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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2013-06-18


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Soziale, betriebswirtschaftliche und industrielle Rahmenbedingungen für eine Nachhaltige Informationsgesellschaft

Termin: 18. Juni 2013, 15.15 Uhr

Ort: Augusteum, P-801

Vortrag und Diskussion mit Thomas Hartung

Folien

Anmerkungen

Im Vortrag wurde vor allem der Fokus auf die „neuen Märkte“ gelegt. Es wurde genauer herausgearbeitet, dass die Bedingungen dort in mehreren Punkten speziell und wenig vergleichbar mit „klassischen“ Märkten sind, auf denen industriell gefertigte Massenprodukte gehandelt werden.

  • Die Produktion für die „neuen Märkte“ erfordert eine industrielle Infrastruktur, die auf breiter Front hoch entwickelt sein muss, und ist damit im Kern auf die bereits entwickelten Industrieländer konzentriert.
  • Der weltweite Einsatz dieser Technik führt zu Wertströmen aus weniger entwickelten Ländern, deren Äquivalent als „kaufkräftige Nachfrage“ vor Ort zunächst einmal generiert werden muss. Das schafft spezifische Ausbeutungsbedingungen in diesen weniger entwickelten Ländern.
  • Die Entwicklungskosten für neue Produkte sind hoch, die Return-on-Invest-Rechnungen sehr fragil und besonders anfällig gegenüber fehlerhaften Time-to-Market-Prognosen. Die Preisgestaltungs- und Kapitalverwertungsbedingungen gestalten sich schwierig.
Diese Bedingungen ökonomischen Handelns, die auch im Abschnitt 2.1.2 des Memorandums genauer diskutiert werden, sind typisch für eine wissensintensive Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Mit der zunehmenden Bedeutung von allgemeiner Arbeit und der Erkenntnis, dass "einfache Arbeit" (im Sinne der Diskussionen am 11.06. - wo man den "Kopf ausschalten kann") immer mehr an den Rand der Industrieprozesse gedrängt und durch Maschinen ersetzt wird, wird die ingenieurtechnische Dimension industrieller Prozesse immer wichtiger. Die klassisch herausgehobene Stellung des Ingenieurs in einer Zeit des "ein Kopf und tausend Hände" ist unwiderruflich vorbei, Handeln auf ingenieurtechnischem Kompetenzniveau wird zunehmend zur Voraussetzung für qualifizierte Teilhabe am Arbeitsprozess.

In der Diskussion standen allerdings vor allem die Gründe und Dynamiken der „schwierigen Verwertungsbedingungen“ im Mittelpunkt - die Wege, Risikokapital für neue Technologien aufzutreiben, die Rolle von institutionellen Anlegern und die Motive privater Anleger, in solche Konstrukte ihr Geld zu investieren. Der erste Zugangsversuch - die Sicht des privaten Anlegers, der hier "Spielgeld" einsetze, also Mittel, auf deren Ertrag er nicht unbedingt angewiesen sei und damit an der Börse "zocken" gehe, um "aus Geld mehr Geld zu machen" (mit etwas Glück) oder Totalverlust erleide (schlimmstenfalls) - erwies sich als sehr spekulativ. Große institutionelle Anleger sind heute oft Pensionsfonds, wo das Zocken - wenn überhaupt - nicht auf der privaten Ebene erfolgt, sondern mit der Maßgabe, die Pensionen zu einem späteren Zeitpunkt auch wirklich "erwirtschaftet" zu haben. In der weiteren Verfolgung des Finanzkreislaufs wurde sichtbar, dass auch dort die "magische Geldvermehrung" durch Zinseszins kein Selbstläufer ist, sondern dieser Zinseszins von realen wirtschaftlichen Akteuren aus realer ökonomischer Tätigkeit zu erwirtschaften ist. Womit sich der Kreis schließt, die Finanzakteure also zu Bewertung und Selektion wirtschaftlicher Vorhaben in diesen "neuen Märkten" gezwungen sind und damit das investive Handeln dieser Finanzakteure eigene Wirkung auf die Richtungen und Wichtungen technologische Entwicklungen entfaltet. Know-How über die neuen technologischen Möglichkeiten muss sich also auch durch diese gesellschaftlichen Sphären propagieren, wenn neue Technologien gesellschaftliche Wirkung entfalten sollen, was deren gesellschaftliche Anerkennung durch auskömmliche Finanzierung als eine Voraussetzung hat.

Der Aspekt der Zugänglichkeit zum dafür erforderlichen Wissen wurde im Vortrag dann sehr kurz unter „Informationsmonopolisierung“ gefasst, was dem komplexen Geschehen in den gerade beschriebenen Vermittlungsprozessen in keiner Weise gerecht wird. Allerdings wird versucht, diese Vermittlungsprozesse technologischen Know-Hows auf den engen Kreis dieser Finanzakteure zu beschränken, um auf diese Weise eigene Machtpositionen zu sichern. "Wissen ist Macht" - dieser kluge Satz des Francis Bacon bekommt damit weiteres Gewicht. Dazu wird der Eigentumsbegriff auch auf diese Sphäre der "immateriellen Produkte" übertragen und versucht, Wissen produktförmig zu organisieren. Der verbreitete dingliche Wissensbegriff hat hier eine seiner starken Quellen.

Allerdings geraten damit die spezifischen Bedingtheiten der Sozialisierung von Wissen unter Druck, was eine breite Gegenbewegung für den Erhalt der kulturellen Leistungsfähigkeit dieser Sphäre unserer Gesellschaft auf den Plan gerufen hat. Dem Versuch, mit der begrifflichen Konstruktion "geistiges Eigentum" über alte Konzepte neue Marktgängigkeit auch für Wissensressourcen herzustellen, stehen inzwischen auch neue Geschäftsmodelle gegenüber, die mit einer "Kultur des Offenen" um einen freizügigen Umgang mit Wissensressourcen herum konzipiert sind. Eben Moglen stellt dies in seinem "dotCommunist Manifesto" als das Ringen zwischen "Creators and Owners" dar und zeigt, dass hier zwei Grundpfeiler der bürgerlichen Rechtsordnung - die Begriffe Freiheit und Eigentum - in einen veritablen Widerspruch zueinander geraten sind.

Weitere Literatur dazu:

Hans-Gert Gräbe, 03.07.2013


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