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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2014-05-13


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Bitcoins und virtuelles Geld

Termin: 13. Mai 2014 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-10

Thema: Bitcoins und virtuelles Geld

Mit einem Einstiegsbeitrag von Daniel Obraczka

Ankündigung

Bitcoin ist eine Kryptowährung, die 2009 von Satoshi Nakamoto als elektronische und virtuelle Währung eingeführt wurde. Diese sollte die Funktion von Geld im Internet übernehmen. Statt mit Kreditkarten oder Überweisungen zu bezahlen sollte es damit möglich sein im Netz einzukaufen. Hierbei muss eine Client-Software auf dem Computer installiert werden, die es erlaubt, unter einem Pseudonym Bitcoins an andere Nutzer zu senden oder diese von ihnen zu empfangen. Dies soll mittels eines Peer-to-Peer-Netzwerkes möglich sein. Es werden also die Teilnehmer direkt miteinander verbunden, ohne die Notwendigkeit zentraler Server.

Bitcoin soll damit maßgebliche Eigenschaften von Bargeld wie Anonymität, Unmittelbarkeit und geringe, bzw. das Fehlen von Transaktionskosten nachahmen. Das Fehlen von „vertrauenswürdigen Dritten“ ist eine Eigenschaft, die marktradikale Liberale besonders begrüßen, die dem Staat und seinen Einmischungen eher skeptisch gegenüberstehen. Es war auch eine Kritik am jetzigen Geld- und Bankensystem, dass diese Idee der Kryptowährung überhaupt erst so zum Durchbruch verholfen hat und sich in seiner Umsetzung wiederfindet. So gibt es keinerlei Zinsen, ein staatliches Eingreifen ist nicht gewollt und auch eine Zentralbank fehlt. Es soll die Verwirklichung des freien Tausches sein. Mit dem Fehlen eines „vertrauenswürdigen Dritten“ steht diese Währung aber vor technischen Fragen und Problemen, die zu lösen sind, um als Geld nutzbar zu sein. Welche dies sind und wie sie gelöst wurden, wird im Referat erläutert.

Mittlerweile ist es möglich, mit Bitcoins Pizza zu bestellen, in Hotels oder Restaurants zu bezahlen, an Wikileaks zu spenden und bei diversen Online-Diensten einzukaufen. In die Schlagzeilen kam Bitcoin aber vor allem wegen der Nutzung für illegale Tätigkeiten wie Geldwäsche und Schwarzmarktaktivitäten. Auch die enormen Kursschwankungen und diverse Hackingangriffe und Diebstähle waren prominente Themen dieses virtuelle Geld betreffend.

Das Referat soll die grobe Funktionsweise der digitalen Währung vorstellen, seine maßgeblichen Eigenschaften erläutern und somit das nötige Hintergrundwissen bieten für die anschließende Diskussion. Außerdem sollen folgende Fragen geklärt werden:

  • Wie fälschungssicher sind Bitcoin?
  • Wie anonym sind Transaktionen damit?
  • Wie bekommt man Bitcoin?
  • Und schließlich: Können Kryptowährungen unsere jetzigen Währungen ersetzen?
Daniel Obraczka, 03.05.2014

Anmerkungen

Im Vortrag wurden zwei Dimensionen thematisiert, die sozio-technische Konstruktion der Währung Bitcoin sowie die Einordnung derselben in eine allgemeine Geldtheorie.

Ersteres, das sozio-technische Funktionieren dieser und vieler anderer digitaler Währungen, lässt sich - in seiner prinzipiellen Dimension - in einem allgemeineren Modell von Plätzen und Transitionen (also letztlich Petrinetzen) wie folgt beschreiben: Es gibt Konten (Plätze) und Zahlungsvorgänge (Transitionen), wobei Zahlungsvorgänge zu einer Änderung der den Konten zugeordneten Salden nach einem vorgegebenen Verfahren führen, also den globalen Zustand des Gesamtsystems ändern, der durch die Verteilung der Salden auf die lokalen Speicher bestimmt ist. Einige technische Details wie etwa die Fälschungssicherkeit von Dokumenten oder die Absicherung, dass eine Transaktion nicht mehrfach ausgeführt wird, lassen sich durch kryptografische Verfahren absichern.

