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Franz Nahrada / Vortrag Kirchbach /
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HeinzBerg:
Hallo Franz, wie Du weisst, interessiere ich mich für die Kelten und für die Geschichte meines Dorfes Leideneck (wenn das auch nicht in Österreich liegt). Vielleicht weisst Du auch, dass Archäologie den Hunsrück gerade erst wieder entdeckt hat (u.A. durch unser Engagement). Die ersten Spuren keltischer Kultur gehen eigentlich ein paar hundert Jahre vorher zurück, sprich ein keltisches Gräberfeld in Bell hat erste Gräber in der Bronzezeit mit Streufunden aus der Steinzeit, ein zweites Gräberfeld in Bell hat massiv steinzeitliche Streufunde, die man sich bisher entweder mit archäologischem Interesse der Kelten oder einem zufällig ergrabenem Siedlungsplatz der Steinzeit erklärt. Nagut, das ist Lokalarchäologie.
Zu Zeiten des Sesshaftwerdens waren die Resourcen entscheidend. Wer mit Viehzucht oder Pflanzenanbau sozusagen Zuwachs gewinnen konnte, konnte Nachbarn mitversorgen. Womit auch immer, womöglich war Arbeitskraft ein Gegenhandelsgut, Sklavenhaltung. Vielleicht mehrten auch Kriegszüge die Resource menschliche Arbeitskraft oder vergrösserten die Resource Landbesitz. Mit Sicherheit war ein wachsender Resourcenzuwachs gebunden an die Tatsache wachsender Sozialbeziehungen. Seien es Sklaven oder Familienmitglieder, es gab sehr viel Arbeit und sehr viele soziale Beziehungen, die sicher zentral gelenkt wurden. Mit unterschiedlichem Erfolg dabei, wuchs der Handel. Man gewann an Wohlstand mittels Export.

Mich würde interessieren inwiefern keltische Dorftradition verschieden war von späteren Epochen, inwieferne sie nachgewirkt hat. Wie waren Familien und Clans aufgebaut, wer dominierte, traf die Entscheidungen? Franz


Lieber Franz, die Strukturen waren regional sehr unterschiedlich, die Kelten waren schließlich kein Volk und auch zu keinem Zeitpunkt irgendwie staatlich organisiert. Das Wort "Kelten" steht für einen Kulturkreis, entstanden durch europaweite Sozial- und Handelsbeziehungen (ist wohl gleichzusetzen) und daraus resultierendem Kulturaustausch. Allen Kelten gemeinsam sind fehlende Schriftzeugnisse. Deshalb weiss man wenig über Sozialstrukturen, Tradition, Religion... Man kann davon ausgehen, dass der älteste Mann das Familienoberhaupt war und nach Aussen das Sagen hatte. Frauen hatten nach Innen zu bestimmen, konnten aber auch, je nach mitgebrachtem Reichtum, bei Männerentscheidungen mitreden und manchesmal auch die Fürstenposition einnehmen (wohl wenn der Mann nicht (mehr) da war). Es gab soetwas wie ein Kastensystem, Krieger und Priester stellten die oberste Kaste dar, Sklaven die unterste (wobei das schwer übertragbar ist auf ein "Dorf" mit einem Haus und 5 erwachsenen Einwohnern). Eine Organisation in Richtung Stadt hat es gegeben, grössere Ansiedlungen mit spezialisierten Handwerken an verschiedenen Orten Europas zu verschiedenen Zeiten. Jeweils dort, wo man Reichtum häufen konnte. Dieser Reichtum hing ab vom Erfolg in den erwähnten Sozial- und Handelsnetzwerken.
Erkennen kann man ihn an Grabbeigaben oder grossen Häusern, die man heute als Statussymbole definiert: Goldschmuck, wertvolle Waffen, Edelsteine, Wagen.

Naja, ob sich das nun erhalten hat oder von uns nur herreininterpretiert wird, weiss man nicht, die Fachwerkbauweise hat sich sehr lange erhalten, viele Prinzipien der Acker-, Wald- und Weidebewirtschaftung, der Viehzucht und des Handwerks der Kelten sind erst vor ca. 100 Jahren in Vergessenheit geraten.

Manches wird man vielleicht wieder benötigen, wenn man tiefer in die Kleinigkeiten der Nachhaltigkeit geht.

