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Auszüge aus dem Buch " Käthe Leichter - Leben, Werk und Sterben einer österreichischen Sozialdemokratin"    
Herausgegeben von Herbert Steiner (Verlag Iberia & Molden, 1997)

Kontakte mit Rosa Jochmann, aufgeschrieben von FritzEndl:

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Auszüge aus dem Buch " Käthe Leichter - Leben, Werk und Sterben einer österreichischen Sozialdemokratin"   
Aus der „Einleitung“   
Aus: „Die Familie Leichter“   
Aus: „In der Arbeiterkammer“   
Aus: „Arbeit und Wirtschaft“   
Aus: „In der Sozialdemokratischen Partei“   
Aus: „Nach dem Februar 1934“   
Aus: Nach der Annexion Österreichs   
Aus: Im Konzentrationslager Ravensbrück   

Aus der „Einleitung“    

S.13: Rosa Jochmann, langjährige Freundin und Lebensgefährtin im Konzentrationslager Ravensbrück, schrieb über sie: „Käthe war die bedeutendste Frau, die es zumindest in unserem Bereich gegeben hat.“

Aus: „Die Familie Leichter“    

S.28: Rosa Jochmann, die nach 1934 mit Käthe Leichter besonders eng befreundet war und sie oft in Mauer besuchte und mit ihr lange anregende Diskussionen geführt hat, erinnert sich an die Familie: „Käthe war ein Mensch, der alles konnte, wenn es sein mußte: Kochen, Strümpfe stopfen, waschen aufräumen- nicht gerne, aber sie schaffte es. Die Liebe zu ihren beiden Buben war für mich immer ein Erlebnis – keine Mutter und auch kein Vater mit strenger Miene-, sondern alles und jedes wurde den Kindern erklärt und nahegebracht. Heinz, der ältere, war mit neun Jahren schon so gescheit, daß er mich mit seinen Fragen immer wieder in Verlegenheit brachte, aber Franzi, der jüngere, war ein richtiger Wiener Lausbub. Einmal sollte ich an einer Sitzung der Eisenbahner, irgendwo in Mauer teilnehmen. Franzi hatte die Aufgabe, mich hinzubringen, aber da sah er draußen auf der Straße eine Gruppe raufender Buben: Mit einer Handbewegung deutete er an, wohin ich gehen sollte, und schon war er mitten unter den Raufenden.“

S.34:Rosa Jochmann berichtet über die Wirkung der Familienbriefe: „Über Umwege bekam sie Briefe von ihren Lieben. Dann strahlte sie über das ganze Gesicht. Heinz, der ältere, hatte seine erste Liebesenttäuschung erlebt, und da wandte er sich an seine Mutter und schilderte ihr sein Leid. Als wir uns trafen, war sie voller Glück. „Meine Kinder haben mich nicht verlassen, mein Bub kommt mit seinem Leid zu mir.“ Rosa Jochmann erinnert sich auch daran, daß die unter widrigsten Umständen im KZ stets optimistische Käthe ein einziges Mal jede Hoffnung aufgegeben hatte. Sie befand sich das vierte Jahr im Konzentrationslager, und es war am Geburtstag eines ihrer Söhne, als sie zu mir sagte: „Rosa, jetzt möchte ich schon, daß es bald zu Ende geht.“ Einige Wochen später kam es zum endgültigen Abschied. Rosa Jochmann und Helene Potetz hatten Gelegenheit, Käthe Leichter vor dem Abtransport zu sprechen. Plötzlich sagte Käthe – sie hatte vorher niemals an eine Vernichtung geglaubt-: „Rosa, bitte, aber wenn mir doch was zustoßen sollte, dann grüße meine drei Buben (sie sagte von Otto auch immer, er sei ihr Bub), ich habe ihnen viel zu danken, sie waren das Schönste in meinem Leben, aber wenn unsere Partei wiedererstehen wird, könnt ich mein Leben nochmals leben, dann würde ich es genauso leben wie bisher, in der Partei und für die Partei.“

