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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
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Nachhaltige Informationsgesellschaft

Termin: 17.12.2012, 15.15 Uhr

Ort: Seminargebäude, SG 3-10

Vortrag und Diskussion mit Jasmin Viktoria Timm

Ankündigung

Unter dieser Überschrift steht das im GI-Fachausschuss "Informatik im Umweltschutz" verabschiedete "Memorandum" aus dem Jahr 2004. Es markiert zugleich einen gewissen Abschluss einer Debatte, in der die Kontroverse zwischen Peter Janich und einer Reihe von Informatikern einen nicht geringen Stellenwert hatte.

Irgendwie scheint die Zeit aber über dieses Memorandum hinweggegangen zu sein und selbst der Fachausschuss widmet sich heute scheinbar anderen Themen. Andererseits gibt es eine breite gesellschaftliche Debatte über "Nachhaltigkeit", die aber ebenfalls die damaligen Argumente (und überhaupt Technizität von Lösungen) nur sehr verhalten reflektiert.

Sind dies alles nur divergierende Tendenzen in der heutigen divergierenden Welt, eine neue Windung der Sprachverwirrung nach dem Turmbau zu Babel, oder lässt sich ein Standpunkt gewinnen, von dem aus sich eine Logik dieser Entwicklungen auch sprachlich fassen lässt?

Literatur:

Hans-Gert Gräbe, 2.12.2012

Nachbetrachtungen

Mit diesem Vortrag und Seminar wird mit dem Wort Nachhaltigkeit ein neuer Begriff in unserer Debatte eingeführt, der aus mehreren Aspekten heraus problematisch ist und im Zweiten Interdisziplinären Gespräch "MINT - Zukunft schaffen. Nachhaltigkeit und Technik" bereits problematisiert wurde. Timm (der genaue Inhalt des Vortrags erschließt sich weitgehend aus den Folien) führte den Begriff ein wie an anderer Stelle in diesem Wiki ausgeführt

Der moderne Begriff der Nachhaltigkeit geht davon aus, dass wir mit unserer Umwelt, den Ressourcen unserer Erde, so umgehen sollten, dass auch nachfolgende Generationen (in 3/5/7 Generationen, also langfristig) zumindest gleich gute Lebensbedingungen vorfinden.

Die Problematik einer solchen Fassung des Begriffs Nachhaltigkeit liegt auf mehreren Ebenen:
  • Mit dem Begriff Umwelt wird das zu Gestaltende allein unter der Form des Objekts gefasst, die gedankliche Welt der Ausbeutung der Ressourcen der Erde also nicht "nachhaltig" verlassen. Auch die Abwandlung des Begriffs in "Mitwelt" ist nur bedingt hilfreich, insoweit damit aus dem Gegeneinander ein Nebeneinander wird.
  • Der Ansatz setzt methodisch auf die Zementierung von Verhältnissen, die Frage der letzten Seminare, wie eine menschliche Gesellschaft im Sinne der 10. Feuerbachthese zu gewinnen wäre, wird bestenfalls zur nachrangigen Frage erklärt, schlimmstenfalls als dem Nachhachhaltigkeitsgedanken widersprechend denunziert.
  • Der Ansatz ist ahistorisch, denn auch die "natürlichen" Reproduktionsschemata der uns heute umgebenden "Umwelt" sind bereits "Menschenwerk" (genauer: anthropogen beeinflusst), wie ein Vergleich der mitteleuropäischen Vegetation heute und vor 1.000 Jahren unmittelbar zeigt. Damit zielt der Ansatz insbesondere auf die Zementierung zentraler gesellschaftlicher Verhältnisse.
  • Mit der Fixierung auf ein "Verhältnis zur Umwelt" verselbstständigen sich die Mittel ein weiteres Mal, mit denen der Mensch als Gattungswesen Einfluss auf dieses "Verhältnis" nehmen kann. Insoweit sie überhaupt thematisiert werden, werden sie im Sinne positiver Wissenschaft und Technik thematisiert, welche die Umwelt (notwendigerweise, wie Renate Wahsner herausarbeitet) unter der Form des Objekts fasst.
In diesem Sinne kann Nachhaltigkeit überhaupt nur im Kontext der Debatte um eine menschliche Gesellschaft im Sinne der 10. Feuerbachthese thematisiert werden, was aber zugleich die Messlatte für eine solche Debatte sehr hoch legt.

Ein solcher Nachhaltigkeitsbegriff ist allerdings weitgehend ungeeignet, über eine nachhaltige Informationsgesellschaft zu debattieren, da es hier primär um den (politischen?) Einfluss auf hochgradig dynamische (überdies gesellschaftliche) Veränderungen geht, von denen in keiner Weise ein Maß existiert, mit dem sich messen ließe, "dass auch nachfolgende Generationen ... zumindest gleich gute Lebensbedingungen vorfinden". Es geht vielmehr darum, in einem speziellen Bereich der Entfaltung des Menschen als Gattungswesen dieser Entfaltung Humanität für die Menschen als Individuen abzuringen. Im Gegensatz zur Naturzentriertheit der "klassischen" Nachhaltigkeitsdebatte ist die Debatte um eine nachhaltige Informationsgesellschaft auch weitgehend anthropozentrisch, wie sowohl das »Memorandum Nachhaltige Informationsgesellschaft« als auch der Text von Thomas Schauer zeigen mit den Kapiteln

  • Risks to an Ecologically Sustainable Information Society
  • Risks to a Socially Sustainable Information Society
  • Risks to an Economically Sustainable Information Society
  • Risks to a Culturally Sustainable Information Society
Interessant aus der Sicht unseres Seminars sind also nicht nur die diskutierten Fragen selbst, sondern auch die dafür entwickelte Systematik und die politischen Praxen, in denen die Frage nach einer menschlichen Gesellschaft in diesem speziellen Gebiet sich neu etablierender Technik bewegt wird.

Im Ergebnis der Diskussion wurde folgender Rahmen abgesteckt. Von der - nicht trivialen - Forderung, dass es überhaupt etwas zu verhandeln gibt, geht der Weg über die Fragen Was? Wer? Wo? und Wie? dies zu verhandeln sei und vor allem, wie das Verhandelte praktisch wirksam wird. Es geht um das gesellschaftliche Prozessieren der Ambivalenz von technischer Entwicklung im Spagat zwischen den Chancen für den Menschen als Gattungswesen und den Risiken für die Menschen als Individuen sowie die Weiterentwicklung (Höherentwicklung - so Kleemann) der Potenziale, welche die Gesellschaft als verfasste Gemeinschaft dafür zu entfalten vermag.

Hans-Gert Gräbe, 25.12.2012


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