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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2015-12-15


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Die Welt(en) der Apps

Termin: 15. Dezember 2015, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-12

Thema: Die Welt(en) der Apps.

Vortrag und Diskussion mit Yaning Wu.

Ankündigung

App ist eine Kurzform des englischen Worts application und bedeutet so viel wie Anwendung. Eigentlich bezeichnet man damit aber eine spezielle Art von Anwendungen, die auf Smartphones oder Tablet-PCs laufen. In den letzten Jahren wurden Apps sehr beliebt. Deshalb will ich dieses Thema vorstellen und erklären, welche Vorteile und Nachteile Apps den private Nutzern und den Unternehmen bringen. Unter anderem wird auch auf verschiedene Arten von Apps und Tipps zur Erstellung von Apps eingegangen.

Yaning Wu, 14.12.2015

Anmerkungen

Für einen Informatiker ist die Welt der Apps ein mehrfaches Mysterium, denn technologisch ist eigentlich nicht viel passiert – Apps sind kleine, sich selbst aktualisierende Computerprogramme, kombiniert mit inzwischen mehreren "Stores", über welche diese Apps verteilt werden. Auch die Kombination von Verteilsystem und Bezahlmöglichkeit und damit der Aufbau eines Micropaymentsystems ist nicht neu, denn mit Paypal und Ebay liegen umfangreiche Erfahrungen mit dem Aufbau und den Tücken derartiger Bezahlsysteme vor. Aus sozio-technischer Perspektive kreuzen sich im Phänomen "Apps" mehrere Entwicklungslinien:

  1. Verteilung übers Internet.
  2. Ständige automatische Aktualisierung – derartige Updates sind seit mehreren Jahren gängige Vorgehensweisen nicht nur bei allen großen Betriebssystemen, sondern auch bei verbreiteten Anwendungen wie Office-Programmen, Firefox oder Thunderbird.
  3. Große Bereitstellungs- und Verteilportale mit eigenen Geschäftsmodellen.
Technisch handelt es sich bei letzteren um eine Weiterentwicklung entsprechender Portaltechnologien, die zunächst für die kooperative Softwareentwicklung konzipiert und umgesetzt wurden (etwa https://bitbucket.org/ von Atlassian oder https://github.com von Github Inc.). Diese Portale haben heute selbst schon rudimentäre Geschäftsmodelle für die Refinanzierung der eigenen Infrastrukturaufwendungen entwickelt. Die App-Store-Bezahlmodelle unterscheiden sich von jenen Modellen vor allem in der Breite möglicher Zahlungsströme – App-Store-Entwickler können einige Plattformen nicht nur als Verteil- sondern auch als Vertriebsplattformen nutzen. Jedoch auch solche Erfindungen sind nicht neu, sondern in klassischen E-Shop-Konzepten und -Systemen wie Amazon oder Ebay bereits fest etabliert.

Die große Anziehungskraft des App-Konzepts lässt sich also nur zu einem Teil aus der Einfachheit der Installation auf eigenen Compute-Devices erklären, zumal Apps aktueller Bauart als "native Apps" in den meisten Fällen nur für eine der Plattformen zur Verfügung standen und stehen; zunächst für die je proprietären Plattformen einzelner Handyhersteller, später für mehrere herstellerübergreifende Handy-Betriebssysteme. Nachdem Itunes 2001 noch als eigenständige Client-Software entwickelt wurde, die auf Apples Mac OS und später auch auf Windows XP aufsetzte und dabei im Hintergrund auf den Apple Application Support zugriff, steht mit Googles Android seit 2008 ein eigenes Betriebssystem für Handys zur Verfügung, mit dem Google viele Handyhersteller "überzeugen" konnte, auf weitere eigenständige Entwicklungen in diesem Segment zu verzichten. Weniger erfolgreich war Apples iOS (auch wenn sich dies noch nicht in den aktuellen App-Anzahlen widerspiegelt), obwohl (oder weil?) hier parallel mit dem Apple IPhone Hard- und Softwareentwicklung aus einer Hand eines potenten Players kamen. Wie üblich konnte sich Apple vor allem in senem eigenen Premium-Marken-Segment behaupten.