Aus: „In der Arbeiterkammer“    

S.73 Rosa Jochmann schreibt in ihren Erinnerungen: „Ich war Hilfsarbeiterin bei der Firma Auer. Da hieß es seines Tages, im Brauhaus wird eine Frau Dr.Käthe Leichter sprechen. Begeistert waren wir von dieser Aussicht nicht – nach sechs Uhr abend und nach einem schweren Tag der Arbeit noch ins Brauhaus zu gehen. Wir erzeugten Glühstrümpfe und litten unter der furchtbaren Hitze im luftdicht verschlossenen Brennsaal. Aber wir gingen hin und haben es nicht bereut. Damals sah ich Käthe zum erstenmal. Eine Frau Doktor? Nun, die wird uns wieder so gescheite Sachen erzählen, mit denen wir nichts anfangen können. Aber es kam anders. Wir waren damals ganz jung, ich war kaum zwanzig Jahre alt, und wir dachten, diese erzwungene Anwesenheit durch Späße zu überbrücken. Doch Käthe hat uns in ihren Bann gezogen, und wir mussten immer wieder daran denken: Alles ist genau so, wie es die Frau Doktor sagt. Nach der Versammlung ist Käthe nicht davongelaufen, sondern unterhielt sich noch lange mit uns und wollte alles wissen: Wie wir arbeiten, was wir am Sonntag tun und so weiter. In der Folge baten wir Käthe immer wieder zu uns.“

Kurze Zeit danach erhielt Rosa Jochmann von Käthe Leichter die Einladung zu einem Betriebsratkurs in der Arbeiterkammer. Nach den Vorträgen gab es Anfragen und Diskussionen. „Käthe half uns, unsere Minderwertigkeitsgefühle zu überwinden, mitzureden und mitzudenken.“ Sie forderte auf, einen Beitrag über Frauen in der chemischen Industrie für das Handbuch zu schreiben, und darüber erzählt Rosa Jochmann: „Ich war voller Entsetzen, es quälte mich wochenlang; wie sollte denn ich etwas schreiben? Aber Käthe gab nicht nach, sie drängte nur, da sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war und die Arbeit fertigstellen wollte. Natürlich hat Käthe unsere Beiträge überarbeitet und eingerichtet, denn wir waren ja Stümper.“

Aus: „Arbeit und Wirtschaft“    

S.84 In den ersten drei Jahren konnte Käthe Leichter mehr als neunzig Frauen zur publizistischen Mitarbeit heranziehen, von denen viele zum erstenmal in ihrem Leben einen Artikel schrieben. Während im Jahre 1925 in Arbeit und Wirtschaft zwei und im folgenden Jahr sechs Artikel von Käthe Leichter veröffentlicht wurden, finden sich von den Jahrgängen 1927 und 1928 an, als es den Frauenteil erstmals gab, keine Beiträge von ihr. Sie hat damals offenbar versucht, vor allem andere Mitarbeiterinnen zu finden und deren Arbeiten einzurichten. Artikel lieferten unter anderen: Anna Boschek, Mathilde Eisler, Else Depauli, Marie Cigler, Lina Svoboda, Wilhelmine Moik, Hermine Churfürst, Amalie Rifler, Marie Jahoda, Anna Hutterer, Lina Uhlir, Olga Schwarz, Julia Badroth, Magda Pfabigan, Maria Holowatyi, Steffi Hemmelotter, Aline Furtmüller, Rosa Jochmann, Gerda Kautsky, Rudolfine Muhr, Marie Feßler und Isa Kösslsdorfer.

HANDBUCH DER FRAUENARBEIT IN ÖSTERREICH Herausgegeben von der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien.

I.Vorwort II. Die Entwicklung der Frauenarbeit in Österreich III: Die arbeitende Frau: …… Die Industriearbeiterin in der chemischen Industrie (Rosa Jochmann) u.a.……………..

S.97/98 So leben wir….

