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24.5.1994

Walter: „Bedaure, Ihre Idee ist zu gut.“

Die Türe geht auf und ein Fahrrad wird hereingeschoben. Es ist Fritz, der gerade von seiner Freundin, wie er oft scherzhaft zu sagen pflegt, kommt. Die „Freundin“ ist 98 Jahre alt und wird von ihm regelmäßig besucht. Fritz isst hastig sein Müsli, während er mir erzählt, worüber diesmal mit Frau Schöndorfer geplaudert hat. Schon muss er wieder fort, da er eine Studentin der Sozialakademie trifft, um mit ihr über die Befragung von Schülern einer Hauptschule zu sprechen. Die Kinder sollen sich zu ihren Vorstellungen über Freizeitgestaltung äußern.

Fritz war früher Hauptschullehrer und hatte schon lange die Idee von einer Sozialkontaktstelle. Viele Menschen haben nicht die Möglichkeit, soziale oder medizinische Betreuung in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht von deren Existenz wissen. Die Vision wuchs mit der Zeit zu einer Vermittlungsstelle für Nachbarschaftshilfe heran, welche Personen, die Hilfe anzubieten bereit sind und jene, die solche brauchen, zusammenführt.

Ähnliche Initiativen in Deutschland und im angloamerikanischen Raum haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, wieviel es einer Gemeinschaft bringt und in welchem Ausmaß sie sparen kann, wenn etwa die Betreuung alter Menschen auf freiwilliger, privater Basis organisiert wird. Diese können sich so den Umzug in ein Pensionistenheim ersparen. Sie können weiterhin in ihrem gewohnten Umfeld leben und werden regelmäßig oder bei Bedarf von hilfsbereiten Nachbarn besucht und sei es nur zu einem Tratsch. Selbst übermäßig lange Krankenhausaufenthalte könnten vermieden werden, da alte Menschen oft lediglich mangels Betreuung zu Hause dort behalten werden. So kann etwa Frau Schöndorfer trotz ihres hohen Semesters noch ihre Eigenständigkeit bewahren.

Der Überschaubarkeit wegen wurde das betreute Gebiet auf das sogenannte „Triesterviertel“ entlang der Triesterstraße begrenzt, einem Gebiet, das etwa einer kleinen Gemeinde entspricht. Das Projekt wurde nun in der Ordination eines lokalen praktischen Arztes gestartet, der einen Raum zur Verfügung stellte. Benannt wurde die Kontaktstelle mit deren Zustimmung nach der sozialistischen Freiheitskämpferin Rosa Jochmann. Es lebt zur Zeit von Spenden.

Die Aktivitäten des „Grätzl-Punktes Rosa Jochmann“ erstrecken sich mittlerweile auch auf die jüngste Generation. Gemeinsam mit Studenten der Sozialakademie versucht Fritz, für Kinder und Jugendliche Freizeitaktivitäten zu organisieren und im Rahmen eines „Kinder- und Jugendparlamentes“ ihren Anliegen bei Bezirkspolitikern Gehör zu verschaffen. Auch Kinder können in ihrem Bereich Experten sein und sollten zumindest angehört werden.

Ein Projekt der Art des Grätzl-Punktes bedarf allerdings gewisser finanzieller Unterstützung. Fritz wandte sich an verschiedenen Institutionen mit der Bitte um Finanzierung eines eigenen Raumes und des Telefonanschlusses, wahrlich kein besonders kostspieliges Ansinnen. Leider musste er jedoch feststellen, dass es den meisten Verantwortlichen entweder an Weitblick oder an finanziellen Möglichkeiten fehlt.

Dass für Fritz politische Unabhängigkeit sehr wichtig ist und sich keine politische Partei den „Grätzl-Punkt Rosa Jochmann“ auf die Fahnen heften und Einfluss nehmen soll, war sicherlich ein Hemmnis. Doch sollte der Grätzl-Punkt nicht einfach eine weitere Parteiinstitution werden. Aufgabe der Gemeinde sollte es sein, lokale Interessensvertretungen unter anderem finanziell zu unterstützen, ohne auf diese parteipolitisch Einfluss nehmen zu wollen.

Fernziel ist, zu einer Drehscheibe für die im Wohnviertel Lebenden zu werden. Die Betroffenen können Probleme oft selbst am besten lösen, der Grätzl-Punkt will sie lediglich zusammenbringen.

Fritz hofft, dass Politiker erkennen, dass dieses Projekt förderungswürdig ist und deren Förderung daher auch zulassen. Dass diese beiden Dinge nicht unbedingt Hand in Hand gehen, erfuhren Fritz und der Grätzl-Arzt bei einem Gespräch im Rathaus über deren Kooperation: „Wir können ihr Projekt leider nicht fördern, denn es ist zu gut. Es könnten zu viele praktische Arzte eine solche Stelle einführen wollen.“