In beiden Fällen – Android und iOS – wird aber deutlich, dass die Attraktivität weniger von den Apps selbst als kleinen Computerprogrammen ausgeht, sondern von deren Türöffnerfunktion in eine immer strukturiertere Web-Welt. Nur in dieser Verbindung von PDA-Funktion (personal digital assistent, ein ebenfalls älteres Konzept) und einfachem Zugang zu Web-Ressourcen ist auch der seit 2005 anhaltende Siegeszug der Smartphones zu erklären. Dieser Siegeszug ist aber nicht voraussetzungslos möglich, sondern erfordert neben (1) den Endgeräten selbst auch (2) ein umfangreiches Angebot entsprechender Dienste und (3) eine Netzzugangsinfrastruktur mit der erforderlichen Bandbreite. Erst mit der Konsolidierung dieser drei Komponenten kann sich eine app-basierte "Smartphone-Kultur" entfalten. Die Bedeutung insbesondere infrastruktureller Anstrengungen für die Umsetzung von (3) ist oft schon schmerzlich zu spüren, wenn man eine der größeren Städte verlässt. Im Gegensatz zu (2) besteht hier auch wenig Hoffnung auf die "regulierende Kraft der Märkte".

Zum Ende des Vortrags wurde auf Web-Apps und hybride Apps als moderne Entwicklungsrichtung hingewiesen. Auch hier sind die software-technischen Ansätze nicht neu, um der "OS-Falle" eines Anbieter-lock-in zu entkommen: Die Entwicklergemeinde (zu der auch große Player zu rechnen sind, denen langfristige Technologieführerschaft wichtiger ist als zeitweilige Marktdominanz) schafft eine gemeinsame virtuelle Plattform samt Laufzeitumgebungen dieser Plattform für die verschiedenen "nativen" Smartphone-OS. Java, .NET, Spring, Ruby und weitere Komponentenarchitekturen haben die Bedeutung derartiger Konzepte mehrfach unter Beweis gestellt und insbesondere mit Spring und .NET liegen auch Architekturerfahrungen in der strukturierten kooperativen Komponentenentwicklung vor, die weit über die Möglichkeiten eines einfachen Software Development Kits (SDK) hinausreichen. Diese Ansätze beginnen sich heute erst zu entfalten, zeigen aber einmal mehr eine Entwicklungsrichtung hin zum "Big Brain" eines verteilten, weltweit vernetzten und einrichtungsübergreifenden Computersystems, zu dem Zugang über lokale Devices hergestellt werden kann, die sowohl Compute- als auch Konnektivitäts-Funktionen haben. Dabei wird man situativ entscheiden können, ob dieser Zugang über Smartphone, Tablet, einen klassischen Laptop (mit einem "klassischen" Betriebssystem – eine große Chance für Windows, verlorenen Boden wieder wett zu machen) oder einen stationär verkabelten Desktop-Computer erfolgt und in welchen "sicheren Häfen" (Mehrzahl) eigene sensible Daten lagern.

Auf einen wenig beachteten Punkt, die Privatsphäre betreffend, möchte ich abschließend zu sprechen kommen. Aktuell scheint sich kaum jemand darum zu scheren, welche Zugriffsrechte auf private Daten er oder sie einer begehrten (meist kostenlosen) App auf dem eigenen Smarphone gewährt. Mit einer entsprechenden intermediären Software lassen sich auf dem eigenen Endgerät aber durchaus verschiedene "Privatheitszonen" ( domains of trust) prinzipiell einrichten. Die Entmündigung der Nutzer in dieser Frage mit der aktuellen Smartphone-OS-Generation, insbesondere durch Android, ist weit fortgeschritten und wird kaum in Frage gestellt. Dabei ist Android selbst ein Linux-Klon. Für wenig technik-affine Nutzer ist es allerdings schwierig, die Funktionalitäten dieser Linux-Ebene zu nutzen. Dies kann und wird sich ändern – entsprechende Bemühungen um ein Freies Android nehmen weiter an Fahrt auf. Eines aber wird sich auch durch diese Entwicklungen nicht ändern – in einer Welt von Smartphone mit SIM-Karten ist die Frage, wer sich hinter einer digitalen Identität verbirgt, klarer zu beantworten als je zuvor. Anonymes Bewegen im Netz wird schwieriger, die Durchsetzung des bürgerlichen Grundprinzips der Zuordnung privater Verantwortlichkeit für Handlungen kommt auch im Netz mit dieser (im Rechtssinne) eindeutigen Zuordnung von Nutzer zu Rechner einen großen Schritt voran. Anonymität als rechtlich gesicherter Modus des Öffentlichen muss in einer solchen Umgebung aktiv auch technisch neu gefasst werden.

Hans-Gert Gräbe, 1.1.2016


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