S.97: Kaum war das Handbuch der Frauenarbeit erschienen, stellte sich Käthe Leichter eine noch weiter gehende Aufgabe. Im Handbuch waren ausgewählte Funktionärinnen der Arbeiterbewegung zu Wort gekommen, und sie wollte deren Erkenntnisse mit einer breiteren Untersuchung der Frauenarbeit in den verschiedenen Industriezweigen vergleichen und untermauern. In ihren Erhebungen erachtete sie es als wesentlich, zu untersuchen, wie die Arbeiterinnen das dreifache Ausmaß an Pflichten bewältigen: die Berufsarbeit, die Haushaltsarbeit und die Mutterschaft….. Die Untersuchung erschöpfte sich jedoch keineswegs in der Ausgabe der Fragebogen und ihrer Auswertung. Es war notwendig, mit den Arbeiterinnen zu reden, sie über den Zweck der Untersuchung aufzuklären, ihnen im Interesse einer einheitlichen Beantwortung bei der Ausfüllung zu helfen, schriftliche Darstellungen durch mündliche ergänzen zu lassen. Dies wurde von Käthe Leichter mit viel Zeitaufwand, Geduld und Verständnis veranlaßt und erforderte die Hilfe mehrerer Mitarbeiterinnen: *) chemische Industrie – Rosa Jochmann; u.a.… …………….

S.98: Käthe Leichter erwirkte auch die Mitarbeit einiger Wissenschaftlerinnen….. Ein Drittel der ausgegebenen Fragebogen kam ausführlich und genau beantwortet zurück und konnte in die Auswertung einbezogen werden. Die Arbeiterinnen: Arbeitsgebiet, Alter, Stand Der Betrieb: Berufsschicksal, Beschwerden und Gesundheitsschäden, Arbeitszeit, Löhne, Stellung zum Beruf. Das Zuhause: die Wohnung, Hausarbeit, die Mutter, die Familienerhalterin, Tätigkeit in der Arbeiterbewegung und charakteristische Einzelschicksale.

Aus: „In der Sozialdemokratischen Partei“    

S.139: Die mit dem Parteitag 1931 gleichzeitig abgehaltene Frauenkonferenz wählte Käthe Leichter neben Rosa Jochmann in das Frauenzentralkomitee. Auch in dieser Parteifunktion vertrat sie bis zum Jahre 1934 nachdrücklich ihre Auffassungen.

S.143: Im Oktober 1933 wurde ein außerordentlicher Parteitag in Wien abgehalten…..Dollfuß war es unter dem Druck Mussolinis gelungen, die Sozialdemokraten in die Defensive zu drängen….. Rosa Jochmann und Hella Postranecky wurden auf diesem außerordentlichen Parteitag erstmals in den Parteivorstand gewählt. Otto Bauer verwies in seiner Rede auf die Verständigungsbereitschaft der Sozialdemokratie, die Bereitwilligkeit, die Verfassungskrise zu lösen und deutete an, daß man selbst über die „berufsständische“ Ordnung sprechen könne. Er warnte davor, leichtfertig vom Kampf zu sprechen und wies auf die Opfer hin, die ein solcher Weg fordern würde. „Kampf kann nicht kommen, wenn wir nicht wollen, sondern nur, wenn außerordentliche Ereignisse die Massen aufrütteln.“

S.146: Rosa Jochmann, Käthe Leichters engste Freundin in schwerer Zeit, nachmals Vorsitzende des Frauenzentralkomitees, stellvertretende Parteivorsitzende und Nationalratsabgeordnete, erinnert sich: „Otto Bauer, der Käthe ungemein schätzte, sagte einmal von ihr: „Genossin Leichter ist eine der gescheitesten Menschen in der Partei!“ Aber sie prunkte mit ihrer Gescheitheit niemals, hier war sie mit dem Genossen Bauer geistesverwandt. Sie konnte die schwierigsten Fragen so klarmachen, daß auch wir sie verstanden haben. Das kann man leider nicht von allen gescheiten Leuten sagen.

Käthe Leichters Sekretärin in der Arbeiterkammer, Henriette Denk, schrieb: „Ich sah Käthe persönlich zum letztenmal am Morgen des 12.Februar 1934, an dem Tag, als in Linz die ersten Schüsse fielen und nach langen Beratungen der Generalstreikbeschluß der Freien Gewerkschaften gefaßt wurde. Sie ging schweigend in ihrem Zimmer auf und ab, und auf meine Frage, was nun wohl geschehen werde, sah sie mich an und sagte tief bekümmert: „Das weiß ich nicht, das kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich weiß nur eines, es werden furchtbare Tage, Monate, ja vielleicht Jahre für uns alle anbrechen.“

Aus: „Nach dem Februar 1934“    

S.151: Die Familie Lichtenberg stellte ihre Wohnung in der Liechtensteinstraße für die illegale Zusammenkünfte dieses Ausschusses zur Verfügung. Die erste Sitzung fand am 26.Februar 1934 statt, und die erste illegale Leitungskörperschaft bildeten Manfred Ackermann, Roman Felleis, Karl Holoubek, Franz Jonas und Ludwig Kostroun. Rosa Jochmann, die dem vom Parteitag 1933 gewählten Parteivorstand angehörte, wurde zur Beratung zugezogen.

