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FranzNahrada an HelmutLeitner: Hallo Helmut, wie telephonisch besprochen - aber es sind jetzt doch mehr ein paar Stichworte geworden. FranzNahrada 19. Februar 2010 11:47 CET


Aufruf zu einem Workshop über Mustertheorie

(Es häufen sich die Anzeichen dafür, dass wir am Beginn einer Revolution im Denken stehen. Die Welt der Wissenschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten verwandelt und wurde zunehmend von der Einsicht verunsichert und erschüttert, dass das fundamentale Paradigma der Zerlegung der Welt in einzelne, isolierbare Gesetzmäßigkeiten unsere Erkenntnis und Gestaltungsfähigkeit nicht wirklich vermehrt. Im Gegenteil steht die Welt vor immer mehr unbeherrschbaren Systemschranken, seien diese nun ökonomischer, ökologischer oder kultureller Natur. Diese sind gerade vielen Menschen die um den Wert der Wissenschaft wissen nicht mehr gleichgültig - und nötigen zur Selbstreflexion.

Die Zahl der Reaktionen und Gegentendenzen auf diese Einsicht ist Legion; von Aufrufen zu und Versuchen von Transdisziplinarität und systemischen Denken bis hin zu esoterisch - romantischen Beschwörungen der Einheit der Welt oder mehr oder minder gerechtfertigten Hoffnungen auf das "ganz Andere" (zum Beispiel eine andere gesellschaftliche Grundlage von Wissenschaft) häufen sich die Versuche, das "geistige Band" zu finden das es uns erlaubt Wirklichkeit in ihrem lebendigen Zusammenhang zu erkennen und zu gestalten.

Ein vielversprechender Ansatz, der immer mehr an Boden gewinnt und kleine, überprüfbare Schritte erlaubt ohne andere Lösungen zu präjudizieren, ist die von Christopher Alexander begründete Mustertheorie. "Muster" im Alexanderschen Sinn sind gerade nicht beliebige wiederkehrende Regelmäßigkeiten (Naturgesetze werden nicht geleugnet, eher als banal unterstellt Naturgesetze sind zwar unleugbar Rahmenbedingungen für kreative Prozesse bzw. Gestaltung, steuern diese aber nicht und machen diese nicht verständlich), sondern wenn man so will vielmehr jene Regelmäßigkeiten denen eine generative Kraft innewohnt. Solch eine Kraft ist freilich nicht ein metaphysisches Konstrukt, sondern schlicht und einfach, um einen sehr belasteten Begriff zu gebauchen, zugleich das Resultat und die Voraussetzung eines "intelligenten Designs". Das "Game of Life" enthüllt dass es Struktureigenschaften von Dingen (im weitesten Sinn) gibt, die zur Folge haben dass sie sich mehr oder weniger gut fügen; dass sie in bestimmte immer wiederkehrende Beziehungen zueinander treten; dass durch diese Beziehungen komplexe Systeme quasi "von unten" wachsen können. Mustertheorie beschreibt diese Struktureigenschaften als die Fähigkeit eines Objektes, eines oder mehrere definierte Probleme zu lösen. Sie gibt uns eine Methode in die Hand, Ketten und Sequenzen von problemlösenden Zusammenhängen zu identifizieren und zu konstruieren.

Alexander hat damit in der Architekturtheorie einen bahnbrechenden Mittelweg zwischen den Sackgassen des Normativismus auf der einen Seite und der pluralistischen Beliebigkeit auf der anderen Seite gefunden. Er hat gezeigt, dass nahezu nichts an sich gut oder schlecht ist, aber in ungeheurem Ausmass Dinge förderlich oder beschränkend aufeinander wirken können weswegen "gute" Lösungen immer wieder evolutionär auftreten. Er hat den Blick geöffnet auf eine "vernetzte Typologie" seines Gegenstandsbereiches, in der erhellt wird, in welchen Kombinationen und Konstellationen die Welt der Gegenstände zu leben und zu atmen beginnt. Er hat eine Methode der Beschreibung und Analyse entwickelt, die unser Denken systematisch in die Lage versetzt, dieses Leben in seinen detaillierten Funktionen nachzuvollziehen und zu re- oder neu zu konstruieren - im Kleinen und im Großen.

