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Hans Gert Graebe / Seminar Wissen /
2011-01-03


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"Variation auf ein Thema von Bach" - zu den Schaffensbedingungen Kreativer heute

Termin: Montag, 03.01.2011, 17.15 Uhr

Ort: Uni Leipzig, Universitätsstraße 7, Seminargebäude, Raum 1-10

Einführung in die Diskussion: Hans-Gert Gräbe

Ankündigung

In unserer Diskussion über die Arbeits- und Lebensbedingungen in der digitalen Gesellschaft spielten die eigentlichen Schaffensbedingungen der "Kreativen" bisher eine untergeordnete Rolle. Wir wollen der Frage nachgehen, was die rigide Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, anwaltliche Abmahnwellen und nun auch - unter dem Mantel eines novellierten Jugendmedienstaatsvertrags - zunehmender staatlicher Druck für diese Schaffensbedingungen bedeuten.

Kann ein Kreativer heute noch eine "Variation auf ein Thema von Bach" (oder gar auf ein Thema eines heutigen "Bach") komponieren und vor allem auch veröffentlichen ohne hierfür über eine Lizenz von Herrn Bach zu verfügen. Und muss Herr Bach diese Lizenz erteilen?

Literatur:

Bericht

Der Startpunkt der Debatte (Variationen auf Bach) führte - nicht unerwartet - sofort auf praktische Erfahrungen mehrerer (!) Anwesender mit anwaltlichen Abmahnwellen, die heute nicht nur urheberrechtliche Fragen begleiten. Jede kreative Äußerung im Netz steht unter dem Vorbehalt einer möglichen Verletzung rechtlicher Regelungen, weil das Gestrüpp dieser Regelungen und denkbaren Interpretationen für den "Normal-Kreativen" ohne anwaltliche Hilfe nicht mehr zu durchdringen ist. Also stellen wir heute neben jeden Kreativen einen Anwalt?

Die Debatten um Konsequenzen des - aus einer Grille zwischenparteilichen Gezänks in NRW nun doch nicht zum 1.1.2011 in Kraft getretenen - Jugendschutzgesetzes für Betreiber von Websites zeigten dieses Dilemma besonders deutlich auf. Die Regelungen sind so vage formuliert, dass alles, was ein praktisch tätiger Kreativer auch immer unternimmt, falsch oder unzureichend sein wird. Die praktische Ausformung eines ordnungsrechtlichen Rahmens in diesem neuen Bereich, die auch in keinem anderen Fall allein der Gesetzgeber leisten kann, wird auf dem Rücken der Kreativen ausgetragen, die die Zeche zahlen sollen ohne überhaupt ausreichend Mitsprachemöglichkeiten eingeräumt zu bekommen.

Dies ist jedoch irgendwie charakteristisch für die gesamte Ausformung neuer Rechtsbereiche der digitalen Gesellschaft. Sampling und Collagen - kreatives Zusammenfügen von Inhalten als eine der wichtigsten Kreativtechniken - steht unter der Kuratel des Urheberrechts und weiterer Rechte wie dem Persönlichkeitsrecht, wenn Kreativtechniken wie Verfremdung von Inhalten hinzukommen. Das kreative Potenzial wird in der Umarmung des Rechtssystems erstickt - wenigstens insofern die Ergebnisse von Kreativität den privaten Bereich verlassen und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Und wenn es der öffentlich auftretende Laienchor ist, der hinterher mit GEMA-Forderungen überzogen wird.

Aber genau auf Öffentlichkeit zielt die digitale Revolution - "Unsere Zeit bietet wie keine andere eine gewaltige Sammlung von Wissen in Textform dar. Die gesamte Geistesgeschichte der Menschheit wird auf CD-Roms, auf Internetseiten, in Antiquariaten und im Buchhandel dargeboten, alles ist gut vernetzt und so leicht zugänglich, daß es eine Schande wäre, dieses Material nicht wach und offenen Sinnes zu gebrauchen." ([1], S. 300)

Es geht in diesem Ringen also um Zukunftsfähigkeit schlechthin - und die Kreativen sind dabei in keinem Fall die "Bösen".

[1] Matthias Käther: Über Marxens Rezeptionsmethode. Utopie kreativ 162 (2004), S. 293-300. ( pdf)

Hans-Gert Gräbe, 6.1.2011


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