S. 153: Im September 1934 war die Familie Leichter nach Österreich zurückgekehrt und bewohnte ein kleines Haus in Wien-Mauer, das bald zu einem beliebten Treffpunkt der illegalen Funktionäre wurde, woran sich Rosefine Muhr erinnert: „Wir trafen uns im Hause Leichter mit Gesinnungsfreunden, und jeder Abend oder Sonntagnachmittag in Mauer war ein Erlebnis, jedes Gespräch mit Käthe eine Bereicherung.“ Rosa Jochmann erinnenrt sich ebenfalls: „Wie oft waren wir draußen in Mauer in ihrem neuen Heim und was für wunderbaren Stunden haben wir dort erlebt. Wir diskutierten stundenlang über das Morgen.“

Aus: Nach der Annexion Österreichs    

S.172: In der Nacht des 11.März 1938 gab Hitler der 8.Armee der deutschen Wehrmacht , SS-Verbänden und Abteilungen der Gestapo den Befehl, die österreichischen Grenzen zu überschreiten und das Land zu besetzen. In den darauffolgenden Tagen wurden mehr als 70.000 Österreicher verhaftet. Die Übernahme der Personalkarteien der Staatspolizei Schuschniggs durch die Gestapo bedeutete für alle Funktionäre der illegalen Arbeiterbewegung in den Jahren 1934 bis 1938 eine unabsehbare Gefährdung. Viele wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschickt; einigen wenigen gelang es, noch rechtzeitig zu flüchten. Otto Leichter wollte nach Jugoslawien fliehen, wurde aber an der Grenze zurückgewiesen. Es gelang ihm, noch im März mit einem falschen Paß in die Schweiz zu entkommen. Obwohl seine Frau als Rassejüdin und prominente Sozialistin besonders gefährdet war, wollte sie ihre Kinder und ihre alte Mutter nicht allein zurücklassen und wies die Ratschläge ihrer Freunde zurück, die sie beschworen, ins Ausland zu gehen. Käthe Leichter war sich über den Terror und die Unmenschlichkeit des Faschismus durchaus im klaren, aber was ihre eigene Person betraf, wollte sie das nicht wahrhaben und gab sich Illusionen hin. Sie war nicht die einzige, die dafür einen hohen Preis zahlen mußte. Die Gestapo beobachtete sie und ließ sich von Hans Pav, einem ehemaligen RS-Funktionär, der die Familie Leichter gut kannte, ständig berichten…..

S.173: Am Vortag der beabsichtigten Abreise traf Käthe Leichter Rosa Jochmann und Rudolfine Muhr in einem Hof des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, um von ihnen Abschied zu nehmen. „Aber Käthe sollte nicht wegkommen“, schreibt Rosa Jochmann. „Am Abend kam Hans Pav zu ihr. Er war einer der intimsten Freunde der Familie Leichter und nahm Abschied, streichelte die Kinder und wünschte, daß alles gut gehen sollte. Dabei wußte er –er hatte Käthe und andere verraten-, daß die Gestapo Käthe verhaften würde.

S.175: Im Konzentrationslager sprachen Käthe Leichter und Rosa Jochmann darüber, ob es denn nicht besser gewesen wäre, wenn sie nicht in die Wohnung ihrer Mutter gegangen wäre: „Aber darauf gab es bei Käthe immer nur eine Gegenfrage: „Denke, es wäre deine Mutter gewesen, wie hättest dann du gehandelt? Und außerdem wäre ich ja auf jedem Fall verhaftet worden, denn die Gestapo wußte genau, mit welchem Zug ich fahre, und außerdem, daß ich vorher die Mutter anrufe. Das alles hat Pav verraten. Ich hätte der Gestapo niemals entkommen können.“ Auch Rudolfine Muhr erinnert sich an ein ähnliches Gespräch: „Im Oktober 1939 war meine letzte und schwerste Begegnung mit Käthe Leichter. Wir sahen uns im Polizeigefangenenhaus Elisabethpromenade, und durch einen Zufall konnte ich im Waschraum ein längeres Gespräch mit Käthe führen. Auf meine Frage, warum sie der Aufforderung der Gestapo nachgekommen wäre, sagte sie mit einem vorwurfsvollen Blick: „Es war meine Mutter, um die es ging.“ Bei diesem Gespräch habe ich auch erfahren, daß die Flucht nicht geglückt wäre, denn der falsche Name in ihrem Paß war der Gestapo durch Verrat bereits bekannt. Unsere Schlafzellen auf der Lisl waren nebeneinander, und so konnten wir uns durch ein Klopfsystem weiter verständigen, bis sie Rosa Jochmann und mir mitteilte, daß sie am nächsten Tag auf Transport in das Frauenkonzentrationslager gehe.“