Im Falle der Bitcoins (BTC) wird jeder Zahlungsvorgang zunächst zwischen den beiden Seiten vereinbart und danach von mindestens 6 Notaren bestätigt. Erst dann ist der Zahlungsvorgang verbindlich abgewickelt. Spannend - allerdings weder im Vortrag noch in der Diskussion angeschnitten - ist die Frage, was mit einem Zahlungsvorgang passiert, wenn das entsprechende Konto die dafür erforderliche Deckung nicht aufweist. An dieser Stelle würden Differenzen in der möglichen Umsetzung eines solchen Systems sichtbar. Sind die Salden einfache Zahlen, die sich arithmetischen Gesetzen unterwerfen lassen, so müssten entweder die Saldenstände aller Konten nach jeder Transaktion global abgeglichen oder aber die Transaktionen selbst global verfügbar aufbewahrt werden, um Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten und damit Betrug zu vermeiden. Sind Bitcoins eher so etwas wie Münzen, von denen jede eine eigene digitale Identität hat, so müsste vor einer Transaktion mglw. eine größere Münze in mehrere kleine "umgetauscht" werden, um dann mit einer der Münzen "passend" bezahlen zu können. Zur Garantierung der Fälschungssicherheit müsste auch die Geschichte einer solchen digitalen Identität nachvollzogen werden können. Derartige Details, aus denen sich das Gesamtkonzept mit seinen Vorteilen und Tücken erst erschließt, konnten aus Zeitgründen nicht ausgeleuchtet werden.

Bemerkenswert auch der Umstand, dass neue Bitcoins von einzelnen Nutzern dezentral erzeugt werden können und auch für Notarleistungen neue BTC vergeben werden. Geld wird also auch hier scheinbar "aus dem Nichts" geschöpft (siehe dazu meine Kritik an einem Aufsatz von Ulrich Busch) und die umlaufende Geldmenge von anfänglich 50 BTC ständig vergrößert. Vom Systemdesign ist eine Begrenzung der Geldmenge auf 21 Mio. BTC vorgesehen, so dass spätestens beim Erreichen dieser Schranke mit einer Änderung der Systemdynamik zu rechnen ist. Herr Kleemann wendete ein, dass es Arbeit erfordere, neue Bitcons zu berechnen (dazu sind in der Tat komplexe und damit teure Berechnungen auszuführen) oder Transaktionen notariell zu bestätigen, von einem "Schöpfen aus dem Nichts" mithin keine Rede sein könne. Mit Blick auf das Invarianzprinzip von Zahlungsvorgängen (die Salden auf beiden Seiten der Bücher addieren vor und nach der Transaktion zu gleichen Summen) ist in der Tat eine weitere Beschreibung der Situation möglich: der Systemlord (in Anlehnung an Stargate und in Vermeidung des Begriffs "das System" an dieser Stelle) hält die 21 Mio BTC von Anfang an und bringt diese Schritt für Schritt in Umlauf.

Kommen wir zum zweiten Teil des Vortrags, der Einordnung einer Währung wie Bitcoin in eine allgemeinere Geldtheorie. Hier scheint zunächst klar, dass niemand auf die Idee eines digitalen Bezahlsystems käme, wenn es nicht ein ausgebautes, gut funktionierendes und (wenigstens in gewissem Rahmen) staatlich abgesichertes Geldsystem als Grundlage jedes modernen Zahlungsverkehrs gäbe. Da sich die technischen Probleme des digitalen Zahlungsverkehrs, so diffizil sie auch im Detail sein mögen, sich - wie im ersten Teil dieser Anmerkungen angedeutet - wahrscheinlich überwinden lassen und darüber hinaus für alternative wie staatlich garantierte Zahlungssysteme ähnlich stehen, bleibt als interessanter Kern die Frage der geldtheoretischen Einordnung alternativer Währungen überhaupt, egal ob digital oder als klassisches "Papiergeld".

Als Gretchenfrage ist dabei stets zuerst zu klären, wie sich die Alternativwährung zum "richtigen Geld" stellt - konsequente Trennung von einem solchen "Reich des Bösen" oder Kontakt- und damit Kontaminationsmöglichkeiten? Bitcoin gehört zu den "konvertierbaren" Währungen, da "richtiges" Geld über Tauschbörsen in Bitcoin getauscht werden kann und umgekehrt. "Garant" der Tauschbarkeit ist allerdings ein Börsenkonzept und damit "der Markt" selbst, d.h. ein funktionierendes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage (intentional) ohne geldpolitische Interventionsmöglichkeiten zur Sicherung von Geldwertstabilität wie sie staatliche Akteure (und - dies haben Aktionen der Großbanken in den letzten Jahren gezeigt - überhaupt Verwalter größererer Geldmengen) in gewissem Umfang betreiben können und betreiben. Entsprechend volatil sind auch die Wechselkurse.

Es wäre spannend, hier zu einer genaueren auch theoretischen Einordnung von Bitcoin in der Vielzahl von Alternativgeldprojekten zu kommen, zumal mit dem digitalen Wandel die technischen Hürden zum Aufsetzen derartiger Systeme weiter gesunken sind und somit auch erheblich mehr Erfahrungswerte bereits auf dem Tisch liegen.

Hans-Gert Gräbe, 19.05.2014


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