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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2013-01-22


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Visionen einer freien Wissensordnung

Termin: 22.01.2013, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-10

Vortrag und Diskussion mit Peter Pfahl

Ankündigung

Eben Moglen hat in mehreren Aufsätzen Bewegungsformen der Veränderungen in der Wissensordnung unserer Gesellschaft immer wieder thematisiert und mit verschiedenen klassischen Ansätzen in Verbindung gebracht. Nicht zuletzt mit seinem "Dot Communist Manifesto" lotet er Gemeinsamkeiten und Differenzen mit klassischen Vorstellungen einer marxistischen Traditionslinie aus.

Dieses Spannungsfeld soll mit dem Vortrag und der anschließenden Diskussion ausgemessen werden.

Literatur:

Hans-Gert Gräbe, 09.01.2013

Anmerkungen

Vortrag und Diskussion fokussierten allein auf Moglens "dotCommunist Manifesto". Die Begeisterung von Pfahl und anderer über die schöne Argumentation von Eben Moglen traf dabei hart auf die Skepsis von Kleemann, ob sich der Gedankengang eines Wandels in der vorgetragenen Form wirklich durchhalten lässt und ob gravierende Differenzen zum Ansatz des "Kommunistischen Manifests" von Marx und Engels wirklich bestehen oder dies nur Differenzen zu einer späteren traditionsmarxistischen Lesart dieses Klassikers sind. Insbesondere die Formung einer "digital working class" mit einem eigenen "Klassenbewusstsein", die bei Moglen durchschimmert, rief Widerspruch hervor, weil sie mit dem Emanzipationsanspruch der 10. Feuerbachthese, die Perspektive "einer menschlichen Gesellschaft" zu gewinnen, die nur als "gesellschaftliche Menschheit" zu denken ist, im Widerspruch steht.

Dem möchte ich zwei Argumente entgegenhalten. Zum einen nimmt Moglen ganz klar auf eine Weise auf das Original Bezug und bei diesem Anleihen, die bis hin zur Wortwahl und zu Metaphern und Bildern gehen (die im Übrigen im englischen Original deutlich stärker wirken, da eine deutsche Übersetzung zwei Probleme hat - die semantischen Verschiebungen der Bilder der englischen Übersetzung des deutschen Originals von Marx/Engels und die semantischen Verschiebungen der Bilder der deutschen Übersetzung des englischen Originals von Moglen). In einem solchen Rahmen lassen sich nur wenige Momente angemessen verstärken oder abschwächen. Es ist also, wie man sich leicht an anderen Texten von Moglen überzeugt, keine originär Moglensche Argumentation (die steht gewöhnlich weit stärker in der Tradition anarchistischer Ansätze, mit denen Marx bekanntlich zeitlebens seine Probleme hatte). Und zum anderen stammt der Text aus dem Jahr 2003, also aus einer Zeit vor einem stärkeren argumentativen Umbruch, den wir um 2005 für die deutsche Diskussion um die Herausbildung einer "digitalen Gesellschaft" konstatiert hatten, der sich aber auch in der internationalen Diskussion abzeichnet. Das "dotCommunist Manifesto" ist (wie die meisten Texte von Moglen) kein zeitloses Dokument, sondern nur im Kontext der damaligen Debatten zu verstehen, in der vor allem in der anglo-amerikanischen Debatte eine deutliche Rückbesinnung auf Marx zu verzeichnen war (siehe etwa den Film Revolution OS).

Letzteres weist zugleich auf ein Spezifikum der bornierten deutschen Debatte - Argumentationen der amerikanischen "kulturellen Linken" (siehe [Rorty, Kap. 3]), die seit den 1960er Jahren am MIT die theoretische und praktische Entfaltung des "digitalen Zeitalters" ganz wesentlich vorangetrieben haben, auf deren Boden die heutigen Branchenriesen Google, Amazon, Apple usw. gewachsen sind und die auch wesentlichen Einfluss auf moderne Firmenstrategien einiger "Dinosaurier" wie IBM hatten, spielen eine allenfalls marginale Rolle. Dabei ist die Biografie von Moglen, der als (theoretischer) Informatiker begonnen hat, später zum Historiker wechselte und heute Rechtsprofessor an der renommierten Columbia Law School ist, eher die Regel als die Ausnahme eines amerikanischen Wegs des "just do it", der in der behäbigen deutschen akademischen Landschaft wohl nur als "failed academic biography" durchgehen würde.

Literatur:

  • Richard Rorty: Stolz auf unser Land. Die amerikanische Linke und der Patriotismus. Suhrkamp 1998.
Hans-Gert Gräbe, 26.01.2013


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