Der Schluss ist nicht mehr kühn und abwegig, dass diese Denkweise sämtliche Wissenschaften erfassen und verändern wird. (Die Informatik ist ein Beispiel dafür dass das schon teilweise geschehen ist) Doch diese (mögliche) Revolution im Denken passiert nicht "top down"; sie ist das Resultat des aggegierten Bemühens vieler Einzelner, die (vorzugsweise vernetzt miteinander) die unendlich komplexen generativen Grammatiken verschiedenster Gegenstandsbereiche zu schreiben beginnen. Sie ist die Fortsetzung der besten Traditionen wissenschaftlicher Objektivität, indem sie - wenn auch mit Hilfe von intuitiven Elementen - einen Zugang zum Eigenleben der Gegenstände zu finden versucht, durch die diese miteinander - und auch mit uns - "kommunizieren". Wir brauchen keine Seele, Lebenskraft oder Matrix zu unterstellen, um diese Eigenschaften anhand von optimierten raumzeitlichen Strukturen zu beschreiben.

Der Verein GIVE gründet sich auf dem kühnen Versuch, eine im Vollinhalt noch nicht existente Struktur menschlicher Siedlungs- und Lebensform zu verstehen und zu entwickeln, in denen Raum, Zeit, Materie und Energie ein Wechselspiel mit Medien der Information und Kommunikation vollziehen, das eine drastische Zunahme an Effektivität und Reichhaltigkeit unserer Lebensprozesse im Lokalen zum Ziel hat. GIVE ist gerade aus diesem Entwicklungsgesichtspunkt heraus interessiert an Mustern, und zwar in verschiedenen Gegenstandsbereichen wie Regionalentwicklung, Produktion und Lebensraumgestaltung, Bildung und Gemeinschaftsaufbau. Er ergreift die Initiative zu einem Treffen von Menschen, die an Mustertheorie ganz grundsätzlich interessiert sind. Es werden keine akademischen Qualifikationen vorausgesetzt, aber Interesse an der Sache und eine undogmatische Neugierde, die immer auch von der Grundüberzeugung getragen ist, dass intelligentes Design viele Alternativen und Varianten kennt, die es sich zu durchdenken lohnt, wenn man nicht einfach Tradiertes reproduzieren will Es wird keine formelle akademische Qualifikation vorausgesetzt, aber ein Bezug zur Sache und eine undogmatische Neugierde verbunden mit der Einsicht, dass es (für ein "intelligentes Design") notwendig sein kann, viele Alternativen und Varianten zu untersuchen, wenn man nicht nur einfach Tradiertes reproduzieren will.


HelmutLeitner 19. Februar 2010 15:26 CET: Franz, dieser Aufruf gefällt mir sehr gut. Sehr schön finde ich z. B. die Umschreibung von Mustersprachen mit dem Ausdruck "generative Grammatiken". Wenn überhaupt, würde ich nur an folgenden Punkten eine Änderung vorschlagen.

Der eine Punkt betrifft die abschließende Formulierung von Anforderungen an die Teilnehmer, die mir unnötig verklausuliert erscheint (ich selbst müsste konzentriert nachdenken, ob ich dem entspreche). Würde man den gerade erst eingeführten Begriff "intelligentes Design" eliminieren und den Satz vereinfachen, wäre mir wohler. Zum Beispiel "Es wird keine akademische Qualifikation vorausgesetzt, aber ein Bezug zur Sache und eine undogmatische Neugierde verbunden mit Einsicht, dass es (für ein "intelligentes Design") notwendig sein kann, viele Alternativen und Varianten zu untersuchen, wenn man nicht nur einfach Tradiertes reproduzieren will.

Der andere Punkt steckt in der widersprüchlichen Verknüpfung von "Kritik am Romantisieren" einerseits und andererseits einer selbst vorgenommenen romantisierender Beschwörung revolutionärer Wendezeit. Ich glaube nicht, dass diese Dramatisierung etwas bringt. Ich glaube auch nicht, dass es im Mainstream der akademischen Welt ein Wendegefühl gibt - und wenn, dann müssten Insider das formulieren, um es zu legitimieren.