Weiter kann man grob sagen, dass nach der dezentral organisierten Zeit der Kelten, stattlich und später auch kirchlich zentral organisierte Zeiten kamen und die Kelten dort vor allem in Form von kirchlichen Feiertagen ihre Spuren hinterlassen haben. Die Ehrung der Natur und die Ehrung der Ahnen sollten ME auch in einer nachhaltigen Entwicklung eine Rolle spielen.

Heutiges dörfliches Brauchtum, im hohen Hunsrück etwa die Hexennacht, im Vorderhunsrück das Martinsfest, sind mit grossen Feuern verbunden. Tag- Nachtgleiche, Sonnenwenden und Mondfeste, die religiösen Hochfeste der Naturreligionen dürften sich in jedem Dorf als Brauchtum heute noch wiederfinden lassen.

Liebe Grüsse, Heinz


Dann gab es Einflüsse von Aussen, Invasoren kamen, die Verhältnisse blieben gleich, neue Herren kamen, neue Technologien brachten sie nicht mit, nur neue Herrschaft. Ehemalige Herren und Sklaven mussten zusammen einen neuen Herren ernähren. Das zwang eine neue Effizienz. Naja, ich weiss es nicht, der Zwang führte ins Mittelalter, ca. 1000 Jahre, ohne was dazwischen. Sanfer Zwang änderte die Verhältnisse, das Dorf war mehr oder weniger ein Zwischending zwischen Familienangelegenheit und Gesellschaftsform. Räuber und Revolutionäre änderten das nicht wirklich.
Nach Raiffeisen wurde eine Brücke über den Rhein benannt, nach ihm auch eine deutsche Landhandelsgenossenschaft. Der Räuber Schinderhannes konnte nur einige Höhlen mit seinem Namen belegen und den Ruhm ernten, vom damaligen Machthaber geköpft worden zu sein. Auch ein Wirtschaftsgut...
HeinzBerg

danke Heinz für die ersten Anregungen! Franz


Franz, ich weiß nicht ob eine unausgegorene Idee irgendwie hineinpasst oder anregt: Schon lange denke ich über den Zusammenhang zwischen Hierarchien und anderen Strukturen (z. B. Siedlungsstrukturen) einerseits und den Kommunikationsmöglichkeiten andererseits nach. Ohne das verstanden zu haben - die dramatischen Veränderungen in der Kommunikation müssen langfristige Veränderungen an den Strukturen nach sich ziehen, die in diesem Fall das Dorf wieder begünstigen. Man kann zunehmend Leistungen im Dorf erbringen, die Lebenshaltungs- und Investititionskosten für Wohn- und Arbeitsraum sind niedriger, also wird sich tendenziell eine Rückverlagerung von Menschen in den ländlichen Raum ergeben. Ich sehe da sogar eine Zwangsläufigkeit. -- HelmutLeitner

genau das ist der Sinn meines Vortrages und meiner gesamten Arbeit mit den Globalen Dörfern. Franz

Mir geht es hier um die Mechanik. Die Positionierung von Menschen ist wie ein chemischer Gleichgewichtsvorgang, gebremst durch eine beschränkte Reaktionsgeschwindigkeit und einer erforderliche Aktivierungsenergie und gefördert durch Katalysatoren. Es scheint mir ein Unterschied, ob man dies auf einer psychologischen oder einer physikalischen Ebene betrachtet. -- Helmut

Natürlich, sonst wäre nicht diese Hebammenarbeit notwendig...aber es geht darum, das was sachlich notwendig ist auch psychologisch erträglich zu gestalten. Letztlich passiert etwas dann, wenn beide Faktoren in Kongruenz sind. Und das ist schwierig, weil wir dazu eine weitgehende Umorientierung brauchen. Wenn Du so willst, eine kleine "Umwertung aller Werte". Natürlich geht es auch um die Erkenntnis der physischen Zusammenhänge....aber "global village" heißt: das Dorf ist kein Schicksal, es ist Gestaltungsaufgabe. Das macht für mich einen großen Unterschied!! ---Franz

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Schau mal nach bei: http://www.uni-regensburg.de/Studentisches/Fachschaften/Geographie/skripten/pdf/siedlungsgeo.doc

liebe Grüße Annerose

Danke! Und danke für die Erinnerung an die Acht Thesen, das war wichtig!!