausbildung in Verbindung gebracht, die zum Teil in konkreten Unternehmen, zum Teil in zentralen Bildungseinrichtungen – den Berufsschulen – stattfindet. Interessant ist es, die Entstehung dieser Ausbildungsformen zurück zu verfolgen, die sich vor etwa 150 Jahren aus der traditionellen Ausbildungsform des handwerklichen Nachwuchses durch Lehre und Wanderschaft als zwischenbetrieblicher Form der Wissensvermittlung in enger Kopplung von Arbeiten, Lernen und sozialer Konditionierung heraus ausgebildet hat. Die Parallelen zur Herausbildung von Technikwissenschaften aus handwerklicher Tradition, wie in der ersten Vorlesung am Leipziger Beispiel dargestellt, sind augenfällig.

Im zweiten Teil des Vortrags ging es mit den "Worldskills" um Wettbewerbsformen in diesem Bereich. Die beschriebenen Mechanismen spontaner Begeisterung, die Förderung von sozialen Zusammenhaltsstrukturen einer Leistungselite und die daraus erwachsenden oft lebenslangen sozialen Bande unterscheiden sich kaum von denen in stärker akademisch geprägten Szenen wie etwa der Mathematikolympiade. Deutlich wurden aber die Differenzen in den Wertschätzungsstrukturen – während im akademischen Bereich eher der angemessene Umgang mit Beschreibungsstrukturen selbst im Vordergrund steht, sind in jenem Bereich wie auch in der Kunst das private Verfahrenskönnen zur Komposition eines praktisch relevanten Artefakts in einer angemessenen Arbeitsumgebung gefragt. Das gilt sowohl für das Gesellen- oder Meisterstück im Gegensatz zur Bachelor- oder Masterarbeit wie auch in der Ausrichtung der entsprechenden Wettbewerbe. Die hohe Materialintensität der Ausbildung verlangt auch einen stärkeren Ressourceneinsatz und hier traditionell auch ein stärkeres privates finanzielles Engagement der Auszubildenden – eine der vielleicht gravierendsten Ungerechtigkeiten unseres tertiären Bildungssystems.

Im zweiten Vortrag ging es mit dem Thema Käufe im Internet um die Phänomene Online-Shopping und E-Commerce als einer (gefühlt) deutlichen Revolutionierung der Distributionssphäre im Zuge des digitalen Wandels. Wir hatten das Thema bereits vor einem Jahr in zwei Vorträgen am 19.12.2017 und am 16.01.2018 aufgegriffen, wobei schon damals in der Diskussion hinterfragt wurde, ob der Hype wirklich so stattfindet und ob sich das Phänomen allein aus den digitalen Strukturen heraus verstehen lässt.

Im Vortrag wurde stark auf den Letztverbraucher und damit die B2C-Ebene geschaut, die prominent im Online-Shopping adressiert wird, aber sowohl vom Umsatzvolumen als auch von der Strukturiertheit der Anforderungen her nur einen kleinen Teil der (Re-)Distributionssphäre ausmacht. Dabei wurde dieser Bereich, der in Onlinehandel und Einzelhandel zerfällt, an Hand statistischer Umsatzzahlen in einzelnen Produktgruppen über einen Zeitraum von 15 Jahren genauer analysiert, wobei es vor allem Raten des Wachstums sind, die den Onlinehandel auszeichnen, weniger die absoluten Umsatzzahlen. In der Diskussion wurde überdies gefragt, ob Umsatzzahlen hier über Entwicklungen angemessen Auskunft geben, wo es doch sonst eher um Margen und Gewinne geht und damit Aufwendungen und Erträge gegeneinander aufgerechnet werden.

Diese Dynamik zeichnet sich in den letzten 10 Jahren besonders ab, zugleich aber auch eine Konvergenz zwischen Einzel- und Onlinehandel, da die großen Einzelhandelsketten auch in den Onlinehandel einsteigen. Zugleich ist das Phänomen zu verzeichnen, dass sich reine Onlinehändler wie Amazon oder Zalando zu E-Commerce-Plattformen entwickeln und damit "Basare" betreiben, auf denen E-Commerce von kleineren Anbietern auf eigene Rechnung umgesetzt wird. Damit verschieben sich aber hier die Geschäftsbeziehungen in den B2B-Bereich. Weitere Momente einer solchen Verschiebung hin zu Plattformen und Dienstleistungen für Unternehmen sind große Logistik-, Warenlager- und Bezahldienstbetreiber, die bisherige Dienstleistungen im Großhandel weiterentwickeln und nun als begleitende Infrastrukturdienste auf breiterer B2B-Ebene anbieten. Die Fokussierung auf die Endverbraucherperspektive verstellt den Blick auf die Komplexität derartiger Prozesse und Entwicklungen in der Distributionssphäre, und da haben wir über die enge Verbindung von Produktion und Distribution in Zeiten von "just in time" noch gar nicht gesprochen.

Hans-Gert Gräbe, 21.11.2018


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