FranzNahrada 20. Februar 2010 10:42 CET Ich akzeptiere beide Punkte als richtige und zielführende Einwände und habe sie in den Aufruf eingearbeitet. Wenn es konsensual ist, dann lässt sich damit arbeiten. Mein Wunsch wäre es, dass die Interessenten an dieser veranstaltung die Initiative ergreifen und diese Veranstaltung tatsächlich in einen akademischen Rahmen tragen, zum Beispiel aufs IRUB der BOKU, wo es eine vorhandene Wertschätzung unserer außeruniversitären Arbeit gibt. In diesem Sinn würde ich weitere Akteure wie ArthurSpiegler und Wolfgang Kromp einbeziehen und kann mir vorstellen an Gerlind Weber heranzutreten. Ich habe jetzt schon Probleme es als "interne Veranstaltung von GIVE" zu branden, schon alleine deshalb weil die Initiative von Dir, Helmut gekommen ist und Du derzeit noch immer nicht wieder Mitglied von GIVE bist und wir auch mit schnellen Schritten warten sollten. GIVE ist in einem nicht optimalen Zustand, darüber hat mich auch und gerade der Workshop belehrt und ich bin mir nicht sicher wie die Zukunft aussieht. Aber ich bin als derzeitiger Generalsekretär und wissenschaftlicher Leiter dafür, die Initiative mitzutragen und ein Co-Branding zu ermöglichen. Eine Aussprache der Beteiligten über Sinn des und Spielregeln im Verein GIVE würde dadurch jedenfalls wesentlich erleichtert.Wesentlich ist dass diese Reflexion stattfindet, und ich als Person kann mich damit sehr gut identifizieren. Das vereinsleben ruht im Moment ziemlich und kann vielleicht damit wiederbelebt werden, aber das sollten wir nicht präjudizieren.


Ein Satz lag mir auf der Zunge aber den hab ich dann nicht reingenommen: Zu "Wir brauchen keine Seele, Lebenskraft oder Matrix zu unterstellen, um diese Eigenschaften anhand von optimierten raumzeitlichen Strukturen zu beschreiben." wollte ich fortsetzen: Wir brauchen diese aber auch nicht zu leugnen. Ich wollte damit, mit diesem agnostischen Satz, auch für Menschen eine Brücke bauen die ansonsten verlorengingen, aber vielleicht vieles beitragen könnten. Aber es erschien mir dann doch zu mißverständlich. FranzNahrada 20. Februar 2010 11:01 CET

HL: Ich sehe einige verschiedene "Großperspektiven", die sich aber wohl kaum in einer Veranstaltung vereinigen lassen, noch dazu wo viele vielleicht zum ersten Mal intensiver mit Mustern in Berührung kommen. Das, was du da ansprichst, könnte man unter einen Titel "der hehre und intellektuelle Alexander" stellen.


FranzNahrada: Schön langsam wird mir denn doch immer klare bewusst was ich gern als Gegenstände hätte

  • Muster für Gemeinschaftsbildung und "moralische Ökonomien" (wobei unter Moralische Ökonomie das bewusste korrigieren ungewollter Entwicklungen durch wirtschaftliche Disparitäten gemeint ist, z.B. Jubeljahr. (Übrigens ein äußerst schlechtes Beispiel für Muster denn "nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 wurde das Jubeljahr im Judentum nicht mehr begangen.")
  • Muster für Dörfer (Alexander konzentriert sich ausschließlich auf Städte)
HL: ich glaube, dass wir im Themenbereich festgelegt, vor allem einen kleinen Verständnisschritt nach dem anderen gehen sollten. Wo sind die Teilnehmer abzuholen? Wo können sie sich mit der Denkweise Alexanders verbinden? Wo gibt es Verständnisprobleme? Wo stellt sich am leichtesten ein persönlich wahrnehmbarer Nutzen ein?


FranzNahrada 21. Februar 2010 17:28 CETja: lansam und pomali. Ich glaube wir haben heute Konsens erzielt dass es zumindest zwei Veranstaltungen braucht....Und damit aber auch konkret das Ziel der ersten formuliert.

HelmutLeitner 22. Februar 2010 7:43 CET: Ja, wobei andere Zielgruppen auch andere Aufrufe brauchen. Die obige Einleitung über die Wissenschaft scheint mir eher zum 2. Termin zu passen.