Aus: Im Konzentrationslager Ravensbrück    

S.196: Rosa Jochmann, die kurze Zeit nach Käthe Leichter in das KZ Ravensbrück gebracht wurde und mit ihr ständig beisammen war, erzählt von den Begegnungen: „Dann sah ich Käthe im Lager wieder. Sie wußte, daß ich Blockälteste des politischen Blocks werden würde, und sie gab mir gleich am ersten Tag drei goldene Ratschläge: „Du darfst nicht vergessen, daß du hier kein Betriebsrat bist. Du mußt immer so tun, als ob du alle Anordnungen befolgen würdest, denn immer hat die SS recht, aber du mußt auch alles tun, um zu sabotieren und die SS zu täuschen und die Häftlinge zu schützen. Du mußt immer so tun, als ob du blöder wärst als unsere Peiniger, denn sie sind fast alle primitiver als primitiv.“

S.200: Käthe Leichter wurde von den Häftlingen als Autorität anerkannt und war sehr beliebt. Die SS hat sie aus dem gleichen Grund niemals geschlagen, aber Rosa Jochmann meint, es sei für sie furchtbar gewesen zu sehen, wie andere geschlagen und mißhandelt wurden.

Über Käthe Leichters letzte Stunden im Lager berichtet Rosa Jochmann folgendes:

„Im Jänner 1942 kam eine Ärztekommission ins Lager, alle jüdischen Kameradinnen mußten nach vorn und ganz nackt vor der Kommission stehen. Einer der Ärzte fragte Käthe, welches Doktorat sie habe. „Oh, das ist gut“, meinte er, „das werden sie im neuen Lager gut gebrauchen können.“ Dreimal kamen die Lastautos im tiefen Winter, zweimal mussten sie umkehren, weil sie nicht bis zum Lager fahren konnten. Da sagte Käthe: „Ich schäme mich schon, ich komme mir vor wie einer, der immer angibt, zu verreisen, und dann ist er doch wieder da..“ Aber dann kamen die Lastwagen durch. Am Vorabend waren Helene Potetz und ich – so wie stets zuvor – die ganze Nacht bei unseren Freunden im Judenblock gewesen. Die Szene dort kann man nicht schildern. Es war, als ob sie ihr Schicksal geahnt hätten. Nur Käthe blieb ruhig und ermahnte die anderen. Wir hatten durch Freunde aus dem Kleidermagazin unsere warmen Sachen herausschwindeln lassen und sie Käthe und den übrigen mitgegeben. Und wir hatten vereinbart, daß, falls es möglich wäre, Käthe unter der Häftlingsnummer einer Wiener Jüdin namens Bukowitz – sie war politisch nicht bekannt – uns eine Nachricht übermittel sollte.

Dann kam der Morgen, und da ich Blockälteste war, durfte ich auf die Lagerstraße. Helene Potetz ging auch mit. Wir gingen Hand in Hand, eine stumme Masse, so wir schon zweimal vorher gegangen waren. Niemals werde ich erfahren, ob sie wußte, daß es dem Ende zuging, sie war so gescheit, daß ich eher glaubte, daß sie zu uns barmherzig war und uns Mut zusprach, und daß ihr klar gewesen sein mußte, daß sie nicht heimkommen sollte. Heute noch sehe ich Käthe auf dem Lastwagen sitzen, in der bittersten Kälte, die blauen Augen auf uns gerichtet: winkend verschwand sie für immer.“