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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2013-06-11


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Produktionssysteme und Informationssysteme im technischen Wandel

Termin: 11. Juni 2013, 15.15 Uhr

Ort: Augusteum, A-520

Vortrag und Diskussion mit Philipp Lang

Ankündigung

Im Abschnitt 2.3.2 des Memorandums wird der enge Zusammenhang zwischen Produktions- und Informationssystemen in einer modernen Industriegesellschaft thematisiert sowie diesbezügliche Änderungspotenziale im Zuge neuer technischer Entwicklungen in Richtung einer Informationsgesellschaft analysiert. Diese und weitere Argumente sollen im Seminar abgewogen werden.

Hans-Gert Gräbe, 05.05.2013

Folien

Anmerkungen

Von den drei Themen, die im Memorandum unter diesem Punkt angeschnitten werden - Datenurwald, Agenda21 und Industrie 4.0 - spielte vor allem das letztere Thema eine zentrale Rolle.

Dabei wäre es durchaus interessant gewesen, auch noch einmal das Thema Daten, Information, Wissen aufzugreifen, das an dieser Stelle des Memorandums im Begriff des Informationsraums präsent ist, der offensichtlich eine wichtige Bedingungsgröße sozialen Handelns darstellt. Diesen Begriff zu schärfen wäre auch deshalb spannend gewesen, da die "Agenda21" praktische Wirkung vor Ort vor allem als "Lokale Agenda 21" entfaltet und dies in einem eigenartigen Spannungsverhältnis zur Informationsraum-Metapher steht, die schnell in Richtung "globaler Informationsraum" verengt wurde, der als "globale Informationsflut" die Menschen vor eine kaum einzulösende Herausforderung stellt, "stets aktuell informiert zu sein, um mitreden zu können". Genauer auszuloten, wie eine solche in die griffige Form des "global denken, lokal handeln" gegossene Anforderung praktisch umzusetzen ist, sollte zu einem späteren Termin noch einmal aufgegriffen werden.

In der Debatte um Industrie 4.0 - das sich entwickelnde Spannungsverhältnis zwischen "alten" und "neuen" Industrien - stand der Begriff "einfache Arbeit" auf dem Prüfstand, nachdem eine erste Analyse ergeben hatte, dass die wesentliche Quelle sozialer Spannungen wohl vor allem im zunehmenden Mangel an "einfacher Arbeit" zu suchen sei. Während Arbeitende auf technisch anspruchsvollen Tätigkeiten eher damit konfrontiert sind, über ein verträgliches zeitliches Maß hinaus arbeiten zu müssen, fallen "einfache Arbeiten" eher weg, indem sie durch Maschinensysteme abgelöst werden oder in Länder mit billigeren Lohnstrukturen abwandern. So wenigstens die durch öffentliche Diskussionen präformierte Wahrnahme. Ob dies dauerhaft so ist oder bei genauerer Analyse hier sehr wohl ebenfalls Rebound-Effekte eintreten, indem noch vor fünf Jahren exzessiv propagierte Outsourcing-Strategien wieder zurückgefahren werden, spielte nur am Rande eine Rolle.

Die zentrale Debatte entspann sich um den Begriff "einfache Arbeit" - gibt es so etwas, wo kommt der Begriff her, in welchem Spannungsfeld bewegen wir uns dabei. Das Beispiel "Sand schaufeln" als Tätigkeit, wo man "den Kopf ausschalten" könne, wurde genauer auseinandergenommen und zwei Charakteristika identifiziert: Einmal geht es um stupide, monotone und vor allem fremdbestimmte Tätigkeiten (eine kleine Erweiterung des Blickwinkels ließ neben der Anordnung "Schaufelt Sand" auch den Anordnenden sichtbar werden) und zum anderen ist selbst derart "einfache Arbeit" nur mit eingeschaltetem Kopf möglich, weil sie eine durchschnittliche physische und intellektuelle Entwicklung voraussetzt. Im Wandel der technologischen Basis von Gesellschaft wandelt sich also auch der Begriff "einfache Arbeit" von "einfacher Arbeit alter Art" zu "einfacher Arbeit neuer Art". Es kann also gut sein, dass bei der Beobachtung des "Zurückgehens einfacher Arbeit" Äpfel mit Birnen verglichen werden.

Spannender schon die Frage, nach welchen Prinzipien sich die Teilnehmer des Arbeitsprozesses in Anordnende und Ausführende differenzieren und ob diese Prinzipien im Zuge des digitalen Wandels selbst einem Wandel unterworfen sind. Die Unterschiede zu Zeiten, wo "ein Kopf tausend Hände" dirigierte oder gar die "Wissenden" in freimaurerischen Geheimbünden organisiert waren, lassen sich mit Händen greifen und zeigen, dass die gewachsene technische Handlungsmacht der Menschen zu zwei Effekten führen - dem deutlichen Anwachsen der Anforderungen an eine durchschnittliche physische und intellektuelle Entwicklung und dem Anwachsen der Potenziale zu selbstbestimmter Arbeit. Während vor 100 Jahren noch Knechte und Mägde aufs Feld mussten, um die Ernte unter einheitlichem Befehl einzusammeln, fährt der Bauer heute dasselbe allein mit dem Traktor ein.

Derartige Änderungen sind schon länger zu beobachten, allein mit dem digitalen Wandel steigen die Möglichkeiten und Herausforderungen zu selbstbestimmter Arbeit noch einmal deutlich an. Es bleibt weiter zu diskutieren, welche gesellschaftlichen Veränderungen ein solches eher evolutionäres Anwachsen von Momenten der Selbstbestimmtheit mit sich bringt. Spannend, derartige Fragen auch einmal auf dem Konzept einer Klassengesellschaft durchzudeklinieren.

Hans-Gert Gräbe, 20.06.2013


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